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Literatur und Mehrsprachigkeit Ein Handbuch: 2. Mehrsprachigkeit in der Figurenrede

Literatur und Mehrsprachigkeit Ein Handbuch

2. Mehrsprachigkeit in der Figurenrede

2. Mehrsprachigkeit in der Figurenrede

Till Dembeck

a) Beschreibung des Verfahrens

Mehrsprachigkeit in der Figurenrede ist die wahrscheinlich augenfälligste Form literarischer Mehrsprachigkeit: In einer Geschichte, gleichgültig, ob sie durch eine Erzählung, durch ein Drama, eine Ballade, einen Film oder auch durch ein Computerspiel vermittelt wird, treffen Figuren aufeinander, die unterschiedliche Sprachen sprechen. Literarische Beispiele gibt es unzählige: In einer Komödie von Titus Maccius PlautusPlautus, Titus Maccius spricht eine Figur aus Karthago Punisch; bei Lev N. TolstojTolstoj, Lev N. sprechen russische Adelige untereinander Französisch; und Hans Castorp spricht auf dem ZauberbergMann, Thomas Französisch, um sich mit Madame Chauchat zu verständigen.

Mehrsprachigkeit in der Figurenrede kann allerdings auch viel unauffälligere Formen annehmen: Wie steht es beispielsweise mit der durchgängig auf Deutsch wiedergegebenen Rede Mignons im Wilhelm MeisterGoethe, Johann Wolfgang von, von der man doch eigentlich weiß, dass sie eine merkwürdige Pidginsprache spricht? Wie ist es einzuordnen, wenn die Trapper in einem Roman von Karl MayMay, Karl auf Deutsch parlierend durch die Prärie reiten und, da sie auf einen anderen Trapper treffen, auf einmal einer der Trapper mit diesem auf Sächsisch weiterspricht, so dass man nun klar sieht, dass das vorher benutzte Deutsch eigentlich Englisch war? Durch zwei nähere Bestimmungen lässt sich das Phänomen genauer beschreiben:

(a) Mehrsprachigkeit in der Figurenrede stellt das Auftreten oder Sichtbarwerden von Sprachdifferenzen dar, die in irgendeiner Weise mit der jeweiligen Sprachkompetenz der handelnden Figuren in Verbindung stehen. Dabei müssen auch Erzähler berücksichtigt werden, solange eine Zuordnung der Erzählerrede zu einer Figur zumindest möglich ist, was etwa bei erlebter Rede jedoch nicht immer eindeutig geklärt werden kann. Beispielsweise können fehlerhafte anderssprachige Partien der Erzählerrede Rückschlüsse auf die Person des Erzählers und seine Sprachkompetenz liefern, und ein unwillkürliches Code-Switching in der Erzählerrede kann ein Hinweis darauf sein, dass erlebte Rede vorliegt.

(b) In der Beschreibung von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede muss auf die Differenz zwischen latenter und manifester Mehrsprachigkeit zurückgegriffen werden, wie sie Giulia RadaelliRadaelli, Giulia entworfen hat. Denn durch die Sprachkompetenz von Figuren bedingte Sprachvielfalt kann im literarischen Text sehr unauffällig in Erscheinung treten und noch die Schwelle einer rein strukturellen Sprachmischung (etwa im Falle syntaktischer Interferenzen) unterschreiten (zur Sprachmischung siehe III.1). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man aus dem Text erschließen kann, dass ein Gespräch in einer anderen Sprache als derjenigen geführt wird, in der der Text geschrieben ist, dies aber nicht explizit erwähnt wird. Ein Aufsatz von Meir SternbergSternberg, Meir aus den 1980er Jahren hat ausführlich und wirkmächtig erläutert, dass es viele Verfahren gibt, anderssprachige Rede so wiederzugeben, dass sie auch einem hypothetischen einsprachigen Leser verständlich bleibt. So kann Mehrsprachigkeit an der Textoberfläche latent bleiben, zugleich aber unübersehbar sein. Die Tatsache, dass auf diese Weise bei MayMay, Karl Englisch in Erscheinung treten kann, ohne dass tatsächlich Elemente und Strukturen des Englischen auftauchen müssten, zeigt überdies, dass Sprachdifferenzen auf unterschiedlichen Strukturebenen füreinander einstehen können: Hier steht die Differenz Standarddeutsch/Sächsisch für die Differenz Deutsch/Englisch ein. Von latenter Mehrsprachigkeit kann unter Umständen aber auch die Rede sein, wenn unterschiedliche ›rhetorische‹ Textstrukturen im Kontrast zueinander stehen. Wenn etwa in Franz GrillparzersGrillparzer, Franz Das goldene Vließ die Griechen in Blankversen und die Kolcher in freien Versen sprechen, so wird damit im Deutschen die Differenz zwischen dem Griechischen und dem Kolchischen zumindest angezeigt. An die Stelle solcher, literarisch schon gefestigter Textstrukturen können sogar willkürlich erfundene Regelhaftigkeiten treten. Harry MathewsMathews, Harry, ein Mitglied der Literatengruppe »Oulipo« (Ouvroir de littérature potentielle), hat behauptet, dass auch ein beliebiger, künstlicher ›contrainte‹, dem man sich unterwirft (beispielsweise die Regel, nur Wörter ohne ›e‹ zu verwenden), dem Schreiben einen ebenso festen Halt gebe wie eine Muttersprache.1Mathews, Harry Aus einer funktionalen Perspektive ist es also möglich, sowohl ›grammatische‹ als auch ›rhetorische‹ Regelhaftigkeiten (einschließlich ganz ›künstlicher‹) als Anzeichen für ›unsichtbare‹ andere Idiome einzusetzen.

Manifeste Mehrsprachigkeit in der Figurenrede tritt meistens in Form von Sprachwechseln auf, d.h., es findet sich eine segmentäre Differenzierung zwischen unterschiedlichen Idiomen: eine Figur spricht Englisch, die andere Deutsch, oder eine Figur wechselt vorübergehend vom Italienischen ins Arabische, damit eine dritte, des Arabischen nicht mächtige Person nichts versteht. Die Tatsache, dass Mehrsprachigkeit in der Figurenrede auch latent bleiben kann, zeigt allerdings, dass auch Sprachmischung verwendet werden kann, um die Sprachkompetenz der dargestellten Figuren zu markieren. Dies ist in letzter Konsequenz schon dann der Fall, wenn Sprachdifferenzen, die auf unterschiedlichen Strukturebenen anzusiedeln sind, füreinander einstehen, denn dann ist beispielsweise im Blankvers der Grillparzer’schenGrillparzer, Franz Griechen das Griechische sozusagen ›eingemischt‹. Sprachmischung kann aber auch dazu dienen, beispielsweise durch die Imitation eines Akzents, also die Untermischung anderssprachiger phonetischer Merkmale, die Anderssprachigkeit der gesamten Rede einer Figur zu signalisieren (siehe III.1). In solchen Medien der Literatur, die über den schriftlichen Text hinausgehen, ergeben sich auch andere Möglichkeiten, die Anderssprachigkeit von Figurenrede darzustellen; insbesondere kann ein Akzent durch Schallreproduktion tatsächlich hörbar gemacht werden (siehe zur Mehrsprachigkeit in Hörspiel/Hörbuch, Film und Fernsehen V.5 bis 7).

Die Mehrsprachigkeit in der Figurenrede lässt sich häufig unmittelbar kulturpolitisch deuten, denn sie steht im Zusammenhang mit Sprachsituationen, auf die sich der Text bezieht, die er aufbaut oder in deren Kontext er sich stellt. Beispielsweise kann ein Text eine Diglossie-Situation darstellen und damit Stellung beziehen zu den sozialen, kulturellen und politischen Rahmenbedingungen vergleichbarer Diglossie-Situationen in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext; ähnliches gilt für (post-)koloniale oder (post-)migratorische Sprachkonstellationen, Sprachstandardisierungs- und Kodifizierungsprozesse etc. in ihren psychischen und/oder soziokulturellen Auswirkungen. Die je spezifische Gestaltung der Mehrsprachigkeit in der Figurenrede kann auch als Versuch gewertet werden, auf derartige sprach- und kulturpolitische Situationen einzuwirken.

Ein Sonderfall der anderssprachigen Figurenrede stellt das anderssprachige Zitat dar, etwa dann, wenn Angehörige des Gelehrtenstandes in Renaissance-Komödien mit Zitaten aus den antiken Klassikern aufwarten. Das anderssprachige Zitat ist unabhängig von der Zuordnung zu handelnden oder Erzähler-Figuren insofern mit der mehrsprachigen Figurenrede verwandt, als auch hier die anderssprachige Rede als Produkt bestimmter Personen gekennzeichnet oder zumindest erkennbar ist. Insofern das Zitat einen Bezug zu einer mehr oder weniger kenntlich gemachten (literarischen) Tradition herstellt, ergeben sich aber andere Funktionszuschreibungen als bei mehrsprachiger Figurenrede. Insofern verdient das anderssprachige Zitat eine eigenständige Behandlung (III.3).

b) Sachgeschichte

Die implizite Charakterisierung handelnder Figuren durch ihren Sprachgebrauch stellt ein Standardverfahren literarischer Darstellung dar, das sich bis zu den frühesten literarischen Zeugnissen verfolgen lässt. Auch die Nutzung oder zumindest die Anzeige unterschiedlicher gesprochener Idiome spielt dabei schon früh eine Rolle, wobei sie, ähnlich wie bei Sprachwechsel und Sprachmischung (siehe III.1), lange Zeit bestimmten Gattungen vorbehalten bleibt und stets im Kontext der jeweils vorherrschenden kultur- und sprachpolitischen Hintergrundkonstellationen zu beschreiben ist.

In der Antike sind hier die Komödien von AristophanesAristophanes und PlautusPlautus, Titus Maccius hervorzuheben. Das griechische Schrifttum zeichnet sich generell durch eine große Varianz der verwendeten Dialekte aus, da sich eine gemeinsame Standardsprache, die κοινή, erst im dritten vorchristlichen Jahrhundert durchsetzt. Die grundsätzliche Schriftfähigkeit der Dialekte kann in der Komödie genutzt werden, um die Herkunft der einzelnen Figuren sprachlich anzuzeigen. Die Tatsache, dass dieses Verfahren der Komödie vorbehalten blieb, während die Tragödie bis in die Neuzeit hinein eine stilistisch hoch gestimmte Einsprachigkeit pflegt (wenn sich auch für die attische Tragödie eine dialektale Differenzierung zwischen dem Chor und den übrigen Partien eingebürgert hatte), hat dazu geführt, dass dieses Verfahren als Mittel der Komik aufgefasst wurde. Tatsächlich ist die dialektale Prägung bis heute ein Mittel, um eine komisch wirkende Einschränkung der handelnden Personen anzuzeigen. Gleichwohl ist für AristophanesAristophanes in der jüngeren Forschung überzeugend die These vertreten worden, dass die Verwendung von Dialekten eher die Funktion hatte, die Realitätstreue der Darstellung zu steigern (ZimmermannZimmermann, Bernhard, »Dialekte und ›foreigner talk‹ im griechischen Drama«). Noch die Imitation von Frosch- und Vogelsprachen in den Komödien des AristophanesAristophanes ist ja gerade als lautliche Nachahmung der Tierlaute als durchaus ›realistisch‹ aufzufassen, auch wenn hier zweifellos zugleich komische Effekte erzeugt werden. In erzählenden bzw. historiographischen Texten der griechischen Literatur, also etwa bei Homer,Homer HerodotHerodot oder XenophonXenophon, ist der Sprachwechsel in der Figurenrede ebenso wenig prominent wie in der Tragödie. In XenophonXenophons Ἀνάβασις (Anabasis) beispielsweise, die durchweg von einem Geschehen berichtet, das unter Persern stattfindet, wird zwar an einigen Stellen erwähnt, dass jemand Persisch (oder auch schlicht: ›Barbarisch‹) spricht (und dass ein Dolmetscher diese Rede übersetzt), die Wiedergabe des Gesagten erfolgt dann aber in einem attischen Griechisch, das seither als musterhaft rein gilt.1Xenophon An sehr prominenter Stelle findet sich eine anderssprachige Figurenrede in einem griechischen Text im Matthäus-Matthäus (Evangelist) wie im MarkusMarkus (Evangelist)-Evangelium, die beide JesuJesus letzte Worte in einer Transkription des Aramäischen wiedergeben (Mk 15,34: Ελωι ελωι λεμα σαβαχθανι; Mt 27,46: Ηλι ηλι λεμα σαβαχθανι). Zwar handelt es sich hier um ein Zitat einer Übersetzung des 22. Psalms, aber dennoch kann man die Meinung vertreten, dass die Nutzung der Alltagssprache die Menschwerdung Gottes eindrücklicher vor Augen führt.

