Skip to main content

Zeitschrift für interkulturelle Germanistik - 5. Jahrgang, 2014, Heft 1: Der Fremde und das Mädchen – Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo im literarischen Kontext (Britta Herrmann)

Zeitschrift für interkulturelle Germanistik - 5. Jahrgang, 2014, Heft 1

Der Fremde und das Mädchen – Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo im literarischen Kontext (Britta Herrmann)

Der Fremde und das Mädchen

Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo im literarischen Kontext

Britta Herrmann

Abstract

This contribution follows the idea that Heinrich von Kleist’s Die Verlobung in St. Domingo should be read against the background of the story of Inkle and Yarico (adapted by Gessner and Bodmer) and of Herder’s Neger-Idyllen. It advocates the thesis that most of the misinterpretations within the novella can be ascribed to the patterns and plots of colonial narration taken up and presented in these pretexts, and it intends to demonstrate, how concepts of gender and (insufficient) intercultural hermeneutics are conditioned by such narrative patterns.

Title:

The Maiden and the Stranger. Heinrich von Kleists Novella Die Verlobung in St. Domingo in Literary Context

Keywords:

Bodmer, Johann Jakob (1698–1783); colonial narratives/plots; gender; Gessner, Salomon (1730–1788); Herder, Johann Gottfried (1744–1803); Neger-Idyllen

Der Fremde und das Mädchen: Damit sind zentrale Aspekte benannt, auf die hin Kleists kurze, aber in der Forschung überaus häufig behandelte Erzählung Die Verlobung in St. Domingo in jüngerer Zeit hin des Öfteren untersucht worden sind, nämlich die koloniale und die interkulturelle Thematik sowie der Geschlechterdiskurs.1

Der Fremde und das Mädchen: Das charakterisiert aber auch ein ab 1750 adaptiertes Muster einer weithin bekannten kolonialen ›Liebesgeschichte‹, das mir grundlegend für die Deutung der Erzählung zu sein scheint – und grundlegend für die vielfach zu beobachtenden und beobachteten Missdeutungen innerhalb der Erzählungen selbst. Im Folgenden wird daher zunächst der diskursive und intertextuelle Referenzrahmen vorgestellt und sodann eine knappe Lektüre der Erzählung vorgenommen werden, die den Blick auf das Problem einer narrativ verstellten interkulturellen Hermeneutik lenkt.

1. Koloniale Erzählmuster

Was endlich ist von der Kultur zu sagen, die von Spaniern, Portugiesen, Engländern und Holländern nach Ost- und Westindien, unter die Neger nach Afrika, in die friedlichen Inseln der Südwelt gebracht ist? Schreien nicht alle diese Länder, mehr oder weniger um Rache? Um so mehr nach Rache, da sie auf eine unübersehliche Zeit in ein fortgehend-wachsendes Verderben gestürzt sind. (Herder 1991: 672)

Diese Passage, die sich wie ein Hypotext zu Kleists Erzählung von 1811 liest, findet sich in den zwischen 1793 und 1797 erschienenen Briefen zur Beförderung der Humanität Johann Gottfried Herders. Herder kritisiert darin die angemaßte Suprematie der Europäer und ihrer Kultur, indem er auf zahllose Greueltaten hinweist, die aus ökonomischen Interessen begangen worden sind, auf den Sklavenhandel, auf die »ungerechten Kriege, Geiz, Betrug, Unterdrückung, […] Krankheiten und schädliche Gaben«, welche der Europäer in andere Weltteile getragen habe und so »die Keime eigener Kultur der Völker, wo und wie er nur konnte, zerstöret.« (Ebd.) Man könne es daher den an Kräften unterlegenen Nationen nicht verübeln, wenn sie sich »gegen fremde Besucher mit List oder mit Gewalt verteidigen« (ebd.: 687). Die gegenteilige Auffassung mag »zwar Europäisch, aber gewiß nicht menschlich« sein (ebd.: 688).

Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo handelt nun offenbar von einem solchen Recht auf Rache, List und Gewalt. Und auch wieder nicht, weil dieses Recht, wie die Erzählung auch zeigt, im europäischen Diskurs letztlich nicht als ›Recht‹ erscheinen darf:2 Im »Taumel der Rache« (Kleist 2011: 164) jagt auf der Insel St. Domingo der ›Neger‹ Congo Hoango, der einst in seiner Jugend in Afrika gefangen genommen und versklavt worden ist, seinem Herrn, dem französischen Plantagenbesitzer Villeneuve, eine Kugel durch den Kopf und zündet die Plantage an. In demselben Taumel der Rache ersinnt Hoangos Bettgefährtin Babekan eine List, durch die sie mit Hilfe ihrer 15-jährigen Tochter Toni die »weißen Hunde« (ebd.: 165) in eine Falle und in den Tod lockt. Doch gehört diese Trias von Rache, List und Gewalt im 18. Jahrhundert nicht eigentlich zu den literarischen Topoi und auch nicht in den moralischen Diskurs der Aufklärung3 – weswegen der Erzähler in Kleists Text Congo Hoango auch als ›fürchterlich‹ und Babekans List als ›gräßlich‹ charakterisiert. Und weswegen der weiße Protagonist der Geschichte, der Schweizer Gustav von der Ried, davon überzeugt sein darf, dass die Rache der Schwarzen an den Weißen der menschlichen und göttlichen Ordnung widerspricht:

Die Rache des Himmels, meinte er, indem er sich mit einem leidenschaftlichen Ausdruck erhob, würde dadurch entwaffnet: die Engel selbst, dadurch empört, stellten sich auf Seiten derer, die Unrecht hätten, und nähmen, zur Aufrechterhaltung menschlicher und göttlicher Ordnung, ihre Sache! (Kleist 2011: 175)

Dies ist, mit Herder gesprochen, eine Auffassung, die »zwar Europäisch, aber gewiß nicht menschlich« ist.

Statt menschlich nachvollziehbarer Rachegeschichten ist es vielmehr gängige europäische Tradition, von den vermeintlichen Wohltaten der Weißen zu erzählen, aufgrund derer dann beispielsweise die versklavten Schwarzen zu unendlicher Dankbarkeit verpflichtet sind. Wie wir noch sehen werden, ist dies genau die Folie, die Hoango in Kleists Erzählung negiert. Eine andere europäische Erzähltradition besteht darin, zwar nicht Wohltaten, sondern die Übeltaten der kolonialen Unterdrücker zu schildern. Doch dienen diese Schilderungen nur dazu, den Kolonisatoren die edlen Wilden oder den guten Schwarzen als friedliches Idealbild gegenüberzustellen und so Zivilisationskritik zu üben. Ein wirkungsmächtiges, geschlechtlich spezifisches Erzählmuster bildet hierfür die koloniale und interkulturelle Liebesgeschichte. Sie handelt von einem eingeborenen Mädchen und einem Europäer, einem ›Fremden‹. Das Mädchen verliebt sich in den Fremden und rettet ihn vor dem eigenen Volk. Der Fremde jedoch sieht sich an sein Liebesversprechen nicht gebunden und vergilt auf üble Weise die empfangenen Wohltaten mit Liebesverrat und Schlimmerem. Als paradigmatisches Beispiel für ein derartiges Erzählschema kann die vielfach adaptierte Geschichte von Inkle und Yarico gelten (vgl. Gelzer 2004).4 Für die deutschsprachige Literatur des 18. Jahrhunderts haben sie um 1750 etwa der Schweizer Johann Jakob Bodmer, Erfinder der ›herzrührenden Schreibart‹ und Wegbereiter der literarischen Empfindsamkeit, sowie der Schweizer Idyllendichter Salomon Gessner bearbeitet, mit dessen Werk Kleist bestens vertraut war. Ihre Versionen der Geschichte von Inkle und Yarico, so die These dieses Beitrags, bilden eine Folie, vor der Kleists Erzählung zu lesen ist.5 Und dass die soeben genannten Verfasser Schweizer sind, dürfte ebenfalls nicht ohne Bedeutung für die Verlobung sein.6

Nicht Geschichten also, wie sich die indigene Bevölkerung zu Recht »gegen fremde Besucher mit List und Gewalt verteidigt« (Herder), werden in Europa erzählt, sondern solche, in denen die ›edlen Wilden‹ den Fremden mit Liebe entgegenkommen – und schändlich betrogen werden. Dies soll zwar die moralische Empörung bei den europäischen Rezipientinnen und Rezipienten schüren, ein Recht auf Rache aber gestehen diese Geschichten den ›Wilden‹ dennoch nicht zu. Denn dann wären sie nicht mehr edel – und könnten nicht das ›Andere‹ des Europäers verkörpern: Unschuld, Naivität, Natur, moralische Überlegenheit, physische und faktische Unterlegenheit.

Die koloniale Liebesgeschichte dient auch noch einem anderen Zweck. Es wurde in der Forschung bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die sexuelle Beziehung zwischen dem Weißen und der ›Wilden‹ eine metonymische Verschiebung für das Eindringen in die zu erobernden Länder sowie für deren Unterwerfung und Inbesitznahme ist (vgl. Schülting 1997: 21–78). Typisch für die europäische Bildtradition, das neue Territorium allegorisch als Frau abzubilden, ist die Darstellung der Eroberung Amerikas durch Amerigo Vespucci, wie sie auf einem kolorierten Kupferstich Jan van der Straets und Theodore Galles Ende des 16. Jahrhunderts Verbreitung fand: Dargestellt ist das entdeckte Amerika als unbedeckte Frau (ca. 1580–1585; vgl. Abb. auf der folgenden Seite). Sie ist durch die Nacktheit bildhaft in einen Urzustand versetzt, während der europäische Mann ihr nicht nur bekleidet (zivilisiert) gegenüber tritt, sondern auch mit den modernsten technischen Errungenschaften der Zeit ausgestattet ist (Astrolabium). Amerika wird durch den männlichen Eroberer aus dem Schlaf geweckt, wie auch die Inschrift des Bildes verrät: »Americen Americus retexit, & Semel vocavit inde semper excitam« (ebd.: 13f.).7 Bis dahin hat das Land/die Frau keine Geschichte. Ihre waffentechnisch veraltete Keule steht außer Reichweite, sie wehrt sich nicht gegen den Eindringling, vielmehr ist ihre Gestik als sexuell einladend gedeutet worden.8 Die wiederholten literarischen Erzählungen von der liebenden und hingabebereiten Eingeborenen variieren dieses Bild und rechtfertigen das koloniale Geschehen immer wieder neu. Auch wenn der ›Liebesverrat‹, d.h. der von Herder angeprangerte Sklavenhandel sowie die »ungerechten Kriege, Geiz, Betrug, Unterdrückung, […] Krankheiten und schädliche Gaben« seitens des weißen Mannes, dann als moralisch verwerflich gezeichnet wird – die Eroberung selbst ist es nicht. Sie ist gewollt.

