Marina Foschi Albert: Il profilo stilistico del testo. Guida al confronto intertestuale e interculturale (Tedesco e Italiano)
(Pisa: University press 2009, ISBN: 978-8-884926-40-1, 14,00 Euro)
Es gibt Neues für italienische Wissenschaftler, Dozenten und Studenten der Fächer DaF und Germanistik: »Il profilo stilistico del testo« liefert erstmals einen muttersprachlichen Zugang zu Stilfragen deutscher Texte. Aus einer Synthese bestehender Stilistiktheorien entwickelt Marina Foschi Albert einerseits ein umfassendes und dennoch kompaktes Übersichtswerk zur deutschen Textstilistik, andererseits ein allgemeingültiges Modell mit detaillierten Techniken der Stilanalyse, die am konkreten Beispiel vorgeführt werden. Bedacht auf die Ausgewogenheit von Theorie, Methodik und praktischer Anwendung verzichtet die Autorin auf lange Erklärungen. Zwar lässt sie es an der Theorie nicht fehlen, bedient sich jedoch zahlreicher Übersichtstabellen. Hinzu kommen Text- und Bildbeispiele, die von alter Dichtkunst über Presse und Werbung bis zu Umgangssprache und Chat-Slang reichen. Zumeist deutsch oder deutsch kommentiert sollen sie die vorgestellten Stile und Stilmittel veranschaulichen.
Aber was ist eigentlich Stil? Das erste Kapitel bemüht sich um eine Begriffsdefinition und stellt dann, gleichsam im Zeitraffer, die unterschiedlichen Textstile vor. Auf diesem theoretischen Fundament entwickelt Foschi Albert eine soziokulturelle Stilistikkonzeption und trägt Analysetechniken und ‑verfahren zusammen, um aus formalen und pragmatischen Textstrukturen ein stilistisches Profil abzuleiten. Dabei stützt sie sich auf sprachwissenschaftliche Studien und Ergebnisse der Linguistikforschung. Da die akademische Tradition des relativ jungen Fachbereichs Deutsche Sprachwissenschaft in Italien keine autochtonen Wurzeln hat, muss sie sich etablierter Traditionen wie literaturwissenschaftlicher und übersetzungswissenschaftlicher Studien bedienen, will sie sich mit einer Spezifik profilieren (vgl. Marina Foschi Albert und Marianne Hepp, im Druck). Diesen beiden traditionellen Studienrichtungen steht die Stilistik als Disziplin ebenso nahe wie der Textlinguistik, der aus nämlichen Gründen große Bedeutung zukommt. Eine textlinguistisch fundierte Stilistik und eine kontrastive Textologie, auf die sich dieses Buch beruft, konnten in Italien zwar bisher nicht fruchtbar gemacht werden, dennoch erscheint beides im Zusammenhang mit bereits bestehenden Interessensgebieten erfolgversprechend.
Vor diesem Hintergrund will die Autorin den Germanisten in Forschung, Unterricht und Studium die praktische Arbeit erleichtern und konkrete Hilfestellung bieten. Einerseits soll das Buch beim wissenschaftlichen Arbeiten unterstützen, z.B. in der Leseforschung; anhand der dargestellten Methoden und Techniken soll es andererseits aber auch in die Lage versetzen, textlinguistische Beispiele in den eigenen (DaF‑)Unterricht einzubauen und theoretisch zu untermauern. Der autorenseitig formulierte Anspruch der Praxisrelevanz zeigt sich beispielsweise am verhältnismäßig großen Umfang des dritten Kapitels, das sich den Analyseinstrumenten widmet und die theoretischen Betrachtungen der vorausgegangenen Kapitel ergänzt.
Das Buch, in italienischer Sprache und aus italienischer Perspektive geschrieben, ist gespickt mit deutschen Einsprengseln, Beispielen und Tabellen. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass sich das Buch an italofone Germanisten richtet, mögen durch das Stichwort »interculturale« im Untertitel zum Ausdruck kommen. Ein interkultureller Stilvergleich ist jedenfalls nicht das primäre Ziel, auch wenn die Autorin im vierten und letzten Kapitel, das sich mit dem Stil sprachwissenschaftlicher Rezensionen befasst, punktuell bestimmte Stilmerkmale wie z. B. Ironie im Deutschen und Italienischen gegenüberstellt. Insgesamt konzentriert sich Foschi Albert auf deutsche Texte und betont zugleich die Allgemeingültigkeit ihres Modells, das sich problemlos auf andere Sprachen übertragen lasse. Die verwendeten Textbeispiele verstünden sich – so die Autorin – als exemplarisch und seien leicht durch anderssprachige Texte zu ersetzen; analog seien auch Stilanalyse und Analysetechniken übertragbar. Wie auch immer der Einzelne das Buch in der Praxis nutzen mag, es kann ein dienliches Vademecum für Italiens Germanisten sein, denen Stil etwas bedeutet.