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Intonation des Luxemburgischen: System und Sprachkontext: 3. Methodischer Zugriff

Intonation des Luxemburgischen: System und Sprachkontext

3. Methodischer Zugriff

3. Methodischer Zugriff

121Die Wahl des Konzepts bzw. Modells bei der Beschreibung und Analyse von Intonation sollte sich am Ziel der Untersuchung sowie dem Forschungsstand orientieren (vgl. Möbius 1993, S. 64). Da die Intonation des Luxemburgischen weitestgehend unerforscht ist, beruht die Beschreibung des intonatorischen Inventars in dieser Arbeit auf unterschiedlichen Sprechstilen, damit der Untersuchung eine möglichst breitgefächerte Datenbasis zugrunde liegt. Daran knüpft sich die Frage nach einer geeigneten Herangehensweise an die Daten an, um intonatorische Muster unterschiedlicher Stile vergleichen zu können.

122Zu diesem Zweck scheint ein an der Konversationsstruktur orientierter Ausgangspunkt, mit Rücksicht auf die konversationelle Funktion von Intonation, am sinnvollsten. Dies ist einerseits darin begründet, dass die Gesprächsstrukturierung in dieser Arbeit als eine wesentliche Funktion von Intonation erachtet wird (vgl. Abschnitt 2.2.5), und andererseits darin, dass Gespräche den größten Teil der alltäglichen Kommunikation und somit einen wichtigen Aspekt der Interaktion zwischen Menschen ausmachen. Darüber hinaus ist eine konversationsstrukturelle Zuordnung die Herangehensweise, die nicht nur sprecherorientiert ist, sondern die Perspektive aller Interaktionsteilnehmer am besten miteinbezieht.

123Wie im vorausgegangenen Kapitel beschrieben, bietet es sich dafür an, auf natürliche Sprachdaten zurückzugreifen und diese anhand konversationsorganisierender Funktionen zu untersuchen. Dazu muss zunächst geklärt werden, welche Analyseeinheit verwendet wird und wie diese definiert und begrenzt wird (Abschnitt 3.1), bevor eine Diskussion über ihre Bestimmung und Klassifizierung erfolgen kann (Abschnitt 3.2). Die Zuordnung der Analyseeinheit nach gesprächsorganisierenden Vorgaben bildet die Grundlage für die anschließende Analyse, da dadurch die vielen einzelnen zusammenwirkenden Aspekte, die an dem komplexen Resultat einer Intonationskontur beteiligt sind, diskutiert und definiert werden.

3.1 Analyseeinheit Intonationsphrase (IP)

124Wie bereits im Kapitel 2 beschrieben, unterscheidet sich die intonatorische Analyseeinheit – zumindest terminologisch – in den verschiedenen Traditionen und Modellen66 und teilweise sogar innerhalb derer.

125Innerhalb des AM-Ansatzes wird relativ konsistent von Intonationsphrase (IP) gesprochen, wenn auch manche Modelle bzw. Autoren innerhalb dieser IP eine weitere Phrasierungsebene, die der Intermediärphrase (ip) annehmen. Wie in der Ausführung zu ToBI in Abschnitt 2.1.2 erläutert, stellen GToBI (Grice et al. 2005) und Féry (1993) mit dieser Annahme jedoch die Ausnahmen in der Literatur zur deutschen Intonation dar. Diese zusätzliche Phrasierungsebene wird auch in der vorliegenden Arbeit nicht angenommen, da dafür der Untersuchungsschwerpunkt die gesamte Intonationsphrase umfassen müsste. Dies soll hier jedoch aus der nachstehenden Erwägungen heraus nicht geleistet werden. In der vorliegenden Arbeit wird dennoch die Terminologie und Definition des AM-Ansatzes verwendet, da diese mittlerweile weit verbreitet und anerkannt sind.

126Eine Intonationsphrase umfasst eine vollständige Intonationskontur, muss also aus mindestens einem Tonhöhenakzent bestehen, der als Ankerpunkt für den Verlauf der Intonation dient. Weitere Tonhöhenakzente können hinzukommen und ihrerseits als Ankerpunkte dienen und damit eine komplexe tonale Abfolge bilden. Der letzte Tonhöhenakzent einer Phrase wird meistens am prominentesten, etwa mit besonderer Tonhöhe geäußert, und wird zusammen mit den folgenden Silben in älterer Literatur als Kadenz (Siebs 1969) oder in der Britischen Schule als Nukleus bezeichnet.67 Dieser Bereich steht in der vorliegenden Arbeit im Zentrum der Analyse. Dass die letzte akzentuierte Silbe in der Phrase eine Sonderstellung innehat, lässt sich laut Ladd (2008, S. 257–259) anhand eines einfachen Satzes erklären: Betrachtet man den Satz ‘five francs and a cup of COffee’ ist die einzige mögliche Akzentuierung auf der Silbe CO, sofern man keinen engen Fokus produzieren will. Jede andere Silbe der Phrase würde sich in einem engen Fokus niederschlagen, so dass der Umkehrschluss nahelegt, dass nur besagte Silbe eine ‚neutrale’ Realisierung erreichen kann, was Argument genug für eine Sonderstellung ist. Diese Silbe, mit der der letzte Tonhöhenakzent einer Intonationsphrase verbunden ist, wird in dieser Arbeit als Nuklearakzentsilbe (NA-Silbe) bezeichnet, bzw. als Nuklearakzent (NA), wenn lediglich der Tonhöhenakzent gemeint ist. Der Begriff Nukleus schließt darüber hinaus hier auch die folgenden Silben bis an das Phrasenende mit ein. Mit der Intonationsphrase als Analyseeinheit lehnt sich diese Arbeit an die Ideen der autosegmental-metrischen Phonologie an.68 Dafür ist vor allem eine klare Identifizierung der Intonationsphrase vonnöten, die mithilfe von akustischen Grenzsignalen ermöglicht wird.

127Obwohl Anfang und Ende einer Intonationsphrase (IP) nicht immer eindeutig bestimmt werden können, gibt es akustische Signale, die auf ihre Grenzen hinweisen. Diese werden von Peters (2014) als lokale Diskontinuitäten im Frequenz- und Zeitbereich zusammengefasst. Unter Diskontinuität im Frequenzbereich versteht er den Gebrauch tonaler Mittel, also Tonhöhenveränderung (v.a. auf unakzentuierten Silben, (Cruttenden 1997)), die durch einen Tonhöhensprung entstehen. Dieser kann durch einen Neuansatz (Pitch reset) oder Richtungswechsel der f0 bedingt sein. Liegt beispielsweise ein Tonhöhensprung von tiefem zu hohem Pitch vor, kann dies auf eine Phrasengrenze hindeuten, bei der ein tiefer finaler Pitch einer Phrase auf den hohen initialen Pitch einer darauffolgenden Phrase trifft. Weitere, zwischen zwei Einheiten stehenden Signale sind akustische Pausen oder Atmung. Zusammen mit einer finalen Dehnung, einer schnelleren Sprechgeschwindigkeit in der Folgephrase (Anakrusis) bzw. einem schnelleren Einsatz gelten sie als Signal für ein Phrasenende und zählen für Peters zur Diskontinuität im Zeitbereich. Auch eine Änderung des Phonationsmodus (creaky voice), kann auf eine Phrasengrenze hinweisen. Darüber hinaus können auch leichte Tonhöhenänderungen des Tonhöhenverlaufs auf unbetonten Silben das Ende einer IP markieren, falls sich diese nicht auf einen Tonhöhenakzent zurückführen lassen (z. B. bei leichtem finalen Anstieg). Weitere Signale, die eine IP-Grenze markieren können, sind eine IP-final erhöhte Sprechgeschwindigkeit, reduzierte Vokale, der Wegfall einzelner Laute (Abbau lautlicher Präzision) oder Silben sowie Verschleifungen. Grenzsignale können demnach am Ende einer IP, zwischen zwei IPs und am Anfang einer folgenden IP gefunden werden.