Für die römische Komödie ist von einer veränderten Sprachlandschaft auszugehen. An die Stelle der dialektalen Vielfalt tritt ein Gefüge, in dem sich zwei Standardsprachen gegenüberstehen, das im ersten vorchristlichen Jahrhundert ›fixierte‹ Latein und die griechische κοινή. Die Komödie kann sich die lateinisch-griechische Zweisprachigkeit der römischen Bildungsschicht zunutze machen, wenn sie Sprachmischung als Verfahren der Komik einsetzt. Dabei gelten die Komödien des PlautusPlautus, Titus Maccius als frühe Beispiele einer literarischen Polyphonie im Sinne Michail M. BachtinBachtin, Michail M.s, denn sie nutzen systematisch die Vielfalt der dialektalen und soziolektalen Varianz des frühen Lateins zur Charakterisierung des Personals – eine Technik, die beispielsweise in den Komödien des jüngeren TerentiusTerenz verlorengeht, der seinerseits als Schöpfer von ›Musterlatein‹ in die Geschichte eingeht. In der Komödie Poenulus von PlautusPlautus, Titus Maccius gibt es schließlich den für die Antike höchst seltenen Fall, dass auch eine als ›barbarisch‹ geltende Sprache, das Punische, Eingang in den lateinischen Text findet (DuckworthDuckworth, George E., The Nature of Roman Comedy, 354). Bemerkenswert ist dabei, dass die Reaktion auf die punische Rede in Form homophoner Übersetzung erfolgt (siehe hierzu IV.2). OvidOvids Schriften aus dem Exil machen ebenfalls die Sprache der örtlichen Bevölkerung zum Thema. In der Forschung wird sogar angenommen, Ovid habe versucht, die angebliche konsonantische Rauheit des Getischen und Sarmatischen im Lateinischen nachzuahmen, um zu demonstrieren, dass er seine Sprachfähigkeit verliere: »ipse mihi videor iam dedicisse Latine: / nam didici Getice Sarmaticeque loqui«, dichtet OvidOvid in den Tristia, und in den Epistulae ex Ponto wird er später sogar berichten, dass er in diesen Sprachen selbst gedichtet habe.2OvidLuck, GeorgOvidAndré, JacquesBarchiesi, AlessandroOvid Hier handelt es sich um einen frühen Fall der Charakterisierung von Erzählerrede durch (simulierte) Anderssprachigkeit. In den Confessiones berichtet schließlich AugustinusAugustinus von Hippo von seinem Erwerb des Griechischen wie des Lateinischen. Die Vorliebe für das (von ihm ebenfalls als Fremdsprache erlernte) Lateinische, in dem der Text geschrieben wird, erklärt sich danach aus der Abneigung gegen das Griechische, das dem Erzähler durch die Unterrichtsmethoden vergällt wurde.3Augustinus von HippoBernhart, Joseph Hier handelt es sich um eine Art Schwundstufe von Anderssprachigkeit in der Figurenrede (genauer: in der Erzählerrede), denn indirekt wird die Bedingtheit der Erzählsprache von der Erzählung transparent gemacht.

Die Verwendung anderssprachiger Figurenrede als Signal von Realitätsnähe der Darstellung findet sich vereinzelt auch in der epischen Literatur des Mittelalters. In DanteDante Alighieris Commedia spricht beispielsweise der bei Mantua geborene VergilVergil stellenweise (mittelalterliches) Lombardisch (Inferno, XXVII, 20f.)4Dante Alighieri; der Dichter Arnaut DanielArnaut Daniel äußert sich auf Okzitanisch (Purg. XXVI, 139–148),5Dante Alighieri und es finden sich zwei Äußerungen in sog. ›Teufelssprachen‹ (siehe III.1). Die anderssprachige Figurenrede steht hier nicht nur für eine gewisse Authentizität der Redewiedergabe ein, sondern sie lässt sich unmittelbar mit dem sprach- und kulturpolitischen Impetus des Textes in Zusammenhang bringen, dem es ja um die Begründung einer volkssprachlichen Literaturtradition geht und der sich so nicht aus Zufall auf bereits vorliegende Beispiele einer solchen Tradition, wie beispielsweise Arnaut DanielArnaut Daniel, bezieht (siehe KlinkertKlinkert, Thomas, »Dante AlighieriDante Alighieri und die Mehrsprachigkeit«). In vielen mittelalterlichen Texten bleibt, anders als bei Dante, die Darstellung der anderssprachigen Figurenrede latent, etwa bei Gottfried von StraßburgGottfried von Straßburg im Tristan. Hier wird zwar erwähnt, dass der Held viele Sprachen beherrscht, aber der Text benutzt anderssprachige Wörter nur in Einzelfällen und dann eher in der Erzählerrede. In Wolframs von EschenbachWolfram von Eschenbach Parzival werden immerhin arabische Wörter angeführt (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in the Middle Ages«, 136–138).

Bemerkenswert ist, dass mittelalterliche Erzähltexte, selbst wenn sie auf diese Weise beschreiben, wie Angehörige unterschiedlicher Sprachgemeinschaften interagieren, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wechselseitig verstehen können, Verständigungsprobleme dennoch nahezu nie erwähnen. Dies gilt für kanonische Texte aller europäischen Literatursprachen, vom Beowulf über das Nibelungenlied bis zu El Cid (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in the Middle Ages«, 136–138). Indirekt kann man allerdings darauf schließen, dass dies in einem frühen Zeugnis der mehrsprachigen Figurenrede noch anders ist, nämlich in den sog. Straßburger Eiden aus dem 9. Jahrhundert, der Wiedergabe einer Szene, in der sich Karl der KahleKarl der Kahle und Ludwig der DeutscheLudwig der Deutsche gegen ihren Bruder LotharLothar I. (Frankenreich) verbünden und vor den beiden anwesenden Heeren einander Treue schwören, wobei sie jeweils die Sprache des Heeres des jeweils anderen sprechen. Es handelt sich hier um ein Zeugnis, das ein Bewusstsein für die Verständigungsprobleme zeigt, die sich aus Sprachdifferenzen ergeben können, das aber zugleich eine Form von Mehrsprachigkeit der Figurenrede vor Augen führt, die, wie Sara PoorPoor, Sara hervorhebt, gerade nicht die Trennung durch Herkunftssprache betont, sondern die Möglichkeit der Verständigung durch die Vervielfältigung von Umgangssprachen.6Poor, Sara

Die größte Vielfalt an literarischer Mehrsprachigkeit lässt sich für das Mittelalter zweifelsohne in lyrischen Texten finden. Allerdings handelt es sich meist um Formen des Sprachwechsels und der Sprachmischung, die nicht mit der Figurenrede im Zusammenhang stehen. Allenfalls könnte man davon sprechen, dass beispielsweise ein Dichter wie Oswald von WolkensteinOswald von Wolkenstein mittels des Sprachwechsels in einigen seiner Texte eine Art mehrsprachige Dichterpersona stilisieren will (siehe III.1). Eine Ausnahme bilden einige Texte aus den Carmina Burana, in denen Sprachwechsel eingesetzt wird, um einen Sprecherwechsel zu markieren, so etwa, wenn in Nr. 153 der Liebende, der in der Abschlussstrophe zu Wort kommt, deutsch spricht, der Erzähler hingegen lateinisch (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in Late-Medieval Poetry«, 49).7Vollmann, Benedikt Konrad

Die mittelalterliche Diglossie, in der das Lateinische als Sprache der Kirche wie der Gelehrsamkeit den je unterschiedlichen Volkssprachen gegenübersteht, setzt sich unter sich stetig wandelnden Vorzeichen in der Frühen Neuzeit fort. Dabei verändert sich in erster Linie der Status der sich emanzipierenden Volkssprachen – ein Prozess, dessen Befürworter sich nicht zuletzt auf DanteDante Alighieri und auf dessen Schrift De vulgare eloquentia berufen können. Als einen der Effekte der neuartigen literarischen Sprachkonkurrenz kann man das Aufkommen der makkaronischen Dichtung und ihrer Nebenformen ansehen, die die Sprachmischung zwischen dem Lateinischen und meist einer Volkssprache zum komischen Formprinzip erheben (siehe hierzu III.1 und V.1). Im Bereich der Figurenrede findet sich die makkaronische Schreibweise allerdings weniger in lyrischen Formen, sondern im (humoristischen) Roman bei François RabelaisRabelais, François und seinen Nachfolgern und vor allem wiederum im Bereich der Komödie.

In Rabelais’ Pantagruel (1532) und in den Folgeromanen steht für die Mehrsprachigkeit in der Figurenrede insbesondere die Figur des Panurge ein, der im 9. Kapitel als Polyglott eingeführt wird, und zwar mit einer Rede in 13 Sprachen, in der er versucht, um Essen zu bitten, ohne dass ihn jemand verstünde. Unter den Sprachen, die Panurge spricht, finden sich Deutsch, Italienisch, Hebräisch und Griechisch, aber auch drei Phantasiesprachen.8Rabelais, FrançoisMichel, Pierre In gewisser Hinsicht ist Panurge ein Held, der die überbordende Funktion von Sprachwechsel und -mischung für den Text, die vor allem die Erzählerrede betrifft, auf der Ebene der Handlung personifiziert. Auch die deutschsprachige Adaption des zweiten Romans von RabelaisRabelais, François, Gargantua (1534), in Johann FischartFischart, Johanns Geschichtsklitterung (1570) setzt auf Sprachwechsel und vor allem Sprachmischung in Form von (überwiegend paronomatischen) Wortspielen (siehe III.1, insbesondere Anwendungs-/Analysebeispiel 1). Gerade bei FischartFischart, Johann ist bemerkenswert, dass das mehrsprachige Wortspiel, das zunächst für den Erzähler charakteristisch ist, auch auf die Figurenrede übergreift, insbesondere dort, wo aufgrund des Erzählverfahrens nicht mehr genau zu unterscheiden ist, wer eigentlich spricht, so beispielsweise in der »Trunckenen Litanei« (siehe III.1).

