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Ein Handbuch: III. Basisverfahren literarischer Mehrsprachigkeit

Ein Handbuch

III. Basisverfahren literarischer Mehrsprachigkeit

III. Basisverfahren literarischer Mehrsprachigkeit

1. Sprachwechsel/Sprachmischung

Till Dembeck

a) Beschreibung des Verfahrens

Im weiteren Sinne lassen sich unter den Bezeichnungen ›Sprachwechsel‹ und ›Sprachmischung‹ wahrscheinlich alle Formen manifester literarischer Mehrsprachigkeit zusammenfassen. Als Sprachwechsel ist zu bezeichnen, wenn in einem Text Segmente, die unterschiedlichen Idiomen zuzuordnen sind, aufeinander folgen, wohingegen man von Sprachmischung bei solchen Texten oder Textteilen sprechen kann, in denen zwei Idiome zu unterscheiden sind, ohne dass sie sich einzelnen Segmenten zuordnen ließen. Mit den beiden Begriffen sind dann nur solche Formen der Mehrsprachigkeit nicht abgedeckt, bei denen eine Differenz zwischen unterschiedlichen Idiomen nur latent wahrzunehmen ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn in einer Erzählung erwähnt wird, dass ein Gespräch zwischen den handelnden Personen in einer anderen Sprache stattfindet als derjenigen, in der der Text dieses Gespräch wiedergibt (hierzu III.2).

Präziser lassen sich ›Sprachwechsel‹ und ›Sprachmischung‹ bestimmen, wenn man sie zu zwei Paradigmen der Sprachwissenschaft in Beziehung setzt, die in den letzten Jahrzehnten stark diskutiert wurden: dem des Code-Switchings einerseits und dem der Kontaktsprachen andererseits. Code-Switching wird in der Linguistik als das Verhalten von Sprechern beschrieben, die in ihren Äußerungen je nach pragmatischem Kontext zwischen unterschiedlichen Idiomen ›umschalten‹. Demgegenüber versteht man unter Kontaktsprachen solche Idiome, die Strukturen und Elemente (mindestens) zweier Idiome miteinander kombinieren und so ein neues Idiom erzeugen (siehe II.3). In Anlehnung daran lässt sich als Sprachwechsel ein Umschalten zwischen unterschiedlichen Idiomen bestimmen, das nicht mit einem Sprecherwechsel einhergehen muss (zum ›Sprachwechsel‹ mit Sprecherwechsel siehe III.2 und III.3). Sprachmischung ist dann die Erzeugung eines (womöglich nur in einem einzigen Text zu findenden) neuen Idioms, das sich der Elemente und/oder Strukturen mindestens zweier verschiedener Ausgangs-Idiome bedient. In beiden Fällen kommen als Idiome alle auf den unterschiedlichen Ebenen der Sprachstruktur zu unterscheidenden mehr oder weniger standardisierten Spracheinheiten in Frage (siehe hierzu II.1 bis II.5). Sonderfälle der Sprachmischung sind gattungs- oder medienspezifische Verfahren, beispielsweise die Übernahme ›fremdsprachlicher‹ metrischer Formen (siehe die Beiträge in Kapitel V) oder die Simulation anderssprachiger (auch tierischer) Figurenrede durch sprachimitative Lautmalerei. Auch die Verwendung von Phantasiesprachen in literarischen Texten geht oft mit Verfahren der Sprachmischung einher – wie ja auch viele der sog. Plansprachen, wie beispielsweise Esperanto, aus Verfahren der Sprachmischung hervorgegangen sind (siehe II.4).

Auch wenn die Anlehnung an die sprachwissenschaftliche Begrifflichkeit glauben machen kann, es handele sich bei Sprachwechsel und Sprachmischung um zwei distinkte, klar voneinander abgrenzbare Phänomene, muss aus philologischer Perspektive jedoch darauf hingewiesen werden, dass mit dem einzelnen Textbefund oftmals beides vorliegt. (Auch von der Sprachwissenschaft wird in historischer Perspektive angenommen, dass Formen des Code-Switchings aus der Etablierung von Kontaktsprachen resultieren können.) Denn in der Perspektive auf den einzelnen Text, wie sie für einen philologischen Zugriff charakteristisch ist, trägt letztlich jeder Sprachwechsel auch zur Formung des für diesen Text charakteristischen Idioms bei. Überdies ist es so, dass viele Fälle von Sprachwechsel bereits Momente von Sprachmischung im linguistischen Sinne implizieren, beispielsweise dann, wenn die morphosyntaktische Integration eines anderssprachigen Worts eine Anpassung der Flexionsendung mit sich bringt, oder wenn man (beispielsweise um des Reimschemas willen) davon ausgehen kann, dass die Aussprache eines solchen Worts verändert bzw. angepasst wird. In mehrsprachigen Wortspielen (Paranomasien oder puns) wird die Zugehörigkeit eines Textelements zu einer Sprache systematisch verunklart (siehe Anwendungs-/Analysebeispiele 1 und 3).

Aus philologischer Sicht ist schließlich weiter anzumerken, dass sich gegenüber der linguistischen Beschreibung von Sprachwechsel und Sprachmischung einige methodische Verschiebungen ergeben. Einerseits kann sich die philologische Analyse und Interpretation von Sprachwechsel und Sprachmischung in einzelnen (literarischen) Texten der Kategorien bedienen, die von der Linguistik zur Verfügung gestellt werden, und etwa nationale Standardvarietäten, Dialekte, Soziolekte, Register oder unterschiedliche Verfahren von Code-Switching und Kontaktsprachen unterscheiden. Andererseits aber kann der einzelne Text zumindest im Prinzip aus all diesen Formen linguistischer Regelhaftigkeit frei auswählen und diese Auswahl von Regeln abhängig machen, die er selbst entwickelt und keineswegs gängigen Formen des Sprachgebrauchs anpassen muss. Die Differenz zwischen unterschiedlichen, nach linguistischen Kriterien beschreibbaren und am Text auszumachenden Idiomen steht so in Beziehung zu der von Primus Heinz KucherKucher, Primus Heinz beschriebenen »kulturell und semiotisch bestimmte[n] Mehrsprachigkeit«, die etwa auch »Phänomene literar-kultureller Polyphonie« im Sinne Michail M. BachtinBachtin, Michail M.s umfasst (KucherKucher, Primus Heinz, »Literarische Mehrsprachigkeit/Polyglossie«, 130). Beispielsweise muss eine philologisch genaue Lektüre eines in mehreren nationalen Standardvarietäten verfassten Gedichts auch berücksichtigen, inwiefern die Differenz zwischen diesen Idiomen mit Differenzen zwischen unterschiedlichen metrischen Mustern, unterschiedlichen metaphorischen Ausdrucksverfahren usw. korreliert und ob die jeweilige Grammatikalität zugunsten der Poetizität auch einmal außer Kraft gesetzt wird.

b) Sachgeschichte

Sprachwechsel und Sprachmischung gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit, seitdem es Sprache gibt. Sprachhistorisch gesehen kann man immer dann Sprachmischung konstatieren, wenn die Entwicklung eines Idioms auf irgendeine Weise durch den Kontakt mit anderen Sprachen beeinflusst wird. So lässt sich beispielsweise für die indoeuropäischen Sprachen zu vielen Zeitpunkten feststellen, dass Entwicklungen durch die Überlagerung grammatischer Strukturen oder lexikalischer Elemente aus unterschiedlichen Sprachzusammenhängen vorangetrieben wurden. Mit solchen Fragen beschäftigt sich unter anderem die sog. Substratlinguistik. Die Rolle, die literarische Mehrsprachigkeit in solchen Prozessen spielt, ist teils noch zu erforschen. Feststellen lässt sich aber zumindest, dass die Etablierung weitverbreiteter Standardvarietäten, wie sie von der Literatur genutzt oder sogar geprägt werden, immer ein großes Maß an Sprachkontakt voraussetzt.

Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive kann die sprachhistorische Entwicklung jedoch nicht selbst der Gegenstand des Interesses sein; vielmehr gilt es, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, in welchen einzelnen literarischen Texten sich unter welchen Rahmenbedingungen und wann welche Formen von Sprachwechsel und/oder Sprachmischung finden, welche kulturpolitische Relevanz sie haben und wie sie in einen historischen Zusammenhang gebracht werden können. Sprachwechsel und Sprachmischung lassen sich dabei in Korrelation zur historischen Semantik von Spracheinheit und -vielfalt setzen (siehe I.1 bis I.3).

1. Antike

Für die griechische und die römische Antike lassen sich grob zumindest zwei sehr unterschiedliche sprachpolitische Konstellationen ausmachen. So ist die griechische Antike vor dem Hellenismus von einer starken dialektalen Vielfalt auch im Schriftgebrauch geprägt und zugleich von einer hohen Dialekttoleranz. Für die literarischen Texte ist eine starke, teils sprachmischende ›Künstlichkeit‹ der verwendeten Idiome konstatiert worden, beginnend mit den homeriHomerschen Epen. Für die attische Tragödie dagegen sind unterschiedlich ausgeprägte Strategien der sprachlichen Verfremdung kennzeichnend; durch dialektale Differenzierung werden beispielsweise lyrische Chorpartien von anderen Teilen des Dramas unterschieden. In der Komödie ermöglichte der Gebrauch von unterschiedlichen Dialekten und von ›foreigner talk‹ die Markierung der Herkunft handelnder Personen (siehe Zimmermann,Zimmermann, Bernhard »Dialekte und ›foreigner talk‹ im griechischen Drama«; zum Sprachwechsel in der Figurenrede siehe III.2). Die römische Antike ist demgegenüber von einer griechisch-lateinischen Zweisprachigkeit geprägt, wobei das Griechische (auch) als Bildungssprache fungiert. Die lateinische Sprache sieht daher immer schon die morphosyntaktische Integration griechischer Wörter, insbesondere Eigennamen, vor. (Treffende Beispiele dafür sind die lateinischen Begriffe rhetorica und grammatica.) Dies hat es nahegelegt, nicht nur den Sprachwechsel zur Charakterisierung von handelnden Personen einzusetzen (siehe III.2), sondern auch durch Sprachmischung oft komische Neologismen zu erzeugen, wie dies insbesondere in den Komödien des Titus Maccius PlautusPlautus, Titus Maccius der Fall ist. Zwar lässt sich auch für die Komödien des TerentiusTerenz sagen, dass ihnen griechische Einsprengsel einen »flavor of elegance and humor« (DuckworthDuckworth, George E., The Nature of Roman Comedy, 335) geben. Bei Plautus aber findet das Spiel mit dem Griechischen vor dem Hintergrund einer allgemeinen Polyphonie im BachtinBachtin, Michail M.’schen Sinne statt, denn Plautus hat es verstanden, den Reichtum an Registern und Stillagen, der das Latein des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts auszeichnete, in seine Texte einzuarbeiten, was nicht zuletzt für sprachhistorische Forschung von großem Interesse ist. Die Einarbeitung griechischer Elemente in den Text vollzieht sich dabei vor allem in Form kleinteiliger Sprachmischung: Griechische Wörter werden mit lateinischen Flexionsendungen versehen; umgekehrt fabriziert Plautus aus lateinischen Wörtern und griechischen Patronymendungen meist komische sprechende Namen (ebd., 345). Kann man davon ausgehen, dass die Polyphonie bei Plautus ein Element des komödienhaften Realismus ist, so inszeniert das humoristische Spiel mit dem Griechischen eine Auseinandersetzung mit der überlegenen Bildungssprache – auf deren Vorbildern PlautusPlautus, Titus Maccius auch aufbaut.

2. Mittelalter

Auch der sprach- und kulturpolitische Hintergrund der Literaturen des Mittelalters hat das Entstehen unterschiedlicher Formen von Sprachwechsel und Sprachmischung begünstigt, wobei weiterhin gilt, dass der Status der jeweils relevanten Sprachen relativ stabil bleibt: »Die verschiedenen Sprachen gelten […] als Träger konventioneller Ausdrucksqualitäten, die sie als eingebettete Sprachen für besondere Themen erwartbar machen: etwa Latein für echte und parodierte Gelehrsamkeit« (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 55). Während das Griechische außerhalb des oströmischen Reichs nur noch eine geringe Rolle spielt, avanciert das Lateinische in West- und Mitteleuropa zur primären Bildungssprache. Vor allem im romanischen Sprachraum ergeben sich dabei starke Wechselbeziehungen zwischen dem Lateinischen und den jeweiligen Volkssprachen. Auch in der literarischen Produktion werden Sprachwechsel und Sprachmischung vorwiegend zwischen dem Lateinischen und der jeweiligen Volkssprache vollzogen. Die Zahl der Belege für dieses Verfahren ist relativ hoch: Paul ZumthorZumthor, Paul hat in einer wegweisenden Studie ca. 60 dafür einschlägige lyrische Texte aus der altfranzösischen Literatur des 11. bis 13. Jahrhunderts untersucht (ZumthorZumthor, Paul, »Un problème d’esthétique médiévale«; vgl. auch ElwertElwert, W. Theodor, »L’emploi de langues étrangères«, 243–246). Es finden sich aber auch Fälle von Sprachwechsel und -mischung, die auf unterschiedliche romanische Volkssprachen zurückgreifen, sowie auf der iberischen Halbinsel Wechsel zwischen den romanischen Volkssprachen und dem Arabischen (Schmitz-EmansSchmitz-Emans, Monika, Die Sprache der modernen Dichtung, 60f.).1 Spezifische Komplexität weist die Situation in England auf. Literarisch nutzbar ist hier zunächst der Kontrast zwischen Angelsächsisch, Normannisch und Latein, dann ab dem 13. Jahrhundert der zwischen Middle English und Latein, während das Französische weiterhin präsent bleibt. In all diesen Gegenden Westeuropas finden sich Autoren, die in besonders auffälliger Weise Verfahren von Sprachwechsel und -mischung genutzt haben. Hervorzuheben sind für das französische Hochmittelalter die lyrische Dichtung Raimbauts de VaquerasRaimbaut de Vaqueras (um 1200) (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 52), für das spanische die Lyrik von Álvarez de VillasandinoÁlvarez de Villasandino, Alfonso (siehe ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in Late-Medieval Poetry«, 63f.), die zwischen Kastilisch und Arabisch wechselt, und für England die Dichtung von John GowerGower, John, die vielfältige Sprachwechsel und mehrsprachige Wortspiele enthält (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in the Middle Ages«, 134).

Für die deutschsprachige Literatur des Mittelalters gilt ebenfalls, dass insbesondere lyrische Formen auf Verfahren des Sprachwechsels und der Sprachmischung zurückgreifen. Auch hier finden sich Wechsel und Mischungen einerseits mit dem Lateinischen, andererseits mit den – ab dem Hochmittelalter ebenfalls als Bildungssprachen fungierenden – romanischen Sprachen. In den Carmina Cantabrigiensia aus dem 10./11. Jahrhundert ist das sog. »Heinrichslied« (»De Heinrico«) enthalten, das das Lateinische mit althochdeutschen Halbversen mischt und dabei (wenn auch recht unsystematisch) lateinisch-deutsche (Binnen-)Reime bildet, wie hier in der zweiten Strophe:

Intrans nempe nuntius, then keisar namoda her thus:

›cur sedes‹ infit ›Otdo, ther unsar keisar guodo?

hic adest Heinrich, bringit her hera kuniglich,

dignum tibi fore thir selvemo ze sine.‹2Haug, WalterVollmann, Benedikt Konrad

Über den klaren segmentären Sprachwechsel hinaus ist in diesem Text eine gewisse dialektale Instabilität der deutschen Textteile zu beobachten. Insofern der Entstehungskontext des Lieds nicht bekannt ist, ist der kulturpolitische Impuls des lateinisch-deutschen Sprachwechsels zwar schwierig abzuschätzen. Fest steht jedoch, dass die aus der Antike geläufige komisch-verfremdende Funktion von Sprachwechsel und -mischung in diesem Lied, das ein Herrschertreffen beschreibt und eine eher politisch-affirmative Stoßrichtung hat, nicht zum Tragen kommt. Eher dürfte die Mischung aus Gelehrten- und der Herrschaftssprache die Würde des dargestellten politischen Bündnisses selbst beschworen haben, und zwar mit der zusätzlichen Pointe, dass die Herrschaftssprache ihrerseits eine Synthese unterschiedlicher regionaler Varietäten darstellt.3

Anders als die althochdeutsche Literatur steht die Literatur des Mittelhochdeutschen unter dem sehr starken Einfluss der altfranzösischen bzw. okzitanischen Literatur, aus der Gattungsnormen, Stoffe und Versformen übernommen werden. Dieser starke Einfluss schlägt sich insbesondere in der Epik nieder, etwa in Wolframs von EschenbachWolfram von Eschenbach Parzival und in Gottfrieds von StraßburgGottfried von Straßburg Tristan. Einen Sonderfall stellt Thomasîns von ZerklaereThomasîn von Zerclaere Lehrgedicht Der welsche Gast dar, das für die historische Linguistik insofern von Interesse ist, als der Verfasser, der selbst einräumt, kein Muttersprachler zu sein, den Text in einem instabilen bairischen Dialekt mit zimbrischen Einsprengseln abfasst.4Willms, EvaThomasîn von Zerclaere Kulturpolitisch ist ThomasînsThomasîn von Zerclaere Lehrgedicht von besonderem Interesse, da es eine Verhaltenslehre für Adelige im kulturell-sprachlichen Grenzgebiet thematisiert.

Auffällige Beispiele für literarischen Sprachwechsel im Bereich der Lyrik finden sich insbesondere in der Vagantendichtung des 11. und 12. Jahrhunderts, die in der Handschrift der Carmina Burana aus dem frühen 13. Jahrhundert versammelt ist (siehe HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 51). An diesen Texten ist bemerkenswert, dass der Wechsel zwischen Latein und Deutsch mit der Thematisierung von Erotik und Sexualität verbunden ist (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in Late-Medieval Poetry«, 48–52; ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in the Middle Ages«, 134f.). Der Kontrast zwischen der hohen lateinischen Sprache und der Vernakularsprache erzeugt dabei einerseits komische Wirkung, dient andererseits aber auch der Aussprache von Intimität oder verbotener Sinnlichkeit unter dem Deckmantel der fremden Sprache. In der Regel erfolgt der Sprachwechsel in den mehrsprachigen Gedichten der Carmina Burana an Strophengrenzen, oft im Zusammenhang mit Sprechwechseln5Vollmann, Benedikt Konrad oder auch anlässlich eines Wechsels des semantischen Bezugsrahmens, wie es in CB 170 der Fall ist, wo in den ersten drei, lateinischen, Strophen Topoi der klassisch-antiken Liebessemantik abgerufen werden, in der vierten, deutschen, aber höfische Ideale des Mittelalters.6 In CB 185 findet sich darüber hinaus ein sehr regelmäßiger Sprachwechsel innerhalb der Strophen, beispielsweise hier in der zweiten Strophe:

Ia wolde ih an die wisen gan,

flores adunare,

do wolde mich ein ungetan

ibi deflorare.