Jan van der Straet/Theodore Galle: America (ca. 1580–1585)

Die interkulturelle ›Liebesgeschichte‹ hat auch eine bislang unbeachtete Funktion für die europäische Geschlechterkonstruktion. Denn die für die deutsche Rezeption wichtigste Version der Erzählung von Inkle und Yarico, erschienen am 13. März 1711 im englischen Spectator, überträgt nicht nur koloniale Machtverhältnisse zurück auf das Verhältnis der europäischen Geschlechter, sondern dient zugleich ausdrücklich einer Verteidigung weiblicher Treue und Liebesfähigkeit. Dass diese Erzählung für die deutschsprachige Literatur ab Mitte des 18. Jahrhunderts mehrfach adaptiert, umgeschrieben und mit Bedeutung aufgeladen wird, weist darauf hin, dass und wie im Kontext von Empfindsamkeit und Spätaufklärung über den kolonialen Diskurs europäische Geschlechterverhältnisse neu ausgehandelt werden9 – und zwar bis hin zu Kleists Verlobung in St. Domingo. Denn auch hier wird die Erzählung von der weiblichen Treue und Liebe bis hin zur absoluten Selbstaufgabe erzählt, und zwar mehrfach. Und jedes Mal führt sie in die Katastrophe.

Im Folgenden möchte ich also zeigen, wie Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo vor dem Hintergrund der hier skizzierten Diskurse und Narrative zu lesen ist. Um dies zu tun, widmet sich der Aufsatz zunächst den Adaptionen der Inkle-und-Yarico-Geschichte seitens Bodmer und Gessner und wendet sich sodann noch einmal Herder zu, der einige aufschlussreiche Gedichte unter dem Titel Neger-Idyllen publiziert hat. Mithilfe des so hergestellten intertextuellen Bezugsrahmens wird sodann für den kleistschen Text herausgearbeitet, wie Rezeption, kulturelle Deutungsmuster und Handlungsweisen durch Erzählungen gesteuert sind. Oder genauer: wie Kleist eben dieses Faktum einsetzt, um die Handlung zu motivieren, die Figuren zu charakterisieren und die narrativen Muster zugleich in Frage zu stellen.

2. Inkel und Yariko in Deutschland

Auch wenn die Fabel von Inkle und Yarico bekannt sein dürfte,10 soll sie zunächst kurz ins Gedächtnis zurückgerufen werden: Ein englischer Kaufmann, Thomas Inkle, erleidet Schiffbruch an der amerikanischen Küste und wird von der Indianerin Yarico gerettet. Sie verbirgt ihn vor ihrem Stamm in einer Höhle, nährt ihn und verliebt sich in ihn, während er ihr ebenfalls seine Liebe beteuert und ihr ein gemeinsames Leben in Europa ausmalt. Durch ein vorbeikommendes englisches Schiff gelangen beide nach Barbados, wo der Kaufmann seine Geliebte umgehend auf einem Sklavenmarkt verkauft. Ihre entsetzte Eröffnung, dass sie von ihm ein Kind erwartet, bewirkt nur, dass er den Preis in die Höhe treibt. Damit endet die Geschichte.

Entnommen ist sie einer 1657 veröffentlichten Reisebeschreibung von Richard Ligon mit dem Titel A True and Exact history of the Island of Barbadoes. 1711 wird sie in der englischen Zeitschrift Spectator mit folgender Rahmenerzählung präsentiert: Während eines Salongesprächs pariert die Gastgeberin eine ihr zuvor von einem Besucher genüsslich präsentierte frauenfeindliche Invektive, die dem Dichter Petronius entlehnt sein soll und den alten Topos von der weiblichen Unbeständigkeit in der Liebe variiert. Dieser als genuin literarisches Konstrukt von Weiblichkeit markierten Geschichte stellt die Salondame Ligons Reisebericht als vermeintlich authentische Historie gegenüber, welche die Wahrheit über »us Women« präsentieren soll. Mit der universalisierenden Wendung »us Women« wird jegliche kulturelle, gesellschafts- und machtspezifische Differenz zwischen der versklavten »Indian Maid« und der englischen Salondame gelöscht (vgl. Addison/Steele 1965: 49 u. 50). Die weiße Frau wird dadurch zur guten ›Wilden‹, zur naiven Natur und am Ende auch zum passiven Tauschobjekt stilisiert. Der Rahmenerzähler ist angesichts dieser vortrefflichen Weiblichkeit zu Tränen gerührt. Und so soll es auch der Leser bzw. die Leserin sein.

Die Begegnung zwischen Inkle und Yarico wird in der Spectator-Erzählung ganz nach dem Modell von Galles America-Bild geschildert: als Opposition von nackt (Frau/Eingeborene) und verhüllt (Mann/Europäer), Natur und Kultur. Diese Opposition führt 1756 Johann Jakob Bodmers Verserzählung Inkel und Yariko fort. Zunächst wird Yarikos Begehren als ein Begehren nach dem Fremden geschildert, das heißt als ein Begehren, das weniger geschlechtlich denn auf die europäische Kultur hin ausgerichtet ist: »Alles an ihm war ihr fremd; das runde, weiße, Gesichte, seine lockigten Haare, die europäische Kleidung, Alles dünkte sie artig« (Bodmer 1988: 44). Inkel hingegen nimmt Yariko primär geschlechtlich wahr. Zwar ist das Mädchen mit der »orangerot[en]« Hautfarbe für den Blick des Weißen (d.h. für den Blick Inkels, des Erzählers und des Lesers) auch als ethnisch different markiert, doch im Vordergrund steht die bloße – die entblößte – Weiblichkeit: Yarikos »dünne Kleidung« offenbart dem zwischen Angst und Begierde schwankenden Protagonisten die »Sanftmut der weiblichen Bildung« (ebd.: 43). Inkels Körperhermeneutik folgt dann deutlich den Codes seiner Kultur, wenn er von der »Sanftmut« des Körpers auf das »Mitleid der weiblichen Seele« schließt, die in Yariko vermutete Liebe beschwört und sich ihr, in den Mustern europäischer, höfisch-galanter Rhetorik, als Mann anbietet: »Nimm mich zu deinem Sklaven, kein Dienst, kein Geschäft wird mir zu schwer sein.« (Ebd.)

Durch seine Rede erzeugt Inkel, was er sieht: Mitleid und Liebe. Dass aber eine Verführungs-Rhetorik, in der die Frau zur Herrin erhöht wird, nicht referentiell gedacht ist, erkennt Yariko nicht. Sie vertraut Inkels Rede und seinen Gebärden und fühlt sich durch sein Gebaren ihm angetraut: »o mein Geliebter, mein Gatte« (ebd.: 46). Unschwer ist hier ein Subtext für die Begegnung Gustav von der Rieds mit dem Mädchen Toni in Kleists Erzählung und für die dortige ›Verlobung‹ zu erkennen.

Inkels rhetorische männliche Selbstunterwerfung im doppelten Code von sexuellem und kolonialem Diskurs ist von Bodmer der Geschichte neu hinzugefügt. Ihr korrespondiert nun am Ende eine zweifache Versklavung der Frau: Sie wird hier von Inkel nämlich nicht nur verkauft, sondern der Erzähler schreibt ihr auch noch eine aufopfernde Liebe zu, für deren Artikulation sie den sprachlichen Code des ›Fremden‹ nutzen muss. Sie bittet ihn, er selbst möge sie doch als Sklavin mit sich führen: »Willig sollst du mich sehn die hartesten Werke verrichten, / Kann ich nur um dich leben und deine Blicke genießen.« (Ebd.) Was bei ihm aber bloße Liebes-Rhetorik gewesen ist, kommt bei ihr von einem Herzen, das »menschlich und gut ist« (ebd.: 44). Hatte seine Rede performative Gewalt über dieses Herz, so bleibt Inkel selbst ungerührt, »felsherzig« (ebd.). An seiner Stelle soll das Herz des Rezipienten gerührt werden, wie in der Spectator-Vorlage. Der Preis für Rührung und Mitleid liegt allerdings in der Konstruktion der willigen und selbstlosen Frau. Und in deren mimetischer Übernahme eines fremden, männlichen, kolonialisierenden Diskurses.