Das Beispiel des Panurge zeigt schon, dass, anders als im Mittelalter, Probleme der Verständigung aufgrund sprachlicher Kompetenzmängel in der Frühen Neuzeit durchaus ein Thema der Literatur werden. Ja, die Darstellung solcher Probleme wächst sich nachgerade zu einer Obsession der frühneuzeitlichen (Erzähl-)Literatur aus (ClassenClassen, Albrecht, »Multilingualism in the Middle Ages«, 141). Zumindest teilweise wird sich dieses neuartige Interesse als Medieneffekt erklären lassen. Denn die neue Technologie des Buchdrucks und die damit einhergehende Entwicklung eines Buchmarkts erzeugt die Notwendigkeit, Sprache so zu verwenden, dass sie über lokale Zusammenhänge hinaus verständlich ist. Der damit gegebene Anreiz zur Standardisierung von (Volks-)Sprachen erzeugt zugleich ein verschärftes Bewusstsein für die Grenzen, die zwischen den so erzeugten Sprachen und den an sie gekoppelten Buchmärkten entstehen. Zugleich erweiterte die Entdeckung Amerikas und mit ihr einhergehend die zunehmende koloniale Aktivität der europäischen Staaten den Kreis der bekannten Sprachen, was die Grenzen sprachlicher Verständigungsfähigkeit ebenfalls deutlich vor Augen führte. Als literarisches Korrelat der frühneuzeitlichen Reflexion auf sprachbedingte Verständnisprobleme kann man die Konjunktur von ›erfundenen‹ Sprachen sehen, die sich zumindest teilweise in der Anderssprachigkeit von Figurenrede auszeichnet. Man denke etwa an die Ausführung zur Sprache von Utopia (1516) bei Thomas MoreMorus, Thomas sowie etwas später an die unterschiedlichen Sprachen, die Jonathan SwiftSwift, Jonathans Gulliver bei seinen verschiedenen Reisen kennenlernt (siehe III.1). Die Sprache bzw. die Sprachfähigkeit von Kolonialisierten wird beispielsweise in William ShakespearShakespeare, Williames The Tempest (1611) thematisiert.

In der frühneuzeitlichen Komödie ist Mehrsprachigkeit der Figurenrede zumindest teilweise nachgerade gattungskonstitutiv. Das gilt insbesondere für die italienische Improvisationskunst der Commedia dell’arte. Die festen Charaktere, auf denen das Spiel aufruht, sprechen jeweils in bestimmten italienischen bzw. romanischen Dialekten. So spricht der Dottore im Bologneser Dialekt mit lateinischen Einsprengseln, der Pantalone aber Venezianisch. Die Figurenzeichnung der Commedia dell’arte hat eine Vielzahl von Komödien bis in die Moderne hinein geprägt und geht ihrerseits teils auf die römische Komödie zurück. Beispielsweise ist der Capitano, der traditionell Spanisch spricht (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 59), an die Titelfigur von PlautusPlautus, Titus Maccius’ Miles Gloriosus angelehnt. Er wird dann seinerseits zum Gegenstand der Komödie Horribilicribrifax Teutsch (1663) von GryphiuGryphius, Andreass (siehe unten Anwendungs-/Analysebeispiel 1). Noch deutlich üppiger ist die Ausgestaltung der mehrsprachigen Figurenrede in Félix Lope de VegasLope de Vega, Félix Komödien – die auch verballhorntes Deutsch umfassen und auf die Sprachmischungsverfahren der makkaronischen Poesie zurückgreifen (HelmicHelmich, Wernerh, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 64f.). In ShakespeareShakespeare, Williams Komödien findet sich, einem verbreiteten Verfahren der Zeit entsprechend, meist eine schwache Form der Mehrsprachigkeit in der Figurenrede, insofern das adelige Personal im Blankvers spricht, die Narren hingegen in Prosa. Darüber hinaus spielt ShakespeareShakespeare, William hin und wieder mit (teils verballhorntem) Latein, wie es in Love’s Labours Lost (1597) von dem Pseudogelehrten Holofernes gesprochen wird. Der komische Effekt ist ein (mindestens) doppelter, denn Holofernes’ gelehrter Anspruch kontrastiert einerseits mit der Fehlerhaftigkeit seines Lateins, andererseits mit den Reaktionen seiner Umwelt, die, des Lateinischen nicht mächtig, seine Aussagen in Form homophoner Übersetzungen zurückspiegelt (siehe DumitrescuDumitrescu, Irina, »Literary Multilingualism in Everyday Life«, 108–111). Epochemachende Beispiele der Mehrsprachigkeit in der Figurenrede auf dem Gebiet der Komödie hat schließlich MolièreMolière beigesteuert, beispielsweise in Le malade imaginaire (1673), wo das Latein der Ärzte aufs Korn genommen wird, oder in Bourgois gentilhomme (1670), wo die Lingua Franca (Sabir) eine entscheidende Rolle spielt. MolièreMolières Vorbild mag es sein, das LessingLessing, Gotthold Ephraim in der Zeichnung der Figur des Riccault de la Marlinière in Minna von Barnhelm (1763) aufgreift, dem wahrscheinlich bekanntesten Beispiel partiell anderssprachiger Figurenrede in der deutschsprachigen Komödie. Ist die kulturpolitische Wertigkeit der Mehrsprachigkeit der komödiantischen Figurenrede meist insofern klar ersichtlich, als den einzelnen Sprachen klar bestimmte soziokulturelle Wertigkeiten zugeschrieben sind, die es ermöglichen, den Gegenstand von Spott und Satire unmittelbar zu erfassen, ist übrigens bei LessingLessing, Gotthold Ephraim die Lage komplexer, denn die Figur des Riccault lässt sich als versteckte Personifizierung autorseitiger politischer Kritik auffassen (siehe ConterConter, Claude D., »Fremdsprachen in der Komödie«).

Die noch für die frühneuzeitliche Komödie maßgebliche Sprachtypisierung, wie sie für Sprachwechsel und -mischung seit dem Mittelalter üblich ist, verliert im 18. Jahrhundert an Plausibilität, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach aufgrund der sich immer weiter durchsetzenden Muttersprachensemantik und der durch den Buchdruck verstärkten Kodifizierung der Volkssprachen, die wiederum schon ab dem 16. Jahrhundert die Entstehung von Sprachnationalismen begünstigt hatte. Mit der zumindest tendenziellen Auflösung der festen Konnotationswerte der Sprachen wird zum einen deren Freigabe zur ästhetischen Funktionalisierung begünstigt, auch wenn diese Möglichkeit gerade aufgrund des starken Drucks der Muttersprachensemantik zunächst kaum genutzt wird; zum anderen zementiert die Engführung von Muttersprache und Sprache der Nation eine Vorstellung sprachlich homogener Publiken, die die literarische Darstellung vor die Herausforderung stellt, das Auftreten anderssprachiger Figurenrede so zu vermitteln, dass auch ein als einsprachig vorgestelltes Publikum sie versteht.

Das einfachste Verfahren hierzu besteht darin, andere Sprachen ohne weiteres Aufheben in der Sprache wiederzugeben, in der der Text selbst gestaltet ist (siehe zur Systematik Abschnitt c). Dies ist fast immer dann der Fall, wenn ein historisches oder an einem ›exotischen‹ Ort angesiedeltes Geschehen in der Sprache des heimischen Publikums wiedergegeben wird. (Insofern umfasst die Geschichte der mehrsprachigen Figurenrede einen sehr großen Teil der Literaturgeschichte.) Dieses Verfahren ist aus XenophonXenophons Anabasis bekannt, und es hat bis heute kaum an Überzeugungskraft verloren. Angesichts der Tatsache, dass es offenbar ganz unproblematisch ist, beispielsweise einen venezianischen Kaufmann in ShakespeareShakespeare, Williams Englisch sprechen zu hören, ohne dass die Darstellung dadurch weniger realistisch würde, ist schon jeder Hinweis auf die ›eigentliche‹ Anderssprachigkeit von Figurenrede als Signal aufzufassen, dass die Anderssprachigkeit von Bedeutsamkeit ist. So ist es möglich, beispielsweise die latente, aber immerhin doch angemerkte Anderssprachigkeit der Rede bestimmter Figuren in Johann Wolfgang von GoetheGoethe, Johann Wolfgang vons anscheinend einsprachigen Wilhelm Meister-Romanen oder im Faust als Teil einer kulturpolitischen Strategie des Umgangs mit Sprachenvielfalt anzusehen (siehe StockhammerStockhammer, Robert, »Die gebrochene Sprache des Literarischen«9Stockhammer, RobertGoethe, Johann Wolfgang von bzw. Anwendungs-/Analysebeispiel 2).

Als weitläufiges Experimentierfeld zur Bearbeitung des Problems, wie Sprachvielfalt im Medium der Einsprachigkeit präsentiert werden kann, lässt sich der realistische (bzw. proto-realistische) Roman ab dem 18. Jahrhundert verstehen. In der Rekonstruktion der Entwicklung ist dabei insbesondere von Bedeutung, welchen Einschränkungen die Annahme der Einsprachigkeit des Publikums jeweils unterliegt. So gilt es im 18. und 19. Jahrhundert noch lange als einigermaßen unproblematisch, lateinische Ausdrücke und Sätze in die Figurenrede einzuflechten – eine Tradition, die sich nicht zuletzt aus dem humoristischen Roman, etwa bei Lawrence SterneSterne, Lawrence oder bei Jean PaulJean Paul, herschreibt. Schon im Tristram Shandy (1759–1767) ist es allerdings offenbar notwendig, längere lateinische Passagen auch auf Englisch anzubieten. Standardmäßig kann man aber davon ausgehen, dass gerade sentenzhafte lateinische Zitate auch im Original verstanden werden (siehe III.3). Die spezifisch moderne ›Einsprachigkeit‹ der Literatur des 18. Jahrhunderts offenbart sich nicht zuletzt darin, dass die für diese Einsprachigkeit konstitutive Übersetzung aus anderssprachigen Literaturen (siehe hierzu LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow; GramlingGramling, David, The Invention of Monolingualism) auch von den literarischen Texten selbst thematisiert wird: Die spätestens durch Miguel de Cervantes’Cervantes, Miguel de Don Quixote begründete und im 18. Jahrhundert stark in Mode kommende literarische Herausgeberfiktion geht oft, und vor allem eben schon bei CervantesCervantes, Miguel de selbst, einher mit der Fiktion, man habe es bei einem Roman mit der Übersetzung aus einer anderen Sprache zu tun (siehe zu dieser ›Gattung‹ BabelBabel, Reinhard, Translationsfiktionen). Auch dies ist eine Form der latenten Mehrsprachigkeit der Figurenrede – bezogen jeweils auf die Figur des Erzählers. Eine Sondergattung des Romans, die meist Herausgeber- und »Translationsfiktion« miteinander verbindet, sind die auf das Vorbild von MontesquieuMontesquieu, Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de zurückgehenden ›Persischen Briefe‹. Montesquieu publizierte 1721 seine Lettres persanes – einen Roman, in dem zwei nach Paris gereiste Perser ihrer Heimat über die merkwürdigen Zustände in Europa berichten. Das kulturrelativistisch-aufklärerische Unternehmen MontesquieuMontesquieu, Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et des macht dabei die Voraussetzung, dass die Originalbriefe auf Persisch geschrieben sind, und benutzt, ebenso wie viele der in der Folge in ganz Europa publizierten Analogprojekte, einerseits Xenismen (als strukturelle oder lexikalische Übernahmen aus anderen Sprachen) und andererseits »Pseudo-Exotismen« (also die phonetische oder morphosyntaktische Simulation von Anderssprachigkeit in der ›eigenen‹ Sprache), um die Sprache des Textes zu verfremden und zugleich die Rede der anderssprachigen Protagonisten zu authentifizieren (CharlierCharlier, Robert, »Der Jargon des Fremdlings«).