REFL. Hoy et oe!

maledicantur thylie

iuxta uiam posite!7

Bei diesem Gedicht handelt es sich um eine Parodie von Walthers von der VogelweideWalther von der Vogelweide berühmtem Gedicht »Under der linden«. Das Geschehen wird dabei allerdings in eine Vergewaltigung umgedeutet. Wiedergegeben wird die deutsch-lateinische Klage der Frau, in die die Rede des Mannes (des »ungetan«) eingelagert ist. Wenn man davon ausgeht, dass die Frau nicht von Stande ist – was angesichts ihres freien Herumstreifens in der Natur naheliegt –, so ist klar, dass der Text ihr Sprachkenntnisse zuschreibt, die sie nicht haben kann. Einem im Grunde sozial ›stummen‹ Menschen wird hier eine Rede in den Mund gelegt, die aufgrund des Sprachwechsels klar die Merkmale sozial hochstehender Ausdruckskompetenz zeigt. Darin muss man wohl eine arrogante Form männlich-gelehrten/klerikalen Spotts sehen.

Es ist sehr wichtig zu sehen, dass der Sprachwechsel im Mittelalter keinesfalls nur als Mittel zur Erzeugung von Komik dient. Lateinische Einfügungen in volkssprachliche Texte können etwa auch ganz einfach zur Erhöhung der Feierlichkeit beitragen; und umgekehrt kann das Lateinische durch Einbindung in die ›wohlige‹ Volkssprache in den Alltag integriert werden, beispielsweise in dem Kirchenlied »In dulce jubilo« (UhrmacherUhrmacher, Anne, »Das Spiel mit Sprachdifferenz in Texten populärer Lieder«, 203f.). Die Synthese von Heiliger Sprache und volkstümlicher Nahsprache hat dem Lied aus dem 14. Jahrhundert eine sehr dauerhafte Popularität gesichert. Ebenfalls religiös motiviert dürfte der Sprachwechsel in den um 1400 von Bruder HansHans, Bruder auf das »Ave Maria« angefertigten insgesamt viersprachigen Glossen sein (siehe hierzu NoelNoel Aziz Hanna, Patrizia/SeláfSeláf, Levente, »On the Status and Effect of Formulas«). Die Ausweitung der einzelnen lateinischen Phrasen des Gebets zu Strophen auf Deutsch, Französisch und Englisch lässt sich nicht zuletzt als Vorgriff auf die Verheißung eines Pfingstwunders des christlichen Glaubens verstehen. Einen Sonderfall des literarischen Sprachwechsels stellt für das (späte) Mittelalter die Lyrik Oswalds von WolkensteinOswald von Wolkenstein dar, eines Südtiroler Adeligen, dessen schriftstellerische Tätigkeit in den Anfang des 15. Jahrhunderts fällt. Für seine mehrsprachigen Gedichte ist kennzeichnend, dass sich unterschiedliche Sprachen in sehr großer Freiheit miteinander abwechseln, d.h., ohne auf die traditionell feststehende Wertigkeit und den ›Charakter‹ der jeweiligen Sprachen Rücksicht zu nehmen. In der Forschung ist daher die These vertreten worden, bei OswaldOswald von Wolkenstein werde die »Hierarchie der Literatursprachen […] zugunsten eines diffuseren Exotismus aufgegeben« (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 53). Oswalds Spiel mit der schieren Klanglichkeit unterschiedlicher Sprachen ist allerdings auch anders eingeschätzt worden, so etwa als Versuch, im Rahmen der stark durch Gattungstraditionen eingeschränkten Liebeslyrik dennoch etwas Neues zu schaffen (so ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in Late-Medieval Poetry«, 52–57; vgl. MurrayMurray, David, »Oswald von Wolkenstein’sOswald von Wolkenstein [!] Multilingual Songs«).

Alles in allem zeigen die vorliegenden Beispiele für literarischen Sprachwechsel aus dem Mittelalter, dass das Lateinische im Verhältnis zu den Volkssprachen ab dem frühen 13. Jahrhundert eine Statusveränderung erfährt: Zunehmend wird es zum Verfügungsmaterial volkssprachiger Texte, während zugleich die Volkssprache als Dichtungssprache eigenständiger wird (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in Late-Medieval Poetry«, 50). Damit verbreitet sich eine kulturpolitische Tendenz, die sich bereits bei dem mit großem Abstand prominentesten Vertreter literarischer Mehrsprachigkeit im Mittelalter beobachten lässt, nämlich bei Dante AlighieriDante Alighieri. Dantes Gebrauch der Volkssprache in der Commedia hat nämlich insgesamt einen sprachmischenden Charakter, denn sowohl lexikalisch als auch morphosyntaktisch wird der toskanische Dialekt um Bestandteile anderer romanischer Idiome sowie des Lateinischen angereichert (siehe KlinkertKlinkert, Thomas, »Dante Alighieri und die Mehrsprachigkeit«). Sprachwechsel findet sich bei DanteDante Alighieri in den meisten Fällen im Zusammenhang mit Sprecherwechseln (siehe III.2) oder mit Zitaten (siehe III.3). Einen Spezialfall stellen die sog. Teufelssprachen dar, die im VII. bzw. im XXXI. Canto des Inferno wiedergegeben werden. Beide Stellen umfassen jeweils nur einen Vers; im ersten spricht Pluto, der Gott der Unterwelt, wie folgt: »Papè Satàn, papè Satàn aleppe!« (VII,1)8Dante Alighieri Es handelt sich um einen Wechsel zwischen Latein (›papae‹ ist eine lateinische Interjektion, die Verwunderung ausdrückt), Hebräisch (im Italienischen hieße es ›satana‹, hier wird eine Transkription des hebräischen ‎‏שָּׂטָן‏‎ gegeben) und (wahrscheinlich) verballhorntem Hebräisch (›aleppo‹ kann man als Verballhornung von ›Aleph‹, des ersten Buchstabens des hebräischen Alphabets, ‎‏א‏‎, deuten). Für die zweite Stelle ist die Sachlage weniger klar. Hier spricht Nimrod, von dem die außerbiblische Überlieferung sagt, er habe zum Turmbau zu Babel angeregt, die folgenden Worte, die ebenfalls als verballhorntes Hebräisch gedeutet worden sind: »Raphèl ma’y amèch zabì almi« (XXXI, 67).9 Allerdings ist für Nimrods Worte gerade ihre Unverständlichkeit charakteristisch, denn seine Strafe besteht darin, dass er in sprachlicher Isolation leben muss (siehe ebd.). Die Freiheit, mit der hier inmitten des italienischen Textes die Heiligen Sprachen Latein und Hebräisch behandelt werden, steht ganz im Zeichen einer Kulturpolitik, die aus den volkssprachlichen Dialekten selbst eine Literatursprache, eine grammatica machen will (siehe I.1).

3. Frühe Neuzeit

Die Frühe Neuzeit und insbesondere die Durchsetzung des Buchdrucks bringen weitere erhebliche Verschiebungen im Gefüge der europäischen Sprachlandschaft mit sich. Denn die seit dem Hochmittelalter zu beobachtende zunehmende Angleichung des Statusunterschiedes zwischen dem Lateinischen und den Volkssprachen setzt sich – nicht zuletzt bedingt durch die mediale Erschließung neuer Formen von Öffentlichkeit – fort, auch wenn erst ab dem 18. Jahrhundert die Produktion volkssprachlicher Texte diejenige lateinischer Texte übertrifft. Gerade die neuen Formen von Sprachwechsel und Sprachmischung, die sich in der Frühen Neuzeit etablieren, zeigen aber dennoch eine auffällige Veränderung an.

Beispielsweise lässt sich die Sprachmischung in der makkaronischen Poesie als Verarbeitung einer historisch neuartigen Form von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit auffassen (siehe ausführlicher V.1). Die Gattung begründete das 1493 publizierte Carmen macaronicum von Tifi degli OdasiTifi degli Odasi; zu ihrer Popularisierung trugen maßgeblich Teofilo FolengosFolengo, Teofilo Macaroneae (1517) und außerhalb des italienischen Sprachraums die Werke von François RabelaisRabelais, François und Johann FischartFischart, Johann bei. Die makkaronische Poesie untermischte lateinische Texte mit volkssprachlicher Lexik, wobei die nicht-lateinischen Wörter dennoch den lateinischen Flexionsregeln unterworfen wurden. Sie ist in der Forschung von anderen, ihr nahestehenden Phänomenen der poetischen Sprachmischung abgegrenzt worden, etwa von den sog. »Pedantesca«, die »Lateinische Wörter in die Muttersprache« mischen (GentheGenthe, Friedrich Wilhelm, Geschichte der Macaronischen Poesie, 61f.), und zwar mit dem Ziel, die pedantische Gelehrsamkeit zu verspotten; oder von einem sog. ›Küchenlatein‹, das der Verfasser der bis heute ausführlichsten Darstellung zur makkaronischen Poesie, Friedrich GentheGenthe, Friedrich Wilhelm, als »schon an sich schlechte und fehlerhafte Latinität« charakterisiert, »welche noch dazu, sobald ihr Latein zu Ende ist, […] aus der Muttersprache dem Buchstaben, aber nicht dem Sinne nach übersetzt« (ebd., 62f.). Auch wenn die Stoßrichtung dieser einzelnen Gattungen (und erst recht diejenige der einzelnen Texte) recht unterschiedlich ist und GentheGenthe, Friedrich Wilhelm (wie auch neuere Darstellungen) diese Differenz zu Recht hervorheben, demonstrieren sie doch allesamt eine gewisse Freiheit im Umgang mit der Gelehrtensprache, die deren Integrität, wenn sie sie auch nicht unmittelbar angreifen, so doch zerbrechlich werden lässt. Sie testen gewissermaßen die Grenzen der vormals ungebrochenen Autorität aus – Grenzen, die zeitgleich durch die Stilideale des Humanismus neu gezogen und verteidigt werden.

Wichtig ist es zu betonen, dass Verfahren der Sprachmischung, wie sie die makkaronische Poesie betreibt, im Vergleich zu den Belegen, die sich in der mittelalterlichen Literatur finden, nicht nur eine sehr viel größere Menge an Texten hervorgebracht, sondern offenkundig auch eine andere Wirkmächtigkeit entfaltet haben. Es liegt nahe, hier einen Zusammenhang herzustellen zu einem Phänomen, das im Bereich der mehrsprachigen Figurenrede zu beobachten ist, die erst in der Frühen Neuzeit, dafür nun aber in besonderem Maße, als Problem reflektiert wird. Berichtet die mittelalterliche Literatur auch in den unwahrscheinlichsten Fällen fast nie über Verständigungsprobleme zwischen Sprechern unterschiedlicher Sprachen, so sind solche Probleme seit der Durchsetzung des Buchdrucks zunehmend ein Thema (siehe ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in the Middle Ages«, 136–142). Man mag hier einen Zusammenhang sehen zwischen den schlagartig erweiterten Verbreitungsmöglichkeiten anderssprachiger Schriften, durch die die Erfahrung des Nicht-Verstehens stärker in den Fokus rückte, und einem neuartigen Bewusstsein für die Eigenheit von Sprachen und die Notwendigkeit, sie zu beherrschen und sich zu eigen zu machen. Zugleich dürfte der Standardisierungsdruck, der sich dank der Erfordernisse des Buchdrucks in der Schriftproduktion bemerkbar machte, das Bewusstsein für dialektale und soziolektale Differenzen geschärft haben.

Freilich ist die makkaronische Poesie nur eines von vielen literarischen Phänomenen, in denen sich das neue Bewusstsein von der akuten Verständigungsproblematik, die sich aus dem Sprachkontakt ergibt, äußert. Die Kehrseite dieses Problembewusstseins ist nicht zuletzt die bis ins 18. Jahrhundert hinein anhaltende Konjunktur von Plansprachenutopien (siehe hierzu EcoEco, Umberto, Die Suche nach der vollkommenen Sprache), die auch einen erheblichen literarischen Niederschlag findet. Neben einer Vielzahl von philosophischen Entwürfen, unter denen diejenigen von Gottfried Wilhelm LeibnizLeibniz, Gottfried Wilhelm, John LockeLocke, John und John WilkinsWilkins, John nur die prominenten Beispiele sind, ist hier auf die Überlegungen zur Sprache Utopias aus Thomas MorusMorus, Thomas’ gleichnamiger Schrift (1516) und auf Jonathan SwiftsSwift, Jonathan satirische Darstellung einer Universalsprache der Dinge im dritten Band von Gulliver’s Travels (1726) hinzuweisen. Als Fortsetzung der makkaronischen Tradition mit den Mitteln des modernen Romans lassen sich demgegenüber Francesco ColonnaColonna, Francescos Hypnerotomachia Poliphili (1499) (siehe hierzu PolizziPolizzi, Gilles, »Sprache des Anderen oder eigene Sprache?«), die lateinisch-volkssprachige Satire (siehe HessHess, Günter, Deutsch-lateinische Narrenzunft) und insbesondere die satirisch-groteske Produktion von RabelaisRabelais, François sowie seines deutschen Bearbeiters FischartFischart, Johann ansehen. Rabelais’ Romanwerk ist nicht zufällig Gegenstand des Interesses von BachtinBachtin, Michail M. geworden, denn die karnevaleske Umkehrung der Gesellschaftsstrukturen, die diese Texte im Raum der grobianischen Imagination betreiben, führt auch zu einer extremen Polyphonie. In latenter Parallele zu PlautusPlautus, Titus Maccius ist in diese Polyphonie auch eine komplexe Variante von Sprachmischung eingearbeitet, vor allem in Form von französisierten lateinischen Worten, Hybridbildungen, also aus Elementen mehrerer Sprachen zusammengefügten Wörtern, und teils mehrsprachigen Paronomasien (siehe KorgKorg, Jacob, »Polyglotism in Rabelais and Finnegans Wake«, 59–62). FischartFischart, Johann hat in der Geschichtsklitterung (1575) den zweiten Roman von RabelaisRabelais, François, Gargantua (1534), übersetzt bzw. bearbeitet und dabei diesen Effekt noch einmal gesteigert, weil er die übersetzerische Suche nach dem rechten Wort so im Text sichtbar werden lässt, dass fortwährend unterschiedliche Synonyme oder scheinbare, durch Wortspiele miteinander verbundene Synonyme aneinandergereiht und dabei gerne auch Sprachgrenzen überschritten werden – bis hin zu dem Punkt, dass einzelne Wörter in ihrer sprachlichen Zugehörigkeit mehrdeutig werden (siehe unten Anwendungs-/Analysebeispiel 1). Noch Martin LutherLuther, Martins Tischreden, die einer der ersten Gegenstände der literaturwissenschaftlichen Mehrsprachigkeitsforschung gewesen sind (StoltStolt, Birgit, Die Sprachmischung in LuthersLuther, Martin Tischreden), treiben die deutsch-lateinische Sprachmischung zuweilen so weit, dass sich ähnliche Effekte einstellen (MartynMartyn, David, »Es gab keine Mehrsprachigkeit«, 45–47). Und auch wenn ihnen eine satirisch-groteske Wirkung nicht unterstellt werden kann, sind auch sie Zeugnisse desselben gewandelten frühneuzeitlichen Sprachbewusstseins.

Die frühneuzeitliche Komödie scheint demgegenüber auf den ersten Blick verhältnismäßig konservativ, denn sie setzt Tendenzen zur Sprachmischung fort, wie sie bereits die antiken Vorbilder aufweisen. Sprachwechsel dienen in der Regel vor allem zur Charakterisierung von Figuren (siehe III.2). Es finden sich aber auch Sprachwechsel und Mischung in der Rede einzelner Figuren, ähnlich wie in der makkaronischen Poesie – Redeweisen, die als solche auch wiederum der Figurencharakteristik dienen können (zur Komödie seit der italienischen Renaissance siehe ElwertElwert, W. Theodor, »L’emploi de langues étrangères«, 237–240). Dies funktioniert teils auch eher indirekt. So wird etwa die Hauptfigur in MolièreMolières Bourgeois gentilhomme (1670) dazu gebracht, im Rahmen einer Scheinzeremonie die (im Französischen eigentlich ohne weiteres verständliche) Lingua Franca (Sabir) für Türkisch zu halten und so ihre charakterliche Schwäche zu offenbaren (zu dieser Textstelle siehe auch II.3).1Molière Die Grenzen zwischen Sprachwechsel und Sprachmischung sind dabei oft schwer zu ziehen, denn der Sprachwechsel ist bisweilen so ausgeprägt, dass der Eindruck entsteht, die Figuren sprächen eine eigenständige, neue Sprache. Dies ist beispielsweise in Andreas GryphiuGryphius, Andreass’ Komödie Horribilicribrifax Teutsch (1663) der Fall (siehe hierzu das erste Anwendungs-/Analysebeispiel in III.2). Es ist kein Wunder, dass auch in diesem Kontext Verständigungsprobleme in den Vordergrund treten, was auch jenseits der Gattung Komödie gilt. Beispielsweise thematisiert William ShakespearesShakespeare, William historisches Drama King Henry the Fifth die Sprachprobleme der Tochter des französischen Königs, Katherine, deren französisierendes Englisch wie folgt wiedergegeben wird: »Your majesté ’ave fause French enough to deceive de most sage demoiselle dat is en France.«2Shakespeare, William (Siehe hierzu RadaelliRadaelli, Giulia, Literarische Mehrsprachigkeit, 56f.) Auch im Drama findet sich also ein neuzeitlich verstärktes Bewusstsein für sprachbedingte Verständigungsprobleme.

4. Das 18. und 19. Jahrhundert

Damit deutet sich ein Umschwung an, der dann in den literarischen Revolutionen um 1800 seine volle Wirkung entfaltet hat. Werner HelmichHelmich, Werner hat für alle Formen von Sprachmischung und -wechsel vor dem 19. Jahrhundert festgestellt, dass »bei den fremdsprachigen Einlagerungen in den höheren Gattungen grundsätzlich zuerst die fremde Literatur und dann erst die fremde Lebenswelt ins Blickfeld« (Helmich, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 76) gerate. Dies gilt allerdings schon für ShakespeareShakespeare, Williams King Henry the Fifth nicht mehr voll und ganz: Denn ganz offenkundig besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der mittelalterlichen und bereits der frühneuzeitlichen Literatur darin, dass sich in dieser Sprachmischung und Sprachwechsel deutlich stärker auf außerliterarische Erfahrungsräume beziehen als zuvor. Damit geht auch ein weiteres Grundmerkmal der vormodernen Verfahren von Sprachwechsel und -mischung zunehmend verloren. HelmichsHelmich, Werner Charakterisierung der unterschiedlichen Sprachen in der Vormoderne als »Träger konventioneller Ausdrucksqualitäten« gilt in der Moderne immer weniger.