Bodmers neu hinzugefügter Schluss unterstreicht dieses Weiblichkeitskonstrukt noch einmal: Eine zweite narrative Stimme erhebt sich nun und distanziert sich vom Urheber und Erzähler der soeben präsentierten Fabel, kritisiert denselben für das ebenso traurige wie abscheuliche Ende auf dem Sklavenmarkt und schlägt mit den Worten »Dürft’ ich dazu etwas dichten, so dichtet’ ich dieses« folgenden Ausgang der Geschichte vor: Yarikos Käufer erweist sich als gottesfürchtig und erstattet das schwangere Mädchen seinem Volk zurück. Yarikos Volk verflucht den Weißen. »Aber sie fluchet ihm nicht, sie liebt ihn auch untreu und wünschet ihm nur ein menschliches Herz, und wünscht sich selbst ihm zur Sklavin.« (Ebd.: 47)

In einer Studie zum ›guten Wilden‹ wurde »die domestizierte Figur des Sklaven« als »eine der raffiniertesten Erfindungen des kolonialen Machtdenkens« vorgestellt (Hofer 2000: 149).11 Noch raffinierter aber ist die Figur der liebenden Sklavin. Denn durch sie wird Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland ein neues bürgerliches Frauenbild propagiert. Und zwar geschieht dies, indem das koloniale Machtdenken mit den Paradigmen der Zärtlichkeit aus der Frühphase der Empfindsamkeit verknüpft wird. Auf diese Weise wird ein vermeintlich ›natürlicher‹ weiblicher Geschlechtscharakter entworfen. Kleist greift diesen später auf, spitzt ihn zu – etwa im Käthchen von Heilbronn, aber eben auch in der Verlobung – oder konterkariert ihn: etwa in der Penthesilea.

3. Koloniale Idyllen

In Reaktion auf Bodmers Umschrift fühlte sich der Schweizer Idyllendichter Salomon Gessner dazu inspiriert, der Geschichte von Inkel und Yariko ein weiteres Ende hinzuzudichten, das gleichfalls 1756 erscheint. Nicht nur Yariko muss nämlich gerettet werden, auch Inkels Betragen widerspricht der die Empfindsamkeit prägenden moralphilosophischen Vorstellung, dass der Mensch von Natur aus gut sei: »So sehr kann die Güte kein Herze verlassen, daß nicht ein Rückfall der Tugend, kein Schauer der Reue, mächtig ihn fasse« (Gessner 1988: 48).12

Bei Gessner wird Inkel daher zu fünf Jahren Sklaverei verurteilt – eine Strafe, die er, bereits von Reue zerfressen, gerne auf sich nimmt, um »marternde Buße« (ebd.: 51) zu tun. Yariko, die von Inkels Schicksal hört, ist gerührt, verzeiht ihm, kauft ihn frei und präsentiert sich ihm »bräutlich geschmückt, […] ein zartes Kind saß auf ihrem Arm […]: hier ist dein treues Weib und hier dein schönes Kind.« (Ebd.) Als Braut mit Kind auf dem Arm wird Yariko zugleich ikonografisch zur Marienfigur stilisiert und, wiewohl Indianerin, zur schwarzen Madonna (vgl. Scheer 2002: 1413).13 Schwarze Madonnen sind in der gegenreformatorischen Bewegung seit dem 16. Jahrhundert in Europa recht verbreitet. Sie werden insbesondere in Loretokapellen aufgestellt, Nachbildungen der Casa Santa des italienischen Wallfahrtsortes Loreto. Die Bedeutung ihrer dunklen Farbe ist umstritten, wird aber biblisch auf eine Stelle im Hohelied Salomos zurückgeführt: »Ich bin dunkel, aber schön.« (Hld 1,5). Dies wurde im 18. Jahrhundert durchaus als revidierender Kommentar zur traditionellen Farbsymbolik (schwarz = Farbe des Bösen) ausgelegt, und zwar dahingehend, dass eine innige Verbindung mit der christlichen Kirche das Stigma der schwarzen Farbe zu transformieren vermag (vgl. Scheer 2002: 1433f.). Glaubt man Sander Gilman, so stellt diese Bibelstelle, mehr noch als die Herleitung der Rassen von den Söhnen Noahs, aus der christlichen Perspektive Material bereit, »upon which to discuss the nature of blackness« (Gilman 1982: 14). Vor allem aber wird die schwarze Madonna im 18. Jahrhundert als Symbol der Rekatholisierung im Zeichen eines archaischen, ursprünglichen Christentums eingesetzt (vgl. Scheer 2002: 1434).14 Die naturhafte und ›ursprüngliche‹ Yariko erscheint vor diesem Hintergrund als Maria, Jungfrau, archetypische Mutter und Braut Gottes. Von der (edlen) Wilden avanciert sie zur christlich-katholischen Zentralfigur und zum Mittelpunkt der heiligen Familie.

In Gessners Text allerdings ist sie auch die Braut Inkels und sein Kind ist »schön«. Die farblich und religionspolitisch bereits komplex konnotierte heilige Familie wird nun von Gessner deutlich als Utopie der Erlösung des weißen Mannes von seinem »schwärzeste[n] Verbrechen« (Gessner 1988: 49) gestaltet. Indem Yariko/Maria ihm das Kind überreicht, wird Inkel die christliche Gnade zuteil; der Himmel lässt Inkels Reue, wie es im Text heißt, »nicht unvergolten« (ebd.: 51). Und Yariko bekommt die Rolle der schmerzens- und gnadenreichen Heiligen zugewiesen, die zum zweiten Mal als Retterin, nun aber im christlichen Kontext von Buße und Vergebung, erscheint. Zudem wird die bisherige maternale Familie paternal rekodiert, bildet der (weiße) Mann das neue Zentrum der Familie und, nimmt man den christlichen Kontext ernst, rückt letztlich an die Stelle Gottvaters selbst. Was damit über das sich neu entwickelnde zeitgenössische bürgerliche Familienkonzept (die Stellung des Vaters, die ›Natur‹ der Frau) gesagt ist, wäre ein eigener Untersuchungsgegenstand. Gessner jedenfalls dichtet eine Geschichte von Gewalt, Verrat und Ausbeutung in eine familiäre Idylle um. Kleists Erzählung hingegen wird diese Umschrift wieder rückgängig machen und aus derselben Szene – Eintritt der dunklen Braut mit einem Kind auf dem Arm – eine Orgie blutiger Gewalt entbinden: Deutlicher kann man Gessners frühempfindsames, oder zeitgenössisch gesprochen: zärtliches, Arrangement nicht konterkarieren. Um nicht zu sagen: Deutlicher kann man es nicht karikieren und entlarven.

Kleists Erzählung speist sich darüber hinaus vor allem aus dem zeitgenössischen Diskurs über die Sklaven im Allgemeinen und die Aufstände in Saint Domingue im Besonderen (vgl. Zantop 1999: 164–187).15 Bereits ab den 1870er Jahren berichtet Christian Friedrich Daniel Karl Schubart in seiner Vaterlandschronik kritisch über die Zustände in den Kolonien und wendet diese Kritik, dem Zeitgeist des Sturm und Drang entsprechend, implizit gegen die fürstliche Tyrannenherrschaft in deutschen Landen. Später dienen die anwachsenden Erzählungen von den Sitten und Schiksalen der Negersklaven, so der Titel einer von Johann Ernst Kolb herausgegebenen Prosasammlung aus dem symbolischen Jahr 1789, als Reflex auf die Französische Revolution.16 Hier reiht sich auch ein weiterer potentieller Ko-Text der kleistschen Verlobung ein, Herders Neger-Idyllen, die direkt inspiriert sind von Schubart und Kolb (vgl. Wertheim 1980: 381; Zantop 1999: 174–177),17 die jedoch – aufgrund ihres Titels – durchaus auch als eine Replik auf die anakreontische Idylle und deren bekanntesten Vertreter Gessner gedeutet werden können. Bereits Johann Heinrich Voß hat eine sozialkritische Umfunktionierung der Idyllen-Gattung vorgenommen (vgl. Wertheim 1980: 380): Totengeläut vom Kirchturm, röchelnde Frösche sowie unbarmherzige Frohnherren, ausgestattet mit barbarischen Marterkammern, welche die Mädchen des Dorfes schänden und die dabei gezeugten Jungen anschließend am liebsten zu Lastvieh aufzögen, Wehklagen und blutiges Menschenfleisch konterkarieren etwa in Vossens Gedicht Die Leibeigenen das idyllische Setting von abendlicher Landschaft, Maienblumen, Hochzeitswünschen und Nachtigallengesang (vgl. Voß 1825: 3–16). Daran kann Herder anknüpfen und die Sozialkritik der Anti-Idylle noch radikalisieren, indem er sie in den kolonialen Kontext verlegt. So beispielsweise in Die Frucht am Baume, der ersten von Herders insgesamt fünf Neger-Idyllen:

Ich ging im schönsten Cedernain,

Und hörete der Vögel Lied,

Bewundernd ihrer Farben Glanz,

Bewundernd ihrer Bäume Pracht –

Als plötzlich aus der Höhe mich

Ein Ächzen weckte. Welch Gesicht! –

[…]

Ich sah den Menschenwidrigsten

Anblick. Ein Neger, halb zerfleischt,

Zerbissen; schon Ein Auge war

Ihm ausgehackt. (Herder 1991: 674f.)

Nicht nur widerspricht diese grausige »Frucht am Baume« der Idyllenform mit ihren arkadischen Landschaftsschilderungen. Das Erwachen des in die Natur versunkenen lyrischen Ich markiert vielmehr auch die grundsätzliche Differenz zwischen dem narrativen oder poetischen Konstrukt der (kolonialen) Idylle mit ihren arkadischen Topoi und der sozialen Realität. Nicht umsonst mokiert sich Herder darüber, dass die empfindsamen Zeitgenossen in Europa zwar bereit sind, bei ihrer Textlektüre selbst sterbende Schmetterlinge zu beweinen, und in Gesprächen »vor großen Gesinnungen« überkochen, dass sich dies jedoch sofort ändert, »sobald unser Vorurteil, unsre Habsucht dabei ins Spiel kommen«; dann »schlachten wir tausend Opfer, die uns keine Träne kosten.« (Ebd.: 686)

Doch auch bei Herder ist Rache kein legitimes Thema. Stattdessen stellt er den »weiße[n] Teufel[n]« (ebd.: 676) in seinen fünf Gedichten lauter edle Schwarze gegenüber, die sich mittels Selbstverstümmelung, Selbstmord und Selbstlosigkeit den willkürlichen Grausamkeiten und Befehlen der Kolonialherren zu entziehen trachten. Gilt die himmlische Gerechtigkeit bei Gessner dem Europäer Inkel, so können in Herders Neger-Idyllen nun die sich selbst aufopfernden Kolonisierten auf dieselbe hoffen. Allerdings mit einer bemerkenswerten Einschränkung: »O wenn Gerechtigkeit vom Himmel sieht« (ebd.: 679; Hervorh. d. Verf.).