Beispiele für den Umgang mit anderssprachiger Figurenrede im Roman finden sich in den westlichen Literaturen auch und gerade im angeblich so sehr von nationalistischer Einsprachigkeit geprägten 19. Jahrhundert unzählige. So ist für Victor HugosHugo, Victor Roman Notre-Dame de Paris (1831) gezeigt worden, dass er durch die Mischung von zeitgenössischem Französisch, Latein und französischen Archaismen in Erzähler- wie Figurenrede den Eindruck erwecken kann, tatsächlich spätmittelalterliches Französisch wiederzugeben (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 68). Teils verbindet sich die Darstellung anderssprachiger Rede nach wie vor mit humoristischen Effekten – etwa dann, wenn bei BalzacBalzac, Honoré de der Akzent deutschsprachiger Figuren im Französischen durch die Erfindung einer (den sprachlichen Realitäten allerdings kaum gerecht werdenden) Transkription dargestellt wird (siehe III.1); oder wenn in Gustave FlaubertsFlaubert, Gustave Madame Bovary (1856) der Apotheker Homais lateinisch radebrecht. Anderssprachige Figurenrede findet sich im realistischen Erzählen des 19. Jahrhunderts aber auch jenseits des Humoristischen an vielen Stellen, beispielsweise in Alessandro ManzonisManzoni, Alessandro I promesi sposi (1827), wenn das Spanische benutzt wird, um den Inhalt der Rede vor den Italienern zu verbergen. Theodor StormsStorm, Theodor Erzählungen spielen vielfach mit der punktuellen Wiedergabe einzelner Figurenrede auf Niederdeutsch (zum Dialekt im deutschen Realismus siehe WeningerWeninger, Robert, »Zur Dialektik des Dialekts im deutschen Realismus«); ähnliches findet sich in Texten Wilhelm RaabesRaabe, Wilhelm, die überdies viele anderssprachige, meist lateinische Zitate enthalten (siehe das erste Anwendungs-/Analysebeispiel in III.3). In FontanesFontane, Theodor Gesprächsromanen begegnet anderssprachliche Figurenrede vor allem in den westeuropäischen Bildungssprachen Englisch, Französisch und Latein (siehe GrätzGrätz, Katharina, »›Four o clock tea‹«), zumal oft in Form von (Bildungs-)Zitaten. Demgegenüber findet in amerikanischen Romanen des 19. Jahrhunderts auch eine Auseinandersetzung mit Sprachen statt, die jenseits des bildungssprachlichen europäischen Horizonts zu verorten sind. So kontrastieren die Leatherstocking Tales (1832–1841) von James Fenimore CooperCooper, James Fenimore das Englische mit Figurenrede in indigenen amerikanischen Sprachen – und folgen in der Figurenzeichnung einer ambivalenten, implizit kolonialen Kulturpolitik, die beispielsweise die ›Vielzüngigkeit‹ mit mangelnder Ehrlichkeit konnotiert (RosenwaldRosenwald, Lawrence A., Multilingual America, 20–47). MelvillesMelville, Herman Roman Moby Dick (1851), der vor allem Soziolekte des Englischen und Sprechweisen von Nicht-Muttersprachlern im Englischen kontrastierend nebeneinander stellt, lässt sich nachgerade als Bestandsaufnahme einer globalen Kolonialisierungsbewegung auffassen (LeeLee, Maurice S., »The Language of Moby-Dick«). Als Extremfall eines Erzähltextes mit manifest wiedergegebener mehrsprachiger Figurenrede aus dem 19. Jahrhundert gilt Prosper MériméeMérimée, Prospers Novelle Carmen (1847). Neben der französischen Grundsprache der Erzählung finden sich hier Spanisch, Baskisch und schließlich Romani (UllmannUllmann, Stephen, Style in the French Novel, 53–58). Mérimée stellt dabei durch spontane Übersetzungen im Erzähltext sowie durch einen erläuternden Appendix sicher, dass auch Lesern ein Verständnis möglich ist, die nur Französisch verstehen. (Im Sinne einer Theorie des Code-Switchings könnte man dies als Verfahren des ›medium repair‹ bezeichnen.) Noch üppiger als Mérimées Novelle fällt dann allerdings im 20. Jahrhundert Jaroslav HašeksHašek, Jaroslav Roman Osudy dobrého vojáka Švejka za sv ětové války (Die Geschicke des braven Soldaten Schwejk während des Weltkrieges; 1921–1923) aus, in dem, neben dem Tschechischen, Deutsch, Polnisch, Ungarisch, Russisch, Slowakisch, Tatarisch und Mischformen aus diesen Sprachen gesprochen werden (MoserMoser, Wolfgang, Xenismen, 92f.). Die ›realistische‹ Darstellung von anderssprachiger Figurenrede bleibt im 19. Jahrhundert jedoch nicht auf den Roman beschränkt. Zwar gilt für die Lyrik weiterhin, dass sie Sprachwechsel und -mischung weitgehend ohne Relation zur Figurenrede betreibt. Dramentexte aber erproben viele unterschiedliche Verfahren. So markiert in GrillparzersGrillparzer, Franz Drama Das Goldene Vlies (1820), wie bereits erwähnt, die Differenz zwischen Blankvers und freiem Vers die Differenz zwischen den Griechen und den (›barbarischen‹) Kolchern – und dies in einem Drama, das in der Forschung als Allegorie der politischen Situation im mehrsprachigen Habsburgerreich des 19. Jahrhunderts gedeutet worden ist.10Weissmann, DirkGrillparzer, Franz Und Frank WedekindWedekind, Franks Drama Die Büchse der Pandora (1902) umfasst ursprünglich Figurenrede auf Deutsch, Französisch und Englisch – passend zu den wechselnden Schauplätzen und Figurenkonstellationen (WeissmannWeissmann, Dirk, »Mehrsprachigkeit in Frank WedekindWedekind, Franks Büchse der Pandora«). Die wahrscheinlich bekanntesten Beispiele für Mehrsprachigkeit in der Figurenrede bleiben trotz dieser Fülle an Texten mit mehrsprachiger Figurenrede die Romane von TolstojTolstoj, Lev N., vor allem die frühen Fassungen von Война и мир (Krieg und Frieden, 1869), in denen die russisch-französische Diglossie der russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts dargestellt wird, sowie später das ›Walpurgisnacht‹-Kapitel aus Thomas MannsMann, Thomas Der Zauberberg (1924), in dem der Protagonist Hans Castorp in (schlechtes) Französisch wechselt, als er sich der von ihm geliebten Frau Chauchat annähert und damit das Liebesgeständnis in der Fremdsprache zum Topos werden lässt. Thomas MannMann, Thomas gilt in der Forschung im Übrigen auch mit anderen Texten als zentraler Autor mit Blick auf die Mehrsprachigkeit der Figurenrede: Die Buddenbrooks (1901) beginnen mit einem mehrsprachigen Dialog (Französisch, Deutsch, Niederdeutsch), und der späte Roman Doktor Faustus verwendet an zentralen Stellen ›LutherLuther, Martin-Deutsch‹ – allerdings weitenteils in Form von Zitaten (siehe III.3).11Brandes, PeterLuther, MartinMann, Thomas Schließlich ist zu konstatieren, dass sich in literarischen Texten aus Gegenden, in denen eine Diglossie-Situation herrscht, oftmals ein sehr unbefangener Umgang mit den entsprechenden Sprachen in der Darstellung von Figurenrede findet. Das ist etwa der Fall in der Luxemburger Literatur seit dem 19. Jahrhundert (siehe Hansen-PaulyHansen-Pauly, Marie-Anne, »The Languages of Literature«; GlesenerGlesener, Jeanne, »Le multilinguisme«) oder auch für Texte aus dem Elsass oder aus Québec (siehe Grutman,Grutman, Rainier Des langues qui résonnent). Der Anreiz, Texte zu schreiben, die problemlos in viele Sprachen übersetzt werden können, steht solchen Schreibverfahren allerdings zunehmend entgegen (siehe, aus der Perspektive der Gegenwart, LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow).

Spätestens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägen neue kulturpolitische Gemengelagen die literarische Bedeutung von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede. Die wohl auffälligste Erscheinung sind die Texte der Shoah-Literatur oder allgemeiner alle literarischen Texte, die sich den nationalsozialistischen Konzentrationslagern widmen. Mit Primo LevisLevi, Primo Se questo è un uomo (1947) als prominentem Vorläufer gewinnt das Genre spätestens ab den 1970er Jahren an Prominenz. Die meisten Texte setzen sich u.a. mit der Sprachensituation in den Lagern auseinander, die einerseits von einer extremen Diversität, andererseits von der brutalen Vorherrschaft des Deutschen geprägt war und zur Ausbildung gemischter Lagersprachen geführt hat. Sehr oft werden dabei sowohl das Deutsch des Wachpersonals als auch die Lagersprache (und natürlich auch andere Sprachen) wörtlich wiedergegeben. HelmicHelmich, Wernerh erwähnt Darstellungen, die den Einsatz der (dem Wachpersonal unverständlichen) Muttersprache als Widerstandsstrategie oder auch die Entgegensetzung des Deutschen als Kultursprache gegen das Deutsch der SS vorführen (HelmicHelmich, Wernerh, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 91–98). Einer breiteren Öffentlichkeit am bekanntesten geworden sind Werke von Primo LeviLevi, Primo, Jorge SemprúnSemprún, Jorge (siehe Anwendungs-/Analysebeispiel 3), Elie WieselWiesel, Elie und Imre KertészKertész, Imre.