Im Verlauf des 18. Jahrhunderts führt die weitere Emanzipation der Volkssprachen dazu, dass das Lateinische zur toten Sprache erklärt und damit den Volkssprachen nachgeordnet wird. Dies geht einher mit der breiten Durchsetzung einer Semantik von Muttersprache, die diese nicht nur als Sprache der Erstsozialisation, sondern vor allem auch als Sprache der Nation auffasst. Hierin liegt der Beginn der modernen Einsprachigkeitssemantik, deren wichtigste Folge für die Literatur darin besteht, dass in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einzig das Schreiben in der Muttersprache als ›original‹ gilt. Die Autonomisierung der Literatur, in deren Zeichen das 18. wie das 19. Jahrhundert stehen, hat insofern die neue, auf Einsprachigkeit ausgerichtete nationale Kulturpolitik mitgetragen oder sogar gefördert. Sie bietet allerdings grundsätzlich zugleich auch die Gelegenheit zur Entwicklung neuartiger Verfahren von Sprachmischung, denn die Autonomisierung der Literatur und die Etablierung eines ästhetischen Imperativs zur Innovation führen zur Freigabe vormals genregebundener Formvorgaben zum Zweck der ästhetischen Formevolution. (Nicht zuletzt daraus dürfte sich die Prominenz des traditionell als Mischgattung aufgefassten Romans in der Moderne erklären.) Damit wird auch der Transfer von sprachspezifischen Gattungskonventionen über Sprach- und Gattungsgrenzen hinweg denkbar, wenn diese Möglichkeit auch einstweilen selten genutzt wird. Allerdings lassen sich beispielsweise die Experimente mit einem deutschen Hexameter und die lyrische Verarbeitung ›volkstümlicher‹ Formvorgaben unterschiedlicher Provenienz als Versuche verstehen, aus dem Rückgriff auf sprachliche Diversität ästhetischen Gewinn zu ziehen, auch wenn die daraus resultierende Sprachmischung eher latent bleibt (siehe V.1).

Auch wenn die Forschung dies angesichts der im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert übermächtig scheinenden Semantik der nationalen Einsprachigkeit bislang kaum in den Blick genommen hat, finden sich auch in dieser Zeit durchgängig Phänomene von Sprachwechsel und -mischung. Ähnlich latent wie die Übernahme formaler Muster aus anderen sprachlichen Kontexten bleibt dabei beispielsweise der Versuch, eine nationale Standardsprache als eine Art übergeordnete Metakultursprache zu etablieren, die die Sprachvielfalt der Welt in sich aufhebt. Einen solchen Versuch unternehmen sowohl Johann Wolfgang von GoetheGoethe, Johann Wolfgang vons Faust (siehe das Analysebeispiel in III.2) als auch die Wilhelm Meister-Romane (siehe StockhammerStockhammer, Robert, »Die gebrochene Sprache des Literarischen«1Stockhammer, RobertGoethe, Johann Wolfgang von): Beide inszenieren sich als Entwürfe eines Idioms, das im Medium des Scheins eine transzendentale Synthese der (europäischen) Sprachen und Literaturen leistet und zugleich die Scheinhaftigkeit dieser Unternehmung reflektiert. Gegenüber der auf der Oberfläche nahezu gänzlich deutschsprachigen Faktur der GoetheGoethe, Johann Wolfgang von’schen Texte weist das angebliche Gründungsdokument der modernen russischen Sprache, Alexander Sergejewitsch PuškinsPuškin, Alexander Sergejewitsch Евгений Онегин (Jevgenij Onegin) von 1830, deutlich manifestere Formen von Sprachwechsel auf (insbesondere dank der Einfügung französischer Wörter), ist insgesamt aber auch als Ergebnis einer Sprachmischung zu verstehen, die unter Zuhilfenahme anderssprachiger Strukturen und Elemente die Grenzen zwischen getrennten Stillagen der russischen Sprache auflöst.2Gretchko, ValerijPuškin, Alexander Sergejewitsch Auch die humoristischen Romane von Autoren wie Lawrence SterneSterne, Lawrence und Jean PaulJean Paul lassen sich dieser Gruppe von Texten zuordnen. Sprachwechsel findet sich hier vor allem in Form von Zitaten (siehe III.3), deren Effekt einerseits die Erzeugung komischer Kontraste ist, die aber andererseits im Dienst des humoristischen Programms stehen, gerade die Disparatheit des Lebens als Ausdruck einer höheren Einheit zu sehen.

Schließlich wird im 19. und 20. Jahrhundert im realistischen Roman von Lev N. TolstojTolstoj, Lev N. bis Thomas MannMann, Thomas die heute wohl augenfälligste Form von Sprachwechsel zur Perfektion getrieben, die Wiedergabe anderssprachiger Figurenrede im Original (siehe III.2). Auch der erzählerische Realismus entwickelt aber überdies neuartige Formen der Sprachmischung, sowohl in der Figuren- als auch in der Erzählerrede. Ein Beispiel hierfür ist die Imitation eines deutschen Akzents in Honoré de BalzacBalzac, Honoré des Le Cousin Pons (1847), die durch die konsequente Vertauschung von stimmhaften und stimmlosen Konsonanten zustande kommt (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 70). Der deutsche Freund der Hauptfigur, Schmucke, äußert sich hier in Sätzen wie »Ha! fous me gombrenez!«3Balzac, Honoré deCastex, Pierre-Georges oder: »Ele a l’air d’une bedide Allemante!«4 Häufig wird Sprachwechsel auch zur Erzeugung von ›Lokalkolorit‹ verwendet, wenn zum Beispiel die Handlung in einem anderssprachigen Land spielt und der Erzähler ›landestypische‹ Bezeichnungen oder auch nur Namen verwendet. Dies ist etwa der Fall in StendhalStendhal (Marie-Henri Beyle)s La Chartreuse de Parme (1839) (UllmannUllmann, Stephen, Style in the French Novel, 44–52); oder wenn für Erzähler- wie Figurenrede artifiziell-archaisierende Sprachformen entwickelt werden, wie es (auf sehr behutsame Weise) in Ivanhoe (1820) von Walter ScottScott, Walter, aber auch in Victor HugoHugo, Victors Notre-Dame de Paris (1831) der Fall ist (ebd., 64–73, siehe zum nicht nur realistischen Gebrauch des Spanischen im Roman GrutmanGrutman, Rainier, »›Besos para golpes‹«). Besonders ausgeprägt ist der sprachliche Realismus des Erzählens in Prosper MériméesMérimée, Prosper Novelle Carmen (1847), die auf Spanisch, Baskisch und Romani zurückgreift, und zwar auch in der Erzählerrede (UllmannUllmann, Stephen, Style in the French Novel, 53–58). Viele Sprachwechsel finden sich im realistischen Erzählen überdies in Form von anderssprachigen Zitaten (siehe III.3). Eine besonders herausstechende Kombination aller dieser Verfahren von Sprachwechsel und -mischung, wenn auch vor allem auf der Ebene soziolektaler und dialektaler Polyphonie, bietet für das 19. Jahrhundert Herman MelvillesMelville, Herman Moby Dick (1851): Hier wird nicht nur die kulturelle Diversität der Schiffsbesatzung durch die Vielfalt der (englischen) Ausdrucksweise vor Augen geführt, sondern den Ich-Erzähler selbst kennzeichnet, bewirkt durch Zitate wie durch die stilistische Anlehnung an literarische Vorbilder (vor allem: ShakespeareShakespeare, William und die Bibel), eine in sich stark polyphone Sprechweise (LeeLee, Maurice S., »The Language of Moby-Dick«). Auch wenn Sprachwechsel und -mischung im realistischen Roman, und gerade bei MelvilleMelville, Herman, auch anders motiviert sein können, haben sie doch immer auch die Funktion, Realitätseffekte im Sinne Roland BarthesBarthes, Roland’ zu erzeugen: So ›unrealistisch‹ das bei HugoHugo, Victor verwendete archaisierende Französisch auch sein mag, steht es doch für Realität ein. In vielleicht noch gesteigertem Maße gilt dies für die Literatur aus solchen Regionen, in denen unterschiedliche Sprachgemeinschaften aufeinandertreffen oder in denen eine Diglossiesituation vorliegt. Insofern dergestalt regional sich bestimmende Literatur auch auf Seiten der Rezipienten eine mehrfache Sprachkompetenz voraussetzen kann, sind Sprachwechsel und -mischung hier auch und gerade im ›einsprachigen‹ 19. Jahrhundert, das vielfach auch das Jahrhundert ist, in dem sich eine entsprechende Regionalliteratur etabliert, recht verbreitet, werden aber in erster Linie zur Figurencharakterisierung eingesetzt (siehe III.2). Im Einzelnen ist diese Form von Realismus der Mehrsprachigkeit immer vor dem kulturpolitischen Wertungsgefüge zu lesen, das sich zwischen den einzelnen beteiligten Sprachen entfaltet. In der Forschung ist die u.a. am Beispiel Québecs (GrutmanGrutman, Rainier, Des langues qui résonnent), Istriens (StrutzStrutz, Johann, »Istrische Polyphonie«) oder Luxemburgs (Hansen-PaulyHansen-Pauly, Marie-Anne, »The Languages of Literature«; GlesenerGlesener, Jeanne, »Le multilingualisme«) gezeigt worden.

5. Das 20. Jahrhundert

Neben der ›realistischen‹ Tradition des Sprachwechsels, die eher am Rande auch Verfahren der Sprachmischung nutzt und sich bis heute fortsetzt, gewinnt spätestens um 1900 eine weitere, Sprachwechsel wie Sprachmischung umfassende, literarische Tradition an Gewicht, die HelmichHelmich, Werner im Anschluss an Wladimir KrysinskiKrysinski, Wladimir als »ludisch« bezeichnet (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 38). Damit ist natürlich nicht gesagt, dass es zuvor keinen spielerischen Umgang mit beiden Verfahren literarischer Mehrsprachigkeit gegeben hätte. Denn schon die griechisch-lateinischen Neologismen bei PlautusPlautus, Titus Maccius, die gesamte makkaronische Poesie und die meisten Formen von Sprachwechsel und -mischung in den lyrischen Gattungen überhaupt sind zweifelsfrei stark von sprachspielerischen Momenten getragen. Um 1900 wird aber zunehmend und in zunehmend manifesteren Formen die bereits um 1800 mit der Autonomisierung von Kunst und Literatur prinzipiell bestehende Möglichkeit genutzt, Sprachdifferenzen gezielt zur innovativen literarischen Formbildung einzusetzen, und zwar sowohl zur Konstitution neuer lyrischer Formen als auch zur Konstitution literarischer Experimentalsprachen im Roman. Beide Verfahren wurden im 20. Jahrhundert traditionsbildend, und zwar in der Regel für solche literarischen Strömungen, die sich selbst als avantgardistisch beschrieben haben.

In der Lyrik können als Vorreiter für den Einsatz von Sprachwechsel und -mischung zur avantgardistischen Formbildung beispielsweise Lewis CarrollCarroll, Lewis und Christian MorgensternMorgenstern, Christian gelten. CarrollCarroll, Lewiss Gedicht »Jabberwocky« aus Through the Looking-Glass (1871) systematisiert Verfahren der sog. Unsinnspoesie und gestaltet einen Text, der zwar englisch wirkt, dessen Wörter sich aber größtenteils nicht im Lexikon finden. Bei der ersten Strophe des Gedichts handelt es sich um einen bereits 1855 publizierten Versuch, »Anglo-Saxon Poetry«1Carroll, LewisGardner, Martin zu simulieren:

Twas brillig, and the slithy toves

Did gyre and gimble in the wabe;

All mimsy were the borogoves,

And the mome raths outgrabe.2

Im Roman wird die Bedeutung der einzelnen Wörter der Hauptfigur teilweise von Humpty Dumpty erläutert, wobei das wandelnde Ei nebenbei den Begriff des »portmanteau«-Worts prägt: »›[S]lithy‹ means ›lithe and slimy‹«.3 Das grundlegende Verfahren des Textes ist es, im Englischen existierende Wörter zu verfremden oder auf der Grundlage existierender Wörter bzw. Morpheme neue Wörter zu generieren. Von einem Fall von Sprachmischung lässt sich dabei insofern sprechen, als die einzelnen Wortbildungen über dasjenige hinausgehen, was die eine englische Sprache beinhaltet, auch wenn (wahrscheinlich) keine Elemente oder Strukturen zu finden sind, die einer anderen Sprache eigen wären. Dasselbe lässt sich von einigen der MorgensternMorgenstern, Christian’schen Galgenlieder sagen, beispielsweise für das »Gruselett«, das mit folgenden Worten beginnt: »Der Flügelflagel gaustert / durchs Wiruwaruwolz / die rote Fingur plaustert / und grausig gutzt der Golz.«4Morgenstern, ChristianCureau, Maurice Bei CarrollCarroll, Lewis wie bei MorgensternMorgenstern, Christian entsteht auf diese Weise eine Sprache, die als eine (alt wirkende) ›Neuabmischung‹ die Hybridität und Anpassungsfähigkeit des Englischen bzw. Deutschen hervorkehrt.

Sprachmischung als Entwicklung eines neuen Idioms findet sich um 1900 im deutschsprachigen Raum auch bei Stefan GeorgeGeorge, Stefan, der in das Gedicht »Ursprünge« aus dem Zyklus Der siebente Ring (1907) zwei Verse in einer Sprache einfügt, die er angeblich in seiner Jugend erfunden hat:

Süss und befeuernd wie Attikas choros

Über die hügel und inseln klang:

CO BESOSO PASOJE PTOROS

CO ES ON HAMA PASOJE BOAÑ.5George, StefanOelmann, Ute

Konstatiert werden kann hier zumindest, dass die anderssprachigen Worte in sich von starken Assonanzen geprägt sind und qua Reim an die vorangehenden deutschen Verse anschließen. Ansonsten hat die Forschung bei der Entzifferung dieser Verse eher resigniert. Immerhin liegt aber eine Deutung von Benjamin BennettBennett, Benjamin vor, der davon ausgeht, George nutze hier griechische Wörter zur Erfindung einer neuen Sprache, deren Syntax wiederum an das Deutsche angelehnt sei (Bennett,Bennett, Benjamin »›Ursprünge‹«, 80, Anm. 2). Bennett zufolge beschwören die Verse die Selbst-Verkündigung der Schöpfung, ja, des Kosmos in der menschlichen Sprache, die ihren eigenen Anspruch unterliefe, wenn sie sich in verständlichen Worten ausdrückte. Die Integration der unverständlichen Kunstsprache diente so nicht zuletzt der Untermauerung einer radikalen kulturpolitischen Selbst-Verkündigung. George, dessen Texte der Mehrsprachigkeit des Autors zum Trotz ansonsten einem ostentativen Sprachpurismus unterliegen, greift also, wenn man BennettsBennett, Benjamin Deutung folgt, in einem kulturpolitisch entscheidenden Moment auf Sprachwechsel bzw. -mischung zurück.

Auch wenn dies dem elitären GeorgeGeorge, Stefan nicht gepasst haben dürfte, liegt darin eine Parallele zu den Avantgarden, und zwar schlicht aufgrund eines Erneuerungswillens, dessen Einflussbereich weit über denjenigen der Literatur und der Kunst hinausgeht. Nicht zuletzt dies zeigen Sprachwechsel und Sprachmischung in der Lyrik um 1900. Gerade im Namen der ›Reinheit‹ und Autonomie der Kunst kann nun die ›Verunreinigung‹ bzw. die radikale Destruktion bestehender Sprache(n) betrieben werden. Die Forderung des italienischen Futuristen Filippo Tommaso MarinettiMarinetti, Filippo Tommaso, (mindestens) auf Adjektive, Adverben und Interpunktion zu verzichten,6Marinetti, Filippo TommasoAnz, ThomasStark, Michael oder die Einordnung des Stichworts »Polyglottisme« als Arbeitstechnik zur Erlangung künstlerischer »pureté« und »variété« durch Guillaume Apollinaire7Apollinaire, Guillaume entfalten dieses Programm ebenso, wie es im Grunde in Viktor B. ŠklovskijsŠklovskij, Viktor B. 1916 geprägtem Begriff der остранение (ostranenie) angelegt ist, der die ›Verfremdung‹ des Sprachmaterials als ›Kunstgriff‹ (приём, priom) der Literatur beschreibt.8 Am auffälligsten indes ist die Nutzung von Sprachwechsel und -mischung im lyrischen Schaffen des DADA – wenn sich die Sprachexperimente der Dadaisten auch bei weitem nicht in Verfahren der literarischen Mehrsprachigkeit erschöpfen. Für Hugo BallsBall, Hugo Gedicht »Gadji beri bimba« beispielsweise ist gezeigt worden, dass durch Lautmalerei, durch (wenige) Anklänge an existierende (deutsche) Wörter, durch Wiederholungsfiguren und morphologische Strukturen, die an Flexionsendungen erinnern (GascoineGascoine, David, »Boomboom and Hullabaloo«, 203–207), ein »eclectical hybrid idiom« (ebd., 211) erzeugt wird. Die erste Versgruppe des Gedichts lautet wie folgt:

gadji beri bimba glandridi laula lonni cadori

gadjama gramma berida bimbala glandri galassassa laulitalomini

gadji beri bin blassa glassala laula lonni cadorsu sassala bim

gadjama tuffm i zimzalla binban gligla wowolimai bin beri ban

o katalominai rhinozerossola hopsamen laulitalomini hoooo

gadjama rhinozerossola hopsamen

bluku terullala blaulala loooo9

Dieses Gedicht ist allerdings nur eines von vielen Beispielen für den Umgang des DADA mit Sprachdifferenzen. Ihm zur Seite zu stellen wären beispielsweise die Experimente von Hans ArpArp, Hans, Richard HuelsenbeckHuelsenbeck, Richard, Marcel JancoJanco, Marcel und Tristan TzaraTzara, Tristan (Samuel Rosenstock) mit ›Simultangedichten‹, die als gleichzeitige Lektüre von drei Gedichten in unterschiedlichen Sprachen zur Aufführung gebracht wurden und so eine akustische Form der Sprachmischung ermöglichten (siehe ebd., 207–211; KilchmannKilchmann, Esther, »Alles Dada«, 50–52; das Verfahren kennt allerdings bereits mittelalterliche Vorbilder, siehe ZumthorZumthor, Paul, »Un problème d’esthétique médiévale«, 335f.). In all diesen Fällen geht es um den politischen Einsatz gegen jede Form von Nationalismus, vor allem aber darum, Verfahren der Sinnkonstitution jenseits des sprachlich bereits Denkbaren zu erproben. Buchstäblich drückt dies die Bezeichnung der slawischen Kunstsprache aus, die die russischen Avantgardisten Aleksej KručenychKručenych, Aleksej und Velimir ChlebnikovChlebnikov, Velimir zeitgleich entwickelten: заумь (zaum) bedeutet so viel wie ›Jenseits des Verstandes‹ (siehe hierzu ausführlich JanacekJanacek, Gerald, Zaum, zur besonders intensiven Ausprägung der Sehnsucht nach einer Aufhebung der Sprachvielfalt bei den russischen Avantgarden siehe NohejlNohejl, Regine, »Die ›Auferstehung des Wortes‹«). Selbst wenn dabei die Lautpoesie, in der Reduktion auf den reinen Klang, gerade die Aufhebung jeder Sprachdifferenz zu betreiben und so einen anderen Weg ins Jenseits der Sprachigkeit einzuschlagen scheint als die sprachmischende oder -wechselnde Avantgardelyrik, führt auch sie letztlich nur zu einer Vervielfältigung der poetischen Idiome, insofern hier jeder Text seine eigene Sprache begründet (siehe hierzu ChareyreChareyre, Antoine, »Le poème abstrait«).