128Auf phonologischer Ebene manifestieren sich diese phonetischen Grenzsignale als (sprachspezifische) systematische Grenztöne. Sie werden zum Beispiel in ToBI mit L% oder H% für einen tiefen bzw. hohen Grenzton wiedergegeben (vgl. den Punkt ‚ToBI‘ in Abschnitt 2.1.2).

3.2 Funktionale Klassifikation von Intonationsphrasen

129Um die unterschiedlichen Formen der luxemburgischen Intonation akustisch beschreiben zu können, muss zunächst ein methodischer Zugriff entwickelt werden. Da in der vorliegenden Arbeit der Ausgangspunkt für die Untersuchung in der konversationsorganisierenden Funktion von Intonation liegt, müssen in einem ersten Schritt gesprächsstrukturierende Kategorien ermittelt werden, bevor dann in einem späteren Schritt deren intonatorischen Korrelate beschrieben werden können.

130Eine solche funktionale Kategorisierung mit anschließender Untersuchung der formalen Realisierung der unterschiedlichen Kategorien ist in der Intonationsforschung die übliche Herangehensweise und gestaltet sich praktikabler als zuerst alle Formen zusammenzutragen und daraus die Funktion(en) zu ermitteln. Zwar werden auf diese Weise möglicherweise nicht alle in einem Intonationssystem vorhandenen Formen beschrieben, doch ist das auch nicht das Ziel dieser Arbeit.

131Zur Festlegung der konversationsanalytischen Kategorien wird auf unterschiedliche Ebenen zurückgegriffen wie etwa Grammatik, Paralinguistik oder, wie in dieser Arbeit, die Konversationsstruktur. Nicht selten werden mehrere Ebenen für eine Kategorisierung herangezogen. So arbeitet Féry (1993) beispielsweise mit den Funktionen deklarativ (declarative), interrogativ (interrogative) und progredient (progredient)69, unterteilt letztere aber noch, je nach intonatorischer Form, weiter in fragend (questioning) oder drohend (menacing). Sie bezieht sich damit zugleich auf die grammatische, gesprächsstrukturierende und paralinguistische Ebene.

132Eine Einteilung nach funktionalen Kategorien ist grundsätzlich wichtig, da sie es ermöglicht, die intonatorische Realisierung von Phrasen unterschiedlicher Sprecher sowie innerhalb unterschiedlicher Sprechstile des gleichen Sprechers vergleichbar zu machen. Insbesondere für einen Vergleich unterschiedlicher Sprechstile muss eine ‚Einheit‘ vorliegen, wenn man beispielsweise die Heterogenität (in Lexik, Syntax, Phonetik usw.) der Spontansprache im Vergleich zur strukturierten gelesenen Sprache bedenkt. Aber auch innerhalb eines Sprechstils (des gleichen Sprechers) besteht die Notwendigkeit einer Vergleichsbasis, um unterschiedlich komplexe Phrasen mit ungleicher lexikalischer Konstruktion auf intonatorische Ähnlichkeit prüfen zu können.

133Die Zuordnung der Intonationsphrasen orientiert sich an der Einteilung von Gilles (2005), der gesprächsstrukturierende Einheiten als Vergleichsbasis wählt und damit die Bedeutung der Intonation für die Konversationsorganisation in den Vordergrund stellt. Er bezieht sich auf die abstrakten antagonistischen gesprächssteuernden Funktionskomplexe Abschluss und Weiterweisung: Für einen Abschluss setzt ein Sprecher „spezifische linguistische Merkmale ein, um das Ende eines Gesprächsbeitrags zu signalisieren“, während in einer Weiterweisung „spezifische Merkmale darauf hindeuten, dass der Sprecher seinen Beitrag noch nicht beendet hat“ (Gilles 2005, S. 22). Mit diesen beschränkt er sich bewusst auf deklarative Äußerungen und lässt jegliche fragende Funktion unberücksichtigt. Um ein möglichst umfassendes Bild des luxemburgischen Intonationssystems zu erhalten, soll letztere jedoch in der vorliegenden Untersuchung ebenfalls angesprochen werden.

134Bei den beiden funktionalen Typen bzw. Funktionskomplexen von Gilles handelt es sich um

grundlegende Strukturprinzipien der Turnorganisation, die für die thematische Organisation und die sinnvolle interaktionale und pragmatische Interpretation der Gesprächsbeiträge verantwortlich sind (Gilles 2005, S. 43).

135Für die Bestimmung einer Phrase als abschließend, weiterweisend oder fragend können mehrere Ebenen herangezogen werden, so etwa Syntax, Pragmatik, Intonation usw. Um eine zirkuläre Argumentation zu vermeiden, soll jedoch der Tonhöhenverlauf einer Phrase bei der Bestimmung der Kategorie so weit wie möglich ausgeklammert werden. So wird zunächst festgestellt, was im Gesprächskontext einer geäußerten Phrase pragmatisch passiert, ob eine turn-Übergabe stattfindet und ob sie intendiert gewesen sein könnte. Findet ein Sprechwechsel statt, liegt ein potenzieller Abschluss vor, wird dagegen vom gleichen Sprecher weitergesprochen, wurde eine potenzielle Weiterweisung gebildet. Anhand syntaktischer, pragmatischer und semantischer Faktoren kann schließlich eine Phrase bestimmt werden, wie in den folgenden Abschnitten ausgeführt wird. Die Intonation als Parameter zur Klassifizierung der Intonationsphrasen wird somit nicht berücksichtigt.70 Voraussetzung für die funktionale Bestimmung von Intonationsphrasen ist eine Struktur, die Chafe (1994, S. 63) als „substanzielle“ Intonationsphrase bezeichnet. Unter diesem Begriff fasst er die prosodisch vollständige Realisierung einer IP, die aus mindestens einem Tonhöhenakzent (Nuklearakzent) bestehen muss (vgl. Gilles 2005).71 Um sich außerdem von den regulativen72 (regulatory) und fragmentarischen73 (fragmentary) Phrasen (vgl. Chafe 1994) abzugrenzen, muss eine wesentliche bzw. substanzielle (substantive) Informationen über Ereignisse, Zustände oder Referenten in der Phrase geliefert werden.

136Eine detaillierte Gesprächsanalyse wird in dieser Arbeit nicht durchgeführt, da es sich bei den spontansprachlichen Daten nicht um klassische konversationelle Daten mit gleichgroßem Redeanteil aller Sprecher handelt, sondern um interviewähnliche Daten mit hohem Redeanteil des Teilnehmers (s. dazu Kapitel 4). Es werden jedoch bei der Definition der einzelnen Funktionskomplexe gesprächsstrukturierende Parameter berücksichtigt, die ausreichend erscheinen, um eine funktionale Klassifizierungsmöglichkeit für Intonationsphrasen zu bieten. Es besteht hier auch nicht der Anspruch, alle im Luxemburgischen möglichen Formen zu ermitteln, sondern Grundformen herauszuarbeiten.

137Bei der Bestimmung der Phrasen sowie der Unterteilung von gesprächsstrukturierenden Typen wird deshalb auch auf syntaktische und pragmatische Kriterien zurückgegriffen, wie in den folgenden Abschnitten genauer erläutert wird.