Die politischen Umwälzungen der Kriegsjahre und der Nachkriegszeit bilden auch den Hintergrund vieler anderer literarischer Erscheinungsformen von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede, zumal in der deutschsprachigen Literatur. Zu erwähnen wären hier etwa die Romane von Uwe JohnsonJohnson, Uwe, in denen sich die Personenrede zwischen Deutsch, Plattdeutsch, Englisch, Russisch und Tschechisch bewegt, so in den Mutmassungen über Jakob (1959) wie auch im Folgeroman Jahrestage (1970–1983). Gegenstand der Texte sind nicht zuletzt die Auswirkungen der politischen Großereignisse (kalter Krieg, deutsche Teilung) auf das Leben der Individuen. In ihrer Mehrsprachigkeit stehen Johnsons Texte im Gegensatz zur überwiegenden Vielzahl der übrigen Autoren der Gruppe 47 (der Johnson wohl nicht zufällig nur lose angehörte). Das zeigt schon der Vergleich zu Günter GrassGrass, Günter’ im selben Jahr wie JohnsonJohnson, Uwes Mutmassungen erschienener Blechtrommel, die auf mehrsprachige Figurenrede verzichtet, obgleich die Handlung es nahegelegt hätte, beispielsweise vom Polnischen und Kaschubischen anders als nur durch die Erwähnung als Sprachen des Fluchens zu handeln (Dembeck, »Auf Polnisch wird nur geflucht«). Auf den welthistorischen Hintergrund lässt sich auch die Mehrsprachigkeit der Figurenrede in zwei weiteren von der Forschung prominent untersuchten Texten der westdeutschen Nachkriegsliteratur beziehen: Ingeborg BachmannBachmann, Ingeborg, ebenfalls ein eher randständiges Mitglied der Gruppe 47, führt in ihrer Erzählung Simultan (1972) ausführlich die Bewegung des Code-Switchings vor Augen, das der Protagonistin, einer Dolmetscherin, im Denken wie im Sprechen eigen ist (siehe hierzu RadaelliRadaelli, Giulia, Literarische Mehrsprachigkeit, 153–242). Die Erzählung gibt in weiten Strecken in erlebter Rede die Gedanken der Hauptfigur wieder und markiert dabei immer wieder mittels Sprachwechsel Momente, in denen (wahrscheinlich) die Rede anderer Personen gedanklich zitiert wird. Eine Leistung der Mehrsprachigkeit der Figurenrede besteht in dieser Erzählung darin, dass sie die ›Hybridität‹ des aus vielen fremden Stimmen bestehenden Bewusstseins der Hauptfigur vor Augen führt. Elias CanettiCanetti, Elias hat in Die Stimmen von Marrakesch (1967) die vielsprachige Realität des marrokanischen Alltags, die er als Journalist in den 1950er Jahren erlebt hatte, mehr oder weniger durchgängig einsprachig wiedergegeben – allenfalls Französisch und Englisch werden im Sprachwechsel (und meist mit Übersetzung) eingeschaltet (RadaRadaelli, Giuliaelli, Literarische Mehrsprachigkeit, 76–123; WeissmannWeissmann, Dirk, Métamorphoses interculturelles). CanettisCanetti, Elias Text kann als Versuch einer neuen anti-orientalistischen Orientdarstellung verstanden werden – die kulturpolitische Verbindung zu den während der Zeit der journalistischen Unternehmung stattfindenden Kolonialkriegen ist offenkundig. Die Folgen (verschütteter) individueller Traumatisierung durch die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts sind noch das Thema der meisten Erzählungen von W.G. SebaldSebald, W.G.; in dem Roman Austerlitz (2001) wird davon berichtet, wie der dem Ich-Erzähler bekannte Austerlitz entdeckt, dass er das Kind Prager Juden ist, die im Holocaust gestorben sind und ihn zuvor an eine englische Pflegefamilie gegeben hatten. Diese Entdeckung der eigenen Herkunft steht im engen Zusammenhang mit der Konfrontation mit der dem Bewusstsein Austerlitz’ unbekannten, aber dennoch verständlichen Sprache des Tschechischen (hierzu Helmich,Helmich, Werner Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 422–424). Bei SebaldSebald, W.G. unterlaufen die unauffällige Unzuverlässigkeit des Erzählens und die inszenierte Scheinauthentizität der begleitenden fotografischen Abbildungen indes jeden Anspruch auf Darstellbarkeit der (sprachlichen) Katastrophen, von denen die Texte handeln. Die hier zu beobachtende Verbindung eher ›realistischer‹ Verfahren der Darstellung mehrsprachiger Figurenrede mit avantgardistischen, in HelmichsHelmich, Werner Terminologie ›ludischen‹ Verfahren von Sprachwechsel und -mischung, wie sie im Grunde schon bei JoyceJoyce, James zu beobachten ist, finden sich auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – etwa bei JohnsonJohnson, Uwe, aber stärker noch bei Arno SchmidtSchmidt, Arno, dessen Verfahren der Sprachmischung zunächst in der (Ich-)Erzählerrede erprobt wird, aber auf die wiedergegebene Figurenrede übergreift (siehe III.1).

Auch in den anderen Sprachräumen der europäischen Literatur ist Mehrsprachigkeit in der Figurenrede in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Darstellungsverfahren. Insgesamt bleibt die französischsprachige Literatur, so der Eindruck der Forschung, ähnlich wie die deutschsprachige eher der Einsprachigkeit verhaftet, als dies beispielsweise in der englischsprachigen Literatur der Fall ist. Der englischsprachigen Literatur kommt vor allem mit Blick auf die Erschließung postkolonialer und postmigratorischer Themenfelder, in denen gerne mit anderssprachiger Figurenrede gearbeitet wird, eine Vorreiterrolle zu (Helmich,Helmich, Werner Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 118). Es findet sich anderssprachige Figurenrede aber auch in anderen Zusammenhängen, etwa in Christine Brooke-RoseBrooke-Rose, Christines Roman Between (1968), der thematisch ein Vorgänger von BachmannBachmann, Ingeborgs Erzählung Simultan ist (siehe LennonLennon, Brian, In Babel’s Shadow, 15–17, ausführlich 84–91), oder in Anthony BurgessBurgess, Anthony’ A Clockwork Orange (1963), der eine englisch-russische ›Jugendsprache‹ entwirft, die als Nadsat (›teen‹) bezeichnet wird (ebd., 101–108). In beiden Fällen wird mit der sprachwechselnden bzw. sprachmischenden Erzählerrede eine neuartige soziale Rollenprosa entworfen, die mittelbar auf kulturpolitische Globlisierungstendenzen antwortet. Noch die Konjunktur von Fantasy und Science Fiction in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bei denen immer wieder die Inszenierung weltumspannender Konflikte mit der Erfindung von Sprachenvielfalt einhergeht – etwa in den Romanen von J.R.R. TolkienTolkien, J.R.R. oder bei Robert SheckleySheckley, Robert (Rosenwald,Rosenwald, Lawrence A. »On Linguistic Accuracy in Literature«, 36–39) – lässt sich mit der (kultur-)politischen Großwetterlage der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Zusammenhang bringen.

Die Tatsache, dass im und nach dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich zu den vorangehenden Jahrhunderten extreme Umwälzungen der europäischen Sprachlandschaft stattfanden (durch Deportation, Vertreibung, Flucht und neue Grenzziehung), hat nicht nur dazu beigetragen, dass Mehrsprachigkeit der Figurenrede in Verbindung mit politischen Bewegungen, die zu diesen Umwälzungen geführt haben, gesetzt wird. Vielmehr lässt sich wahrscheinlich auch die Bewegung zur literarischen Darstellung von Regionalität vor diesem Hintergrund verorten, insofern dieser das Bewusstsein für die ›Sprache als lokale Praxis‹ geschärft hat.12Pennycook, Alastair Zugleich ist die mehrsprachige Regionalliteratur sicherlich eine Fortsetzung der Dialektliteratur, wie sie in Europa im 19. Jahrhundert populär geworden war. Das traditionelle Verfahren der Dialektliteratur besteht darin, dass eine Erzählerrede in Standardsprache die dialektalen Figurenreden rahmt. Einige Erzählungen von Carmine AbateAbate, Carmine beispielsweise, die im südlichen Kalabrien spielen, arbeiten bei italienischer Erzählerrede mit unübersetzter und den Sprechern des Italienischen in der Regel unverständlicher Figurenrede auf Arbëresch – wodurch die regionale Eigenwertigkeit als Form unzugänglicher Intimität inszeniert wird (HelmichHelmich, Werner, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 129f.). Es finden sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aber auch demgegenüber neuartige Darstellungsformen. Eine besonders auffällige Spielart der linguistischen Regionalisierung, die sich auch in anderssprachiger Figurenrede niederschlägt, liegt in den populären Krimis von Andrea CamilleriCamilleri, Andrea vor (ebd., 119–125), die in einer »sikulo-italienische[n] Mischsprache« (ebd., 121) verfasst sind (siehe III.1). Schließlich gibt es mehrere Beispiele für die allegorische Darstellung regionaler Sprachenvielfalt. HelmichHelmich, Werner nennt den Roman Amour bilingue (1982) von Abdelkébir KhatibiKhatibi, Abdelkébir, in dem eine französisch sprechende Geliebte zugleich für die vom arabisch und französisch sprechenden Erzähler geliebte französische Sprache einsteht, oder das Stück El holtelito (1985) von Antonio GalaGala, Antonio (141–143), in dem die Benutzung der Regionalsprachen der iberischen Halbinsel politische Konfliktlagen allegorisch darstellbar werden lässt (ebd., 205–207).

Die auffälligste Erscheinung in der jüngeren Geschichte der literarischen Mehrsprachigkeit in der Figurenrede sind aber (post-)koloniale und (post-)migrantische Schreibweisen. Natürlich ist die Bezugnahme auf den Kolonialismus und auf Migration keinesfalls neu; sie findet sich im 19. Jahrhundert besonders prominent in der amerikanischen Literatur. Die bereits erwähnten Romane von CooperCooper, James Fenimore und MelvilleMelville, Herman lassen sich in diesem Kontext lesen. Einen wichtigen Strang von Texten vor dem Hintergrund von Postkolonialismus und Migration stellt die Sprach-(Auto-)Biographie dar. Insofern hier meist die Interaktion der Erzählerfiguren mit unterschiedlichen Sprachkontexten dargestellt wird, ist unabhängig davon, ob die Rede anderer Figuren mit unterschiedlichen Sprachen in Zusammenhang gebracht wird, die Sprachwahl des Textes selbst als Teil dessen markiert, was erzählt wird, sie ist in irgendeiner Weise diegetisch motiviert. In der Forschung diskutiert worden sind u.a. Richard RodriguezRodriguez, Richard’ The Hunger of Memory (1982), Gloria AnzaldúaAnzaldúa, Gloria E.s Her Borderlands / La Frontera: The New Mestiza (1987), Eva HoffmansHoffman, Eva Lost in Translation: Life in a New Language (1989), Ilan StavansStavans, Ilan’ On Borrowed Words: A Memoir of Language (2001) und Junot DíazDíaz, Junot’ The Brief Wonderous Life of Oscar Wao (2007). Alle diese Texte zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Erzählerrede durch mehr oder weniger komplexe Verfahren des Sprachwechsels und/oder der Sprachmischung gestalten (siehe detaillierter III.1). Avancierte Varianten von (teils fiktiven) Sprachbiographien finden sich beispielsweise in Emine Sevgi ÖzdamaÖzdamar, Emine Sevgirs viel diskutierten Erzählungen »Mutterzunge« und »Großvaterzunge« (1990). Die Rede der Ich-Erzählerin, die aus politischen Gründen aus der Türkei aus- und nach Deutschland einwandert, führt in ihrer Struktur eine Art Schwebezustand der sprachlichen Identität vor; sie ist durchsetzt von ›wörtlichen‹ Übersetzungen aus dem Türkischen, von einzelnen türkischen und dann auch arabischen Wörtern und handelt nicht zuletzt vom (scheinbaren) Verlust der ›Mutterzunge‹ (ein Xenismus für ›Muttersprache‹), dem die Erzählerin durch das Erlernen der ›Großvaterzunge‹, dem Arabischen, entgegenwirken möchte. Der Erwerb der arabischen Sprache ist dabei mit einem Liebesverhältnis verknüpft, und die arabische Schrift erhält den Status eines erotischen Mediums (vgl. zur literarischen Erotisierung der arabischen Schrift HelmHelmich, Wernerich, Ästhetik der Mehrsprachigkeit, 142). Auch die Rede der übrigen Figuren ist in den beiden Erzählungen in der Regel klar einer (oder mehreren) Sprache(n) zugeordnet. In anderen sprachbiographischen Texten wird die Perspektive des Sprachlerners teils noch plakativer vor Augen geführt, etwa in Xiaolu GuoGuo, Xiaolus A Concise Chinese-English Dictionary for Lovers (2008), das im Englisch eines Sprachlernanfängers beginnt und durchsetzt ist von Hinweisen auf das Chinesische und die kantonesische Muttersprache der Erzählerin; parallel zur erzählten Liebesgeschichte der Erzählerin mit einem Engländer verbessert sich auch die Sprachrichtigkeit des Englischen, in der die Geschichte erzählt wird.13Walkowitz, Rebecca Die sehr bekannt gewordene und von der Forschung viel beachtete Sammlung von Mißtönen vom Rande der Gesellschaft, die Feridun ZaimogluZaimoglu, Feridun mit diesem Untertitel und dem Obertitel Kanak Sprak 1995 publiziert hat, präsentiert ebenso wie der Nachfolger Koppstoff (1998) in einer je unterschiedlich ausgeprägten Kunstsprache (siehe III.1) Formen von Figurenrede, die für die soziolektale und (potentiell) mehrsprachige Identität der Protagonisten einstehen sollen. Im französischen Sprachraum sind ähnliche Verfahren in der sog. ›Beurs‹-Literatur verwendet worden.