Die Tradition einer dergestalt ›sprachschöpferischen‹, lyrischen Verwendung von Sprachwechsel und -mischung hat im 20. Jahrhundert in unterschiedlichen Kontexten ihre Fortsetzung gefunden. In der modernistischen Lyrik von T.S. EliotEliot, T.S. und Ezra PoundPound, Ezra findet sich Sprachwechsel vor allem in Form von anderssprachigen Zitaten (siehe III.3; zu Pound siehe Riesner,Riesner, Ann-Marie »›The sum of human wisdom …‹«), die aber auch Effekte auf der Ebene des Versbaus erzeugen, welche wiederum als (latente) Form von Sprachmischung interpretiert werden können (siehe V.1 zu EliotEliot, T.S.). Im deutschen Sprachraum sind in der Nachkriegszeit vor allem Ernst JandlJandl, Ernst, Oskar PastiorPastior, Oskar und H.C. ArtmannArtmann, H.C. durch lyrische Formen von Sprachwechsel und -mischung hervorgetreten (siehe hierzu V.I sowie IV.2). Eine wirkungsmächtige Sonderform der lyrischen Sprachmischung stellt schließlich ab den 1950er Jahren die Konkrete Poesie mit Eugen GomringerGomringer, Eugen als prominentem Vorreiter dar (SchlegelSchlegel, Maximilian, »›Mühelos polyglott‹«).

Ähnlich experimentelle Formen von Sprachwechsel und Sprachmischung finden sich in der Erzählliteratur zu Beginn des 20. Jahrhunderts an vielen Stellen, prominent etwa in Prosatexten des frühen BeckettBeckett, Samuel, der diese Techniken allerdings später aufgab (vgl. Mannweiler,Mannweiler, Caroline »Erfahren und erzeugt«). Für die Geschichte des Romans wegweisend sind vor allem die Formen des Sprachwechsels und der Sprachmischung, die sich in James JoyceJoyce, James’ Roman Ulysses (1922) finden und deren Prominenz sich dort aus dem Versuch ergibt, eine neuartige Vielfalt von Erzählverfahren auszutesten. Im 14. Kapitel des Romans, das vom nächtlichen Aufenthalt des Protagonisten in einer Geburtsklinik erzählt und sich insgesamt dem Thema von Genese und Wachstum von Mensch und Menschheit widmet, verändert sich im Verlauf des Kapitels die Sprache, in der das gesamte Geschehen dargestellt wird. Präsentiert wird die Genese der englischen (Literatur-)Sprache: Das Kapitel setzt ein mit einer Reihe latinisierender Worte, an die sich eine Nachahmung altenglischer Stabreimverse anschließt. Im Erzählverlauf modernisiert sich die Sprache zunehmend, bis das Ende des Kapitels in einem modernen, schwer verständlichen Slang vorgetragen wird. Die vorgeführten einzelnen Stufen lehnen sich dabei jeweils mehr oder weniger offen parodistisch an berühmte Schriftsteller der englischen Literaturgeschichte an. Wesentlich radikaler noch greift Joyce’ FinnegansJoyce, James Wake auf Sprachmischung zurück, ja, das mehrsprachige Wortspiel ist im Grunde das wesentliche Konstruktionsprinzip dieses Texts (siehe unten Anwendungs-/Analysebeispiel 3).

Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts finden sich unter der Vielzahl von Texten, die sich auf die von Joyce’ Romanen angestoßene Entwicklung beziehen lassen, auch solche, die die dort entwickelten Verfahren der Sprachmischung und des Sprachwechsels aufgreifen. Im englischen Sprachraum fällt hier insbesondere G.V. DesanisDesani, G.V. Roman All About H. Hatterr (1948) ins Auge, der eine extreme Sprachvielfalt entfaltet, und zwar sowohl dank einer »intense intralingual variation of English« (LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 46) als auch auf der Ebene unterschiedlicher, ihren Sprechern wechselseitig nicht verständlicher Standard- oder Nationalsprachen. Der Roman ist als ein Beispiel besonders ›starker‹ Mehrsprachigkeit ausgewiesen worden, insofern er dem Verständnis ›einsprachiger‹ Leser durch keinerlei Redundanz entgegenkommt (ebd., 40–51). Im deutschsprachigen Raum sind als prominente Autoren der Nachkriegszeit insbesondere Arno SchmidtSchmidt, Arno und Uwe JohnsonJohnson, Uwe zu nennen. Verbindet sich Sprachwechsel bei JohnsonJohnson, Uwe in erster Linie mit Figurenrede (siehe III.2), so zeichnet Schmidts Erzählen gerade aus, dass der Sprachwechsel die Figurenrede transzendiert, so dass gleichsam auch die Figuren die für den (Ich-)Erzähler charakteristische Form des Sprachwechsels betreiben. Der Sprachwechsel ergibt sich bei Schmidt in weiten Teilen aus exzessivem Zitieren (siehe III.3). Zudem liegt fast immer eine segmentäre Trennung vor. Dennoch verdichten sich Erzähler- wie Figurenrede zu einer Art eigenständigem Idiom aus deutschen, englischen, lateinischen und auch russischen Elementen (siehe HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 412–418, zu Schmidts Roman Abend mit Goldrand 412–418; LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 117–123, zu Kaff auch Mare Krisium). Dieser Eindruck entsteht nicht zuletzt dadurch, dass SchmidSchmidt, Arnots Texte eine eigene Orthographie sowie ein eigenes Interpunktionssystem entwickeln. Bleibt die Sprachmischung bei SchmidtSchmidt, Arno deutlich unterhalb des Komplexitätsniveaus, das JoyceJoyce, James in Finnegans Wake entfaltet, so liegt mit Julián RíosRíos, Julián’ Roman Larva. Babel de una noche de San Juan (1983) ein Text vor, der, ausgehend vom Spanischen, eine ähnliche Komplexität der Sprachmischung erreicht wie Joyce’ Roman (Helmich, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 291–304). Mittelbar Teil der Joyce’schen Tradition der literarischen Sprachmischung im Verlauf des 20. Jahrhunderts sind auch solche Texte, die, wenn auch nicht notwendig (nur) durch Joyce inspiriert, literarische Plansprachen entwerfen. Auch hier sind die Avantgarden vom Anfang des Jahrhunderts wegweisend, die übrigens in den um 1900 aktuellen sprachpolitischen Bemühungen um Plansprachen eine Parallele finden (siehe II.4). Ein prominentes Beispiel aus dieser Zeit ist die von Eugene JolasJolas, Eugene in den 1920er und 1930er Jahren entwickelte Literatursprache Atlantica (siehe KelbertKelbert, Eugenia, »From Babelbank to Atlantica«). In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts finden sich Plansprachenexperimente etwa bei Jorge Luis BorgesBorges, Jorge Luis (Helmich, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 455–457), J.M.G. Le ClézioLe Clézio, J.M.G. (ebd., 464–468) und aktuell bei Frédéric WerstWerst, Frédéric, dessen ›wardwesân‹ genannte Sprache die wahrscheinlich am weitesten ausgebaute (literarische) Plansprache aller Zeiten ist (ebd., 471–475). Eine weitere Gruppe von Texten der ›ludischen‹ und insofern ebenso Joyce’schenJoyce, James Tradition von Sprachwechsel und -mischung entsteht schließlich mit der Etablierung neuartiger experimenteller Erzählverfahren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, im Französischen etwa im Umkreis der literarischen Gruppierungen »Tel Quel« und »Oulipo«, wenn auch hier Mehrsprachigkeit vor allem durch Zitation erzeugt wird (siehe III.3). Zu erwähnen sind etwa Georges PerecPerec, Georges, Philippe SollersSollers, Philippe, Le ClézioLe Clézio, J.M.G. (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 349–367) und vor allem Maurice RocheRoche, Maurice, dessen Text Circus. Roman(s) (1972) von einem extrem hohen Anteil anderssprachiger Zitate durchsetzt ist (ebd., 384–386). In der italienischen Literatur stechen die Texte des Oulipo-Mitglieds Italo CalvinoCalvino, Italo und vor allem das (erzählerische, dramatische wie lyrische) Werk von Edoardo SanguinetiSanguineti, Edoardo heraus (ebd., 199–203, 245–250, 495–498).

Auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts finden sich jenseits solcher, im Sinne HelmichsHelmich, Werner ›ludischer‹ Formen der literarischen Mehrsprachigkeit auch weiterhin solche, die eher durch traditionelle Formen der realistischen Darstellung motiviert sind. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass etwa im Bereich des literarischen Mainstreams insbesondere für den deutschen und sicher auch für den französischen Sprachraum eher Kulturpolitiken der Einsprachigkeit maßgeblich bleiben. In Westdeutschland ist dies nicht zuletzt der Vormachtstellung der Gruppe 47 zu verdanken, die im Wesentlichen einem Einsprachigkeitsideal verpflichtet blieb. So besteht beispielsweise Günter Grass’Grass, Günter Blechtrommel, obgleich die Handlung eine Vielzahl anderer Sprachen erwähnt, dennoch nahezu ausschließlich aus deutschen Wörtern (Dembeck, »Auf Polnisch wird nur geflucht«). Sprachwechsel und -mischung bleiben so weitgehend solchen Autoren überlassen, die der Gruppe nicht angehören oder doch eher ihrem Rand zuzuordnen sind, wie neben SchmidtSchmidt, Arno und JohnsonJohnson, Uwe (und auch den Lyrikern JandlJandl, Ernst sowie H.C. ArtmannArtmann, H.C.) etwa Elias CanettiCanetti, Elias, dessen Die Stimmen von Marrakesch Gegenstand ausführlicher Analysen zum figurenbezogenen Sprachwechsel geworden ist (RadaellRadaelli, Giuliai, Literarische Mehrsprachigkeit, 76–123; WeissmannWeissmann, Dirk, Métamorphoses interculturelles; siehe auch III.2). Prominent ist weiterhin Ingeborg BachmannsBachmann, Ingeborg Erzählung Simultan (1972), die in weiten Strecken in erlebter Rede die Gedanken der Hauptfigur, einer polyglotten Simultanübersetzerin, wiedergibt (siehe RadaellRadaelli, Giuliai, Literarische Mehrsprachigkeit, 153–242). Im englischen Sprachraum findet sich mit Christine Brooke-RosesBrooke-Rose, Christine Roman Between (1968) ein Vorgänger zu BachmannBachmann, Ingeborgs Erzählung (siehe LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 15–17, ausführlich 84–91). In diesem Roman reist die Hauptfigur, die ebenfalls Dolmetscherin ist, mit einem Begleiter durch Europa und am Ende aus Europa hinaus in die Türkei. Die Auseinandersetzung mit dem Türkischen, das nun in den Text eindringt, stellt die Erfahrung inkommensurabler sprachlicher Fremdheit dar. Der Roman ist jenseits des (meist auf unterschiedliche Figuren verteilten) Sprachwechsels insofern auch ein Beispiel für avancierte literarische Sprachmischung, als er sich einem grammatischen Lipogramm unterwirft – und in keiner der verwendeten Sprachen Formen des verbum substantivum ›sein‹ verwendet. Darin lässt sich eine kulturpolitische Strategie zur Vermeidung jeglicher Substantialitätszuschreibung sehen. Eine Art Privatsprache, die aus Sprachmischung entsteht und zur Figurencharakterisierung beiträgt, hat Anthony BurgessBurgess, Anthony in A Clockwork Orange (1963) entwickelt (ebd., 101–108). Der Roman simuliert die ›Jugendsprache‹ des Erzählers Alex, die dieser als Nadsat (›teen‹) bezeichnet, es durchsetzt das Englische mit russischen Lehnwörtern. Ein besonders eindrückliches Beispiel für die Verwendung von durch den Realismus entwickelten Verfahren des Sprachwechsels und der Sprachmischung aus den vergangenen 20 Jahren sind die Kriminalromane von Andrea CamilleriCamilleri, Andrea (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 119–125), in denen sowohl die Figuren- als auch die Erzählerrede in einer »sikulo-italienische[n] Mischsprache« (ebd., 121) gehalten sind. Hier führt die Entlehnung »für den Handlungsfortgang wichtige[r] Lexeme« (ebd.) aus dem Sizilianischen zur zunehmenden Verständlichkeit des Idioms, die durch die zusätzliche Einfügung italienischer Synonyme oder durch starke kontextuelle Konditionierung so verstärkt wird, dass der Leser letztendlich den Eindruck gewinnt, ein ihm fremdes Idiom dennoch zu verstehen. In einem ganz anderen Kontext erscheint Sprachwechsel in Fritz Rudolf Fries’Fries, Fritz Rudolf Roman Alexanders neue Welten (1982): Ähnlich wie bei SchmidtSchmidt, Arno ist hier die Figurenrede stark von Sprachwechseln durchsetzt, die sich aus anderssprachigen Zitaten ergeben, aber in der Forschung nicht zuletzt dadurch erklärt werden, dass sie es ermöglicht haben, politische Kritik vor der DDR-Zensur zu verstecken (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 409–411) – eine Funktion von Sprachwechsel und -mischung, die bislang fast gar nicht von der Forschung aufgearbeitet worden ist. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich schließlich mit der Lagerliteratur ein neues realistisches Genre entwickelt, das stark auf Sprachwechsel zur Figurencharakterisierung zurückgreift (siehe III.2).

Diejenigen literarischen Texte aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und aus der Gegenwart, die derzeit mit Blick auf Sprachwechsel und -mischung das wahrscheinlich größte Interesse von Seiten der Forschung erhalten, sind solche, die sich mit Migration und/oder Deportation oder mit einem (post-)kolonialen Kontext in Verbindung bringen lassen. Elke Sturm-TrigonakisSturm-Trigonakis, Elke vertritt die (sicherlich zu präzisierende, wenn nicht gar teils zu relativierende) These, dass in der von ihr so benannten »Neuen Weltliteratur« sowohl die Menge als auch die Komplexität der Texte, die Sprachwechsel und -mischung als Verfahren benutzen, stark gestiegen ist (Sturm-TrigonakisSturm-Trigonakis, Elke, Global Playing, 160–163). Laut HelmichHelmich, Werner entfalten sich in diesem Kontext gänzlich neue Funktionen des Sprachwechsels und teils auch solche der Sprachmischung (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 548–550): Es geht nun beispielsweise um die gezielte Subversion von Mutter- oder Einsprachigkeitssemantiken, die Beförderung subalterner Sprachigkeit, um eine Kulturpolitik sprachlicher Hy­bridität, genauer: um den Aufweis der Hybridität jedes sog. ›Eigenen‹ oder um die Darstellung persönlicher wie kollektiver Sprachbiographien unterhalb des Levels ›offiziöser‹ Sprachpolitiken nicht zuletzt des Literaturbetriebs. (Indirekte) Vorläufer der Verfahren von Sprachwechsel und -mischung, die später in Kontexten des Postkolonialismus und der Migration verwendet werden, finden sich nicht zuletzt in selbst kolonialistisch gefärbter oder zumindest in kolonialistischen Kontexten entstandener Literatur oder auch in regionalen, mehrsprachigen Literaturtraditionen (siehe oben). Für die amerikanische Literatur finden sich folgenreiche Beispiele in James Fenimore CoopersCooper, James Fenimore Leatherstocking Tales (1832–1841) (RosenwaldRosenwald, Lawrence A., Multilingual America, 20–47) oder in Herman MelvillesMelville, Herman frühem Globalisierungsroman Moby Dick. Alle diese Texte zeichnen sich dadurch aus, dass sie die mehrsprachige Figurenzeichnung, wenn auch auf je unterschiedliche Weise, kulturpolitisch einsetzen (siehe III.2).

Das Feld der Texte aus der zweiten Hälfte des 20. und den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts, die Sprachwechsel und -mischung mit Postkolonialität und Migration in Verbindung bringen, ist insgesamt kaum überschaubar. Ein wichtiger früher Text ist hier DesaniDesani, G.V.s mehrsprachiger postkolonialer Roman All About H. Hatterr, dessen durch die Rezeptionsgeschichte vollzogene Eingemeindung in die Avantgardeliteratur JoyceJoyce, James’scher Prägung (siehe oben) insofern dem Impuls des Textes selbst zuwiderläuft, als sich dieser (ebenso wie sein Autor) dem Bestreben, ihn übersetzbar und damit kulturpolitisch verbreitbar zu machen, im Grunde verweigert (LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 40–51). Eine oft gewählte Form des Schreibens über Migration, die sich des Sprachwechsels bedient, sind ›Sprachbiographien‹ (language memoirs), wie beispielsweise Richard Rodriguez’Rodriguez, Richard Hunger of Memory (1982), Eva HoffmansHoffman, Eva Lost in Translation: Life in a New Language (1989) oder Ilan StavansStavans, Ilan’ On Borrowed Words: A Memoir of Language (2001). Oft zeichnen sich solche Texte, gerade weil sie eine Übersetzung der mehrsprachigen Identität in die Einsprachigkeit leisten (müssen), durch eher ›schwache‹ Formen des Sprachwechsels aus (siehe ebd., 11–14 zu Stavans und RodriguezRodriguez, Richard, 149–153 zu Hoffman). HoffmanHoffman, Eva allerdings schafft es, durch die Nutzung eines einzelnen angeblich unübersetzbaren und konsequent unübersetzt bleibenden Worts, das so als Schibboleth der vormaligen Sprachidentität lesbar wird, kulturelle Inkommensurabilität zumindest zu markieren (ebd.). Ein ähnliches Verfahren des punktuellen Sprachwechsels mit verstörendem Effekt findet sich in Orhan PamuksPamuk, Orhan Istanbul: Memories and the City (ebd., 143–149). Eine demgegenüber ›starke‹, d.h., die Sprachdifferenz nicht durch Übersetzung oder Redundanz auffangende Form von Sprachwechsel findet sich in dem teils autobiographischen Text von Gloria AnzaldúaAnzaldúa, Gloria E., Borderlands/La Frontera: The New Mestiza (1987) (ebd., 83) oder in Junot Díaz’Díaz, Junot Roman The Brief Wonderous Life of Oscar Wao (2007), der den Sprachwechsel zwischen unterschiedlichen Varietäten des Englischen und unterschiedlichen Varietäten des Spanischen (oder zumindest: der romanischen Sprachen) so weit treibt, dass auch einem linguistisch sehr kompetenten Leser oft sogar die Orientierung darüber fehlt, welchem Idiom einzelne Wörter zuzurechnen sein könnten (siehe GramlingGramling, David, The Invention of Monolingualism, 135–139). Insgesamt müsste eine Darstellung von Sprachwechsel und -mischung in postkolonialen und postmigratorischen Texten natürlich weit über die Grenzen der (west-)europäischen und amerikanischen Literatur hinausgehen. Gut erforscht sind in dieser Hinsicht beispielsweise die Literaturen Lateinamerikas (siehe z.B. KnauthKnauth, K. Alfons, »Multilingualisme national et international«; HelmicHelmich, Wernerh, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 153–191).