In seinem Gedicht Zimeo thematisiert Herder sodann den Unabhängigkeitskampf auf Jamaica und das Anliegen der ›Neger‹, »[a]n Tigern sich zu rächen« (ebd.: 680). Mit einer Art Lied vom Tod findet sich auch hier zunächst der Locus amoenus kolonialer Geschichten gründlich destruiert und der Titel Neger-Idyllen ironisiert:

Die Herdenvolle Ebne war voll Angst-

Geschrei der Fliehenden, verfolgt von Schwarzen,

Die unter blühenden Pflanzungen Kaffee,

Cacao, Zuckerrohr und Indigo,

Und Ruku, in Pom’ranzen-Lauben sie

Erwürgten. In der Vögel Lied ergoß

Sich Weh und Ach der Sterbenden (ebd.: 679f.).

Im Fokus des Gedichts steht dennoch der gute Schwarze, der titelgebende Held Zimeo. Gütig und gerecht, mäßigt er die anderen und »Verschmäht, selbst mit schuldiger Weißen Blut« sich zu beflecken (ebd.: 680). Dafür wird er am Ende vom gerechten Himmel – oder doch wieder nur vom Dichter? – damit belohnt, Frau und Kind, einst auf dem Sklavenmarkt von ihm getrennt, bei einem der von ihm verschonten Kolonialherren wiederzufinden, der die beiden aus »Mitleid« von den Spaniern losgekauft und quasi als Familienmitglieder behandelt hat:

Herzensdank,

Wie nie ein Weißer ihn auszudrücken mag,

Wahnsinn des Dankes sageten sie uns (ebd.: 683).

Der Schrei nach Rache mag für Herder zwar legitim sein, aber er widerspricht den literarischen Konventionen und dem europäischen Bild vom dankbaren Schwarzen.18 Letztlich plädiert Herder für ein Modell der Wiedergutmachung, der restitutio: »Europa muß ersetzen was es verschuldet, gutmachen was es verbrochen hat« (Herder 1991: 741). Auch dies ist freilich ein Modell, bei dem die Kolonisierten aus ihrem Objektstatus nicht entlassen werden.

4. »Wahnsinn der Freiheit« Die Verlobung in St. Domingo

Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo setzt im März 1803 ein. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Unabhängigkeitskampf in der ehemals französischen Kolonie Saint Domingue in der letzten Phase und General Dessalines hat, zur Stabilisierung der soeben frisch gegründeten Republik Haiti, den Befehl gegeben, alle noch im Land befindlichen Europäer zu ermorden.19 Vor dem Hintergrund dieses, wie es im Text heißt, »allgemeinen Taumel[s] der Rache« (Kleist 2011: 164), präsentiert die Erzählung zunächst drei individuelle Rachegeschichten: die des ›Negers‹ Congo Hoango, der in seiner Jugend von der Goldküste Afrikas verschleppt wurde; die der mit Hoango zusammen lebenden Mulattin Babekan, welche von einem reichen Marseiller Kaufmann geschwängert und mit nachhaltigen Konsequenzen für Leib und Leben von diesem verlassen wurde; und die einer sexuell missbrauchten und misshandelten, namenlos bleibenden Sklavin.

Hoangos Geschichte wird von einem Erzähler präsentiert, der deutlich geprägt ist durch die zeitgenössischen Narrationen vom guten Schwarzen nach dem Modell von Herders Protagonisten Zimeo. Ausführlich wird die »unmenschliche[] Rachsucht« dieses »fürchterliche[n] alte[n] Negers« (ebd.: 164 u. 165) durch die Kontrastierung mit einem gängigen Bestandteil kolonialer ›Neger-Idyllen‹, nämlich der fürsorglich-paternalen Kolonialfamilie,20 verdeutlicht. Da der junge Hoango seinem Herrn Guillaume von Villeneuve einst das Leben gerettet hat, hat dieser ihn über Jahrzehnte hinweg »mit unendlichen Wohlthaten überhäuft« (ebd.: 164): Er schenkte ihm Freiheit, Haus und Hof, die Mulattin Babekan und einen Ruhestand mit Gehalt. Dennoch ist Hoango einer der Ersten, »der die Büchse ergriff, und, eingedenk der Tyrannei, die ihn seinem Vaterlande entrissen hatte, seinem Herrn die Kugel durch den Kopf jagte.« (Ebd.) Definitiv kein Wahnsinn des Dankes. Vielmehr wird, gegen die Intention des Erzählers, sichtbar, dass die Dankbarkeit des Schwarzen Teil eines kolonialen Narrrativs ist, welches die Erfahrungen der Kolonisierten und die Erinnerungen an die erlittene Gewalt verdrängt. Mit der Auflösung der kolonialen Ordnung vermag dieses Narrativ keine diskursive Macht mehr zu entfalten. Vielmehr treibt nun, eingedenk der eigenen Geschichte, der »Wahnsinn der Freiheit […] die Negern und Kreolen […] Rache zu nehmen.« (Ebd.: 174)

Babekans Geschichte wird überwiegend von ihr selbst erzählt, nicht kontinuierlich und linear, sondern in verstreuten Fragmenten, die der Rezipient von der Ried, aber auch das lesende Publikum, zusammensetzen und richtig deuten müsste. Bereits vom Erzähler wird eingangs berichtet, dass Villeneuve Babekan »an Weibes Statt« (ebd.: 164) Congo Hoango beigelegt hat. Später erfährt man von ihr selbst, dass sie zuvor mit dem »Neger Komar« verheiratet war, über dessen Schicksal jedoch im Text nichts weiter verraten wird (vgl. ebd.: 172). Diese markierte und gänzlich unkommentierte Leerstelle scheint eine ähnliche Funktion zu haben wie der berühmte Gedankenstrich in der Marquise von O.… (1808): Leicht zu überlesen, gibt es dahinter eine verschwiegene Geschichte zu rekonstruieren. Die wahrscheinlichste dürfte sein, dass Komar die harten Bedingungen der Sklaverei nicht überlebt hat. Diese werden ausführlich geschildert in Justin Girod de Chantrans’ Reisen eines Schweizers in verschiedene Kolonien von Amerika während dem letztern Krieg, 1782 auf Französisch erschienen und 1786 ins Deutsche übersetzt. Girod de Chantrans widmet einen wesentlichen Teil seiner Darstellung den Zuständen auf Saint Domingue und er verdeutlicht, dass sterbende Sklaven zum Alltag gehörten und die Sterblichkeit unter den männlichen Sklaven besonders hoch war. Die Reisen eines Schweizers bilden übrigens einen weiteren potentiellen Hypotext, der die Wahl eines Schweizer Protagonisten in Kleists Erzählung begründen könnte. In der Forschung wurde diese Möglichkeit bislang jedoch nicht diskutiert. Hingewiesen werden sollte auch darauf, dass Komar der Name eines Feldherren in Kleists anderem anti-kolonialen Text, der Herrmannsschlacht (1821), ist. Dort verkündet Komar den Sieg über die Römer (V, 1). Drei Jahre später markiert der intertextuelle Verweis auf die gleichsam ausgelöschte Figur eine neue Perspektive auf die Rolle der Germanen (Preußen) gegenüber den Römern (Napoleon): von siegreichen Feldherren zu Sklaven einer fremden Nation.

Villeneuves ›Geschenk‹ an Congo Hoango macht Babekan zu einem Objekt, das beliebig zwischen den Männern, weißen (Villeneuve) wie schwarzen (Congo Hoango, Komar), verschoben werden kann, ohne dass dies im Text weiter kommentiert würde oder narrativ begründet werden müsste. Villeneuve behandelt Babekan aber nicht nur wie selbstverständlich als Dankesgabe und Tauschware, sondern lässt sie auch derart auspeitschen, dass sie Zeit ihres Lebens entstellt ist und an Schwindsucht leidet. Den Anlass bietet eine Vaterschaftsklage, welche Babekan gegen einen Marseiller Kaufmann erhoben hatte. Dieser hatte sie einst geschwängert, sie dann aber »aus Scham vor einer jungen reichen Braut« (ebd.: 173) verleugnet – einer weißen Braut, wie anzunehmen steht. Babekan also erleidet ein ähnliches Schicksal wie Yariko: Sie hat sich in einen Weißen verliebt, dessen Versprechungen geglaubt, Liebesverrat erlitten und wurde weiter getauscht. Doch statt sich in das Muster der kolonialen Liebesgeschichte einzupassen, das ihr nur Fügung, Vergebung und Unterwerfung zugesteht, versucht Babekan ihr Recht zu erstreiten. Allerdings gilt für sie ein anderes Recht als für weiße Frauen (und ein anderes als für weiße Männer sowieso).21 Denn in Babekans Fall geht es nicht nur um eine auch für weiße Frauen, zumal für Bedienstete und Leibeigene, wenig aussichtsreiche Klage, sondern es greift auch der Code Noir, der den Beischlaf zwischen Weißen und Schwarzen untersagt. Verstöße dagegen sind zwar gängige Praxis, dennoch gibt er Villeneuve das Recht, Babekan für ihr Begehren und Auf(wärts)begehren grausam zu bestrafen.