Mehrsprachige Figurenrede als Moment eines interkulturellen literarischen Programms findet sich spätestens um die Jahrtausendwende verstärkt auch im Theater. Dabei kann auf teils sehr reichhaltige Traditionen beispielsweise des Chicano-Theaters in Nordamerika oder anderer mehrsprachiger Theaterlandschaften (etwa Québec und das Elsass) zurückgegriffen werden. Interessante Beispiele für aktuellere mehrsprachige Dramentexte im deutschsprachigen Raum sind etwa ÖzdamarsÖzdamar, Emine Sevgi Stück Karagöz in Alamania von 1982 (siehe III.1) oder auch Yoko TawadasTawada, Yoko Drama Till von 1998, das die Interaktion japanisch und deutsch sprechender Personen vorsieht – eine japanische Touristengruppe aus dem 20. Jahrhundert besucht eine frühneuzeitliche deutsche Stadt. Die Tatsache, dass nur ein Bruchteil des Publikums sowohl in Deutschland als auch in Japan beide Sprachen verstehen wird, ist Teil des wirkungsästhetischen Kalküls, denn es macht die Verständnislosigkeit erlebbar, der die Figuren auf der Bühne ausgesetzt sind – und lässt auch nachvollziehen, welche Verständigung dennoch möglich ist (siehe WeissmannWeissmann, Dirk, »Vom Sprechen mit zwei Mündern«).

Auch wenn die interkulturell interessierte Literatur in den letzten Jahrzehnten stark an Gewicht gewonnen hat und daher gerade auch die Mehrsprachigkeit der Figurenrede an Verbreitung gewinnt, muss festgehalten werden, dass das erhebliche kulturpolitische Ungleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Sprachen der Welt einen sehr weitreichenden und konkreten Effekt zeitigt. Angesichts eines Buchmarkts, der stark auf Übersetzung setzt, ist Mehrsprachigkeit in der Figurenrede leichter zu vermitteln, wenn sie ›mächtige‹ Sprachen umfasst. Der Einsatz von Sprachen mit weniger Sprechern oder einem aus anderen Gründen geringeren kulturpolitischen Stellenwert ist demgegenüber schwieriger mit dem (Markt-)Regulativ der Einsprachigkeit zu vereinbaren.

c) Forschungsgeschichte

Die Beschreibung von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede kann derzeit als verbreitetste Form der literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Sprachvielfalt in Texten gelten. Das mag einerseits daran liegen, dass hier an Ergebnisse der linguistischen Code-Switching-Forschung angeschlossen werden kann (siehe III.1). Andererseits ist für die (realistische) Erzählliteratur, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einem zentralen Gegenstand der Literaturwissenschaft geworden ist, gerade diese Form des Sprachwechsels besonders prominent. Sie lässt sich überdies anscheinend unmittelbar mit den kulturpolitischen Eigeninteressen der Literaturwissenschaft verbinden, insofern diese sich für die Herausstellung unterprivilegierter Stimmen einsetzt, denn diese Stimmen sprechen eben oft andere Sprachen als die meisten literarischen Texte.

Die im engeren Sinne literaturwissenschaftliche Forschungsgeschichte zur Mehrsprachigkeit in der Figurenrede verläuft in weiten Teilen parallel zu derjenigen von Sprachwechsel und -mischung. Auch mit Blick auf die Figurenrede ist hervorzuheben, dass die Romanistik aufgrund ihrer innerdisziplinären sprachlichen Vielfalt seit jeher eine größere Affinität zur Erforschung von Mehrsprachigkeit hat als Disziplinen wie Germanistik oder Anglistik. Das macht sich aktuell an Arbeiten wie denjenigen von Alfons KnauthKnauth, K. Alfons (z.B. »Literary Multilingualism I«) oder Werner HelmichHelmich, Werner (Ästhetik der Mehrsprachigkeit) bemerkbar. Beide Autoren grenzen den mit der Figurenrede zusammenhängenden Sprachwechsel aber nicht systematisch von anderen Formen des Sprachwechsels (oder der Sprachmischung) ab (siehe daher III.1). Dasselbe gilt für die Pionierarbeit von Leonard ForsterForster, Leonard, dessen Buch The Poet’s Tongues von 1970 zwar immer wieder auf Mehrsprachigkeit der Figurenrede zu sprechen kommt, aber sich in erster Linie noch mit der Erschließung des Gegenstands ›mehrsprachige Literatur‹ beschäftigt.

Auch für die Mehrsprachigkeit in der Figurenrede sind die Arbeiten von BachtinBachtin, Michail M. zur Poetik des Romans von entscheidender Bedeutung (siehe im Detail III.1). Bachtin arbeitet die gattungskonstitutive Vielstimmigkeit des Romantextes heraus und bringt sie mit der potentiellen ›Heteroglossie‹, d.h., der kontextabhängigen potentiellen Mehrfachcodiertheit jedes sprachlichen Elements zusammen (BachtinBachtin, Michail M., »Das Wort im Roman«). Aus dieser Perspektive wird die Mehrsprachigkeit der Figurenrede als Verfahren der Inszenierung sozialer und kultureller Differenzen und/oder Verhandlungen lesbar. In einem ähnlichen Sinne bestimmt András HornHorn, András in einem Aufsatz von 1981 die ›realistische Figurendarstellung‹ als eine mögliche Motivation von Sprachwechsel im literarischen Text (HornHorn, András, »Ästhetische Funktionen der Sprachmischung in der Literatur«). Mit Roland BarthesBarthes, Roland könnte man von einem ›Realitätseffekt‹ sprechen, dessen Erzeugung charakteristischerweise keinesfalls die ›getreue‹ Wiedergabe der im dargestellten Geschehen verwendeten Idiome voraussetzt, sondern nur deren Andeutung durch Xenismen oder Ähnliches. Eine wirkmächtige, strukturelle Beschreibung von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede hat Meir SternbergSternberg, Meir ebenfalls 1981 vorgeschlagen. Er unterscheidet drei Modi der Wiedergabe von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede: Erstens die »[r]eferential restriction«, d.h., den Ausschluss jeglichen anderssprachigen Materials aus dem Bereich des Dargestellten; zweitens das »[v]ehicular [m]atching« (Sternberg, »Polylingualism as Reality and Translation as Mimesis«, 223), d.h., die Wiedergabe aller von den handelnden Figuren gesprochenen Sprachen im Original; und drittens die Anwendung einer »homogenizing convention« (ebd., 224), d.h., die Darstellung eines mehrsprachigen Geschehens mittels nur einer Sprache. (Den Fall, dass die Erzählerrede selbst Sprachwechsel oder -mischung enthält, schließt SternbergSternberg, Meir übrigens als anormal aus seiner Betrachtung aus.) Man könnte gegen diese Typologie natürlich einwenden, dass ›referential restriction‹ und ›vehicular matching‹ (die Variante, die SternbergSternberg, Meir selbst für am wenigsten überzeugend hält) im Grunde genommen dasselbe Verfahren sind, das nur auf unterschiedliche sprachliche Gegebenheiten bezogen wird, denn in beiden Fällen wird die sprachliche Dimension des Geschehens so wiedergegeben, wie sie ›wirklich ist‹. (Allerdings stellen sich beim ›vehicular matching‹ andere Probleme, etwa bei der Transkription der unterschiedlichen Sprachen.) Der interessanteste Fall ist insofern der dritte, die ›homogenizing convention‹. In der Folge hat die Forschung denn auch erwiesen, dass diesem Bereich eigentlich eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Verfahren zuzuordnen sind, die von der stillschweigenden Übersetzung der anderssprachigen Passagen bis hin zur Imitation unterschiedlicher Sprachen durch Dialekte, Soziolekte oder ›Akzent‹ in der Grundsprache des Textes reichen. Dies ist insbesondere am Beispiel von Film und Fernsehen gezeigt worden (siehe Parr, »Die fremde Sprache in der eigenen«), aber die Ergebnisse lassen sich teils auch auf literarisches Erzählen übertragen. Der charakteristische Unterschied zwischen schriftlichen und filmischen Texten liegt dabei einerseits darin, dass für Film und Fernsehen das Postulat der Einsprachigkeit des Publikums noch stärker gemacht wird und dass diese Medien andererseits zusätzliche Möglichkeiten zur Erfüllung der ›homogenizing convention‹ bereitstellen (siehe V.6 und 7).

Aufbauend auf SternbergSternberg, Meir hat Giulia RadaelliRadaelli, Giulia in ihrer Dissertation von 2011 ein ausführliches Raster zur Beschreibung literarischer Mehrsprachigkeit entwickelt, das auch ausführlich auf die Figurenrede zu sprechen kommt, die sie allerdings nicht systematisch als ein Verfahren literarischer Mehrsprachigkeit berücksichtigt (Radaelli, Literarische Mehrsprachigkeit, 47–75). Dieses Modell hat sie in einem Beitrag von 2014 noch einmal etwas modifiziert (Radaelli, »Literarische Mehrsprachigkeit«). Radaelli unterscheidet mehrere Ebenen, auf denen literarische Mehrsprachigkeit beschrieben werden kann (»Fokus«, »Sprachen«, »Wahrnehmbarkeit« und »Diskursivierung«) und von denen mit Blick auf die Figurenrede insbesondere zwei entscheidend sind, nämlich »Wahrnehmbarkeit« und »Diskursivierung«. Mit Bezug auf Wahrnehmbarkeit unterscheidet Radaelli zwischen manifester und latenter Mehrsprachigkeit – eine Unterscheidung, die in erster Linie für die Mehrsprachigkeit der Figurenrede relevant ist. Als Formen der »Diskursivierung« literarischer Mehrsprachigkeit führt Radaelli auf: »Sprachwechsel, Sprachmischung, Übersetzung, Sprachverweis und Sprachreflexion« (ebd., 153). Dabei werden Sprachwechsel und -mischung ähnlich definiert wie in diesem Handbuch (siehe III.1). Als Sprachverweis fasst RadaelliRadaelli, Giulia den Verweis darauf, dass im dargestellten Geschehen in einer anderen Sprache als derjenigen gesprochen wird, die man liest (oder hört). Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, das vor allem für die Wiedergabe anderssprachiger Figurenrede verwendet wird (und implizit auch immer um eine Form der Übersetzung). Auch die Sprachreflexion ist als eine Form der Mehrsprachigkeit der Figurenrede zu verstehen, beispielsweise dann, wenn sie sich, wie in vielen sprachbiographischen Texten, auf die Sprache der Erzählerfigur bezieht.