Für den deutschen Sprachraum prominente Autoren sind etwa Emine Sevgi ÖzdamarÖzdamar, Emine Sevgi, die in vielen ihrer Texte »eine Kunstsprache« entwickelt, die türkische Phraseologismen oder Sprichwörter »als Xenismus im Deutschen nachbildet und dieses dabei bewusst verfremdet« (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 212 über das Theaterstück Karagöz in Alamania von 1982; siehe auch LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 82f., 157–159, sowie YildizYildiz, Yasemin, Beyond the Mother Tongue, 143–168), und zwar in Kombination mit deutsch-türkischem ›insertional code-switching‹; Yoko TawadaTawada, Yoko, die insbesondere Verfahren des mehrsprachigen Sprachspiels ausgebaut hat (YildizYildiz, Yasemin, Beyond the Mother Tongue, 109–142); Peter WaterhouseWaterhouse, Peter, der Sprachwechsel u.a. als Arbeit mit in unterschiedlichen Sprachen homonymen Wörtern betreibt (siehe RadaellRadaelli, Giuliai, »Literarische Mehrsprachigkeit«); Zé do RockRock, Zé do, der gleich eine ganze Reihe hybrider Kunstsprachen wie z.B. kauderdeutsh erfunden hat (siehe KurleninaKurlenina, Vera, »›a multiculti un internacionaliset deutsh‹«); oder Feridun ZaimogluZaimoglu, Feridun, der in seinen frühen Texten eine Kunstsprache entwickelt, die oft als Variante deutsch-türkischen Slangs aufgefasst wird, in Wirklichkeit aber vom Türkischen fast gar nicht beeinflusst ist und stattdessen stark mit dialektalen und soziolektalen Differenzen innerhalb des Deutschen, mit literarisch einordbaren Registern (biblischer Duktus, Sprache der romantischen Lyrik etc.), mit englischen Einsprengseln und teils auch grammatischen Vereinfachungen arbeitet (YildizYildiz, Yasemin, Beyond the Mother Tongue, 169–201; Bürger-KoftisBürger-Koftis, Michaela, »Ethnolekte und McLanguage«, 316–320). Über die Bestimmung des kulturpolitischen Impetus dieser Kunstsprache kann man durchaus streiten, denn die Vorrede zu Kanak Sprak. 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft mag zwar eine neue Form des Writing Back durch die Kinder der Migration in Deutschland postulieren, aber nicht nur gibt es Gründe dafür, dieser Standortsbestimmung zu misstrauen, sondern darüber hinaus ist zu konstatieren, dass die Stimme, die sich hier äußert, in erster Linie eine rein literarische ist. Im französischen Sprachraum sind ähnliche Schreibverfahren in der sog. ›Beurs‹-Literatur verwendet worden. Eine bemerkenswerte junge Entwicklung ist das Schreiben in ›Lernersprachen‹, das teils auch als Sprachmischung aufgefasst werden kann, wenn sich im literarischen Text die zu lernende und die Erstsprache der Erzählinstanz überlagern. Dies ist beispielsweise der Fall in Xiaolu GuoGuo, Xiaolus A Concise Chinese-English Dictionary for Lovers (2008).

c) Forschungsgeschichte

Ähnlich wie für andere Verfahren der literarischen Mehrsprachigkeit gilt auch für Sprachwechsel und Sprachmischung, dass sich die literaturwissenschaftliche Forschung lange Zeit nur sporadisch für sie interessiert hat, da die Einsprachigkeit literarischer Texte als Normalfall galt. Allerdings lassen sich auch Bereiche der linguistischen Forschung als Bestandteil der Forschungsgeschichte ansehen. Dabei gilt es allerdings, die Verwendung der sprachwissenschaftlichen Begriffe ›Code-Switching‹ und ›Kontaktsprache‹ präzise in ihrer Relevanz für literaturwissenschaftliche Methoden und Gegenstände zu erfassen. Zu bedenken ist vor allem, dass für die Philologie immer ein einzelner Textbefund als Ausgangspunkt dient, nicht die Kompetenz von Sprechern oder die Genese sprachlicher Standards. Letztere fällt, selbst wenn sie sich unter anderem in Literatur abspielt oder durch Literatur in besonderem Maße vorangetrieben wird, in den Gegenstandsbereich der Linguistik. Das bedeutet, dass die Ergebnisse der linguistischen Forschung für die Philologie unter anderen Voraussetzungen Geltung haben. Wenn die Linguistik beschreibt, welchen (letztlich statistisch erschlossenen) Regelmäßigkeiten das Code-Switching oder die Entstehung von Kontaktsprachen folgen, so muss die Philologie unter der Voraussetzung arbeiten, dass sich die konkret behandelten Texte Regelmäßigkeiten potentiell immer schon widersetzen – auch wenn sie sich natürlich gerade dadurch zu ihnen in Beziehung setzen. Allerdings lassen sich für einzelne Autoren spezifische Regelmäßigkeiten beobachten, die vom Level der Regularität her zwischen einzelnem Text und übergreifender Sprecherkompetenz anzusiedeln sind.

1. Linguistische Modellbildung

Code-Switching ist in der Linguistik in erster Linie als Phänomen der Interaktion untersucht worden und erst seit sehr kurzer Zeit auch als Phänomen der Schriftlichkeit. Dabei stand über lange Zeit hinweg der Nachweis der Funktionalität und Regelhaftigkeit des Phänomens im Vordergrund, durch die angesichts der Übermacht der langue-orientierten Linguistik gewissermaßen seine ›Würdigkeit‹ als Forschungsgegenstand hervorgehoben werden musste. Systematiken, die entwickelt wurden, um die Motivation für unterschiedliche Formen des Code-Switchings zu erfassen, unterscheiden u.a. den situationsgebundenen, spontanen Wechsel des Codes, etwa um Verständigung sicherzustellen, von solchen Formen des Code-Switchings, die die unterschiedliche soziale und kulturelle Wertigkeit der verwendeten Sprachen ins Spiel bringen und nutzen (siehe z.B. GafarangaGafaranga, Joseph, »Code-Switching«, 297–307; MatrasMatras, Yaron, Language Contact, 114–129). Der Wechsel ins Englische, wenn ich verstehe, dass mein Gegenüber kein Deutsch versteht, ist in diesem Sinne situationsgebundenes Code-Switching, wohingegen die Selbstbezeichnung als ›Senior Manager‹ in einer ansonsten auf Deutsch geführten Konversation den soziokulturellen Wert der englischen Sprache im Bereich der Wirtschaft nutzt, um die eigene Bedeutsamkeit zu unterstreichen. Es ist offenkundig, dass Sprecher den soziokulturellen Wert einer bestimmten Sprache auch situationsgebunden und spontan strategisch einsetzen können, etwa wenn man inmitten einer auf der Standardvarietät geführten Verhandlung plötzlich auf den örtlichen Dialekt zurückgreift, um Verbundenheit mit dem Gegenüber zu signalisieren. Die Markierung der Sprachwahl kann also sowohl als Globalstrategie als auch lokal-diskurssituativ interpretiert werden.

Mit Bezug auf literarische Texte lassen sich aus solchen Beschreibungsansätzen zum einen Modelle für die Analyse der jeweils dargestellten Interaktion entwickeln, womit es um die Analyse der Mehrsprachigkeit in der Figurenrede geht. Darüber hinaus ist die an einem literarischen Text ablesbare Entscheidung über den an einzelnen Stellen verwendeten ›Code‹ aufgrund der Situationsabstraktheit des Textes situativ schwieriger zu erklären, als dies bei der Analyse von Interaktion möglich ist. Die kulturpolitische Interpretation von Sprachwechsel wird aus philologischer Sicht daher immer sowohl die allgemeine soziokulturelle Wertigkeit der verwendeten Sprachen als auch die vom Text selbst erzeugte Sprach- und Kommunikationssituation in den Blick nehmen müssen. Dabei spielt nicht zuletzt auch die Einbindung von Zitaten eine gegenüber der Interaktion und auch gegenüber anderen Textsorten gesteigerte Rolle (siehe III.3).

Die literarische Mehrsprachigkeitsforschung kann auch insofern auf linguistische Arbeiten zum Code-Switching zurückgreifen, als diese auch untersucht haben, wie Code-Switching syntaktisch und morphologisch eingebunden wird. Herausgestellt werden konnte so insbesondere, dass es bestimmte Orte im Satz gibt, an denen ein Sprachwechsel sehr viel wahrscheinlicher ist als an anderen (MatrasMatras, Yaron, Language Contact, 120–136). Eine besondere Rolle spielt insgesamt das sog. ›insertional code-switching‹, also der Einsatz einzelner anderssprachiger Wörter, die zuweilen auch morphosyntaktisch, beispielsweise durch die Anfügung ihnen ursprünglich fremder Flexionsendungen, integriert werden. Besonders häufig ist das insertional code-switching für sog. ›discourse marker‹ und ›utterance modifiers‹ (ebd., 136–145). Natürlich können diese linguistischen Beschreibungsmodelle einzelne philologische Befunde nicht aus sich heraus erklären. Sie erleichtern es aber, abzuschätzen, inwiefern sich ein Text an den linguistischen Gegebenheiten seines Kontextes bzw. des Kontextes der dargestellten Handlung orientiert, inwiefern seine Mehrsprachigkeit also ›akkurat‹ ist (vgl. RosenwaldRosenwald, Lawrence A.s Argument zur ›accuracy‹ von Literatur in »On Linguistic Accuracy in Literature«).

Die linguistische Beschreibung von Kontaktsprachen, die sich als Teil der Forschungsgeschichte zur Sprachmischung verstehen lässt, unterscheidet eine ganze Reihe von typischen Strukturen, die sich etwa nach dem Grad der Stabilität des Codes bestimmen, die sich aus den Entstehungsumständen der jeweiligen Idiome herleiten oder aus dem jeweils bei der Etablierung des neuen Idioms verwendeten ›Material‹. So geht mit der Entstehung von Pidgins (situativen, hybriden Hilfssprachen) und den (auf der ›Grammatikalisierung‹ von Pidgins beruhenden) Kreolsprachen in der Regel eine starke Vereinfachung der morphosyntaktischen Struktur der ursprünglichen Idiome einher, die sich aus ihrer Entstehung als Hilfssprachen erklären lässt (siehe MatrasMatras, Yaron, Language Contact, 277–288). Demgegenüber gibt es sog. ›mixed codes‹, die sich umgekehrt aus dem klaren kulturpolitischen Willen zur Erhaltung eines bedrohten Idioms ergeben und daher nicht notwendig mit Vereinfachungen einhergehen (ebd., 288–291; MuyskenMuysken, Pieter, »Mixed Codes«). Als ›mixed codes‹ werden dabei von einigen Linguisten solche Idiome definiert, die ein geteiltes Lexikon aufweisen, also beispielsweise die Verbalphrase mit Wörtern der einen, die Nominalphrase aber mit Wörtern der anderen Sprache bilden (sog. VP/NP-Split; MuyskenMuysken, Pieter, »Mixed Codes«, 324–326).

Für die literaturwissenschaftliche Erfassung von Phänomenen der Sprachmischung können grundsätzlich alle von der Linguistik zur Verfügung gestellten Beschreibungsmodelle einbezogen werden. Dabei gilt es allerdings zu beachten, das im schriftlich fixierten Text – selbst wenn es sich um die fluide Variante eines handschriftlich überlieferten Textes handelt – grundsätzlich alles stabilisierter Code ist. Damit ist insbesondere die Differenz zwischen situativem ›insertional‹ Code-Switching und Entlehnung, also der Übernahme anderssprachiger Wörter ins Lexikon einer Sprache, die auch in der Linguistik selbst in Zweifel gezogen wird (sog. »codeswitching-borrowing continuum«, MatrasMatras, Yaron, Language Contact, 110), mit Blick auf den literarischen Text erst recht hinfällig. Denn jedes situative Code-Switching ist im Text Teil des Lexikons dieses Textes geworden, das sich aber von demjenigen des Sprachkontextes unterscheiden lässt. Mit anderen Worten: im literarischen Text ist jeder gemischte Code immer schon ›grammatikalisiert‹, wenn auch unter Umständen in sich instabil.

Angesprochen ist damit die Schwierigkeit, Sprachwechsel und Sprachmischung klar voneinander zu unterscheiden, denn aus philologischer Sicht trägt jeder Sprachwechsel dazu bei, das einzigartige Idiom eines Textes zu formieren. Man könnte auch sagen: Aus philologischer Sicht wird ein in der Code-Switching-Forschung als Sonderfall diskutiertes Phänomen, nämlich, dass die Zweisprachigkeit selbst das als selbstverständlich angenommene Medium ist, vor dessen Hintergrund sich das Code-Switching entfaltet, zum Normalfall. Denn philologisch gesehen ist jeder Text potentiell mehrsprachig. Dass dieses Argument vielleicht nicht auf die Philologie beschränkt bleiben muss, zeigen linguistische Überlegungen zur Frage des Übergangs vom Code-Switching zu Mixed Languages. So konstatiert Pieter MuyskenMuysken, Pieter, dass den zwei wichtigsten Strukturmustern des Code-Switchings zwei Arten von Sprachmischung entsprechen: dem insertional code-switching die Relexikalisierung (grammar/lexicon-split) und dem alternational code-switching, bei dem die Sprache am Übergang von Satz(teil) zu Satz(teil) gewechselt wird, der VP/NP-Split (MuyskeMuysken, Pietern, »Mixed Codes«, 331). In diesem Sinne lässt sich das Code-Switching auch linguistisch als Vorstufe zur Etablierung eines eigenständigen Idioms ansehen. Das Kriterium, nach dem sich linguistisch bemessen lässt, ab wann diese Stufe erreicht ist – die statistisch nachweisbare Stabilität des Phänomens – kann umgekehrt wiederum als pragmatische Richtschnur zur Differenzierung von Sprachwechsel und Sprachmischung dienen: Wenn man den Sprachwechsel in einem Text als Sprachmischung beschreiben will, dann setzt dies eine gewisse Insistenz des Phänomens voraus.

2. Philologische Forschung

In der philologischen Forschung gibt es für die systematische Beschreibung von Sprachwechsel und Sprachmischung bislang keinen wirklichen Konsens. Das gilt allerdings auch für die Frage, was literarische Mehrsprachigkeit insgesamt eigentlich ist. Dementsprechend kann sich der hier vorgebrachte Vorschlag, Sprachwechsel in Analogie zum Code-Switching als segmentären Wechsel zwischen unterschiedlichen Sprachen und Sprachmischung als die eine segmentäre Differenzierung überschreitende oder unterlaufende Bildung eines Mischidioms zu bestimmen, kaum auf Vorbilder in der Forschung berufen. Erste systematische, allerdings sehr spezielle und kontextabhängige Überlegungen über Sprachmischung hat Friedrich GentheGenthe, Friedrich Wilhelm in seiner Dissertation von 1829 über makkaronische Poesie vorgelegt (Geschichte der Macaronischen Poesie). Der Philologie des 19. Jahrhunderts ist literarische Mehrsprachigkeit ansonsten weitgehend gleichgültig geblieben. Am Anfang des 20. Jahrhunderts finden sich dann eine Reihe von mediävistischen Beiträgen zum lateinisch-volkssprachlichen Sprachwechsel (siehe ElwertElwert, W. Theodor, »Fremdsprachige Einsprengsel in der Dichtung«, 273). Ein bekannterer Beitrag liegt mit Leo SpitzerSpitzer, Leos Aufsatz über »Sprachmischung als Stilmittel und als Ausdruck der Klangphantasie« von 1923 vor. Auch SpitzerSpitzer, Leos Analysen bleiben begrifflich gesehen eher unscharf; als Sprachmischung oder -mengung beschreibt er in erster Linie die Mischung von Registern oder Stilebenen.

Das Werk von BachtinBachtin, Michail M. bedeutet demgegenüber einen vehementen Reflexionsfortschritt (Bachtin, »Das Wort im Roman«). In seiner Auseinandersetzung mit der Gattungspoetik des Romans hat Bachtin verschiedene Konzepte zur Beschreibung der sprachlichen Vielfalt im literarischen Text entwickelt, die sich allerdings in erster Linie auf dasjenige beziehen, was man auch ›innersprachliche Mehrsprachigkeit‹ nennen könnte (WandruszkaWandruszka, Mario, Die Mehrsprachigkeit des Menschen, 13, spricht von »muttersprachliche[r] Mehrsprachigkeit«). Dabei spricht er einerseits von полифония, also von Vielstimmigkeit, der für den Roman charakteristischen Durchmischung von Stimmen und den von ihnen genutzten (aber immer nur ›geborgten‹) Registern, Stillagen etc. Darüber hinaus entwickelt er andererseits das Konzept der разноречие, im Deutschen meist mit ›Redevielfalt‹, im Englischen mit ›heteroglossia‹ wiedergegeben (HolquistHolquist, Michael, »Glossary«). Damit bezeichnet Bachtin die Eigenschaft aller Wörter, in ihrer Bedeutung grundsätzlich von dem konkreten Kontext abhängig zu sein, in dem sie erscheinen. (Nebenbei bemerkt liegt darin eine strikte Wendung gegen Vorannahmen der langue-Linguistik.) Diese potentielle Bedeutungsverschiebung, die jeder einzelnen Verwendung jedes einzelnen Worts innewohnt, bewirkt damit eine grundsätzliche Vervielfältigung dessen, was man traditioneller Weise Code nennt (HolquistHolquist, Michael, »What Would BakhtinBachtin, Michail M. Do?«; BuschBusch, Brigitta, Mehrsprachigkeit, 10f.). Die Erforschung der sprachstrukturellen Vielfalt, die sich mit BachtinBachtin, Michail M. jedem Text, ja, jeder Äußerung, unterstellen lässt, setzt einen Perspektivenwechsel voraus: Sprachwechsel und -mischung erscheinen dann nicht mehr als Ausnahmephänomene, sondern sind ubiquitär (siehe hierzu z.B. WeningerWeninger, Robert, »Zur Dialektik des Dialekts«).