Des Weiteren erzählt Babekan, dass ihr Vater »aus St. Jago, von der Insel Cuba« stammt (ebd.: 169), also aus der Hafenstadt einer Kolonie, deren indigene Bevölkerung – wie auf Haiti – komplett ausgerottet wurde und die aus diesem Grund fortwährend Sklaven von der Westküste Afrikas importiert hat – eben nach St. Jago. Da Babekan eine Mulattin und die sexuelle Liaison der wenigen weißen Frauen in den Kolonien mit schwarzen Männern kein Teil des Diskurses (und wohl auch nicht der Praxis) ist, dürfte ihr Vater jedoch gerade kein Afrikaner, sondern ein Weißer gewesen sein. Man kann sich die maternale Geschichte von Verschleppung, Versklavung, Vergewaltigung hinzudenken, die Babekans Identität schon vor ihrer Geburt prägen – und die letztlich alle farbigen Frauen im Text erleiden.22 Sie formiert den (weiblichen) Gegendiskurs zur paternalen Kolonialkonstruktion vom gütigen Herrn und seinem treuen Sklaven.

Allerdings wird der Leser vom Erzähler durchaus strategisch dazu verleitet, über diese meist in Nebensätzen und Parenthesen eingebrachten Informationen, Signale und Leerstellen hinwegzulesen. Auf dieselbe ›listige Weise‹ manipuliert Babekan innerhalb der Textebene Gustav von der Ried, einen Schweizer Offizier der französischen Armee, ihre Geschichte nicht oder nur partiell zur Kenntnis zu nehmen. Das fällt nicht weiter schwer, denn von der Ried ist, wie vermutlich auch der Großteil der zeitgenössischen Leserschaft, ganz von dem eingangs von Herder beschriebenen europäischen, aber unmenschlichen Denken beherrscht. Obwohl Babekans Geschichte von der Ried kurz in Verlegenheit setzt, wie es im Text heißt, ereifert er sich dennoch anschließend darüber, dass durch die »grausame und unerhörte Erbitterung, welche alle Einwohner dieser Insel ergriffen hat«, die seit Jahrhunderten bestehenden Verhältnisse nun aus den Fugen geraten sind – »wegen vielfacher und tadelnswürdiger Mißhandlungen, die sie von einigen schlechten Mitgliedern« (ebd.: 169 u. 174) der Weißen erlitten hätten.

Tatsächlich aber waren es nicht nur einige, die ihre Sklaven misshandelten. Die Zeitgenossen konnten sich anhand detaillierter Schilderungen darüber informieren, dass das »Verfahren mit den Sklaven« in Saint Domingue »selten von aller Grausamkeit ganz frey« war (Chantrans 1786: 103).23 Letztlich wurden tausende Schwarze gefoltert, ersäuft und verbrannt – sogar durch Schwefeldämpfe vergast (vgl. Schmidt 2003: 246). Das ist mehr als nur ›tadelnswürdig‹. Wer hier für den Erhalt des status quo plädiert, vertritt keine humanistische Position. Kleists Erzählung spricht dies freilich nicht aus. Nur aus der Perspektive von Babekans Geschichte wäre diese Haltung einzunehmen. Aber immerhin zeigt der Text diese Perspektive auf, und zwar indem er Babekan Topoi des europäischen Aufklärungsdiskurses in den Mund legt und durch die so erzeugte rhetorische Mimikry die Aussage verschiebt: »›Ja, diese rasende Erbitterung‹, heuchelte die Alte. ›Ist es nicht, als ob die Hände eines Körpers, oder die Zähne eines Mundes gegen einander wüten wollten, weil das eine Glied nicht geschaffen ist, wie das andere?‹« (Kleist 2011: 169)24

Indem Babekan den Diskurs des Fremden imitiert, heuchelt sie – und entlarvt damit im Gegenzug sowohl dessen unmittelbar vorangegangene Rede als auch den gängigen aufklärerischen Diskurs von der Einheit in der Vielfalt des Menschengeschlechts als Heuchelei. Hierzu zitiert Babekan ein im 18. Jahrhundert gebräuchliches und durch den antiken Historiografen Titus Livius verbreitetes Gleichnis, welches die Gesellschaft als Körper mit unterschiedlichen Funktionen darstellt, deren Zusammenwirken dem Gemeinwohl dient, deren Zerstrittenheit aber allen schadet. Livius berichtet, wie mit diesem Gleichnis in Rom einst ein Ständekampf verhindert wurde (vgl. Livius II: 32f.) – es ist also ein strategisches Gleichnis, eingesetzt um eine Umwälzung der Verhältnisse zu vermeiden. Eben dies verdeutlicht die Wiederholung dieser Rede aus der Perspektive einer ›Subalternen‹ (vgl. Spivak 2007).25 Indem sie eine Rhetorik imitiert, die im 18. Jahrhundert nicht selten dazu dient, Gleichheit und Brüderlichkeit zu beschwören, produziert sie eine signifikante Verschiebung, eine intervenierende Entstellung: Dass die rasende Erbitterung der Aufständischen existiert und Schwarze gegen Weiße wüten, »weil das eine Glied nicht geschaffen ist, wie das andere«, ist ja nicht eine Folge der Differenz, sondern eine Folge von deren Diskriminierung durch den europäischen Rassismus und Feudalismus.26 Indem Babekan das europäische Redemuster wiederholt, wird es deplatziert und es eröffnen sich andere »rules of recognition« (Bhabha 2006: 41), als Gustav sie für universal voraussetzt. Und es sind seine spezifischen, kolonialen Rules of Recognition, die den Schweizer permanent zu gravierenden Fehleinschätzungen der Situation veranlassen.

Mit Hilfe der Verführungskünste ihrer hellhäutigen Mischlingstochter Toni hat Babekan ihn, wie schon andere Flüchtlinge zuvor, in ihr Haus gelockt und sucht ihn nun solange dort festzuhalten, bis Hoango von seinen Streifzügen zurückkehrt und ihn tötet. Geschickt suggeriert sie mit den Hinweisen auf ihre und Tonis gemischte Hautfarbe eine Gemeinschaft mit den Weißen, die ihren eigenen Erzählungen widerspricht. Anders gesagt: Sie bedient den weißen Blick des ›Fremden‹ (wie ihn der Text meist nennt) und kann ihm dadurch buchstäblich vieles ›weiß‹ machen (vgl. Struck 1999). Gustav von der Ried verkennt denn auch, dass die gemischte Hautfarbe der beiden Frauen keineswegs, wie er meint, bezeugt, sie seien »mit uns Europäern in Einer Verdammniß«. (Kleist 2011: 169) Hieran zu appellieren, bekundet die Unfähigkeit des ›Fremden‹, Babekans Geschichte zu entziffern: »Euch […] kann ich mich anvertrauen; aus der Farbe eures Gesichts schimmert mir ein Strahl von der meinigen entgegen. […] Der Himmel, wenn mich nicht Alles trügt, […] hat mich mitleidigen Menschen zugeführt […].« (Ebd.)27

Man hat sich oft gefragt, wie es zu einem derart offenkundigen Missverständnis kommen konnte. Will man nicht von einer kompletten Ignoranz Gustav von der Rieds ausgehen, wird seine Fehldeutung erklärbar, wenn man zugrunde legt, dass seine Rules of Recognition nicht zuletzt durch literarische Muster geformt sind – z.B. durch die Geschichte von Inkel und Yariko. Wie Inkel auf der Flucht und wie dieser in einer »Mischung von Begierde und Angst« (ebd.: 180) agierend, appelliert Kleists ›Fremder‹ gleichfalls an das Mitleid der guten Wilden und an deren, das heißt an Tonis, vermeintliches sexuell motiviertes Entgegenkommen. Von Babekan wird er, das ist Teil ihrer Mimikry, in seinem narrativ geprägten Wahrnehmungsmuster noch bestärkt:

»Wir haben euch […] mit Gefahr unsers Lebens eine Zuflucht in unserm Hause gestattet; seid ihr herein gekommen, um diese Wohlthat, nach der Sitte eurer Landsleute, mit Verrätherei zu vergelten?« – Behüte der Himmel! erwiederte der Fremde […]. Er ergriff die Hand der Alten, drückte sie an sein Herz […]. (Ebd.: 168)

An sich spielen Schweizer im Kolonialdiskurs eher keine tragende Rolle. Vielmehr scheint diese Passage auf die Versionen der Inkel-und-Yariko-Geschichte der Schweizer Bodmer und Gessner hinzuweisen.28 Dazu passt die Anspielung auf von der Rieds Landsleute und dazu passt auch die Geste, mit der der ›Fremde‹ reagiert und auf sein Herz verweist, um so den Verdacht inkelscher ›Felsherzigkeit‹ abzuwehren. Wie Inkel nimmt er den Mischling Toni nicht als ›Fremde‹ wahr. Statt ihre kulturelle und ethnische Differenz zu erkennen und anzuerkennen, betrachtet er sie als Andere des Selben – nämlich als dunklere Version seiner ersten – weißen – Braut. Später wird er sich, wie Inkel, durch den Beischlaf mit dem einheimischen Mädchen gerettet glauben und ihr, wie Bodmers Inkel, ein gemeinsames Leben in Europa ausmalen: eine Idylle an den Ufern der Aar, mit Babekan und Gustavs Vater als Schwiegerelternpaar; eine Idylle freilich, die von Anfang an absurde Züge hat und im Paradigma der narrativen Vorlage ohnehin als leeres Versprechen gewertet werden muss. Wie Yariko glaubt sich Toni nun aber tatsächlich dem ›Fremden‹ verlobt und handelt auch entsprechend der narrativen Vorlage. Nun gehört es jedoch zum spezifisch männlichen Plot der Erzählung vom Fremden und dem Mädchen, durch den Liebesakt und Liebespakt errettet zu werden (s. Inkel), wohingegen der weibliche Plot offenkundig durch Liebesverrat geprägt ist (s. Yariko und Babekan). Kleists Text ruft dieses Schema auf und modifiziert es zugleich so, dass es zu einem unerhörten Ereignis wird und in einer Orgie der Gewalt mündet. Am Ende wird niemand gerettet und beide sind verraten.