3.2.1 Abschlussfunktion

138Eine Phrase wird als abschließend klassifiziert, wenn sie pragmatisch und syntaktisch abgeschlossen ist. Das heißt, es gibt keine im Vorfeld durch syntaktische oder pragmatische Mittel aufgebauten Erwartungen, die eingelöst werden müssen (Gilles 2005), weil keine handlungsbezogenen oder inhaltlichen Erwartungen mehr offen sind (Bergmann 2008, S. 142). Ford und Thompson (1996, S. 150) zufolge kann ein pragmatischer Abschluss daran erkannt werden, dass eine konversationelle Handlung innerhalb eines spezifischen sequenziellen Kontexts abgeschlossen ist. Sie geben zu bedenken, dass die Bezeichnung pragmatischer Abschluss den Begriff intonatorischer Abgeschlossenheit impliziere, grenzen ihn aber dennoch davon ab, da es intonatorisch abgeschlossene Phrasen gebe, die nicht gleichzeitig pragmatisch abgeschlossen seien. Die Autorinnen unterscheiden weiterhin zwischen lokalen und globalen Abschlusspunkten (completion points), wobei unter lokal diejenigen Stellen verstanden werden können, an denen der Gesprächspartner sinnvoll einen minimalen turn übernehmen könne, um beispielsweise Interesse zu bekunden. Als global werden die pragmatischen Abschlüsse verstanden, die nicht, wie etwa innerhalb der Erzählung einer Geschichte oder eines Berichts, weiterprojizieren (ebd., S. 151). In der vorliegenden Untersuchung liegt der Fokus eher auf den globalen Abschlusspunkten.

139Ein syntaktischer Abschluss liegt vor, wenn keine strukturelle syntaktische Position mehr offen ist; die syntaktische Struktur benötigt also keine weitere Komponente mehr, um als abgeschlossen wahrgenommen zu werden (Gilles 2005, S. 48).

140Gilles (2005, S. 57) führt darüber hinaus auch eine lexiko-semantische Abgeschlossenheit an, die sich über Konstruktionen wie ‚so ist das eben alles‘ äußert. Da diese jedoch relativ selten sind, werden sie zwar als unterstützend betrachtet, jedoch nicht als ausschlaggebendes Kriterium für einen Abschluss verlangt.

141Neben Pragmatik und Syntax gibt ein Sprecherwechsel ebenfalls einen Hinweis auf die Abschlussfunktion einer Phrase, was die gesprächsanalytische Komponente in die funktionale Bestimmung einer Phrase einbringt. Ein Sprecherwechsel muss aber nicht zwangsläufig mit einer abgeschlossenen Phrase einhergehen, und auch wenn ein Sprecherwechsel ausbleibt, muss das nicht an einer nichtabschließenden Phrase liegen. Besonders in einer monologischen Struktur (Erzählstruktur) folgt auf einen pragmatischen und syntaktischen Abschluss nicht unbedingt ein Sprecherwechsel, da die Sprecher weder um ihr Rederecht kämpfen noch es verteidigen müssen. Der Sprecher kann es sich leisten, prosodisch und syntaktisch abgeschlossene Phrasen zu produzieren (Anward 2010, S. 214), ohne um sein Rederecht fürchten zu müssen, was verdeutlicht, welche große Rolle der Sprechstil für eine konversationelle Bestimmung von Intonationsphrasen spielt. Gilles (2005) spricht in einem solchen Fall von potenziellem Abschluss, wobei er den Begriff im Rahmen dialogischer und nicht monologischer Konversation begreift. Erst wenn ein Sprecherwechsel stattfindet, identifiziert der Autor eine Phrase als echten Abschluss (S. 50). Diese Unterscheidung erscheint in der vorliegenden Arbeit nicht notwendig, da die spontansprachlichen Daten zwar in einem Gespräch mit der Versuchsleiterin erhoben wurden, die Teilnehmer jedoch viele monologische Sequenzen aufweisen. Von turn-Ende wird erst dann gesprochen, wenn der (konversationelle) Kontext das Ende einer (konversationellen) Aktivität impliziert (S. 50), was sich, wie auch bei Leemann (2012, S. 130) beschrieben, erst am Ende einer Erzählung oder eines Subthemas äußert.

142Als abschließend kann eine Phrase nur dann bestimmt werden, wenn das Kriterium der syntaktischen Abgeschlossenheit erfüllt ist, ansonsten ist grundsätzlich eine Weiterweisung zu identifizieren. Syntaktische Abgeschlossenheit dagegen ist kein alleiniger Garant für konversationelle Abgeschlossenheit. Die eindeutigsten Hinweise für Abgeschlossenheit liegen auf der Ebene der Pragmatik vor, da vor allem Erzählungen meistens ein deutliches Ende aufweisen. Diese Bewertung ist allerdings am schwierigsten zu operationalisieren und unterliegt bis zu einem gewissen Maße der Intuition des Forschers.74 Die Schwierigkeit dabei liegt darin, dass „konversationelle Aktivitäten unterschiedliche Reichweiten haben können“ (Gilles 2005) und nicht unbedingt in einer unmittelbaren Folgephrase beendet werden. Eine Urlaubserzählung beispielsweise ist eine relativ lange konversationelle Aktivität, die sich über mehrere Phrasen hinweg erstrecken kann.

143Sprecher können demnach eine Kombination der aufgeführten Parameter wählen, wobei die Syntax immer beteiligt ist, wenn sie auch manchmal „neutral“ und somit nicht ausschlaggebend für die Zuordnung ist (Auer 1996, S. 58). Das Erkennen einer turn-construction unit ist an sich „a complex multi-faceted interactional task” (ebd.).

3.2.2 Weiterweisungsfunktion

144Unter Weiterweisung wird die Fortsetzung um mindestens eine weitere Phrase desselben Sprechers innerhalb eines sequenziellen Beitrags verstanden. Der Sprecher generiert also über die Phrasengrenze hinaus eine Fortsetzungserwartung beim Hörer, die eine „Folgephrase erwartbar macht“ (Gilles 2005, S. 53) und erreicht genau das Gegenteil eines Abschlusses. Das bedeutet, dass weder ein inhaltlicher oder konversationeller Abschluss vorliegt noch ein Sprecherwechsel erfolgt, da der Sprecher signalisiert, dass er mit seinem Beitrag fortfahren möchte. Mit dem Begriff der Weiterweisung verknüpft – und oft synonym verwendet – ist das Konzept der Projektion (Stein 2003; Auer 2000). Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Fortführung einer Sequenz, die über die Phrasengrenze hinausgeht, doch bezieht sich diese nicht unbedingt auf den gleichen Sprecher. So kann beispielsweise in einer „Paarsequenz Frage-Antwort“ ein Sprecherwechsel vollzogen werden und damit eine „Abschlusserwartung umfassen“ (Bergmann 2008, S. 137). Aus diesen Gründen wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff Weiterweisung verwendet, wenn er sich lediglich auf die fortsetzenden Phrasen desselben Sprechers bezieht.

145Auch andere Begrifflichkeiten für die Kennzeichnung von Weiterweisung sind in der Literatur zu finden, so beispielsweise der Ausdruck progredient, der das gleiche Phänomen bei von Essen (1964) oder Féry (1993) beschreibt. Ebenso wird der Ausdruck turn-halten in gesprächsanalytischen Untersuchungen (Selting 1995) aufgeführt, der ebenfalls das gleiche Phänomen beschreibt. In der englischsprachigen Literatur wird das Phänomen meist mit continuation beschrieben (s. z. B. Chen 2007).

146Weiterweisungen können im Allgemeinen syntaktisch, lexiko-semantisch oder (semanto‑)pragmatisch motiviert sein bzw. einer Kombination dieser Ebenen aufzeigen (vgl. Bergmann 2008). Diese werden nachstehend einzeln betrachtet.