Mit oder ohne Bezugnahme auf BachtinBachtin, Michail M. hat die Forschung seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, verstärkt aber in den vergangenen ca. 30 Jahren, versucht, unterschiedliche Strukturebenen und Erscheinungsformen von Sprachwechsel und -mischung zu unterscheiden. Dabei finden sich einerseits Ansätze, die als Sprachdifferenz nur den Unterschied zwischen Idiomen anerkennen, deren Sprecher sich nicht ohne weiteres verständigen können, so dass die Weite der Bachtin’schen Begriffsbildung eingeschränkt wird. Andererseits wird der von BachtinBachtin, Michail M.s Texten ausgehende Denkanstoß bis heute intensiv fortentwickelt.

Im Sinne des ersten Ansatzes hat Paul ZumthorZumthor, Paul in einer Grundlagenarbeit von 1960 Formen des lateinisch-romanischen Sprachwechsels im Mittelalter untersucht und dabei nach dem Umfang der inserierten anderssprachigen Segmente, nach der Regelmäßigkeit ihres Auftauchens, nach ihrer (formalen oder morphosyntaktischen) Integration, nach ihrer Zitathaftigkeit und nach den Formen der Redundanz, durch die sie in der Grundsprache verständlich gemacht werden, unterschieden (ZumthorZumthor, Paul, »Un problème d’esthétique médiévale«). Auch Leonard ForstersForster, Leonard Buch über literarische Mehrsprachigkeit von 1970 und die wegweisenden Artikel von András HornHorn, András und Meir SternbergSternberg, Meir (beide von 1981) lassen bloß dialektale oder soziolektale Sprachdifferenzen außer Acht (ForsterForster, Leonard, The Poet’s Tongues; HornHorn, András, »Ästhetische Funktionen der Sprachmischung«; SternbergSternberg, Meir, »Polylingualism as Reality«). Monika Schmitz-EmansSchmitz-Emans, Monika widmet sich in einem Kapitel ihrer Monographie Die Sprache der modernen Dichtung von 1997 ausgehend von der biblischen Babelerzählung dem Sprachwechsel und der Sprachmischung (die sie allerdings hier nicht systematisch unterscheidet) und setzt damit gerade die Unmöglichkeit der Verständigung über Sprachgrenzen hinweg in den Mittelpunkt ihres Interesses (49–105). Dasselbe gilt für den gesamten Bereich der Erforschung literarischer Translingualität, also des literarischen Schaffens mehrsprachiger Autoren, die teils auch die Schreibsprache gewechselt haben (ChamissoChamisso, Adelbert von, NabokovNabokov, Vladimir usw.). Hier steht allerdings in der Regel die Mehrsprachigkeit der einzelnen Texte selbst nicht unmittelbar im Mittelpunkt des Interesses (siehe etwa KellmanKellman, Steven G., The Translingual Imagination). Sturm-TrigonakisSturm-Trigonakis, Elke hat 2007 im Rahmen einer Studie zur »Neuen Weltliteratur« einen umfassenden Vorschlag zur Klassifizierung unterschiedlicher Formen des Sprachwechsels gemacht, der teils auch Sprachmischung einbezieht und auf linguistische Beschreibungen des Code-Switchings zurückgreift und teils Klassifizierungskriterien nutzt, die bereits ZumthorZumthor, Paul beschreibt (Global Playing, 120–144). Lawrence RosenwaldRosenwald, Lawrence A.s Buch über die Mehrsprachigkeit der amerikanischen Literatur macht dieselbe Voraussetzung (Multilingual America), und auch noch die Überlegungen von Brian LennonLennon, Brian (2010) und Yasemin YildizYildiz, Yasemin (2012) zum Verhältnis von Sprachvielfalt und Publikationsindustrie bzw. zur »postmonolingual condition« (siehe unten) beziehen sich größtenteils auf Differenzen zwischen wechselseitig unverständlichen Idiomen.

Einen expliziten Anschluss an BachtinBachtin, Michail M. und damit an Beschreibungen von Sprachdifferenz, die keine wechselseitige Intransparenz der beteiligten Idiome voraussetzen, suchen, neben dem vor Bachtins Arbeiten erschienenen Aufsatz von SpitzerSpitzer, Leo (siehe oben), vor allem Robert WeningerWeninger, Roberts Analysen zum Dialektgebrauch im deutschen Realismus von 1997 (»Zur Dialektik des Dialekts im deutschen Realismus«) sowie die Beiträge von Rainier GrutmanGrutman, Rainier und Lise GauvinGauvin, Lise. Grutman definiert in seiner Monographie von 1997 den »hétérolinguisme« als »la présence dans un texte d’idiomes étrangers, sous quelque forme que ce soit, aussi bien que de variétés (sociales, régionales ou chronologique) de la langue principale« (Grutman, Des langues qui résonnent, 37). GrutmanGrutman, Rainier schließt dabei an Befunde der Soziolinguistik an und bezieht seine Analysen des literarischen Sprachwechsels, ähnlich wie RosenwaldRosenwald, Lawrence A. (Multilingual America), grundsätzlich auf die in den Texten beschriebenen oder doch vorausgesetzten Sprachgemeinschaften. GauvinGauvin, Lise geht in ihrem Artikel von 1999 in Fortsetzung des Ansatzes von BachtinBachtin, Michail M. davon aus, dass Sprachwechsel und -mischung eine genuine formale Strategie der Gattung Roman darstellen, und bezieht in ihre Analyse ausdrücklich dialektale bzw. soziolektale Differenzen mit ein. Gauvin geht ausdrücklich davon aus, dass man methodisch gesehen die Entscheidung für die Benutzung konkreter Sprachen immer als Selektion des Textes auffassen muss: »Sachant […] que toute langue littéraire est une construction à l’intérieur de la langue commune, je prends pour acquis que le plurilinguisme textuel est d’abord un choix stratégique, c’est-à-dire un choix dont l’enjeu est plus structural que stylistique et dont le premier critère d’évaluation reste la dynamique globale de l’œuvre.« (GauvinGauvin, Lise, »Faits et effets de langue«, 54) Dieses Argument ließe sich zu der Behauptung zuspitzen, dass aus philologischer Perspektive methodisch jedem Text das Potential von Sprachwechsel oder -mischung zugestanden werden muss (siehe Dembeck, »Für eine Philologie der Mehrsprachigkeit«). Dem Titel nach schließt der von Michaela Bürger-KoftisBürger-Koftis, Michaela, Hannes SchweigerSchweiger, Hannes und Sandra VlastaVlasta, Sandra herausgegebene Band über Polyphonie – Mehrsprachigkeit und literarische Kreativität von 2010 an BachtinBachtin, Michail M. an, allerdings findet sich hier keine umfassende Auseinandersetzung mit dem Konzept der Heteroglossie.

Eine Mittelstellung zwischen solchen Ansätzen, die nur ›harte‹ Sprachdifferenzen als Material von Sprachwechsel oder -mischung in Betracht ziehen, und BachtinBachtin, Michail M.’schen Ausweitungen der Perspektive nehmen die umfassenden Monographien von Giulia RadaelliRadaelli, Giulia (2011) und Werner HelmichHelmich, Werner (2016) ein. Radaelli, die die systematische Differenzierung zwischen Sprachwechsel und Sprachmischung vorschlägt, der auch hier gefolgt wird, wenn sie auch Übergänge zwischen den beiden Verfahren einräumt, widmet sich zwar ebenfalls nur Sprachdifferenzen zwischen einander wechselseitig intransparenten Idiomen (Radaelli, Literarische Mehrsprachigkeit; siehe auch RadaelliRadaelli, Giulia, »Literarische Mehrsprachigkeit«). Allerdings gesteht sie zu, dass auch niedrigstufigere Sprachdifferenzen in die Betrachtung einbezogen werden können. HelmicHelmich, Wernerh wiederum entscheidet sich aus letztlich pragmatischen Gründen dafür, von Sprachwechsel nur dann zu sprechen, wenn die involvierten Sprachen im Text manifest sind (Helmich, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 17) und wenn sie zueinander im Verhältnis von ›Abstandsprachen‹ stehen, also »wohlunterschiede[n]« sind (ebd., 21). Für Helmich reicht also weder die bloße Erwähnung, dass eine Figur in einer anderen Sprache spricht, als derjenigen, in der ihre Rede wiedergegeben wird, aus, um Sprachwechsel oder -mischung zu konstatieren, noch gilt ihm der Wechsel zwischen Dialekten, Soziolekten oder Registern als Sprachwechsel. Helmich lehnt seinen Begriff von Sprachwechsel an die Begrifflichkeit des Code-Switchings an (ebd., 17f.), diskutiert aber auch die Möglichkeit, dieses vom »code-mixing« zu unterscheiden (im Sinne der hier gegebenen Bestimmung von Sprachwechsel und Sprachmischung). Letztlich bezieht seine Untersuchung auch solche Phänomene mit ein, ohne jedoch eine scharfe Abtrennung vornehmen zu wollen, da Sprachwechsel häufig mit Phänomenen der Sprachmischung einhergeht oder sie auf einer übergeordneten Ebene erzeugt. Vor allem aber sieht sich HelmichHelmich, Werner in den konkreten Analysen, aus denen sein Buch in weiten Teilen besteht, immer wieder dazu gezwungen, auch auf solche Sprachdifferenzen einzugehen, die man eher als dialektal einstufen würde – beispielsweise in den zitierten Ausführungen über die Kriminalromane von CamilleriCamilleri, Andrea. In dieser unfreiwilligen Ausweitung der Perspektive auf Sprachwechsel bzw. -mischung im literarischen Text kann man eine Folge der funktionalen Äquivalenz sehen, die sich aus der von GauvinGauvin, Lise betonten prinzipiellen Wahlfreiheit jedes einzelnen Texts mit Blick auf die von ihm benutzten Idiome ergibt: Aus der Perspektive des einzelnen Texts, die für die Philologie konstitutiv ist, ist die Auswahl zwischen unterschiedlichen Varietäten einer Sprache zwar nicht gleichrangig, aber doch vergleichbar mit derjenigen zwischen unterschiedlichen nationalen Standardsprachen oder unterschiedlichen ›rhetorischen‹ Selbsteinschränkungen (wie beispielsweise dem grammatischen Lipogramm, dem sich der Roman von Brooke-RoseBrooke-Rose, Christine unterwirft). Insofern ist es sinnvoll, jede Art von Idiomdifferenz in die philologische Untersuchung von Sprachwechsel und -mischung in literarischen Texten einzubeziehen (so Dembeck, »Multilingual Philology and Monolingual Faust«).

Neben der strukturellen Untersuchung von literarischem Sprachwechsel und literarischer Sprachmischung steht in den meisten einschlägigen Beiträgen der Forschung deren Funktion im Mittelpunkt des Interesses. Häufig geht dies einher mit der Abschätzung des (kultur-)politischen Potentials von Sprachwechsel. Bereits Theodor W. AdornoAdorno, Theodor W.s Überlegungen zum Fremdwortgebrauch von 1959 werten die scheinbare ›Verunreinigung‹ der Sprache, die Adorno wegen seines Hangs zu Fremdwörtern vorgeworfen worden war, als Widerstand gegen das »konformistische Moment von Sprache« (AdornoAdorno, Theodor W., »Wörter aus der Fremde«, 220) und kommen zu dem Schluss, »[i]n jedem Fremdwort« stecke »der Sprengstoff der Aufklärung« (ebd., 221). Aus einer ethischen Perspektive lässt sich Sprachwechsel, vor allem mit Blick auf die Figurenrede (siehe III.2), auch daraufhin befragen, inwiefern er kulturpolitisch die Interessen einzelner Sprachgemeinschaften oder Sprechergruppen verfolgt bzw. inwiefern er in sprachpolitische Konstellationen eingebunden ist oder eingreift. Diese Perspektive nehmen viele US-amerikanische Beiträge ein, etwa RosenwaldRosenwald, Lawrence A., der in diesem Zusammenhang die Literatur auf die treffende Darstellung von Sprachvielfalt verpflichtet (RosenwaldRosenwald, Lawrence A., »On Linguistik Accuracy in Literature«). Grundsätzlich sind viele Arbeiten zur regional gebundenen literarischen Mehrsprachigkeit daran interessiert, den Wirklichkeitsbezug literarischen Sprachwechsels abzuschätzen (siehe z.B. StrutzStrutz, Johann, »Istrische Polyphonie«, 208f., aber auch GrutmanGrutman, Rainier, Des langues que résonnent). GauvinGauvin, Lise zeigt an Lektüren zu französisch-kanadischen Autoren aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, dass Sprachwechsel im Text als Strategie zur Subversion einer ›Sprachordnung‹ eingesetzt wird, die die literarische Sprache als (autoritäre) Sprache des Erzählers priorisiert (GauvinGauvin, Lise, »Faits et effets de langue«, 70f.). Ein Aufsatz von Marjorie PerloffPerloff, Marjorie von 2010 unterscheidet schließlich zwischen eher ästhetischen und eher in (kollektiver) Erfahrung wurzelnden Formen des literarischen Sprachwechsels (PerloffPerloff, Marjorie, »Language in Migration«) – und räumt dabei tendenziell der ›erfahrenen‹ zugunsten der bloß ›ästhetischen‹ literarischen Mehrsprachigkeit die ethische Priorität ein (vgl. dagegen Dembeck/UhrmacherUhrmacher, Anne, »Vorwort: Erfahren oder erzeugt?«).

Eine ausgreifende Systematisierung der Funktionen von literarischem Sprachwechsel hat HornHorn, András 1981 vorgelegt. Ihm zufolge dient der Sprachwechsel der Figurencharakterisierung (im Sinne von ›Realitätseffekten‹), der Erzeugung von Komik, der Vermittlung anderssprachig besser auszudrückender Bedeutungsnuancen oder auch der versteckten Kommentierung des Geschehens (Horn, »Ästhetische Funktionen der Sprachmischung«). Weiterhin unterstellt HornHorn, András die potentiell auch klangliche Motivation von literarischem Sprachwechsel und verweist auf Besonderheiten bei der Zitation (siehe III.2). Deutlich wird an dieser Zusammenstellung eine potentielle Ambivalenz von ästhetischer und ethischer bzw. allgemeiner: kulturpolitischer Motivation des Sprachwechsels. Erläutern lässt sich diese Ambivalenz vom Begriff der Verfremdung her, wie er in der Forschung mit Rückgriff auf Viktor B. ŠklovskijŠklovskij, Viktor B. verwendet worden ist, um einerseits den ästhetischen Effekt von Sprachwechsel und Sprachmischung zu beschreiben (so etwa Kilchmann,Kilchmann, Esther »Poetik des fremden Worts«), andererseits aber deren kulturpolitisches Potential abzuschätzen. Schmitz-EmansSchmitz-Emans, Monika hat 1997 als Funktionen von Sprachwechsel und -mischung die Herausarbeitung sprachlicher Einschränkung, die metaphorische Anzeige der Vermischung von Fremdem und Vertrautem und die Verfremdung ausgemacht (Die Sprache der modernen Dichtung, 94–97), und Edzard ObendiekObendiek, Edzard diskutiert in einem Buch aus dem Jahr 2000 Sprachwechsel systematisch vor dem Hintergrund kultureller Fremdheitserfahrung (Der lange Schatten des babylonischen Turmes). Aus eher linguistischer Perspektive hat Wolfgang MoserMoser, Wolfgang die Funktionalität von sog. ›Xenismen‹ untersucht, also sprachstrukturelle Auffälligkeiten, an denen sich ablesen lässt, dass ein Sprecher die Sprache als Fremdsprache spricht (MoserMoser, Wolfgang, Xenismen). Sturm-TrigonakisSturm-Trigonakis, Elke weist darauf hin, der literarische Sprachwechsel habe den Effekt einer »Entautomatisierung der Sprache« (Global Playing, 154) – und damit potentiell emanzipatorische Funktion.

Die wahrscheinlich derzeit avanciertesten Überlegungen zur kulturpolitischen Relevanz von Sprachwechsel und -mischung haben schließlich drei Monographien US-amerikanischer Provenienz vorgelegt, auch wenn sich deren Überlegungen in weiten Teilen auf die Gegenwart beschränken. So legt Brian LennonLennon, Brian dar, dass sich unter der Voraussetzung des modernen, an Nationalstaatlichkeit und Massenmedien gekoppelten Einsprachigkeitsparadigmas Verfahren der Eindämmung (des »containment«) von Sprachwechsel und -mischung im (publizierten) literarischen Text etablieren (LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 10). Da der Buchmarkt mit einsprachigen literarischen Öffentlichkeiten rechnet und daher die Produktion nicht nur möglichst einsprachiger, sondern vor allem auch übersetzbarer Texte begünstigt, sind dem Einsatz von Sprachdifferenzen, die in einer anderen Sprache womöglich nicht darstellbar wären, Grenzen gesetzt. LennonLennon, Brian beschreibt die Verfahren des containment von Sprachwechsel und Sprachmischung (für diese Unterscheidung selbst interessiert er sich nicht) in erster Linie als Techniken zur Erzeugung von Redundanz, sei es durch die Übersetzung anderssprachiger Ausdrücke oder durch andere Verfahren, die dem Leser mittelbar ihre Bedeutung erschließen. Mit Rückgriff auf diese Beschreibung trifft er dann die Unterscheidung zwischen starker und schwacher Mehrsprachigkeit literarischer Texte: Stark mehrsprachige Texte bringen Sprachdifferenzen so in den Text ein, dass sich möglichst wenig Redundanz ergibt, bei schwach mehrsprachigen Texten werden die Auswirkungen von Sprachdifferenz auf das Verständnis durch starke Redundanz eingeschränkt (ebd., 17f., 74f., 81f.). YildizYildiz, Yasemin, die sich ebenso wie Lennon vor allem für Strategien interessiert, literarisch die Vorgaben des Einsprachigkeitsparadigmas zu unterlaufen, legt in ihren Detailstudien zu Texten KafkaKafka, Franzs, ÖzdamarsÖzdamar, Emine Sevgi, ZaimoglusZaimoglu, Feridun und TawadasTawada, Yoko Verfahren des Sprachwechsels und der Sprachmischung offen, die denen, die LennonLennon, Brian beschreibt, ähneln: die Arbeit mit (teils verborgenen, d.h., nicht markierten und nur den Kennern der jeweiligen Sprachen zugänglichen) wörtlichen Übersetzungen, Fremdwörtereinsatz (mit oder ohne Übersetzung), mehrsprachiges Sprachspiel oder die Mischung von Soziolekten und literarischen Stillagen (YildizYildiz, Yasemin, Beyond the Mother Tongue). Auch ihr geht es allerdings nicht zentral darum, die Bandbreite der existierenden Verfahren literarischer Mehrsprachigkeit zu erschließen. David GramlingGramling, David hat schließlich vorgeschlagen, die soziolinguistische Unterscheidung zwischen ›glossodiversity‹ und ›semiodiversity‹ zur Beschreibung literarischer Mehrsprachigkeit zu nutzen (siehe umfassend seine Monographie von 2016, The Invention of Monolingualism, 31–36; GramlingGramling, David hat seinen Vorschlag aber bereits vorher in Aufsatzform unterbreitet). Dabei versteht er in Anschluss an M.A.K. HallidayHalliday, Michael A.K. unter Glossodiversität das Nebeneinander unterschiedlicher Verfahren der Codierung, nach denen Texte erzeugt werden und bei denen man davon ausgeht, dass sie problemlos ineinander übersetzt werden können; als Semiodiversität bezeichnet er hingegen die Tendenz von Sprache, im Prozess der Bedeutungsgenerierung jeden Code zu verändern und damit potentiell zu vervielfältigen. Daraus lässt sich die Frage ableiten, inwiefern literarische Texte im Sprachwechsel die Tendenz zeigen, jenseits der schieren Glossodiversität des Code-Switchings, sei es nun im Sinne LennonLennon, Brians ›contained‹ oder nicht, ein Mehr an Semiodiversität zu erzeugen, also ein Mehr an Bedeutsamkeit, das sich nicht auf die eine oder andere der benutzten Sprachen reduzieren lässt. Wenn es bei der Sprachmischung naheliegt, zunächst schlicht davon auszugehen, dass hier, weil die segmentäre Trennung zwischen den Codes wegfällt, sich gewissermaßen automatisch ein Zuwachs an Semiodiversität einstellt, so wäre doch zu fragen, wie groß und welcher Art solche Zuwächse sein können und wie sie im Einzelnen erzielt werden.

