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Zeitschrift für interkulturelle Germanistik – 9. Jahrgang, 2018, Heft 2: Interkulturelle Mediävistik: Den Tristan-Roman ›re-texten‹ – Einige Thesen zu den Retextualisierungsstrategien in den in Böhmen entstandenen und rezipierten Tristan-Dichtungen (Kristýna Solomon)

Zeitschrift für interkulturelle Germanistik – 9. Jahrgang, 2018, Heft 2: Interkulturelle Mediävistik

Den Tristan-Roman ›re-texten‹ – Einige Thesen zu den Retextualisierungsstrategien in den in Böhmen entstandenen und rezipierten Tristan-Dichtungen (Kristýna Solomon)

Den Tristan-Roman ›re-texten‹

Einige Thesen zu den Retextualisierungsstrategien in den in Böhmen entstandenen und rezipierten Tristan-Dichtungen1

Kristýna Solomon

Abstract

This paper deals with chosen aspects of retextualisation strategies, shown in the example of Gottfried’s epigones. The leading question is the relationship between the so-called »materia« and »artificium«, whereby different statements concerning the dichotomy are to be presented. As the artistic intentions are often presented in the prologues, we point out the different positions of Ulrich and Heinrich, who completed Gottfried’s novel. The perception of the »materia« by the Czech »interpreter« is to be illustrated by the example of the potion-episode.

Title:

The Tristan-Novel Re-Texted. Various Theses to the Retextualisation Strategies in the Tristan-novels Connected to Bohemia

Keywords:

retextualisation; Ulrich von Türheim (ca. 1195-ca. 1250); Heinrich von Freiberg (um 1300); Old Czech Tristan-novels; potion-episode

Einleitung

Verfolgt man den um die Positionierung der germanistischen Mediävistik im Kontext verwandter Geisteswissenschaften kreisenden zeitgenössischen Diskurs, werden Interdisziplinarität und Interkulturalität (vgl. Goetz / Jarnut 2003), welche das Fach prägen, als Instrumente bzw. Argumente eingesetzt, die Relevanz der Disziplin auszuloten. Die in den 70er Jahren von Jauss (vgl. Jauss 1977) postulierte Theorie, welche das Mittelalter als das »negativ Andere« stigmatisiert hat, provoziert bis heute zahlreiche Mittelalterforscher zu Wortmeldungen. Konferenzsammelbände (vgl. z.B. Becker / Mohr 2012; Braun 2013) und Aufsätze (z.B. Bachorski 1989; Goetz 2003; Schnell 2013), welche die Problematik des Bruchs oder Kontinuums besprechen, liefern dafür einen hinreichenden Beweis. Schnell bezeichnet in dem den Band Wie anders war das Mittelalter eröffnenden Aufsatz Alterität der Neuzeit: Versuch eines Perspektivenwechsels die Alterität als ein überlebtes Modell und plädiert für eine Revision des Mittelalterbildes (vgl. Schnell 2013: 41-52). Als geeignetes Mittel, welches dazu verhilft, die derzeit tief verwurzelten Pauschalisierungen und Schematisierungen zu eliminieren und das Verhältnis zwischen dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit neu zu definieren, bietet sich eine intensive Wieder- oder Weiterbeschäftigung mit den basalen Konzepten der (mediävistischen) Literaturwissenschaft und -theorie, wie beispielsweise dem Autor- / Textstatus, an, welche logischerweise erst nach einer gründlichen und weiter vertiefenden Untersuchung des Textmaterials erfolgen kann (vgl. ebd.: 41-51).

Herweg postuliert im Aufsatz Alterität und Kontinuität, dass die nicht selten bloß aus der sprachlichen Andersartigkeit resultierende Fremdheit, welche man als Symptom mangelnder Modernität interpretieren will, eine Chimäre sei. Er plädiert unter anderem dafür, das transkulturelle Potential der Mediävistik zu nutzen und dieses nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre in die Praxis umzusetzen, denn »alt« sei ja nicht synonym für »veraltet« (Herweg 2017: 21).2

Die nach Schnell vorherrschende Tendenz, das Mittelalter und die Neuzeit als kontrastive, jeweils unterschiedlich konnotierte Epochen zu betrachten, lässt sich anhand der Schwellentexte in Frage stellen. Dass es problematisch ist, eine zeitliche sowie räumliche Grenzlinie (also die Frage der Zuordnung solcher Texte zur jeweils nationalen Philologie) zu ziehen, wird nämlich an solchen Beispielen deutlich. Der folgende Beitrag sieht sich nun als die Diskussion vorantreibendes Plädoyer für das Miteinbeziehen der scheinbar marginalen, anderen Philologien angehörenden Texte in die mediävistischen Kerndebatten unter besonderer Berücksichtigung von Retextualisierungsstrategien.