Wie sehr der ›Fremde‹ die farbigen Frauen nach dem Modell der kolonialen Liebesgeschichte wahrnimmt, zeigt zunächst aber noch eine dritte Rachegeschichte, die einer Sklavin, die von der Ried erzählt. Da diese Sklavin sich den Wünschen ihres weißen Herrn – zu vermuten steht: den sexuellen Wünschen – »nicht willfährig gezeigt hat«, habe dieser sie »hart behandelt und nachher an einen Creolischen Pflanzer verkauft« (ebd.: 174). Was wohl bedeutet, dass das Mädchen vergewaltigt, mindestens aber geschlagen und später an einen neuen Herrn verkauft wurde, wo sie kein besseres Schicksal gehabt haben dürfte. Denn der kreolische Pflanzer gehört zu jener Schicht der freien Farbigen, die zwar Eigentümer von Land und Sklaven sein konnten, jedoch keine politischen Rechte hatten. Um ihre soziale Distinktion zu markieren, grenzten sie sich gegenüber den Sklaven besonders heftig ab und zeichneten sich durch nicht weniger Brutalität aus als die Weißen. In Kleists Erzählung gilt Babekans und Hoangos Rache daher nicht nur weißen, sondern auch kreolischen Flüchtlingen (vgl. Bernecker 1996: 33f.). Und wie Babekan und Hoango rächt sich schließlich auch die namenlose Sklavin, »jener Mißhandlungen eingedenk« (Kleist 2011: 174), an ihrem früheren weißen Herrn. Wie sie erfährt, hat dieser sich beim Ausbruch der Rebellion vor den Schwarzen versteckt. Sie leidet inzwischen am Gelbfieber und schickt nach ihm, um ihn insgeheim damit zu infizieren. Der Kolonialherr glaubt sich gerettet und wundert sich auch nicht über das plötzliche sexuelle Entgegenkommen des Mädchens – und ebenso wenig wundert sich der Erzähler von der Ried. Erklärbar ist dies nur dadurch, dass das narrative Modell der Inkel-und-Yariko-Geschichte für beide derart wirkungsmächtig ist, dass jedes davon abweichende Agieren seitens der farbigen Frau ihnen als undenkbar, als – wie der Schweizer kommentiert – »schauderhaft und merkwürdig« (ebd.) erscheint.

Dekuvriert wird mit dieser Geschichte demnach sowohl das Raster eines narrativen Modells, in dem nicht einmal ein Fluch gegenüber dem weißen Mann erlaubt ist, als auch die Art und Weise, wie die vermeintliche Natur der (schwarzen) Frau als triebhaft und sklavisch imaginiert wird.29 Nebenbei lenkt diese Geschichte den Blick jedoch auf die sexuelle Triebhaftigkeit des europäischen Mannes, denn sie erst ermöglicht die Rache der todkranken Sklavin. Sie trifft bei Kleist konsequenterweise auch nicht allein deren ehemaligen Herrn, sondern alle weißen Männer: »[G]eh und gieb das gelbe Fieber allen, die dir gleichen!« (Ebd.: 175) Und so setzt Kleists Erzählung die »unmäßigen Ausschweiffungen der Weißen mit den Negerinnen« (Chantrans 1786: 118) neben den falschen Rules of Recognition der Europäer als entscheidenden Faktor der Niederlage des französischen Heers in Szene. Denn historisch gesehen, gelten nicht allein die Siege Dessalines’ und der mit diesem verbündeten Briten als ein Grund für den Rückzug der französischen Truppen, sondern auch deren Dezimierung durch tropische Krankheiten, insbesondere durch das Gelbfieber. Kleists Erzählung lässt die künftige Unabhängigkeit der Kolonie somit auch als ein Resultat weiblicher List und Rache erscheinen. Und in gewisser Weise verweist eine solche Darstellung reflektierend und kommentierend zurück auf Galles Bild von der Eroberung Amerikas: Der imaginierten sexuellen Einladung des Eroberers entspricht die Bekämpfung und Vertreibung des Eindringlings mit sexuellen Mitteln.

Direkt im Anschluss an die Geschichte der Sklavin vergewissert sich der ›Fremde‹ beim Mädchen Toni, dass sie nicht genauso handeln würde. Er »fragte Toni: ob sie wohl einer solchen That fähig wäre? Nein! sagte Toni, indem sie verwirrt vor sich niedersah.« (Kleist 2011: 175) Und tatsächlich scheint nun das narrative Modell der kolonialen Liebesgeschichte in Szene gesetzt zu werden. Toni verliebt sich, verbringt die Nacht mit ›dem Fremden‹, fühlt sich ihm angetraut und rettet ihn mit einer List vor Hoango und Babekan, die von der Ried jedoch nicht durchschaut. Sie fesselt ihn und gibt den beiden Alten vor, den Weißen so an der Flucht gehindert zu haben, benachrichtigt aber heimlich dessen Verwandten, die im Wald warten und das Haus schließlich einnehmen. Der Schweizer glaubt sich nun, in Analogie zum weißen Plantagenbesitzer, von der farbigen Frau verraten und, so die gängige Deutung in der Kleist-Forschung, erschießt aus diesem durch Unwissenheit gespeisten Missverständnis heraus seine ›Braut‹. Man könnte aber auch sagen: Er erschießt sie, weil er sich selbst als eben jenen Plantagenbesitzer imaginiert und weil Toni aus seiner Wahrnehmung heraus nicht dem narrativen Muster der kolonialen Liebesgeschichte entsprechend handelt.

Darauf deutet insbesondere der Augenblick hin, in dem er sie, wie es heißt, »knirschend vor Wuth« (ebd.: 197) ermordet: in dem Augenblick nämlich, in dem Toni mit Seppy, einem von Hoangos Kindern, auf dem Arm in sein Zimmer tritt, und er sie angesichts dieses Anblicks als »Hure« bezeichnet: Częstochowa

[…] als Toni, den Knaben Seppy auf dem Arm, […] in das Zimmer trat. […] und ehe die Jünglinge noch wußten, was er mit dem Pistol […] anfangen wollte: drückte er [Gustav] dasselbe schon, knirschend vor Wuth, gegen Toni ab. Der Schuß war ihr mitten durch die Brust gegangen; und da sie […] noch einige Schritte gegen ihn that, und […] vor ihm niedersank: schleuderte er das Pistol über sie, stieß sie mit dem Fuß von sich, […] indem er sie eine Hure nannte […].

Vergleicht man diese Passage mit Gessner, so erscheint Toni hier ikonografisch ebenfalls als schwarze Madonna, nur eben nicht mit dem ›schönen‹ Kind des Weißen Gustav, sondern dem eines ›Negers‹.30 Die Einordnung als Hure statt als Heiliger trifft Toni demnach nicht etwa, weil sie sich Gustav vorehelich hingegeben hat, sondern weil sie ein schwarzes Kind auf dem Arm hat und ihm deshalb nicht als das ›treue Weib‹ aus Gessners Versdichtung erscheint. Tonis vermeintlicher Verrat wäre folglich ein doppelter: ein sexueller und einer, der den Plot der männlichen Rettung dementiert. Dass dies nicht so ist, dass die »treue[] Toni« (Kleist 2011: 200), wie es am Ende der Erzählung heißt, sogar vollkommen dem narrativen Vorbild entsprochen hat, erkennt von der Ried erst mit ihrem Tod. So wie er übrigens auch bei seiner ersten, weißen, Braut erst durch ihren Tod »den Inbegriff aller Güte und Vortrefflichkeit« kennenlernte (ebd.: 178).

Die Forschung hat vielfach die Kommunikationsprobleme, das Missverstehen und die Unlesbarkeit der Zeichen in der Verlobung von St. Domingo thematisiert. Ein Großteil dieser Fehldeutungen, die vor allem den weißen Protagonisten und seine Situationseinschätzungen betreffen, lässt sich, so die These dieses Beitrags, zurückführen auf das hier vorgestellte Grundmuster kolonialen Erzählens (vgl. Lützeler 2001: 41–44), das zugleich als eines europäischer Geschlechtererzählungen fungiert.

Begreift man Kultur als Entstehungsort von Systemrationalitäten und als Feld symbolischer Machtkämpfe, so kommt darin der Fähigkeit literarischer Erzählungen, Wirklichkeit narrativ zu organisieren und zu begründen, eine besondere Bedeutung zu. Am Beispiel der im 18. Jahrhundert gängigen Erzählung von der Liebesbegegnung zwischen einem nicht-europäischen Mädchen und einem weißen ›Fremden‹ lässt sich aufzeigen, wie Geschlechterkonzepte, mangelnde interkulturelle Hermeneutik und koloniale Erzählungen miteinander verwoben sind, wie Positionen der Subjekt- und Objekthaftigkeit verhandelt werden, Handlungsmöglichkeiten vorgeformt sind und alternative Geschichten – etwa von Rache – ausgeschlossen werden. Dabei geht es stets um die Terms of Trade der eigenen Kultur, niemals um die der fremden. Kleists Erzählung knüpft an diesen Diskurs an und führt sowohl die Verunsicherung vor, die entsteht, wenn kulturstiftende Narrative nicht mehr funktionieren, als auch die Gewalt, die dadurch freigesetzt wird bzw. die von diesen Narrativen selbst ausgeübt worden ist.

Anmerkungen

1  | Vgl. etwa Uerlings 1991; Charbon 1996; Gribnitz 2002; Bay 2005; Heimböckel 2008; Beil 2008.