In historischer Hinsicht ist die philologische Erforschung von Sprachwechsel und Sprachmischung sehr lückenhaft, zumal dann, wenn man die Perspektive nicht auf einzelne nationalphilologisch erfasste Zusammenhänge beschränken möchte. Am besten erforscht sind, zumindest was die Quellenlage betrifft, sicherlich Antike und Mittelalter. Dies ist nicht nur auf die vergleichsweise geringe Menge an Texten zurückzuführen, die überliefert ist, sondern auch auf die traditionelle Offenheit zwischen literaturhistorischer und linguistischer Forschung in diesen Bereichen. Überblicksdarstellungen zur Geschichte von Sprachmischung und -wechsel in der Literatur finden sich beispielsweise bei ElwertElwert, W. Theodor (»L’emploi de langues étrangères« und »Fremdsprachige Einsprengsel in der Dichtung«), ForsterForster, Leonard (The Poet’s Tongue), Sturm-TrigonakisSturm-Trigonakis, Elke (Global Playing, 111–120), HelmichHelmich, Werner (Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 47–76) sowie in einem von Weertje WillmsWillms, Weertje und Eva ZemanekZemanek, Eva herausgegebenen Heft der Zeitschrift Komparatistik Online von 2014 (daraus etwa ZimmermannZimmermann, Bernhard, »Dialekte und ›foreigner talk‹ im griechischen Drama« und PolizziPolizzi, Gilles, »Sprache des Anderen oder eigene Sprache?«). Die neuphilologischen Darstellungen setzen dabei meist in der Frühen Neuzeit ein, lassen das 19. Jahrhundert tendenziell aus, weil es als Höhepunkt nationalistisch motivierter literarischer Einsprachigkeit gilt, und beschreiben mehr oder weniger ausführlich die Avantgarden zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie dasjenige, was Sturm-TrigonakisSturm-Trigonakis, Elke als »Neue Weltliteratur« bezeichnet.

Eine ruhmreiche Ausnahme von der Blindheit der Nationalphilologien für Sprachwechsel und -mischung in literarischen Texten bildet seit langem die Romanistik. Das hat zweifelsohne damit zu tun, dass die Disziplin immer schon mehrere Sprachgebiete und Nationen abdeckt. Seit den 1980er Jahren ist insbesondere der Romanist Alfons KnauthKnauth, K. Alfons nicht nur mit einer Reihe von Arbeiten zu einzelnen mehrsprachigen Texten hervorgetreten, sondern vor allem mit einigen Übersichtsdarstellungen. Darin wird allerdings nur wenig systematisch zwischen unterschiedlichen Verfahren literarischer Mehrsprachigkeit unterschieden. Die jüngste Arbeit eines Romanisten, die aus philologischer Hinsicht Sprachwechsel und Sprachmischung behandelt, ist die bereits mehrfach zitierte Arbeit von HelmichHelmich, Werner. Es handelt sich um die umfassendste Monographie über literarischen Sprachwechsel, die derzeit vorliegt.

d) Anwendungs-/Analysebeispiele

(1) Bei Johann FischartFischart, Johanns Affentheurlich Naupengeheurliche Geschichtsklitterung aus dem Jahre 1575 handelt es sich zunächst um eine Adaption des zweiten Romans von François RabelaisRabelais, François, Gargantua (ca. 1534), wobei Fischart dem Text von RabelaisRabelais, François allerdings zahlreiche Passagen hinzugefügt und ihn insgesamt so stark verändert hat, dass man ihm nicht zuletzt auch einen sehr eigenständigen Umgang mit Sprachenvielfalt unterstellen kann. Kennzeichnend sind für Fischarts Schreibverfahren einerseits eine Vielzahl von (oft mehrsprachigen) Wortspielen, andererseits sprachspielerische Verfahren der Übersetzung, die sich teils als Formen von Sprachmischung verstehen lassen. Die ausführliche Arbeit von Gerd SchankSchank, Gerd über Etymologie und Wortspiel in der Geschichtsklitterung hat in beiden Fällen einen Bezug zu zeitgenössischen Verfahren der Etymologie und zu Fischarts Sprachtheorie hergestellt. Demzufolge vertritt FischartFischart, Johann eine »physei-Theorie« der Sprache (SchankSchank, Gerd, Etymologie und Wortspiel, 7–143), hat also die Auffassung, dass sprachliche Benennungen ursprünglich eine Aussage über das Wesen der benannten Dinge enthalten, und dass die Etymologie bzw. die wortspielerische Neufassung insbesondere von Eigennamen, wie sie FischartFischart, Johanns Roman betreibt, dann als Erschließung einer eigentlichen, in der Sprachgeschichte verschütteten Bedeutung aufgefasst werden kann. Schank unterscheidet in seiner Arbeit strikt zwischen Wortspiel und Etymologie – auch wenn seine Ausführungen insbesondere über die ältere Etymologietradition, der er Fischart zurechnet, klar zeigen, dass Etymologie hier als (paronomastisches) Wortspiel betrieben wird (siehe z.B. ebd., 93–95). Auch differenziert SchankSchank, Gerd zwischen spöttischen, gegen in FischartFischart, Johanns Augen falsche Etymologien gerichteten Wortspielen und ernstgemeinten eigenen. Es fällt allerdings schwer, angesichts der überbordenden humoristisch-satirischen Schreibweise im Einzelfall tatsächlich zu entscheiden, was im Text strikt ernsthaft aufzufassen ist und was nicht.

Die Wortspiele in Fischarts Geschichtsklitterung gehen größtenteils auf Paranomasien zurück – im Gegensatz zu denjenigen bei RabelaisRabelais, François, der sehr viel mehr mit Homonymen arbeitet. SchankSchank, Gerd bringt diesen Umstand mit seiner These in Verbindung, dass Fischart als Vertreter der »physei-Theorie« der Sprache Homonymität grundsätzlich als unrechte Verwirrung eigentlicher Bedeutungen auffassen muss (ebd., 131–133). Fischart benutzt also geringfügige Veränderungen der Wortformen, um neue Bedeutungsfacetten der einzelnen Begriffe zu erschließen. Im Ergebnis changieren die Worte oft zwischen zwei Sprachen, meist zwischen Deutsch und Latein oder zwischen Deutsch und Französisch. So wird das Wort »Bakkalaureus« enggeführt mit »Becherlehraus« (siehe die Belege ebd., 283), und hinter »Rabelistigem ernst« verbirgt sich wohl eine Etymologie des Namens RabelaisRabelais, François (ebd., 418). In vielen Fällen geht das mehrsprachige Wortspiel in FischartFischart, Johanns Roman einher mit übersetzerischen Kunstgriffen. Viele der wortspielerischen Erschließungen von Eigennamen lassen sich, was die Verballhornung des Namens Rabelais zeigt, auch als homophone Übersetzungen auffassen – was nicht zuletzt auch auf die von Rabelais befolgte komödiantische Tradition der sprechenden Namen zurückgeht. Weiterhin findet in der Übersetzung oft eine Erweiterung eines Begriffs des Originaltextes in eine Begriffsreihe statt, in der die Bedeutung des französischen Begriffs gleichsam ausgetestet wird. In diese Begriffsreihungen sind teilweise ebenfalls mehrsprachige Wortspiele eingearbeitet. Wort- und Klangspiel (oft durch Reim) gehen hier Hand in Hand.

Im Einzelnen lässt sich das Zusammenspiel zwischen diesen unterschiedlichen Verfahren von Sprachwechsel und -mischung nur exemplarisch beleuchten. Das hier ausgewählte Beispiel findet sich in der zweiten Vorrede der Ausgabe von 1590, d.h., in derjenigen Vorrede, die an diejenige bei RabelaisRabelais, François angelehnt ist, wenn sie sie auch um ein Vielfaches ausdehnt (die erste erläutert u.a. das Unternehmen und die Prinzipien der Übersetzung).1Rabelais, François Die zweite Vorrede betitelt FischartFischart, Johann als »VorRitt, oder das Parat und Bereytschlag, inn die Chronick vom Grandgoschier, Gurgellantual und Pantadurstlingern«; der Text richtet sich an »meine Schlampampische gute Schlucker, kurtzweilige Stall und Tafelbrüder«2Fischart, JohannNyssen, Ute und handelt von der Verbindung zwischen Trinken und Dichten. Eine der ergiebigsten Passagen mit Blick auf Sprachmischung ist die folgende (die übrigens kein Gegenstück in der Vorlage von RabelaisRabelais, François hat):

Derhalben Potor esse volo, Quia cantor esse volo. Ich Trinck daß ich sing und sinck, und sing daß ich trinck, spring unnd hinck: Ich bin eyn Hofmann, kan Senff essen, und doch nicht weinen: Kont nit der Heß mit seinen Weingetränckten Versen die Psalmen schön außtrucken? O ihr Potulente Poeten, potirt der pott und bütten, unnd potionirt euch potantlich mit potitioniren, compotiren unnd expotiren, dann potiren und appotiren kompt von petiren und appetiren, unnd pringt potate poesei, dieweil potantes sind potentes. Unnd Potentaten sind Potantes.3

Die durch den Reim bezeugte Beziehung zwischen Trinken, Singen, Sinken, Springen und Hinken, die die Aussage des lateinischen Satzes veranschaulicht, leitet hier über in ein deutsch-lateinisch-französisches Wortspiel. Dieses Wortspiel ist bereits kurz zuvor durch eine etymologische Deutung vorbereitet worden; hier heißt es: »will ich sie lassen die bodenloß Göttin Potinam walten, sintemal Poeten von Potus, Potae, il boit, und Pott kommet«.4Nyssen, UteFischart, JohannNyssen, UteSchank, GerdSeelbach, Ulrich Das (eigentlich natürlich dem Griechischen entlehnte) Wort ›poeta‹ wird mit lat. ›potus‹ (Trank) und sodann mit dem deutschen Wort ›Pott‹ und dem französischen Verb ›boire‹ (trinken) in Verbindung gebracht, und dies alles im Namen der Göttin ›Potina‹, bei der es sich laut NyssenNyssen, Ute um die »Schutzgöttin d[er] Kinder« handelt, denen sie »d[as] Trinken gedeihen läßt«.5Nyssen, UteFischart, Johann Diese Sprachverbindung wird in der zitierten Stelle noch ausgebaut, vor allem durch die Bildung deutscher Neologismen aus lateinischen Wörtern. Zu den Grundformen ›poeta‹ und ›potus‹ (hier auch repräsentiert durch Derivate wie ›potulentus‹ – trinkbar/trinkfest, ›potio‹ – das Trinken, ›potare‹ – sich volltrinken, ›potitare‹ – saufen) gesellen sich Wörter, die auf die Verben ›potiri‹ (etw. teilhaftig werden), ›posse‹/›potesse‹ (können) und ›petere‹ (nach etw. greifen) zurückgeführt werden können. Teils sind diese Bezüge recht klar: ›Potulente Poeten‹ sind offenbar trinkfeste Dichter; ›potirt der pott und bütten‹ beinhaltet offenbar die Aufforderung, an Pötten und Bütten teilzuhaben; ›potioniren‹ dürfte sich als auf ›potio‹ zurückgehende Verbform interpretieren lassen; ›potantlich‹ geht auf ›potare‹, ›potitioniren‹ auf ›potitare‹ zurück, so dass man es hier mit einer Art mehrstufiger Verschachtelung des Trinkvorgangs zu tun hat; ›compotiren‹ kommt von ›compotire‹ – sich einer Sache bemächtigen, während ›expotiren‹ offenbar das Gegenteil davon bedeutet; die Zusammenführung des Trinkens mit dem Teilhaben bzw. Sich-Bemächtigen wird sodann konkretisiert und mit dem Zugreifen (›petiren‹/›appetiren‹) in Zusammenhang gebracht; die Aufforderung ›pringt potate poesei‹ schließlich lässt sich am ehesten noch als gedoppelter Imperativ auffassen (›bringt trinkt der Poesie‹), wenn ›potate‹ als Form von ›potare‹ aufgefasst wird; und schließlich stellt sich auch der Zusammenhang zu Können und Macht her, wenn die Trinkenden (›potantes‹) mit den Könnenden (›potentes‹) und die Potentaten wiederum mit den Trinkenden in eins gesetzt werden.

FischartFischart, Johanns wortbildnerische Fantasie richtet sich mit Vorliebe auf das Essen und Trinken. Das zeigt sehr eindrucksvoll das achte Kapitel der Geschichtsklitterung, das »die Truncken Litanei, unnd der Säuffer unnd guten Schucker, Pfingsttag« beschreibt und nachgerade JoyceJoyce, James’sche Darstellungsverfahren vorwegnimmt. In diesem Punkt ist der Text von Prinzipien getragen, die denen ähneln, die BachtinBachtin, Michail M. in der Auseinandersetzung mit RabelaiRabelais, Françoiss als ›karnevalesk‹ bezeichnet hat. Für die kulturpolitische Interpretation von Sprachwechsel und -mischung in der Geschichtsklitterung gilt es zu bedenken, dass Fischart, anders als Rabelais, von einer dezidiert protestantischen Position aus schreibt (siehe SchankSchank, Gerd, Etymologie und Wortspiel, 196). Allerdings hat bei Fischart wie bei Rabelais die fantasievolle Überschreitung der Sprachgrenzen, so revolutionär sie sich auch aus heutiger Perspektive ausnimmt, wahrscheinlich eine sehr viel konservativere Funktion, als man annehmen könnte. Denn FischartFischart, Johann geht es darum, seine (kulturpolitischen) Gegner satirisch zu treffen – vor allem die Gegenreform – und zur Etablierung der deutschen Literatursprache beizutragen. Nicht zuletzt dem dienen auch die vielen Etymologien und homophonen Übersetzungen. Man könnte die extreme sprachliche Promiskuität des Textes in Analogie zu BachtinBachtin, Michail M.s Argument über RabelaisRabelais, François so letztlich als eine Art Stärkungs- und Reinigungsprozedur des frühneuzeitlichen Sprachgefüges auffassen.

(2) Heinrich HeineHeine, Heinrich ist derjenige deutschsprachige Autor des 19. Jahrhunderts, der am ehesten eine Kulturpolitik der ›unreinen‹ Sprachverwendung verkörpert – ein Ruf, den er einerseits dem Wirken nationalistischer Sprachpuristen bis hin zum Nationalsozialismus,6Reich-Ranicki, MarcelHeine, Heinrich andererseits der ganz anders gelagerten, ebenso wirkmächtigen wie verheerenden Sprachkritik von Karl KrausKraus, Karl zu verdanken hat. Tatsächlich ist der Anteil offenkundig anderssprachiger Strukturen und Elemente – sie stammen meist aus dem Französischen – in Heines Texten allerdings gar nicht so hoch, wie es eine solche Rezeption annehmen lässt. In seinem im 19. Jahrhundert berühmtesten Werk, dem Buch der Lieder (1927), finden sich nur sehr wenige Texte, die neben dem deutschen auch französisches Vokabular verwenden. Der Eindruck von Fremdartigkeit, der sich offenkundig bei vielen Lesern eingestellt hat, geht wohl eher auf den Einsatz deutschsprachiger idiomatischer Differenzen zurück. Denn HeineHeine, Heinrich ist ein Meister des beständigen ›Tonwechsels‹ in Lyrik wie in Prosa. Vor diesem Hintergrund ist der gelegentliche Einsatz auffälliger Formen von Sprachwechsel und Sprachmischung nicht nur als Verfahren zur Bereicherung des poetischen Vokabulars oder zur poetischen Verfremdung zu deuten; vielmehr erscheint der Einsatz anderssprachiger Wörter oder ursprünglich aus anderen Sprachen kommender metrischer Schemata als Ausweitung einer Strategie der Vervielfältigung, die seiner Sprachverwendung immer schon innewohnt.

Das folgende Gedicht aus dem Buch der Lieder (Lyrisches Intermezzo)7Heine, HeinrichWindfuhr, ManfredGrappin, Pierre beschwört den Kontrast zwischen dem Wiedererwachen von Lebensfreude im Frühjahr und dem Schmerz des Sprechers, dessen Geliebte einen anderen Mann geheiratet hat:

Die Erde war so lange geitzig,

A

Jetzt kam der May, sie ward spendabel,

A

Und Alles lacht, und jauchzt, und freut sich,

A

Ich aber bin nicht zu lachen kapabel.

B

Die Blumen sprießen, die Glöcklein schallen,

A’

Die Vögel sprechen wie in der Fabel,

A’

Mir aber will’s Gespräch nicht gefallen,

B’

Ich finde Alles flach und miserabel.