147Syntaktisch motivierte Weiterweisungen werden anhand syntaktischer Unabgeschlossenheit über die Phrasengrenze hinaus wie in vorangestellten Nebensätzen oder in Linksherausstellungen erkannt (Gilles 2005). Ein Beispiel zu ersterem wäre die konditionale ‚wenn, …dann‘-Konstruktion (Gilles 2005), in der die Weiterweisung nicht im Phraseninneren stattfindet, sondern über die Phrasengrenze hinausgeht (vgl. Bergmann 2008, S. 139). Das hieße in diesem Fall, dass ein wenn in einer ersten Phrase auf ein dann in einer Folgephrase schließen lässt und die syntaktische Einheit somit nicht abgeschlossen ist. Ein Beispiel für Linksherausstellungen wäre etwa ein Satz des Typs ‚Die Kinder, die kommen morgen‘.

148Als weitere syntaktisch motivierte Weiterweisung führt Gilles (2005) unvollständige syntaktische Konstruktionen auf, die aufgrund ihrer Länge in zwei IPs (unterstrichen) aufgeteilt werden müssen. Ein Beispiel dafür wäre (3) 75, wobei die Schrägstriche jeweils für Intonationsphrasengrenzen stehen.

149(3)(…) wou Leit entfouert ginn / fir dass hir Organer kënnen / fir Voodooritualer benotzt ginn (1m1_Gespräch 449)
'(…) wo Leute entführt werden / dass ihre Organe / für Voodoorituale benutzt werden können'

150Ebenfalls syntaktisch weiterweisend sind Satzverknüpfungen wie zwar, die eine nachfolgende adversative Konjunktion (doch oder aber) mit sich bringen, oder Konstruktionen wie erstens, die ein zweitens erfordern. Gilles (2005) und Bergmann (2008) ordnen sie zwar den semantisch weiterweisenden Ausdrücken zu, doch wird hier die ausgelöste syntaktische Unvollständigkeit der semantischen vorangestellt. An der Stelle muss angemerkt werden, dass ‚zwar‘ im Luxemburgischen in manchen Sätzen als Abtönungspartikel gewertet werden kann und nicht notwendigerweise eine Fortsetzung erwarten lässt. Damit entspricht die Partikel etwa dem deutschen ‚aber‘ als Abtönungspartikel. In einer Phrase wie Dat ass zwar flott!, die sich im Deutschen am ehesten mit ‚Das ist aber toll/schön!‘ wiedergeben lässt, hat zwar keine projektierende Funktion inne.

151Unter semantischer (Gilles 2005) oder auch etwas treffender lexiko-semantischer Projektion (Bergmann 2008) werden Konstruktionen verstanden, in denen ein lexikalisches Element das Fortführen in einer nächsten Phrase erwarten lässt. Dazu gehören beispielsweise Konstruktionen mit eigentlich, schon, sicher (Gilles 2005, S. 53): ‚Er ist eigentlich/schon/sicher klug, (aber…)‘. Dabei spielt jedoch die Intonation bzw. Akzentuierung eine entscheidende Rolle, da man sonst eine anerkennende Phrase wie ‚Er ist schon klug!‘ nicht bilden könnte. Der Akzent liegt dabei auf schon und nicht auf klug, was aufzeigt, dass die Partikeln nicht pauschal als projizierend angenommen werden können, aus dem Kontext heraus jedoch als solche gewertet werden können. Eindeutiger verhält es sich mit den von Bergmann (2008, S. 141) aufgelisteten Ausdrücken wie erstmal, erst, fängt an, die in Phrasen wie ‚erst hat sie gelacht‘ auftreten können und in der projektionseinlösenden Phrase ‚dann hat sie geweint‘ fortgeführt werden.

152Eine solche Projektion kann sich auch über mehrere Phrasen hinweg erstrecken (Gilles 2005, S. 54). Man könnte beispielweise das letzte Beispiel ergänzen durch ‚erst hat sie gelacht / und ganz normal gespielt / es war alles in Ordnung‘ bevor dann die Projektion mit ‚dann hat sie geweint‘ eingelöst wird.

153Lexiko-semantische und syntaktische Weiterweisungen weisen in der Regel ein zweifelsfreies Weiterweisungssignal auf. Wesentlich schwieriger zu operationalisieren ist der Bereich der pragmatischen Weiterweisung76, da dieser bis zu einem gewissen Grad intuitiv bleibt.77 Gilles (2005) ordnet pragmatisch motivierte Weiterweisungen deshalb als potenzielle Weiterweisungen ein. Erst anhand einer Kontextanalyse kann erarbeitet werden, ob eine Phrase innerhalb eines größeren Aktivitätstyps pragmatisch weiterweisendes Potenzial aufweist. Beschreibungen, Entwicklungen eines Arguments oder auch Erzählungen (Gilles 2005) werden überwiegend mit pragmatischen Weiterweisungen konstruiert. Man kann beispielsweise bei einer Anekdote mit einer Pointe rechnen, auf die vorher pragmatisch verwiesen wird (vgl. Bergmann 2008), wie etwa mit ‚Du glaubst nicht, was mir gerade passiert ist‘. Eine pragmatische Weiterweisung liegt demzufolge dann vor, „wenn aus dem Kontext hervorgeht, dass mit der zur Diskussion stehenden Äußerung eine bestimmte Handlung oder ein bestimmter Inhalt noch nicht sinnvoll abgeschlossen ist“ (Bergmann 2008). So ist insbesondere in längeren Gesprächsbeiträgen mit einer hohen Anzahl an pragmatischen Weiterweisungen zu rechnen.

154Wie wichtig die kontextuelle Einbettung für die Zuordnung einer Phrase ist, kann gut an Parenthesen dargestellt werden. Sie sind thematisch von den Nachbarphrasen getrennt und können nur anhand des Kontextes als weiterweisend identifiziert werden (Bergmann 2008, S. 143), wie man im folgenden Beispiel (4) 78 aus dem Korpus der vorliegenden Arbeit erkennen kann:

155(4)an der Paus / oder zum Schluss kënnt de Laurent bei mech / an e seet zu mer / well hie mech och kannt huet virdrun aus der Amnesty [...] / an du seet en zu mer / So Jhemp / […]
'in der Pause / oder zum Schluss kommt Laurent zu mir/und er sagt zu mir / weil er mich auch gekannt hat vorher aus der Amnesty[…] / und dann sagt er zu mir / sag Jhemp[…]'

156Die Fortsetzungserwartung wird hier durch die Phrase ‚und er sagt zu mir‘ aufgebaut, jedoch nicht in der Folgephrase (unterstrichen) eingelöst. Die wiederum ist in sich thematisch abgeschlossen, ruft aber aufgrund des Kontextes an der Stelle keinen Sprecherwechsel hervor, da die Erwartung noch offen ist und erst in späteren Phrasen eingelöst wird. Die vorausgehende und die nachfolgende Phrase schaffen einen weiterweisenden Kontext, die eine Fortsetzung nach dem Einschub erwartbar machen (vgl. Bergmann 2008, 143-144).

157Eine Sonderform pragmatischer Weiterweisung ist bei Selting (2000, S. 17) zu finden. Sie beschreibt Aufzählungen79, die anhand ihrer intonatorisch parallelen Struktur80 als Listen empfunden werden. Da der Tonhöhenverlauf in der Bestimmung von Phrasen hier nicht beachtet wird, werden sie hier als pragmatisch weiterweisend eingestuft. Hinzu kommt, dass die einzelnen aufzählenden Elemente syntagmatisch anders aufgebaut sind, während dies für Listen nicht zutrifft (s. unten). Es handelt sich also um eine listenartige Struktur, deren Elemente aber nicht syntaktisch parallel zu verstehen sind, wie zum Beispiel:

158(5)Dann hues de Verspéidungen / an ‘t geet net esou richteg (1w1_Gespräch 1789)
'Dann hast du Verspätungen / und es geht nicht so richtig'

159Selting (2000, S. 16) beobachtet diese spezielle Form in Schilderungen eher allgemeiner Sachverhalte und Eigenschaften, wiederkehrender, gewohnheitsmäßiger, routinierter und deshalb erwartbarer Ereignisse, Verläufe und Handlungsweisen, aber auch nicht wiederkehrender biographischer Einzelereignisse. Diese Sonderform wird in den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit noch einmal aufgegriffen und näher ausgeführt (s. Beispiel (9) im Abschnitt 5.1).