2  | Diese These habe ich bereits auf den venezianischen Kleist-Tagen 2010 vorgestellt. Zur Delegitimierung von ›schwarzer‹ Gewalt in der Erzählung s. inzwischen aber ausführlich auch Neumeyer 2012. Rache ist freilich nicht nur im (textuellen und zeitgenössischen) Diskurs über die Schwarzen als blinde und rohe Gewalt markiert, die im Blutrausch mündet. Vielmehr ist auch Michael Kohlhaas ein Rasender, jedenfalls aus Luthers textinterner Perspektive in der gleichnamigen Erzählung von Kleist, und der weiße Pferdehändler mordet gleichfalls wahllos. Auch die Dynamik der Herrmannsschlacht entbindet sich aus einer Rachegeschichte. Es würde sich lohnen, Kleists Rache-Texte im Hinblick auf die Darstellung und (De-)Legitimierung von Gewalt sowie auf die Sympathielenkung miteinander zu vergleichen und den zeitgenössischen Diskurs über die Legitimität von Rache, Recht und Rechtsgefühl übergreifender zu rekonstruieren.

3  | Wohl aber in den zeitgenössischen Diskurs über die Anthropologie der ›Neger‹: vgl. Neumeyer 2012: 111f.

4  | Einen Überblick über die deutschsprachigen Bearbeitungen bietet auch Kunz 2007.

5  | Bereits Herbert Uerlings verweist auf den Subtext der Inkle-und Yarico-Erzählung, ohne diesen allerdings genauer in den Blick zu nehmen: Uerlings 1997: 17 u. 27.

6  | Wiederholt wurde darüber nachgedacht, warum der Protagonist der Verlobung ein Schweizer ist. Abgesehen davon, dass es ein Schweizer Bataillon in Haiti gegeben zu haben scheint (vgl. Charbon 1996: 81f.), wurde etwa spekuliert, dass der Schweizer unter französischem Kommando die politische Lage Deutschlands widerspiegele (vgl. Kontje 1999: 67–84, hier: 74). Der vorliegende Aufsatz vertritt hingegen die These, dass mit dem Schweizer Protagonisten intertextuelle Spuren gelegt wurden. Diese beziehen sich auf verschiedene Schweizer Einflüsse – neben den hier verfolgten sicher auch auf Kleists Gespräche mit Heinrich Zschokke und dessen Ausführungen im Schweizer Boten zu den Vorgängen in Haiti. Vgl. dazu Fischer 1988: 101f.; Beil 2008: 51.

7  | Theodore Galles Kupferstich gibt ein Bild Jan van der Straets wieder (Nr. 1 aus der Serie Nova Reperta).

8  | Vgl. hierzu auch Montrose 1993: 179f.; Schmidt-Linsenhoff 1998.

9  | Dafür spricht nicht zuletzt, dass Gellert, einer der Ersten, der die Inkel und Yarico-Geschichte für Deutschland adaptiert hat, das hier vorgefundene Erzählmuster von der edlen Wilden auch seinem erfolgreichen und für die Entwicklung der Empfindsamkeit bedeutsamen Roman Das Leben der schwedischen Gräfin von G*** (1747) implementiert hat (vgl. Vollhardt 1988: 240).

10  | Zu den verschiedenen Variationen vgl. Felsenstein 1999.

11  | Kritisch zu Hofers Prämissen (nicht zum Fazit) Dubiel 2007: 71.

12  | Eine Auffassung übrigens, welcher der Marquis de Sade mit seinen Schriften explizit widersprechen wird. Er treibt die Dialektik zwischen Sadismus und Empfindsamkeitsdiskurs hervor, die letztlich in den Kolonialgeschichten der Aufklärung bereits angelegt ist.

13  | Die weit verbreiteten Darstellungen der schwarzen Madonna variieren von hellbraun bis schwarz.

14  | Zu weiteren kulturellen Deutungsweisen vgl. Oleszkiewicz-Peralba 2009.

15  | Später auch Gribnitz 2002: etwa 193; ausführlich jetzt Neumeyer 2012.

16  | Vgl. dazu Wertheim 1980. Bis zum Plagiatsverdacht ähnlich argumentiert Solbrig 1990. Kritiken wie die Schubarts vermehren sich im Kontext der Französischen Revolution und verdeutlichen, dass sie keineswegs nur das Macht- und Herrschaftssystem auf fernen Kontinenten und Inseln betreffen, sondern in mehr oder weniger verdeckter Weise immer auch das absolutistische System in Europa anprangern (vgl. dazu Zantop 1999: 164–170).

17  | Die Aussagen beider Verfasserinnen sind widersprüchlich: Während Wertheim Schubarts Vaterlandschronik als einzige unmittelbare Quelle von Herders Idyllen ausmacht, benennt Zantop ausschließlich Kolb. Hier gibt es offenkundig eine Forschungslücke im Hinblick auf die Filiation der Einflüsse und Texte.

18  | Zum Topischen vgl. etwa auch das Beispiel bei Zantop 1999: 167.

19  | Die historische Seite dokumentiert Bernecker 1996: 45. Kleist datiert bekanntlich wie folgt: »[Z]u Anfange dieses Jahrhunderts, als die Schwarzen die Weißen ermordeten« (Kleist 2011: 164).

20  | So auch bei Herder 1991: 684f.

21  | Auf die hier zu konstatierende Verschränkung von individueller und symbolischer (juristischer) Gewalt verweist Ehlers 2003: 134.

22  | Die Vergewaltigungspraxis der weißen Sklavenhalter wird nicht zuletzt an der Strafe deutlich, die Sklavinnen erlitten, bei denen man vermutete, dass sie die Kinder ihrer Herren abgetrieben haben. Vgl. dazu Chantrans 1786: 103.

23  | Überhaupt wurde über die Verhältnisse auf Saint Domingo, insbesondere während der Befreiungskriege, ausführlich berichtet (vgl. Schüller 1992). Die genaue Rekonstruktion dieser intertextuellen Spuren ist für Kleists Erzählung aber meines Wissens nach bislang noch nicht erfolgt.

24  | Zum Verfahren der Mimikry als einer narrativen Strategie nicht nur Babekans, sondern des gesamten Textes vgl. auch Heckner 2001: hier bes. 233.

25  | Spivaks berühmter Essay von 1988 verweist darauf, dass die Rede der Subalternen im Kontext reduktionistischer Perspektiven und dominanter Sprechweisen nicht gehört wird. Indem sie jedoch die Redeformen der Mächtigen nutzen und wiederholen, erzeugen sie eine Kontrafaktur, welche nicht nur den Sinn, sondern auch die Subjektkonstitution in der Rede verändert – die der Mächtigen und der Subalternen.

26  | Die Sklavereikritik ist meist auch eine Feudalkritik und die Referenzen auf die Französische Revolution sowie die zeitgenössischen Ständeunruhen sind in Kleists Erzählung nicht zu übersehen – nicht zufällig ist der Weiße auch ein Adeliger. ›St. Domingo‹ ist um 1800 zu einem Topos avanciert, mit dem sich Unabhängigkeitskriege jeglicher Art verhandeln lassen und in dem sich die Achsen von Klasse, Rasse und Geschlecht metonymisch ineinander verschieben (vgl. Zantop 1999: 166).

27  | Von der Rieds Auffassung findet sich allerdings gedeckt durch die Beschreibung der Hierarchien auf Saint Domingue in Chantrans 1786: Die Mulattin sei »aus Eitelkeit eine Feindin des Africanischen Volks« und führe nicht selten das Haus ihres weißen Herrn (ebd.: 108). Sie habe »durch eine feinere und sorgfältigere Erziehung sich den europäischen Sitten mehr genähert« (ebd.: 137). Babekan, die lesen kann, Livius kennt und mit ihrer Herrin nach Paris gereist ist, könnte diesen Darstellungen einmal entsprochen haben. Aber ihre Geschichte ist längst eine andere.

28  | Zur Geschichte von Inkel und Yariko in Kleists Erzählung vgl. allgemein Lützeler 2001: 43.

29  | Die »Geilheit« der »Negerinnen« beschreibt auch Chantrans 1786: 118. »Wollüstig und ohne alle Schamhaftigkeit« üben sie ihre Macht über den weißen Mann aus (ebd.: 137).

30  | Diese Neugestaltung der Figurengruppe lohnt einen kleinen Exkurs, denn das tiefschwarze Kind bindet die hellhäutige Toni an ihre afrikanischen Ursprünge zurück. Damit rückt sie in die Nähe einer anderen Muttergöttinnen-Figur aus dem Voodoo-Kult, die aus der Resignifikation der schwarzen Madonna auf Saint Domingue hervorgegangen ist. Die historische Transformation ist in Gang gesetzt durch ein berühmtes Urbild der schwarzen Madonna, einer byzantinischen Ikone aus Częstochowa. Offenbar wurde diese von polnischen Söldnern, die zunächst im Dienste Napoleons standen, sich dann jedoch auf die Seite der Aufständischen geschlagen haben sollen, nach Saint Domingue gebracht. Die Mater Salvatoris wechselt also gewissermaßen die Fronten, so wie Toni auch, jedoch genau andersherum. Darüber hinaus wurde die schwarze Madonna religiös rekontextualisiert »and became fused with the African Mother Goddess«, blieb aber ikonografisch dem katholischen Urbild sehr nahe. Als Ezili Dantò avancierte sie zur Voodoo-Göttin, die vor allem Kinder beschützt und charakterisiert ist durch »unconventional sexuality, independence, and hard work.« (Oleszkiewicz-Peralba 2009: 110) Ob Kleist davon gewusst hat oder haben konnte, ist unbekannt. Es gäbe aber einige Parallelen zur Gestaltung Tonis und motivierte die Szene des Verkennens durch eine zusätzliche Bedeutungsebene.

Literatur

Bay, Hansjörg (2005): Germanistik und (Post-)Kolonialismus. Zur Diskussion um Kleists Die Verlobung in St. Domingo. In: Axel Dunker (Hg.): (Post-)Kolonialismus und Deutsche Literatur. Impulse der angloamerikanischen Literatur- und Kulturtheorie. Bielefeld, S. 69–96.