A/B’

Das Menschenvolk mich ennuyiret,

A

Sogar der Freund, der sonst passabel --

A

Das kommt, weil man Madam tituliret

A’

Mein süßes Liebchen, so süß und aimabel.

A’/B

Sprachwechsel liegt hier in erster Linie in den Reimwörtern vor (wenn man von »Madam« absieht), die dem Französischen entstammen – oder zumindest so aussehen: »kapabel«, »miserabel«, »aimabel« und »passabel« sind (orthographisch eingedeutschte) französische Adjektive, die im Deutschen mehr (»miserabel«) oder weniger häufig (»aimabel«) benutzt werden. Das Wort »spendabel« ist ein besonderer Fall, denn es kombiniert ein deutsches (oder englisches) Verb mit einem französischen (oder allgemein romanischen) Suffix und klingt französisch, obgleich es im Französischen nicht gebräuchlich ist. Das Verb »ennuyiret« ist im Deutschen ein dem Französischen entlehnter Neologismus, anders als sein Reimwort »tituliret«, das auf das Lateinische ›titulare‹ zurückgeht.

Um die spezifische Form der Sprachmischung zu erschließen, die das Gedicht jenseits des auf Einzelworte beschränkten Sprachwechsels aufweist, ist es nötig, seine metrische ›Orchestrierung‹ ins Auge zu nehmen. Es finden sich drei unterschiedliche metrische Schemata: vierhebige Jamben (A), in Variation davon ebenfalls auftaktige, aber mit Doppelsenkungen durchsetzte vierhebige Verse (A’) und vierhebige (auftaktlose) Daktylen (B), die umgekehrt teils mit einfachen Senkungen durchsetzt sind (B’). In der ersten Strophe wird das ruhige, ja fast schon behäbige Schema A durch den energischen Einsatz von Schema B durchbrochen, und zwar genau in dem Moment, in dem der Sprecher seine eigene Melancholie der allgemeinen romantischen Feier des Frühlings entgegensetzt. Die zweite Strophe nimmt die Dynamik des letzten Verses der ersten Strophe dadurch auf, dass sie Doppelsenkungen in das jambische Schema A einstreut. Ironischerweise ist der letzte Vers dieser Strophe, der semantisch in Parallele zum letzten Vers der ersten Strophe steht, doppeldeutig: Er lässt sich als Rückkehr zum rein jambischen Schema A deuten – dies ist dann eher als ruhige Resignation zu deuten; man kann diesen Vers aber auch ohne Auftakt lesen – und dann handelt es sich gewissermaßen um eine gebremste, leicht zurückgenommene Variante von Schema B.

Alles in allem vollzieht das Gedicht eine doppelte Bewegung: Einerseits folgt es einer romantischen Poetik, wenn es gewissermaßen versucht, eine kommunikative Beziehung zur Natur selbst zu evozieren oder gar in seiner ästhetischen Faktur vorwegzunehmen; andererseits durchbricht es diesen Impetus immer wieder und desillusioniert den Leser, ohne dass dadurch der romantische Entwurf ungültig würde. Auf der Ebene der Form entspricht dem das Wechselspiel zwischen den zwei metrischen Schemata, denn Schema A bequemt sich der romantischen Poetik an bzw. versucht sie einzulösen, während Schema B diese Akkomodation unterbricht. Das umgangssprachliche, nur scheinbar französische Wort »spendabel« nimmt diesen Bruch allerdings schon im zweiten Vers vorweg und lässt diese gesamte Kette der französischen oder französisierenden Neologismen ebenfalls als Kontrastschema erscheinen, das seinerseits durch das nachgerade archaisch wirkende Wort »Fabel« in der zweiten Strophe unterbrochen wird. Man mag zunächst denken, dass die französischen Reimworte für jene oberflächliche Gesellschaftssphäre einstehen, in die die vormalige Geliebte des Sprechers als »Madam« eingetreten ist (siehe DanneckDanneck, Anna, »›Kapabel, miserabel, aimabel‹«, 8). Dann würde mit ihnen die Redeweise der guten Gesellschaft imitiert, sie wären also als versteckte Zitate in die Rede des Sprechers eingedrungen, die als »innerlich dialogisiert« aufzufassen wäre (HornHorn, András, »Ästhetische Funktionen der Sprachmischung«, 233). Damit würde jedoch die grundsätzliche Mehrdeutigkeit der Kontraststruktur unterschätzt, deren Teil sie sind. Letzten Endes bietet sich eher eine kulturpolitische Deutung an: Die Vervielfältigung, ständige ironische Durchbrechung und Spiegelung der lyrischen Sprache selbst ist es, die es dem Sprecher ermöglicht, seine romantische Liebe zur Oberflächlichkeit der Welt nicht sogleich durch eine verkehrte und vor allem politisch nicht erlaubte Bitterkeit wieder zu verraten.

(3) In James Joyce’ Roman FinnegansJoyce, James Wake (1939) wird das Verfahren der Sprachmischung, speziell dasjenige der mehrsprachigen Paronomasie zum durchgängig verwendeten Schreibprinzip erhoben. Der Text besteht zu einem großen Teil aus Worten, deren sprachliche Zugehörigkeit zweifelhaft oder uneindeutig ist, und die schiere Menge der Idiome, zu denen sich Bezüge herstellen lassen, macht den Roman zu einer Herausforderung für jeden Leser. Die von Roland McHughMcHugh, Roland zusammengestellten Annotations to FinneJoyce, Jamesgans Wake listen im Abkürzungsverzeichnis insgesamt 61 Sprachen und/oder Varietäten auf, auf die sich Worterklärungen beziehen.8McHugh, RolandJoyce, James In dieser Liste finden sich neben den europäischen Bildungssprachen beispielsweise auch Arabisch, Mandarin, Hindustani, Japanisch, Malay, Rätoromanisch und Sanskrit sowie die Plansprachen Esperanto und Volapük. Die Forschung zu Joyce’Joyce, James Roman hat herausgearbeitet, dass der Text durchgängig mehrere Geschichten zugleich erzählt. Damit wird ein Verfahren auf die Spitze getrieben, das bereits im Ulysses Anwendung findet, denn dieser Roman fordert allein durch seinen auf den ersten Blick kaum auf das Geschehen bezogenen Titel dazu auf, die geschilderten Ereignisse nicht nur als Erlebnisse Dubliner Anwohner am 16. Juni 1904 zu verstehen, sondern ihnen zugleich eine proto-mythologische Bedeutung zuzumessen. In FinneganJoyce, Jamess Wake hat die Forschung eine Vielzahl von Bezugsebenen ausgemacht, auf die sich das Erzählen beziehen lässt, aber anders als im Ulysses ist es keinesfalls ausgemacht, dass es eine Art Basisgeschichte gibt.

Die Simultanität multipler Bezugsebenen resultiert nicht zuletzt aus der überbordenden Mehrsprachigkeit der Paronomasien. Die Leistung des Textes besteht darin, dass die gleichzeitige Zuordenbarkeit vieler Wörter zu mehreren Sprachen oder aber ihre Doppeldeutigkeit in einer Sprache eine Vielzahl von Konnotationen weckt, die sich zu Geschichten oder zumindest Mythologemen verdichten, so dass sich der Eindruck einstellt, es mit einer Erzählung zu tun zu haben, die eine mehr als nur doppelte Zeitstruktur aufweist: Ist für Erzählen schlechthin charakteristisch, dass die Zeitstruktur des Erzählens (récit) sich grundsätzlich von derjenigen des Erzählten unterscheiden lässt (histoire), so lassen sich dem Erzählen in Finnegans Wake eine letztlich sogar schwer zu bestimmende Vielzahl an Geschichten zugleich zuordnen. Der Vervielfältigung der Idiome des Erzählens entspricht die Vervielfältigung der Geschichte(n). Der Eindruck des Lesers, man könne den Roman nicht zu Ende lesen, weil sich fortwährend weitere esoterische Lesarten zu erkennen geben, die sich zugleich dem fixierenden Zugriff entziehen, wird überdies durch die zyklische Anlage des récit bestätigt, denn der Anfang zu dem unvollständigen Satz, mit dem der Roman einsetzt, findet sich erst ganz am Ende des Romans (»A way a lone a last a loved a long the«9Joyce, JamesJoyce, James – »riverrun, past Eve and Adam’s«10).

Im Einzelnen kann das Verfahren der Vervielfältigung des Erzählens nur exemplarisch vor Augen geführt werden. Dazu eignet sich im Prinzip nahezu jede Passage, besonders aber der Beginn des Romans, der als eine Art kondensierte Exposition der im weiteren Verlauf entfalteten Themen und Bezugsebenen gedeutet werden kann. Die folgende Analyse der ersten drei Absätze muss sich allerdings auf einige wenige Beobachtungen der hier vorliegenden Sprachmischung im Kontext der allgemeinen Mehrfachcodierung des Textes beschränken.11Campbell, JosephRobinson, Henry MortonJoyce, James

riverrun, past Eve and Adam’s, from swerve of shore to bend

of bay, brings us by a commodius vicus of recirculation back to

Howth Castle and Environs.12

Der erste Absatz beschreibt eine Bewegung, die sich in der Umgebung von Dublin verorten lässt – eine Bewegung entlang des Flusses Liffey, der hinter Dublin ins Meer fließt, in die Bucht von Dublin, die von der Halbinsel Howth, auf dem Howth Castle liegt, begrenzt wird. Diese Bewegung wird dabei als Kreisbewegung ausgewiesen, denn der Anfang des Romans, aber auch der Geschichte überhaupt (»Eve and Adam’s« – die Bezeichnung für eine Kirche am Liffey) wird als Rückkehr bezeichnet (»re-circulation«, »back to«). Diese Kreisbewegung bezieht sich zugleich auf die zirkuläre Struktur des Romans, dessen letzter Satz – dem unmittelbar die Aufforderung »Finn, again!« vorausgeht – hier fortgesetzt wird. Die Formulierung »commodius vicus of recirculation« deutet die Kreisbewegung einerseits als bequem, angemessen (»commodius« als Komparativ des lateinischen Adjektivs ›commodus‹), andererseits als verteufelt, ›vicious‹ (›vicious circle‹), wobei beide Attribute mehrdeutig sind: »commodius« lässt sich auch als Referenz auf den (ausgesprochen grausamen) römischen Kaiser CommodusCommodus (Kaiser) lesen; »vicus« ist lateinisch ›Gehöft/Dorf‹ und zugleich die lateinische Form des Namen Vico – womit hier also auch eine Anspielung auf den italienischen Kulturphilologen Giambattista VicoVico, Giambattista vorliegt, der eine durchgehende Referenz des Textes darstellt, und zwar wiederum nicht zuletzt dank des von ihm entwickelten Konzepts des historischen ›ricorso‹ – der zyklischen Wiederkehr eines Ablaufs historischer Epochen.

Sir Tristram, violer d’amores, fr’over the short sea, had passen-

core rearrived from North Armorica on this side the scraggy

isthmus of Europe Minor to wielderfight his penisolate war: nor

had topsawyer’s rocks by the stream Oconee exaggerated themselse

to Laurens County’s gorgios while they went doublin their mumper

all the time: nor avoice from afire bellowsed mishe mishe to

tauftauf thuartpeatrick: not yet, though venissoon after, had a

kidscad buttended a bland old isaac: not yet, though all’s fair in

vanessy, were sosie sesthers wroth with twone nathandjoe. Rot a

peck of pa’s malt had Jhem or Shen brewed by arclight and rory

end to the regginbrow was to be seen ringsome on the aquaface.

Der zweite Abschnitt evoziert eine generelle ›Vorzeitigkeit‹ und etabliert eine Analogie zwischen der im ersten Satz aufgerufenen konkreten geographischen Situation und anderen geographischen Konstellationen und zugleich eine Analogie zu einer Reihe von Personenkonstellationen, die im Romanverlauf immer wieder aufgerufen werden: Mit »Sir Tristram« wird der erste Earl of HowthTristram, Sir Amory, 1. Earl of Howth aufgerufen und zugleich der Held Tristan aus dem arturischen Epenkreis. Die Kennzeichnung als »violer d’amores« lässt sich zugleich auf ein Musikinstrument (italienisch ›viola d’amore‹) und auf das französische Verb ›violer‹, verletzen, beziehen. Die Aussage, dass »Tristram« aus »North Armorica« ›noch nicht‹ wiedergekommen ist (französisch ›pas encore‹ – zugleich ist hier das englische Verb ›pass‹ enthalten, und es geht ja augenscheinlich auch um eine Passage), lässt sich auf Sir Tristram beziehen, denn der erste Earl of HowthTristram, Sir Amory, 1. Earl of Howth gewann in Armorica, in der Bretagne, eine Schlacht, aber zugleich ist mit einem gewaltsamen Ankömmling aus Nordamerika auf die Hauptfigur des Romans, H.C. Earwicker angespielt, dessen Initialen überdies bereits im ersten Absatz figurieren und dessen Frau und Tochter wiederum im Roman mit Isolde enggeführt werden. Das Verb »wielderfight« lässt einerseits das deutsche »wieder« (oder auch »weiter«) anklingen, andererseits enthält es das englische Substantiv ›wielder‹, Machthaber. Besonders vertrackt ist schließlich die Rede vom »penisolate war«; das Adjektiv enthält das Wort »penis«, ließe sich aber auch als »pen-isolate«, ›von der/durch die Schreibfeder vereinzelt‹ deuten oder aber als Verkürzung bzw. italianisierte Fassung von ›peninsular‹, was dann eine Anspielung auf den in Dublin geborenen ersten Duke of WellingtonWellesley, Arthur, 1. Duke of Wellington wäre, der auf der iberischen Halbinsel einen ›peninsular war‹ gegen NapoleonNapoleon Bonaparte führte. In den folgenden Satzteilen finden sich Anspielungen auf das ›Double‹ der Stadt Dublin im amerikanischen Georgia, das sich in »Laurens County« (zugleich ›Lawrence County‹, der Bezirk, in dem sich das erste Dublin befindet und der nach dem ersten Earl of Howth benannt ist, der später den Namen LawrenceTristram, Sir Amory, 1. Earl of Howth annahm) befindet und von Peter SawyerSawyer, Peter (zugleich hier: Tom Sawyer) gegründet wurde; auf den Heiligen Patrick, der Irland christianisiert hat (»tauftauf thuartpeatrick«); auf Isaaks Segnung Jakobs; auf Jonathan SwiftSwift, Jonathan und seine Geliebten Vanessa und Stella; und auf »Jhem or Shen« – den Sohn von H.C. Earwicker, Sham, aber auch den Sohn Noahs, Shem. Im letzten Satz dieses Absatzes finden sich wieder sprachlich mehrdeutige Wörter, etwa »regginbrow«, was als deutscher ›Regenbogen‹, aber auch als lateinisch-englisches ›Königsbräu‹ gedeutet werden kann (im Anschluss an die Rede von »pa’s malt« ist das sicherlich nicht ganz unplausibel).

The fall (bababadalgharaghtakamminarronnkonnbronntonner-

ronntuonnthunntrovarrhounawnskawntoohoohoordenenthur-

nuk!) of a once wallstrait oldparr is retaled early in bed and later

on life down through all christian minstrelsy.

Der dritte Abschnitt des Romans handelt von einem (Finnegans) Sturz oder Fall, mit dem die Handlung einsetzt. Er enthält unter anderem die scheinbar rein lautmalerische Darstellung des Falls, bei der es sich aber in Wirklichkeit um die Aneinanderreihung von Wörtern aus mehreren Sprachen handelt, die allesamt ›Donner‹ bedeuten – eingeleitet durch Silben, die sich als Verzerrung des Worts ›Babel‹ lesen lassen. Ähnliche Wortcluster finden sich in regelmäßigen Abständen in Finnegans WakeJoyce, James (insgesamt zehn), weshalb Marshall McLuhanMcLuhan, Marshall, einer der frühesten systematischen Exegeten des Romans, den Donner – in seiner Lesart die Metapher für die unterschiedlichen Medienrevolutionen, die die Menschheit erlebt hat – zum strukturbildenden Vorkommnis des Romans erklärt hat.13McLuhan, MarshallFiore, Quentin

e) Offene Forschungsfragen

Auch wenn die Forschung zu Sprachwechsel und -mischung in literarischen Texten alles in allem ein wenig verstreut erscheint, besteht kein grundlegender Mangel an ihr. Es liegen eine Vielzahl von Arbeiten zu unterschiedlichen literaturhistorischen Kontexten und Sprachkonstellationen vor, die methodisch gesehen auch recht unterschiedliche Ansätze verfolgen. Besonders intensiv bearbeitete Schwerpunkte liegen im Bereich der Mediävistik und der Romanistik. Auch wenn grundsätzlich eine Intensivierung dieser Forschungsanstrengungen wünschenswert ist, so besteht doch das eigentliche Defizit derzeit in der Zusammenführung der bereits vorliegenden Ergebnisse. Dabei ist die mangelnde Traditionsbildung paradoxerweise nicht zuletzt in Sprachbarrieren begründet – selbst die hier oft angeführte aktuelle Arbeit von HelmichHelmich, Werner, die sich gerade um die Zusammenführung der vorliegenden Forschung bemüht, nimmt beispielsweise wenig Rücksicht auf die Forschung des englischen Sprachraums. Wünschenswert wäre also in erster Linie ein engerer Austausch zwischen den Forschungsbemühungen in unterschiedlichen Sprachgebieten.

Eines der vordringlichen Ziele eines solchen Austauschs sollte eine Steigerung der historischen Tiefenschärfe sein. Derzeit konzentrieren sich viele Studien auf die Gegenwartsliteratur; dies ist auch verständlich, da sich in diesem Bereich die präzise philologische Analyse am unmittelbarsten mit einer Abschätzung der kulturpolitischen Wirkungsmacht literarischer Mehrsprachigkeit verbinden lässt, wie sie im Interesse der Etablierung des Forschungsfeldes insgesamt liegt. Gerade die kulturpolitische Relevanz von Sprachwechsel und -mischung lässt sich aber noch besser verstehen, wenn sie historisch rückgebunden wird. In theoretischer bzw. methodischer Hinsicht sollte – im Bewusstsein gerade auch der methodischen Differenzen – weiterhin eine gründlichere Aufarbeitung der Forschungsergebnisse der linguistischen Mehrsprachigkeitsforschung erfolgen, nicht nur mit Blick auf das Code-Switching, sondern allgemeiner auf Phänomene der Codevermischung durch Sprachkontakt. Nur so kann Klarheit über die unterschiedlichen Kategorien von Sprachdifferenzen hergestellt werden, die Sprachwechsel oder Sprachmischung im literarischen Text ermöglichen; und nur so werden gerade im Bereich der Sprachmischung klare Beschreibungen der sehr unterschiedlichen vorkommenden Verfahren entwickelt werden können.

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