160Ebenso wie in Bergmann (2008, 144ff) wird hier von unterschiedlicher Weiterweisungskomplexität ausgegangen: Sind auf mehreren Ebenen (syntaktisch, lexiko-semantisch und/oder pragmatisch) weiterweisende Signale in einer Phrase zu finden, ist die Weiterweisung komplex und wird eindeutiger, je mehr Ebenen beteiligt sind. Eine einfache Signalisierung liegt demnach dann vor, wenn lediglich auf einer Ebene Weiterweisung markiert ist. Mit letzterer ist die pragmatische Ebene angesprochen, da nur mit dieser eine einfache Signalisierung vorliegen kann, denn eine syntaktische Weiterweisung beispielsweise dagegen ist immer auch gleichzeitig pragmatisch weiterweisend. Dementsprechend wird hier eine hierarchische Struktur angenommen, die bei der Zuordnung weiterweisender Phrasen angewendet wird. Diese manifestiert sich darin, dass eine Phrase zunächst auf syntaktische Weiterweisungssignale untersucht wird. Ist ein solches vorhanden, wird die Phrase als syntaktisch weiterweisend eingeordnet. Andernfalls wird die Phrase auf lexiko semantische Signale geprüft. Nach pragmatischen Signalen wird erst dann gesucht, wenn auch keine lexiko-semantische Signale auftreten und die Phrase nicht als lexiko-semantische Weiterweisung eingeordnet wird.

161Ebenfalls möglich ist, dass auf keiner dieser Ebenen Weiterweisung signalisiert wird, die Phrase aber dennoch als weiterweisend wahrgenommen wird. In dem Fall kann von einer rein intonatorischen Weiterweisung gesprochen werden (Bergmann 2008) (vgl. Abbildung 2). Dabei handelt es sich um die Weiterweisungen, die am schwierigsten eindeutig und objektiv zu bestimmen sind. Sie werden dennoch aufgenommen, weil sie sehr zahlreich sind und sie nach Ausschlussverfahren und nicht primär aufgrund ihrer intonatorischen Struktur zugeordnet werden.

Abbildung 2: Bestimmungskriterien einer Intonationsphrase nach
                gesprächsstrukturierenden Prinzipien
Abbildung 2: Bestimmungskriterien einer Intonationsphrase nach gesprächsstrukturierenden Prinzipien

162Gilles (2005) nimmt eine zusätzliche Einteilung von Weiterweisungen nach ihrer Funktion im Gesprächskontext in sukzessiv-reihende und gleichordnend-reihende Weiterweisungen vor. Unter die häufiger auftretenden sukzessiv-reihenden Weiterweisungen fallen logisch aufeinanderfolgende Elemente einer Erzählung, Argumentation oder Aufzählung einzelner Handlungsschritte. Sie „dienen damit der thematischen Progression, aber auch der Kohäsion des Gesprächsbeitrags“ und lassen sich demzufolge in ihrer Reihenfolge nicht verändern, ohne die zeitlich oder logisch aufeinanderfolgenden Informationskomponenten zu verändern (S. 112). Darunter fallen die oben aufgeführten Typen: syntaktische, lexiko-semantische und pragmatische Weiterweisung.

163Gleichordnend-reihende Weiterweisungen dagegen fassen jegliche Form von Listenstruktur zusammen, wie im Folgenden ausführlicher besprochen wird.

164Listen bestehen aus einer Aneinanderreihung von mindestens zwei (häufig nominalen) Elementen, die syntaktisch und semantisch ähnlich oder gleich sind (vgl. Gilles 2005, S. 112).81 Wie der Begriff gleichordnend reihend wiedergibt, handelt es sich bei Listen um Elemente, die im gleichen, aufgereihten Verhältnis zueinander stehen. Darunter fällt zum Beispiel das Aufzählen einer Einkaufsliste. Die einzelnen Elemente könnten dabei beliebig ausgetauscht werden, ohne dass der Sinn der Äußerung verloren ginge (Beispiel: ‚Eier, Speck, Obst…‘). Eine solche gleichordnende Struktur kann auch in längeren listenden Beschreibungen auftreten, wie etwa in Beispiel (6), in dem man eine analoge syntaktische Struktur erkennt:

165(6)Am Gank hues de ebe schwaarz Plättercher / holzen Trapen / an dann hues de zwou Kummeren […](1w1_Gespräch 1246)
'Im Flur hast du dann eben schwarze Fliesen / hölzerne Treppen / und dann hast du zwei Zimmer […]'

166Listen können überdies offen oder geschlossen sein, je nachdem, ob die Auflistung offen bleibt, das heißt beliebig verlängerbar ist und gedanklich mit und so weiter vollendet werden könnte (vgl. Peters 2006, S. 110), oder ob sie abgeschlossen wird und somit eine begrenzte Anzahl von Elementen haben soll (etwa die Aufzählung der Wochentage). Bei Ein-Wort-Listen wird häufig eine prosodische Gruppierung vorgenommen, so dass nicht notwendigerweise jedes Element einer IP entspricht. In den Fällen werden meist bis zu drei Elemente zu einer IP zusammengefasst (vgl. Baumann und Trouvain 2001). In der vorliegenden Arbeit werden solche gruppierten Elemente nicht in die Analyse mit aufgenommen.

3.2.3 Fragefunktion

167Fragen nehmen eine wichtige Rolle in der Konversation ein, da sie den Rezipienten direkt in den Sprechakt einbeziehen. Diese Bedeutsamkeit erklärt womöglich die (oftmals redundante) Markierung von Interrogativität auf diversen sprachlichen Ebenen wie der Syntax, Semantik, Pragmatik oder Intonation, was wiederum zu einer terminologischen Vielfalt und unterschiedlicher Herangehensweise zur Bestimmung von Fragen führt. Einige davon sollen hier dargestellt werden, ohne jedoch den Versuch unternehmen zu wollen, ein vollständiges Bild zu präsentieren.

168Bergmann (2008, 223ff.) hebt beispielsweise die folgenden syntaktischen Kategorien hervor, die sie für die Bestimmung des Funktionskomplexes Frage als notwendig ermittelt: Verb-Erst-Stellung (Entscheidungsfrage), Verb-Zweit-Stellung mit W-Wort (z. B. was?, wer?, warum?) (Ergänzungsfrage), Verb-Zweit-Stellung ohne W-Wort (Assertivfrage), elliptische Formate mit W-Wort und elliptische Formate ohne W-Wort. Die nicht elliptischen Fragetypen werden weiter unten einzeln aufgegriffen und besprochen.

169Auch semantische Kriterien können zur Diskriminierung von Fragetypen eingesetzt werden. Darunter fallen beispielsweise neufokussierte, fokusweiterführende und refokussierte Fragen (Bergmann 2008, 227ff.). Sie beschreiben den „thematischen Bezug der Frage zum unmittelbar vorausgegangenen Gespräch“ (ebd., S. 222). Neufokussierte Fragen beziehen sich auf einen neuen thematischen Bereich, während fokusweiterführende Fragen ein Thema vertiefend ansprechen. Refokussierende Fragen greifen ein vorher besprochenes Thema wieder auf und stellen es infrage.82

170Ebenso können pragmatische Kriterien zur Identifizierung von Fragen beitragen. Darunter fallen beispielsweise Präsequenzen oder Indirektheit (Michalsky 2017, S. 1). Geluykens (1987, S. 484) bezieht sich darüber hinaus auf das inhärente pragmatische Potenzial einer Aussage und führt aus, dass einige Aussagen eher Fragepotenzial (question-prone) besitzen als andere (statement-prone). Zur Erklärung zieht er die Aussage „You feel ill“ heran, die eine Information anspricht, die dem Sprecher nicht bekannt sein kann. Sie birgt somit, trotz ihrer deklarativen Struktur, eher Fragepotenzial als die Aussage „I feel ill“, die dagegen nur dem Sprecher zugängliches Wissen darlegt und daher nicht als Frage interpretiert wird.