Beil, Johannes Ulrich (2008): Was weiß Literatur? (Post-)Koloniale Diskurse und Kleists ›Verlobung in St. Domingo‹. In: Anne Bohnenkamp/Matías Martínez (Hg.): Geistiger Handelsverkehr. Komparatistische Aspekte der Goethezeit. Göttingen, S. 37–75.

Bernecker, Walther L. (1996): Kleine Geschichte Haitis. Frankfurt a.M.

Bhabha, Homi K (2005): Signs taken for wonders. In: Bill Ashcroft/Gareth Griffiths/Helen Tifin (Hg.): The Post-Colonial Studies Reader. Second Edition. London/New York, S. 38–43.

Bodmer, Johann Jacob (1988): Inkel und Yariko. In: Heide Hollmer u.a. (Hg.): Deutsche Erzählungen des 18. Jahrhunderts. Von Gottsched bis Goethe. München, S. 43–47.

Chantrans, Justin Girod de (1786): Reisen eines Schweizers in verschiedene Kolonien von Amerika während dem letztern Krieg. Leipzig.

Charbon, Rémy (1996): Der ›weiße‹ Blick. Über Kleists Verlobung in St. Domingo. In: Kleist-Jahrbuch, S. 77–88.

Dubiel, Jochen (2007): Dialektik der postkolonialen Hybridität. Die intrakulturelle Überwindung des kolonialen Blicks in der Literatur. Bielefeld.

Ehlers, Monika (2003): »Wer bist du«? Performanz, Gewalt und Begehren in Kleists Erzählung ›Die Verlobung in St. Domingo‹. In: Dies./Eva Lezzi (Hg.): Fremdes Begehren. Transkulturelle Beziehungen in Literatur, Kunst und Medien. Köln, S. 132–145.

Felsenstein, Frank (Hg.; 1999): English Trader, Indian Maid. Representing Gender, Race, and Slavery in the new World. An Inkle and Yarico Reader. Baltimore.

Fischer, Bernd (1988): Ironische Metaphysik. Die Erzählungen Heinrich von Kleists. München.

Gelzer, Florian (2004): Inkle und Yarico in Deutschland. Postkoloniale Theorie und Gattungsgeschichte im Konflikt. In: German Quarterly 77, H. 2, S. 125–144.

Gessner, Salomon (1988): Inkel und Yariko. In: Heide Hollmer u.a. (Hg.): Deutsche Erzählungen des 18. Jahrhunderts. Von Gottsched bis Goethe. München, S. 48–51.

Gilman, Sander (1982): On Blackness without Blacks: Essays on the Image of the Black in Germany. Boston (MA).

Gribnitz, Barbara (2002): Schwarzes Mädchen, weißer Fremder. Studien zur Konstruktion von ›Rasse‹ und ›Geschlecht‹ in Heinrich von Kleists Erzählung Die Verlobung in St. Domingo. Würzburg.

Heckner, Elke (2001): Zur Ambivalenz kolonialer Mimikry in Kleists ›Verlobung in St. Domingo‹. In: Kleist-Jahrbuch, S. 226–244.

Heimböckel, Dieter (2008): Zugängliche Unzugänglichkeit. Heinrich von Kleists Topographie des Fremden. In: Achim Geisenhanslüke/Georg Mein (Hg.): Grenzräume der Schrift. Bielefeld, S. 95–110.

Herder, Johann Gottfried (1991): Briefe zur Beförderung der Humanität. In: Ders.: Werke in zehn Bänden. Hg. v. Martin Bollacher u.a. Bd. 7. Hg. von Dietrich Irmscher. Frankfurt a.M.

Hofer, Hermann (2000): Befreien französische Autoren des 18. Jahrhunderts die schwarzen Rebellen und die Sklaven aus ihren Ketten? oder Versuch darüber, wie man den Guten Wilden zur Strecke bringt. In: Thomas Koebner/Gerhard Pickerodt (Hg.): Die andere Welt. Studien zum Exotismus. Frankfurt a.M., S. 137–170.

Kleist, Heinrich von (2011): Die Verlobung in St. Domingo. In: Ders.: Sämtliche Werke und Briefe. Auf der Grundlage der Brandenburger Ausgabe hg. v. Roland Reuß u. Peter Staengle. Bd. 2. München, S. 164–200.

Kontje, Todd (1999): Passing for German. Politics and Patriarchy in Kleist, Körner, and Fischer. In: German Studies Review 22, S. 67–84.

Kunz, Isabel (2007): Inkle und Yariko. Der Edle Wilde auf den deutschsprachigen Bühnen des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Diss. München; online unter: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/6921/1/Kunz_Isabel.pdf [Stand: 31. Mai 2014].

Lützeler, Paul Michael (2001): Verführung und Missionierung. Zu den Exempeln in Die Verlobung in St. Domingo. In: Ders./David Pan (Hg.): Kleists Erzählungen und Dramen. Neue Studien. Würzburg, S. 35–48.

Montrose, Louis (1993): The Work of Gender in the Discourse of Discovery. In: Stephen Greenblatt (Hg.): New World Encounters. Berkeley/Oxford, S. 177–217.

Neumeyer, Harald (2012): »Neger-Empörung«. Zur Legitimierung von Gewalt in Heinrich von Kleists Die Verlobung in St. Domingo. In: Nicolas Pethes (Hg.): Ausnahmezustand. Neue Lektüren zu Heinrich von Kleist. Göttingen, S. 89–130.

Oleszkiewicz-Peralba, Malgorzata (2009): The Black Madonna in Latin America and Europe: Tradition and Transformation. Albuquerque (NM).

Scheer, Monique (2002): From Majesty to Mystery: Change in the Meanings of Black Madonnas from the Sixteenth to Nineteenth Centuries. In: The American Historical Review 107, H. 5, S. 1412–1440; online unter: www.academicroom.com/article/majesty-mystery-change-meanings-black-madonnas-sixteenth-nineteenth-centuries [Stand: 31. Mai 2014].

Schmidt, Jochen (2003): Heinrich von Kleist. Die Dramen und Erzählungen in ihrer Epoche. Darmstadt.

Schmidt-Linsenhoff, Viktoria (1998): Amerigo erfindet America. Zu Jan van der Straets Kupferstichfolge »Nova Reperta«. In: Heide Wunder/Gisela Engel (Hg.): Geschlechterperspektiven. Forschungen zur Frühen Neuzeit. Königstein, S. 372–394.

Schüller, Karin (1992): Die deutsche Rezeption haitianischer Geschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Köln/Weimar/Wien.

Schülting, Sabine (1997): Wilde Frauen, fremde Welten. Kolonisierungsgeschichten aus Amerika. Reinbek b. Hamburg.

Solbrig, Ingeborg H. (1990): Herder and the »Harlem Renaissance« of black culture in America: the case of the »Neger-Idyllen«. In: Kurt Müller-Vollmer (Hg.): Herder Today. Contributions from the International Herder Conference, November 5–8, 1987, Stanford (CA): Conference Proceeding. Berlin, S. 402–414.

Spivak, Gayatri Chakravorty (2007): Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Übers. aus d. Engl. v. Alexander Joskowicz u. Stefan Nowotny. Wien.

Steele, Richard (1965): Tuesday, March 13 [1711]. In: Joseph Addison/Ders.: The Spectator. Hg. v. Donald F. Bond. Bd 1. Oxford, S. 47–51.

Struck, Wolfgang (1999): Schwarz-Weiß-Rot, oder: »Lernt des Verräters Mitleid auf Domingo«. ›Die Verlobung in St. Domingo‹ zwischen Befreiungskrieg und Kolonialismus. In: Kleist-Jahrbuch, S. 203–214.

Titus Livius: Ab Urbe Condita. In: Römische Geschichte – Von der Gründung der Stadt an. Übersetzt v. Otto Güthling. Hg. v. Lenelotte Möller. Wiesbaden 2009.

Uerlings, Herbert (1991): Preußen in Haiti? Zur interkulturellen Begegnung in Kleists Verlobung in St. Domingo. In: Kleist-Jahrbuch, S. 185–201.

Ders. (1997): Poetiken der Interkulturalität. Haiti bei Kleist, Seghers, Müller, Buch und Fichte. Tübingen.

Vollhardt, Friedrich (1988): Inkel und Yariko. In: Heide Hollmer u.a. (Hg.): Deutsche Erzählungen des 18. Jahrhunderts. Von Gottsched bis Goethe. München, S. 233–243.

Voß, Johann Heinrich (1825): Sämtliche Gedichte. Teil 2. Königsberg.

Wegmann, Nikolaus (1994): Was heißt einen ›klassischen Text‹ lesen? Philologische Selbstreflexion zwischen Wissenschaft und Bildung. In: Jürgen Fohrmann/Wilhelm Vosskamp (Hg.): Wissenschaftsgeschichte der Germanistik im 19. Jahrhundert. Stuttgart, S. 334–350.

Wertheim, Ursula (1980): Christian Friedrich Daniel Schubarts Artikel zum Kolonial- und Sklaverei-Problem und Herders ›Neger-Idyllen‹. In: Walter Dietze (Hg.): Herder-Kolloquium 1978. Referate und Diskussionsbeiträge. Weimar, S. 376–386.

Zantop, Susanne M. (1999): Kolonialphantasien im vorkolonialen Deutschland (1770–1870). Berlin.

Next Chapter
Wilhelm Raabes ›schöne Jüdinnen‹ – Interkulturelle Bewertungen von Ethik und Ästhetik in literaturwissenschaftlichen Textanalysen (Jan Süselbeck)
PreviousNext
This text is licensed under a CC BY-NC-ND 4.0 license.
Powered by Manifold Scholarship. Learn more at manifoldapp.org