Zur Einschätzung der Mehrsprachigkeit in der Figurenrede in literarischen Texten wäre in Ergänzung zu RadaellisRadaelli, Giulia Modell ein Abgleich mit linguistischen Beschreibungen der sprachlichen Realität jeweils dargestellter Figuren und Kollektive wünschenswert, wie sie Lawrence A. RosenwaldRosenwald, Lawrence A. angemahnt hat (»On Linguistic Accuracy in Literature«). Rosenwald schließt seinerseits an SternbergSternberg, Meir an, wenn er in seinem Buch über Mehrsprachigkeit in der amerikanischen Literatur literarische Formen von Mehrsprachigkeit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle offizieller Einsprachigkeit untersucht und in Beziehung setzt zu gesellschaftlich relevanten Formen von Mehrsprachigkeit (Multilingual AmericaRosenwald, Lawrence A.). Rainier GrutmanGrutman, Rainier hat in seiner Dissertation von 1997 (Des langues qui résonnent) und in einem Aufsatz von 2002 (Grutman, »Les motivations de l’hétérolinguisme«) SternbergSternberg, Meirs Typologie dahingehend erweitert, dass er Formen der Motivation mehrsprachiger Figurenrede jenseits der ›realistischen‹ Darstellung ausgemacht hat. So weist Grutman nach, dass sich etwa bei TolstojTolstoj, Lev N. der Wechsel zwischen Russisch und Französisch keineswegs danach richtet, in welcher Sprache im jeweiligen Geschehen gesprochen wird; vielmehr kann Französisch mal im Original und mal als Russisch wiedergegeben werden, und die jeweilige Sprachwahl signalisiert eher, ob das Französische in der jeweiligen Situation als Nah- oder als Distanzsprache verwendet wird. So zeigt die Sprachwahl je situativ weniger eine sprachliche denn eine emotionale Realität an (ebd., 338–341). Darüber hinaus nimmt GrutmanGrutman, Rainier in Anlehnung an einen Vorschlag von Boris TomachevskiTomachevski, Boris die Möglichkeit einer ästhetischen Motivation von Sprachwechsel im Rahmen der Figurenrede an. Insgesamt strebt er an, durch sein Modell »une histoire véritablement formelle du plurilingualisme en littérature« (ebd., 349) zu ermöglichen.

Alles in allem ist die Mehrsprachigkeit in der Figurenrede dasjenige Verfahren literarischer Mehrsprachigkeit, das in der Forschung am unmittelbarsten auf Kontexte gesellschaftlicher Sprachvielfalt bezogen wird. In diesem Sinne lassen sich Arbeiten, die Sprachwechsel und -mischung in literarischen Texten im Hinblick auf soziale und kulturpolitische Kontexte analysieren, oft auch dann als Teil der Forschungsgeschichte dieses Verfahrens ansehen, wenn sie die anderssprachige Figurenrede gar nicht explizit von anderen Formen des Sprachwechsels unterscheiden. Denn oft geht es auch hier, etwa bei Brian LennonLennon, Brian (In Babel’s Shadow), Yasemin YildizYildiz, Yasemin (Beyond the Mother Tongue) oder David GramlingGramling, David (The Invention of Monolingualism), um die Beziehung zwischen (Erzähler-)Figuren und der konkreten ›Sprachigkeit‹ der Texte (siehe zu diesen Autoren III.1). In diesem Sinne lässt sich auch die Forschung zur literarischen Translingualität, also zum literarischen Schaffen von Autoren, die die (Schreib-)Sprache gewechselt haben (Adelbert von ChamissoChamisso, Adelbert von, Vladimir NabokovNabokov, Vladimir usw.), zumindest teilweise der Forschungsgeschichte zur Mehrsprachigkeit der Figurenrede zurechnen. Zwar steht hier meist nicht die Mehrsprachigkeit der einzelnen Texte selbst im Mittelpunkt des Interesses (siehe etwa KellmanKellman, Steven G., The Translingual Imagination), aber es geht doch darum, die Sprachwahl in Texten mit der Figur des Autors in Verbindung zu setzen.

d) Anwendungs-/Analysebeispiele

(1) In GryphiusGryphius, Andreas’ Komödie Horribilicribrifax Teutsch (1663), die sich an PlautusPlautus, Titus Maccius’ Miles Gloriosus anlehnt, sind die handelnden Figuren durchgängig durch ihr jeweiliges Idiom charakterisiert. Das gilt vor allem für die beiden ›milites gloriosi‹, Horribilicribrifax und Dardiridatumtarides, die ein mit italienischen bzw. französischen Wörtern durchmischtes Deutsch sprechen, für den Gelehrten Sempronius, dessen Deutsch typischerweise von Latein und Griechisch durchwirkt ist, und für den Rabbi, der fortwährend Bibelzitate auf Hebräisch verwendet. Die übrigen Figuren sprechen Deutsch in unterschiedlichen soziolektalen oder dialektalen Abmischungen, und nur die weibliche Idealfigur, Sophia, spricht ein ›reines‹, d.h., auch vor jeder Verstellung sicheres, deutsches Standardidiom (NebrigNebrig, Alexander, »Sprachmischung und Hochmut«, 16).

Die Interaktion der Protagonisten ist von Missverständnissen geprägt, am pointiertesten wohl in den Episoden, in denen die Kupplerin Cyrille die französischen oder griechisch-lateinischen Bestandteile der Rede anderer Personen homophon übersetzt – etwa im Gespräch mit dem Schulmeister, den sie später heiratet:

Sempron. Bona dies, Cyrille.

Cyrille. Was sagt Herr Jonipis, ô ja die is.

Sempron. Ha! Bestia / verstehestu nicht was ich sage?

Cyrille. Ja freylich bin ich die beste …1Gryphius, Andreas

Ein running gag des Stücks ist, dass Cyrille glaubt, als Hure beschimpft worden zu sein, etwa wenn sie Sempronius' Worte »ἀληθῶς, purè« als »alte Hure«2 deutet oder auf Dardiridatumtarides’ Anrede »Bonjour, Bonjour, Madame Cyrille« antwortet: »Was saget ihr / o Hure / o Hure Mame Zyrille!«3 Sempronius Unfähigkeit wiederum, sich Cyrille gegenüber verständlich auszudrücken, zeigte sich gerade dann, wenn er versucht ihr klarzumachen, dass er lateinisch mit ihr spricht – und nicht polnisch, wie sie vermutet: »Jch sage / daß ich ῥωμαϊστί, Lateinische rede.« Darauf Cyrille: »Ja Rohm isset sie!«4 Cyrille und Sempronius sind in einem radikalen Sinne ›einsprachige‹ Figuren – allerdings solche, deren Beschränkung auf das eine Idiom keinesfalls mit sprachlicher (und moralischer) Reinheit assoziiert wird, wie dies bei Sophia der Fall ist. Sempronius kann zwar mehrere Sprachen sprechen, aber er kann sie nicht situationsgerecht verwenden, er verfügt über sie nicht als unterschiedliche Idiome, sondern ist an ihre Mischung wie an ein einzelnes Idiom gebunden. Cyrilles Einsprachigkeit wiederum besteht darin, dass sie keinen Maßstab für die Sprachigkeit ihres Sprechens besitzt. Gerade deshalb kann sie jedes ihr unvertraute Element problemlos in den Horizont ihrer Sprachkompetenz einbeziehen; und in den monologischen Teilen ihrer Rede verwendet sie auch tatsächlich fortwährend verballhornte lateinische Bibelzitate. Ihre Einsprachigkeit ist borniert in dem Sinne, dass sie keine ihr fremde Sprache anerkennen mag, obwohl sie weiß, dass es andere Sprachen gibt. Noch die im Ehevertrag zwischen Cyrille und Sempronius, der das Stück abschließt, enthaltene Verpflichtung des Sempronius darauf, »daß er fein deutlich und Deutsch ihr seine Meynung entdecke / und aller frembden Wörter sich enthalte / biß sie Frau Cyrille zuvor gründlich von ihm in dem DemosthenesDemosthenes und M.T. CiceroCicero, Marcus Tullius unterwiesen«,5 wird, wenn sie befolgt wird, wohl nichts an dieser grundlegenden Eingeschränktheit der beiden Personen ändern können.

Jenseits der Liebeshändel, die das Stück vordergründig ausmachen, handelt GryphiusGryphius, Andreas’ »Scherzspiel« von den Effekten der Interaktion von Sprachen und Sprechweisen. Beide Themen werden ausdrücklich miteinander verschränkt. So entspricht die spezifische Einsprachigkeit der Cyrille ihren Fähigkeiten als Kupplerin, denn sie ist jederzeit bereit, jeden mit jeder zu verbinden, so wie sie jede sprachliche Verbindung umstandslos annimmt und weiterspinnt, unbekümmert um die Bedeutsamkeit dessen, was sie oder was sich in ihrer Rede verbindet. Auch die Sprachen der übrigen Personen üben einen gewissen Einfluss aufeinander aus. Am augenscheinlichsten wird dies, wenn Horribilicribrifax und Dardiridatumtarides auf dem Höhepunkt ihres (allerdings nur verbal geführten) Duells sich wechselseitig als alte Freunde erkennen und der ansonsten mit dem Italienischen verbundene Horribilicribrifax ausruft: »Ha mon Signeur, mon Frere!«, worauf der ansonsten eher französisch sprechende Dardiridatumtarides antwortet: »Ha Fradello mio illustrissimo!«6

Alexander NebrigNebrig, Alexander hat GryphiusGryphius, Andreas’ Komödie gerade wegen dieser überbordenden Sprachmischung als Entfaltung einer Poetik der Sprachreinheit interpretiert (»Sprachmischung und Hochmut«). Ihm zufolge führt das Stück sprachliche mit moralischer Verunreinigung eng und erzeugt so überhaupt erst das Bedürfnis nach einer reinen Sprache, der zugleich eine moralisch gesehen kathartische Wirkung zukäme. Die Hinterlassenschaft des 30jährigen Krieges, aus dem die beiden aufschneiderischen Soldaten ihre vermeintlichen Heldentaten berichten, ist der kulturpolitische Hintergrund des Geschehens, bei dem sich die Frage des Sprachwechsels alltäglich stellt. NebrigNebrig, Alexander weist darauf hin, dass insbesondere das deutsch-lateinische Code-Switching im 17. Jahrhundert das »Resultat einer Ausdrucksnotlage« (ebd., 3) gewesen sei. Die Assoziation von Sprachreinigung mit moralischem Neuanfang ist in diesem Zusammenhang gerade auch für Literatur von Interesse. Das Stück gestaltet die Vielfalt der Mehrsprachigkeit der Figurenrede insofern auch, um ex negativo ein literarisches Ideal zu konturieren, wie es zeitgleich auch im erstarkenden Bemühen um eine deutsche Poetik sichtbar wird, etwa bei Martin OpitzOpitz, Martin. Ernst kann sich der Text insofern selbst nicht nehmen, was der paratextuelle Rahmen des Textes auch reflektiert, wenn in der Vorrede des Dardiridatumtarides – der ein gänzlich verändertes, noch vielfältigeres, stark mit dem Lateinischen arbeitendes Idiom an den Tag legt –, offenbart wird, der Dichter habe seinen Text eigentlich zum Toilettenpapier bestimmt gehabt, und es seien die handelnden Personen selbst, die es in den Druck geben. Zugleich warnt das Stück mit seinem Kolophon davor, es ernstzunehmen: »Turpe est, difficiles habere nugas.« (»Schimpflich ist es, Narrenpossen ernst zu nehmen.«)7 Man mag darin einen gewissen kulturpolitischen Humor sehen: Angesichts der »Ausdrucksnotlage«, in der sich nicht zuletzt die Literatur in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts befindet, kann von künstlerischer Reinheit überhaupt nur ex negativo die Rede sein; zugleich kommt es aber darauf an, in der Unreinheit die Reinheit aufscheinen zu sehen.