171Darüber hinaus ist auch eine konversationelle Herangehensweise an die Bestimmung von Fragen möglich. So definiert Selting (2000) eine „konversationelle Frage“ als eine

Aktivität einer Sprecherin bzw. eines Sprechers, die eine 'Antwort'reaktion des Rezipienten konditionell relevant macht. Eine Frage fokussiert einen Sachverhalt als "offen", für deren Beantwortung dem Adressaten ein "Expertenwissen" zugeschrieben wird. Die Form der 'Frage' legt dabei einer möglichen 'Antwort'reaktion des Rezipienten Restriktionen auf: sie schließt kohärent an und liefert z. B. die 'erfragte' fokussierte Information. (Selting 2000, S. 235)

172Eine Frage kann demnach erst als solche klassifiziert werden, wenn die Reaktion des Rezipienten entsprechend ausfällt. Anders als bei abschließenden Phrasen muss hier eine turn-Übergabe stattfinden. Die Autorin kritisiert damit die traditionelle Typologisierung von Fragen anhand introspektiver oder eingeschränkter Beispiele, die oft nur aus einem kontextfreien gelesenen Satz bestehen, ohne dass berücksichtigt wird, dass erst die ‚Antwort‘ die Frage definiert. Der semantische Kontext zum vorausgehenden und nachfolgenden turn ist für die Bestimmung ebenso notwendig wie die empirisch vorgefundene syntaktische Struktur und die Intonation (Selting 1991).

173Eine rein intonatorische Bestimmung von Fragen verbietet sich schon alleine aufgrund der daraus resultierenden Zirkularität der Argumentation, da das Ziel dieser Arbeit in der Beschreibung intonatorischer Formen zu bestimmten Funktionen liegt (vgl. Abschnitt 3.2). Überdies würde eine Bestimmung nach intonatorischen Mustern die Annahme einer „Frageintonation“ voraussetzen, die zumindest für das Deutsche bereits von Kohler (1977, S. 199) abgelehnt wird. Er argumentiert, dass der Intonation dann eine nicht vorhandene grammatische Funktion zukommen würde.

174Grice et al. (1997) stellen fest, dass der Sprechstil bzw. der Datentyp für die Untersuchung von Fragen eine entscheidende Rolle spielt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass gelesene Sprache intonatorisch andere Realisierungen des gleichen Fragetyps produziert als freie Gesprächsdaten. Eine mögliche Erklärung dafür sieht Michalsky (2017) in den wichtigen fehlenden Aspekten spontansprachlicher Kommunikation in gelesener Sprache, „nämlich zusätzlicher sprachlicher Kontext und der außersprachliche Kontext“ (S. 62). Dies könnte dazu führen, dass eine zusätzliche (optionale) Markierung, wie etwa der finale Anstieg im Deutschen, zur Verdeutlichung der Interrogativität in gelesener Sprache realisiert wird.83 Eine allein auf gelesener Sprache basierende Untersuchung kann entsprechend Realisierungen hervorrufen, die in spontaner Sprache womöglich nicht oder nur in geringem Maße wiederzufinden sind und liefert so relativ eingeschränkte Ergebnisse. Insbesondere die Realisierung von Fragen erfordert folglich für ein umfassendes Bild unterschiedliche Datentypen.

175Aus der Literatur lassen sich vier kanonische Fragetypen herausarbeiten, für die hier auf eine syntaktisch/semantisch orientierte Terminologie zurückgegriffen wird: W-Fragen und Entscheidungsfragen sowie Alternativfragen und Deklarativfragen (Michalsky 2017). Bei W-Fragen handelt es sich um Fragen, die ein Fragewort enthalten, das mit dem Buchstaben w beginnt und dem Fragetyp seinen Namen gibt. Sie tragen damit einen lexikalischen Marker, der sie als Frage erkennbar macht. Entscheidungsfragen stellen den Rezipienten vor die Entscheidung, mit ja oder nein zu antworten, weshalb sie auch Ja-Nein-Fragen genannt werden. Sie zeichnen sich durch eine Inversion von Subjekt und Verb aus und sind damit syntaktisch als Fragen markiert (Bergmann 2008). Der Typ Alternativfrage setzt sich aus zwei Ja-Nein-Fragen zusammen und grenzt sich insofern von den anderen Typen ab, als er sich intonatorisch über zwei IPs erstrecken kann. Den letzten Typ bilden die Assertiv- oder Deklarativfragen bzw. auch Intonationsfragen (Niebuhr et al. 2010). Sie unterscheiden sich von den anderen Typen dadurch, dass sie kein lexikalisches oder syntaktisches Element beinhalten, das sie als Frage erkennbar macht. Syntaktisch unterscheidet sich dieser Fragetyp nicht von Aussagesätzen, weshalb man hier von einer rein intonatorischen Unterscheidung ausgeht (Niebuhr et al. 2010). Da sowohl W-Fragen als auch Ja-Nein-Fragen als typologisch universell gelten und die zwei häufigsten Fragetypen darstellen (Michalsky 2017), konzentriert sich diese Arbeit darauf, mit diesen beiden Typen einen ersten Überblick über den Funktionskomplex der Fragen zu erhalten. Darüber hinaus lassen sich diese relativ eindeutig anhand der Syntax unter Einbezug der Rezipientenreaktion sowie der kontextuellen Einbettung bestimmen. Diese kombinatorische Vorgehensweise ist unter anderem notwendig, um die Fragen herauszufiltern, die vom Sprecher als solche intendiert sind. Eine syntaktische Bestimmung ohne den Einbezug der Reaktion des Rezipienten ist nicht ausreichend, um eine Frage als ‚intendierte Frage’ zu bestimmen, da Aussagen möglich sind, die syntaktisch fragend sind, aber nicht als Frage gedacht sind. Eine Bestimmung, die lediglich die Markierung einer sprachlichen Ebene berücksichtigt, ist demnach nicht ausreichend (wie auch für den Funktionskomplex Weiterweisung), da Fragen so realisiert werden können, dass sie keine Antwort des Rezipienten verlangen (z. B. rhetorische Fragen).

176Ein Sonderfall im Konzept der Fragen, der in dieser Arbeit ebenfalls nicht behandelt wird, sind die sogenannten tag questions, die erst durch Anhängen eines tags (z. B. ne? oder gell?) an einen Deklarativsatz als Frage erkannt werden.

177Die Literatur beschäftigt sich, im Vergleich zur Beschreibung von Aussagen, wesentlich intensiver mit der Bedeutung unterschiedlicher intonatorischer Realisierungsformen von Fragen. Dabei wird auf die bereits angesprochenen grammatischen und diskursfunktionalen Ebenen rekurriert, aber vor allem werden auch attitudinale Erklärungsansätze herangezogen. So können laut Pheby (1975) oder Scherer et al. (1984) etwa Höflichkeit, Unsicherheit, Ungeduld, Freundlichkeit oder Aggressivität84 Einfluss auf die intonatorische Gestalt einer Frage nehmen. Borràs-Comes und Prieto (2015) betrachten darüber hinaus den Involviertheitsgrad (degree of commitment) als bedeutenden Einflussfaktor auf den Verlauf von Ja-Nein-Fragen. Mit diesem verbunden ist Interesse, das besonders bei W-Fragen als Bedeutung einer spezifischen Ausprägung eines Verlaufs herangezogen wird (z. B. bei Kohler (1995, S. 197, 2004). Weitere Einflüsse auf die Form der Kontur können Überraschung, Nachdruck oder Unterwürfigkeit haben (Michalsky 2017).

178Kohler (2004) geht von einem default-link zwischen den beiden syntaktischen Fragetypen und der intonatorischen Form aus, der aber je nach Sprechsituation angepasst wird, womit der Autor die oben genannten attitudinalen Einflüsse meint. So ist bei einer ‚prototypischen‘, faktenorientierten W-Frage (im Deutschen) eine fallende Intonation zu finden, während bei einer Ja-Nein-Frage eher eine steigende Intonation verwendet wird. Beide Formen können jedoch, je nach Situation, auch für den jeweils anderen Fragetyp vorkommen.

179Neben den attitudinalen Erklärungsansätzen greifen einige Autoren auch auf informationsstrukturierende Funktionen zurück, um unterschiedliche intonatorische Verläufe zu erklären. Vanrell et al. (2013) unterscheiden beispielsweise bei Ja-Nein-Fragen zwischen information-seeking und confirmation-seeking und sprechen damit die Erwartungshaltung an die Antwort an. Kügler (2003) führt aus, dass der Sprecher im ersten Fall keine Erwartung an die Antwort hat, weil er über keine Informationen zu dem erfragten Sachverhalt verfügt und damit der Informationsstatus der Antwort noch nicht in der vorhergehenden Konversation thematisiert wurde. Die (Ja-Nein-)Frage ist damit offen formuliert. Im zweiten Fall vermittelt der Sprecher, dass er nicht erwartet, dass die Antwort für ihn völlig neue Informationen erhält. Kügler (2003) verwendet hier den Begriff bias, um das Konzept der Erwartungshaltung zu fassen, den Michalsky (2017) mit dem Ausdruck yes-bias aufgreift und zuspitzt. Er spricht damit die maximale Form der Erwartung bzw. Einschränkung an die Antwort an, die als Bitte um Bestätigung gedeutet werden kann.85 Grice und Savino (1995) kommen zu einem ähnlichen Schluss. Sie betrachten mehrere Typen von Ja-Nein-Fragen (queries, checks, aligns86), die dem map task codings scheme entsprechen. Unter queries werden Fragen verstanden, die neue Information erfragen, checks dagegen fragen nach einer Bestätigung. Bei aligns handelt es sich um Äußerungen, die erfragen, ob eine Handlung (innerhalb des Map-Task-Dialogs) vollzogen wurde, um zum nächsten Zug übergehen zu können (Beispiel: „have you drawn it?“). Die Autorinnen stellen intonatorische Unterschiede zwischen checks und aligns hinsichtlich der Sicherheit über die Bekanntheit der erfragten Information fest. Die Erwartung an die Antwort scheint sich demnach in der Intonation widerzuspiegeln und für Fragen eine wichtige Rolle zu spielen.

180Michalsky (2017) führt formal unterschiedliche Realisierungen eines gleichen Fragetyps, die sich im Deutschen durch final steigender gegenüber fallender Intonation äußern, auf das Merkmal der Unvollständigkeit zurück: steigende Intonation benötigt Vervollständigung, sei es durch den gleichen Sprecher (in Aussagen) oder den Hörer (in Fragen bzw. deren Antworten).87 Dies deckt sich mit der Ausführung von Selting (1995), die den finalen Anstieg bei Fragen als ein Signal für Offenheit der Antwortmenge sieht und den finalen Fall entsprechend als Begrenzung der Antwortmenge betrachtet. Der final tiefe Grenzton wird in diesem Fall nicht als abschließend, sondern als „nicht explizit vorwärtsweisend“ verstanden (Michalsky (2017) zur Darstellung von Peters (2014)).

181Dies kann eine Erklärung dafür sein, dass Ja-Nein-Fragen im Deutschen prototypisch final steigen und W‑Fragen final fallen, da Ja-Nein-Fragen einen deutlicheren Marker benötigen, um Interrogativität auszudrücken, als W-Fragen, bei denen das W-Wort bereits ein eindeutiges Signal darstellt, und damit eine intonatorische Markierung nicht notwendig ist. Hierin lässt sich auch der Zusammenhang zwischen Erwartung an die Antwort und Unvollständigkeit herstellen:

Wenn der entsprechende konversationelle Kontext dies zulässt, ist es möglich, anzunehmen, dass die Abwesenheit von markierter Unabgeschlossenheit in Entscheidungsfragen den Eindruck einer intentionalen Nicht-Markierung hervorrufen kann, die wiederum die Interpretation hervorrufen kann, dass die Frage eben nicht der Vervollständigung bedarf. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Menge der Antwortmöglichkeiten bis hin zu einem yes-bias eingeschränkt werden soll oder wenn der/die Sprecher/in gar keine Antwort erwartet (Michalsky 2017, S. 63).

182Ja-Nein-Fragen haben also prototypisch keine Erwartung an die Antwort, werden sie jedoch fallend realisiert, wird die Antwortmenge reduziert, so dass man von einer signalisierten Erwartung an die Antwort sprechen kann.

183Umgekehrt verhält es sich für W-Fragen, die aufgrund des W-Wortes keine explizite Markierung von Unvollständigkeit über die Intonation benötigen und deswegen kann die „redundante explizite Markierung von Unvollständigkeit über die intonatorische Ebene eine besondere Öffnung der Frage hervorrufen“ (Michalsky 2017, S. 63). Diese Öffnung kann erstens so interpretiert werden, dass keine Erwartung an die Antwort bzw. den Hörer besteht, und zweitens, dass eine „besondere Notwendigkeit der Vervollständigung vorliegt“ (Michalsky 2017, S. 64). Prototypisch liegt also mit der fallenden Kontur kein explizites Vervollständigungssignal vor, was im Gegensatz zur expliziten Öffnung der Frage bei steigender Intonation als Erwartung an die Antwort gewertet wird. Wobei wohl in beiden Fällen mit Erwartung die Beschränkung der Antwortmenge verstanden werden kann, was im Einklang mit Seltings (1991) Erwartung einer eingeschränkten, fokussierten ‚Antwort‘ ist.88

184Die in dieser Arbeit zu untersuchenden Fragetypen werden zunächst anhand der Syntax und Rezipientenreaktion bestimmt (d. h. es wird überprüft, ob der Rezipient auf die Frage geantwortet hat) und anschließend wird untersucht, ob formale Unterschiede vorliegen bzw. sich die Bedeutungen Bedürfnis nach Vervollständigung vs. kein Bedürfnis nach Vervollständigung oder auch offene Frage ohne Erwartung an die Antwort vs. Erwartung an die Antwort (wie hier für das Deutsche beschrieben) in einem formalen Unterschied äußern.

3.3 Zusammenfassung

185Zusammenfassend kann für diese Arbeit festgehalten werden, dass zunächst die Intonationsphrasen erkannt werden müssen, bevor diese einer bestimmten konversationellen Funktion zugeordnet werden können. Letztere setzen sich aus den Funktionskomplexen Abschluss, Weiterweisung und Frage zusammen, die sich ihrerseits noch weiter unterteilen lassen.

186Für die funktionale Bestimmung der IPs gilt, dass eine Phrase syntaktisch abgeschlossen sein muss, um als abschließend klassifiziert zu werden. Hinzu kommt die etwas schwieriger zu operationalisierende Bestimmung einer Phrase als pragmatisch abgeschlossen, etwa am Ende einer Erzählung, die hier jedoch auch Berücksichtigung findet. Da zudem ein Sprecherwechsel Hinweis auf Abgeschlossenheit geben kann, wird dieser in der vorliegenden Arbeit zumindest unterstützend herangezogen.