(2) Bei GoetheGoethe, Johann Wolfgang vons Faust handelt es sich um einen ausgesprochen einsprachigen Text: Nur ganz wenige Passagen sind nicht eindeutig auf Deutsch abgefasst (weniger als 20 von 14000 Versen). Sehr wohl weist der Text aber eine enorme Vielfalt an metrischen Formen und gattungsspezifischen Mustern auf – also an rhetorischen Sprachdifferenzen. Und schließlich findet sich auf dem Höhepunkt des zweiten Teils, in der Helena-Handlung, eine Szene, in der deutlich wird, dass Faust und Helena eigentlich zwei unterschiedliche Sprachen sprechen. Helena reagiert wie folgt auf die gereimte Rede eines der Vasallen Fausts:

HELENA. Vielfache Wunder seh’ ich, hör’ ich an,

Erstaunen trifft mich, fragen möcht’ ich viel.

Doch wünscht’ ich Unterricht, warum die Rede

Des Mann’s mir seltsam klang, seltsam und freundlich.

Ein Ton scheint sich dem andern zu bequemen,

Und hat ein Wort zum Ohre sich gesellt,

Ein andres kommt, dem ersten liebzukosen.

FAUST. Gefällt dir schon die Sprechart unsrer Völker,

O so gewiß entzückt auch der Gesang,

Befriedigt Ohr und Sinn im tiefsten Grunde.

Doch ist am sichersten, wir üben’s gleich;

Die Wechselrede lockt es, ruft’s hervor.8Goethe, Johann Wolfgang vonRichter, KarlHenckmann, GiselaHölscher-Lohmeyer, Dorothea

Helena kann als Sprecherin des Altgriechischen das Phänomen des Endreims nicht kennen, den Fausts Vasall als Sprecher des (Früh-)Neuhochdeutschen verwendet. Faust bringt ihr daraufhin diese ihr unbekannte Sprache spielerisch bei:

HELENA. So sage denn, wie sprech’ ich auch so schön?

FAUST. Das ist gar leicht, es muß von Herzen gehn.

Und wenn die Brust von Sehnsucht überfließt,

Man sieht sich um und fragt –

HELENA. Wer mitgenießt.

FAUST. Nun schaut der Geist nicht vorwärts, nicht zurück,

Die Gegenwart allein –

HELENA. ist unser Glück.

FAUST. Schatz ist sie, Hochgewinn, Besitz und Pfand;

Bestätigung, wer gibt sie? –

HELENA. Meine Hand.9

Der Text weist nicht nur darauf hin, dass eine Form der latenten Mehrsprachigkeit vorliegt, die durch den Unterschied zwischen antiken und neuzeitlichen Metren angezeigt wird, sondern auch darauf, dass die im Faust verwendeten im obigen Sinne rhetorischen Sprachdifferenzen auch als Stellvertreter für grammatische Sprachdifferenzen aufgefasst werden können.

Dieser Befund lässt sich kulturpolitisch deuten. Denn Faust ist nicht umsonst als ›Weltdrama‹ aufgefasst worden. Es geht in diesem Drama auch um eine transzendentalphilosophisch begründete Erfassung kultureller Vielfalt – wenn auch in einem für heutige Begriffe recht eingeschränkten Sinn. Faust muss im Laufe des Stücks lernen, dass eine solche Erfassung nur indirekt, als ›Schein‹ oder ›Abglanz‹ möglich ist. Einen solchen, aber eben reflektierten ›Abglanz‹ von Mehrsprachigkeit führt die latente Mehrsprachigkeit der Helena-Szene vor Augen. Das Drama rückt damit durchaus in die Nähe so anspruchsvoller sprach- und kulturpolitischer Projekte wie desjenigen etwa Wilhelm von HumboldtHumboldt, Wilhelm vons (siehe ausführlich Dembeck, »Multilingual Philology and Monolingual Faust«).

(3) Jorge SemprúnsSemprún, Jorge Buch L’écriture ou la vie (1993), einer der späteren Erinnerungstexte des Autors, kennzeichnet eine zeitlich wie motivisch komplexe Erzählstruktur, in der zentrale Erlebnisse des Erzähler-Autors zum Auslöser von Vor- und Rückblenden sowie von explizit gemachten oder implizit bleibenden motivischen Bezügen werden. Einsatzpunkt des Erzählens sind dabei nicht die Erlebnisse im Lager Buchenwald selbst, in dem der Autor von 1944 bis 1945 gefangen gehalten wurde, sondern die Ereignisse unmittelbar nach dessen Befreiung. Zentrales Thema des Textes ist gerade die Frage danach, wie dieses Erlebnis literarisch bearbeitet werden kann. Dabei geht es allerdings ganz und gar nicht um den Unsagbarkeitstopos, der so viele Debatten um die Literatur der Shoah bestimmt und den SemprúnSemprún, Jorge als letztlich unerheblich beiseiteschiebt,10Semprún, Jorge sondern vielmehr um eine sehr konkrete, persönliche Problematik für den Erzähler-Autor SemprúnSemprún, Jorge, der feststellt, dass ihm für nahezu zwanzig Jahre nur ein das Schreiben verbietendes Erinnerungsverbot es überhaupt ermöglichte weiterzuleben – écriture ou la vie.

Im Mittelpunkt des Textes steht damit auch ein Sprachproblem, ein Problem des Zur-Sprache-Bringens oder des Zur-Sprache-kommen-Lassens, das auf mehrfacher Ebene auch ein Problem von Sprachvielfalt ist. Das zeigt sich u.a. daran, dass der Text nicht in der Erstsprache SemprúnsSemprún, Jorge, dem kastilischen Spanisch, verfasst ist, sondern auf Französisch. Der Erzähler thematisiert diese Sprachwahl am Beispiel seines ersten Erinnerungsbuchs, Le Grand Voyage (1963), von dessen Bedingungen der Möglichkeit L’écriture ou la vie u.a. berichtet. Die Behauptung, das Französische sei ihm ebenso sehr Muttersprache wie das Spanische, wird dabei zugespitzt zu der Behauptung, keine Muttersprache im ›eigentlichen‹ Sinne zu besitzen. Für SemprúnSemprún, Jorge ist die Intimität der Literatursprache gerade nicht durch eine wie auch immer naturalisierte Ursprünglichkeit garantiert. An die Stelle des ›natürlichen‹ Ursprungs von Sprache und Sprechen tritt in SemprúnsSemprún, Jorge Text das Lager.

Noch dieser Ursprung des Erzählens entzieht sich aber der Bezeichnung in der Grundsprache des Textes, also im Französischen. An mehreren Stellen kommt der Text auf eine Aussage WittgensteinWittgenstein, Ludwigs zu sprechen: »Den Tod erlebt man nicht«,11 zitiert Semprún im deutschen Original und führt sodann aus, dass es unmöglich ist, die Formulierung ins Französische zu übersetzen. Sodann aber bestreitet er die Triftigkeit dieses Satzes, der durch das Lager widerlegt werde, das den Tod, und zwar den eigenen Tod, erlebbar werden lasse. Genauer gesagt ist es also dieses Erlebnis des Todes, das in Semprúns Buch als Ursprung des Erzählens figuriert. Der im Lager erlebte eigene Tod ist aber nicht nur deshalb mit Sprachvielfalt verbunden, weil nur die deutsche, nicht aber die französische Formulierung es erlaubt, ihn präzise zu bezeichnen, und auch nicht nur deshalb, weil die Realität des Lagers von Mehrsprachigkeit geprägt war. Vielmehr führt das Erlebnis des Todes zu einer Vervielfachung der Wirklichkeit, für die die Sprachvielfalt ein Stück weit einsteht. Der Erzähler macht dies mit einem Zitat aus einer anderen Sprache, einem italienischen Satz von Primo LeviLevi, Primo deutlich, der das Problem des Erinnerns beschreibt und doch für SemprúnSemprún, Jorge ein Anlass des Erzählens wird. Levi beschreibt das Leben nach dem Lager (das Leben nach dem Tod) als gezeichnet von der Angst, sich in einem Traum zu befinden, den die einzig wirkliche Wirklichkeit des Lagers jederzeit zerstören kann.12 Es besteht ständig das Problem, dass Träume vom Lager – SemprúnSemprún, Jorge bringt sie insbesondere mit dem Erklingen des auf Deutsch wiedergegebenen Kommandos »Krematorium, ausmachen!«13 und mit dem Schnee in Buchenwald in Verbindung – das Überlebt-Haben, das gegenwärtige Leben zum Traum reduzieren. Es ist so nicht zuletzt die Traumlosigkeit des Schlafs, die das Leben ermöglicht – bis später, in den 1960er Jahren, der Traum vom Schnee den Impuls für die Wiederaufnahme des Schreibprojekts gibt. Noch 1945 hat die in einem überfüllten Pariser Vorortzug geweckte Erinnerung an die Ankunft im Schnee Buchenwalds dazu geführt, dass der Erzähler aus dem Zug springt, dann aus der Ohnmacht aufgewacht nicht weiß, wo und wer er ist, und die französische Sprache zugleich als Spanisch wahrnimmt, bis unvermittelt das spanische Wort nieve (Schnee) auftaucht.14 Hier wird die potentielle und immer gefährliche (für Primo LeviLevi, Primo laut SemprúnSemprún, Jorge letztendlich tödliche) Verdoppelung der Realität, die das Lager ausgelöst hat, als Verdoppelung der Sprache entfaltet.

e) Offene Forschungsfragen

Die Erforschung der literarischen Mehrsprachigkeit findet in der mehrsprachigen Figurenrede bislang den wohl dankbarsten Gegenstand. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Nutzung unterschiedlicher Idiome durch unterschiedliche dargestellte Figuren relativ unmittelbar auch als Auseinandersetzung mit der soziokulturellen Einbettung von Sprachdifferenzen verstanden werden kann. Die Rekonstruktion der Mehrsprachigkeit in der Figurenrede lädt nachgerade dazu ein, der literarischen Darstellung ein kulturpolitisches Momentum zuzuschreiben. Ähnlich wie in anderen Bereichen der literarischen Mehrsprachigkeitsforschung ist allerdings auch in diesem Bereich eine Schwerpunktsetzung im Bereich der Gegenwartsliteratur (im weiteren Sinne) zu erkennen, sicherlich nicht zuletzt aufgrund des aktuelleren kulturpolitischen Interesses.

Zu den vordringlichen Desideraten der Erforschung von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede gehört insofern die Erhöhung der historischen Tiefenschärfe. In diesem Zusammenhang dürfte, wie es auch allgemein für die Forschung zum Sprachwechsel gilt, schon die Zusammenführung der vorliegenden Ergebnisse zu unterschiedlichen literaturhistorischen Kontexten und aus unterschiedlichen (meist sprachgebundenen) Forschungstraditionen sehr hilfreich sein, wie sie beispielsweise die Arbeit von HelmichHelmich, Werner massiv vorantreibt. Wünschenswert ist darüber hinaus die systematische Klärung des Verhältnisses zwischen der literaturwissenschaftlichen Erforschung von Mehrsprachigkeit in der Figurenrede und der linguistischen Code-Switching-Forschung. Dies könnte insbesondere dazu beitragen, die sehr unterschiedlichen Arten und Weisen, mehrsprachige Figurenrede literarisch dar­zustellen, systematisch zu beleuchten.

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