187Ist eine IP nicht syntaktisch abgeschlossen, wird sie als weiterweisend eingestuft. Der Hierarchie in Abbildung 2 folgend, erfolgt dann eine genauere Zuordnung in dem Sinne, dass nach der syntaktischen Abgeschlossenheit auf semantische, pragmatische und schließlich intonatorische Abgeschlossenheit geprüft wird. Sofern eine dieser Ebenen als unabgeschlossen identifiziert wird, erfolgt eine Zuordnung als weiterweisend. So kann eine Phrase beispielsweise syntaktisch und semantisch abgeschlossen sein, pragmatisch jedoch als unabgeschlossen gelten und somit als ‘pragmatische Weiterweisung’ klassifiziert werden. Sie weist dann eine geringere weiterweisende Komplexität auf als syntaktische Weiterweisungen, die zwangsläufig auch pragmatisch weiterweisend sind.

188Listen werden in dieser Arbeit als Sonderform von Weiterweisungen betrachtet, die in offene und geschlossene Listen unterteilt werden, je nachdem, ob sie fortgeführt werden könnten oder in sich geschlossen sind. Sie umfassen sowohl Ein-Wort-Aneinanderreihungen als auch die Aneinanderreihung längerer, syntaktisch paralleler Elemente, die untereinander austauschbar sind, ohne den Sinn der Aussage zu verändern.

189Als dritte gesprächsstrukturierende Funktion wird die Frage betrachtet. Ziel dieser Arbeit soll nicht sein ihre gesamte Komplexität zu erfassen, sondern einen ersten Einblick in die Realisierung dieser bislang gänzlich unerforschten Funktion im Luxemburgischen zu erhalten. Aus diesem Grunde werden hier nur die zwei häufigsten, syntaktisch markierten Fragetypen genauer betrachtet: die Ja-Nein-Fragen und die W‑Fragen. Sie können anhand der Syntax, der Rezipientenreaktion und des Kontexts eindeutig bestimmt werden. Der Ausführung im Abschnitt 3.2.3 folgend, wird für beide Fragetypen analysiert, ob ein formaler Unterschied besteht, wenn die Frage offen, informationssuchend und ohne Erwartung an die Antwort realisiert wird bzw. wenn eine solche Erwartungshaltung gegenüber der Antwort besteht. Dazu werden Kontext (z. B. gemeinsames Vorwissen) und die Antwort des Rezipienten (etwa lediglich eine Bestätigung gegenüber einer breiteren Ausführung) miteinbezogen.

Fußnoten

[66]

124In der Konversationsanalyse wird die sogenannte Äußerungseinheit verwendet, die unter Umständen aus mehreren Intonationsphrasen bestehen kann, da diese sich innerhalb einer Sinneinheit befinden und die Einteilung einer Intonationsphrase nicht notgedrungen semantischen oder pragmatischen Kriterien entspricht. Das ‚Gesprächsanalytische Transkriptionssystem 2‘ (GAT2) (vgl. Selting et al. 2009) dagegen verwendet die Intonationsphrase als Phrasierungseinheit.

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[67]

126S. dazu die begrifflichen Unterschiede in Abschnitt 2.1.1.

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[68]

126Die Herangehensweise Analyseeinheiten wie die Intonationsphrase anzunehmen, ist nicht unumstritten. Die Studie von Barth-Weingarten (2016) schlägt beispielsweise einen anderen Ansatz zu Strukturierung von Sprache vor: Anstatt von Intonationseinheiten auszugehen, konzentriert sich die Untersuchung auf die „cesura“, die Unterbrechungen zwischen den Intonationseinheiten. Damit wird der Blickwinkel von der Einheit auf die Phase zwischen den Einheiten gelenkt.

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[69]

131Diese Grobeinteilung entspricht in etwa der in dieser Arbeit vorgenommenen funktionalen Einteilung in Abschluss, Weiterweisung und Frage.

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[70]

135Intonation stellt nicht das alleinige Signalisierungsmittel dar, das ein Gespräch strukturiert. Auch Dauer und Intensität sowie andere prosodische Merkmale müssen laut Local et al. (1985) berücksichtigt werden, um informationsstrukturelle Funktionen festzulegen. Da hier jedoch der Tonhöhenverlauf beschrieben wird, bleiben die anderen Merkmale unberücksichtigt.

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[71]

135Peters (2014, S. 75) spricht in dem Zusammenhang von „Minimalitätsanforderung“ an eine IP.

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[72]

135Es handelt sich dabei um Phrasen, die Information strukturieren, ähnlich Diskursmarkern, und den Informationsfluss steuern (vgl. Gilles 2005, S. 44; Chafe 1994, S. 64). Darunter fallen lexikalische Signale wie „well“, „mhm“ oder „let me see“ für das Englische (Chafe 1994, S. 64) bzw. unter anderen ma jo 'nun ja', ech mengen 'ich meine', da waart 'warte mal' für das Luxemburgische.

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[73]

135Dabei handelt es sich um abgebrochene bzw. nicht zu Ende geführte Phrasen.

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[74]

142S. dazu Ford und Thompson (1996), Ochs et al. (1996), Wennerstrom und Siegel (2003).

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[75]

148Vgl. Erklärungen zur Kodierung der Sprecher in Fußnote 113.

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[76]

153Bergmann (2008) weitet auch diesen Begriff auf semanto-pragmatisch aus.

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[77]

153Zur Problematik s. Schlegloff (1996) und Ford und Thompson (1996).

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[78]

154Beispiel aus dem Korpus. Die Namen wurden aus Datenschutzgründen in Namen mit gleicher Silbenzahl geändert.

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[79]

157Die Autorin betrachtet Aufzählungen als allgemeinere Struktur, die Listen miteinschließt.

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[80]

157Für intonatorischen Parallelismus s. Wichmann (2000).

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[81]

164Die Abgrenzung zu einer Aufzählung mit einer Konstruktion wie erstens … zweitens kann man darin sehen, dass ein lexikalisches Element vorhanden ist, das eine weitere Phrase erwarten lässt und die einzelnen Elemente damit nicht austauschbar sind, sondern in eine bestimmte Reihenfolge gebracht wurden.

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[82]

169Hier stellt sich die Frage, ob es sich dabei nicht eher auch um pragmatische Formen handelt, da sie sich auf den Gesprächsverlauf beziehen, was im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht diskutiert werden kann.

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[83]

174Dass lange Zeit fast ausschließlich Studien durchgeführt wurden, die auf gelesener Sprache beruhen, kann eine Erklärung für die allgemeine Annahme sein, dass Fragen eine steigende Intonation aufweisen.

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[84]

177Bei Selting (1991) werden diese Funktionen als Verlegenheitskategorien geführt.

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[85]

179Mit dem Begriff der Einschränkung kann auch der Aspekt der Verbindlichkeit verbunden werden, der schon bei Siebs (1969) verwendet wird.

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[86]

179Zusätzlich zu diesen Kategorien haben die Autorinnen als neuen Typus objects hinzugefügt, der nicht im map task coding scheme vorgesehenen ist.

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[87]

180Das Konzept der Unvollständigkeit findet sich in vielen Arbeiten und Varianten, wie etwa finality gegenüber non-finality (vgl. einen Ausführlichen Überblick bei Michalsky 2017, 58ff.).

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[88]

183Selting (1991) unterscheidet u. a. zwischen einer übermittelten „Aufforderung“ an den Rezipienten beispielsweise ein Thema zu elaborieren gegenüber einer „Erwartung“ einer „eingeschränkten, fokussierten 'Antwort'“ (S. 284).

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