Der alttschechische Tristan-Roman ist in vielerlei Hinsicht ein Paradebeispiel für einen solchen Schwellentext. Datiert wird der Roman in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, zeitlich deckt er sich mit der Regierungszeit Karls IV. oder dessen Sohns (Wenzel IV.). Diese Ära darf aus politisch-ökonomischer sowie kultureller Perspektive als Blütezeit bezeichnet werden. Die Gründung der Prager Universität(-sbibliothek) hat zur enormen Zirkulation des Schrifttums in Böhmen beigetragen. Der literarische Betrieb der Zeit war heterogen. Weltliche Stoffe wurden aus ›Deutschland‹ importiert, Texte mit höfisch-ritterlicher Thematik, welche Ende des 14. Jahrhunderts westlich von Böhmen längst ›verklungen‹ ist, waren immer noch populär. In Bezug auf den besprochenen Text sind folgende literarische Denkmäler relevant: Tandariáš a Floribella, Vévoda Arnošt, Malá růžová zahrada, Štifríd a Bruncvík, Legenda o sv. Kateřině. Um den Schwellenstatus der oben aufgelisteten Texte deutlich zu machen, sei erwähnt, dass der Ackermann, welcher als repräsentatives Beispiel des Humanismus in die Lehrbücher eingegangen ist, etwa 30 Jahre später entstanden ist.

Medientheoretisch gehören die oben erwähnten Texte noch der vormodernen Ära – d.h. der ›Handschriften-Zeit‹ – an. Der Tristan-Roman wird in zwei aus dem 15. Jahrhundert stammenden Handschriften überliefert, welche wohl spätere Abschriften einer Vorlage sind. Die Handschrift A, eine Sammelhandschrift (inkl. Trojachronik, Mandeville, Dalimil und Tkadleček), wird in der Strahover Bibliothek aufbewahrt (Codex D G III), die Handschrift B liegt in Brünn.

Formal sind alle erwähnten Texte durch die Auflösung des Verses (›bezrozměrný verš‹, Vers mit unregelmäßiger Silbenzahl) geprägt, welche eine doppelte Zäsur signalisiert. Erstens den Übergang zur Prosa, zweitens die Erweiterung des Rezipientenkreises. Es ist jedoch nicht uninteressant, dass dem Tristan-Stoff die Aufnahme in die Volksbücher, die im deutschen Bereich erfolgt, verweigert geblieben ist (vgl. Baumann 1978: 155).

Der zweite Bereich, dem ich mich – im Hinblick auf den alttschechischen Roman – zuwenden möchte, betrifft separate poetologische Fragen, vornehmlich Fragen nach den Retextualisierungsstrategien. In dieser Hinsicht sind in erster Linie diejenigen Debatten zu erwähnen, welche um das Phänomen des Wiedererzählens kreisen.

In der einleitenden Studie zum Thema hat Worstbrock Wiedererzählen als »die fundamentale, allgemeinste Kategorie mittelalterlicher Erzählpoetik« klassifiziert und versucht, diese vom Übersetzen zu unterscheiden: »Wiedererzählen ist nicht Übersetzen.« (Worstbrock 1999: 130)

Dabei sieht er beide Verfahren als Phänomene »verschiedener Historizität« – hier wäre die Zäsur der Anfang des Humanismus –, welche sich durch folgende Merkmale unterscheiden:

  • Die Übersetzer seien sich der sprachlichen und stilistischen Äquivalenz von Ausgangstext und Zieltext bewusst. »Übersetzung soll sein präzise Wiederholung eines Originals in einem anderen grammatischen und lexikalischen Code.« (Ebd.: 130f.)
  • Der Übersetzer erkenne die Autorität des Ausgangstextes als Ganzes an.
  • Autoren der Ausgangstexte werden von den Übersetzern als alleinige Urheber anerkannt (vgl. ebd.).

Der Wiedererzähler unterscheide sich vom Übersetzer nach Worstbrock dadurch, dass der Erstere einer vorgegebenen unantastbaren ›materia‹ (Stoff), welche er nach seiner freien (jedoch reflektierten) Entscheidung wähle und nicht als seinen Besitz wahrnehme, eine Form verleiht (vgl. ebd.: 138), wobei zu vermerken ist, dass die Skala der Äquivalenz zwischen dem Ausgangstext und dem Zieltext von vornherein unterschiedlich definiert ist.

Mit der Unterscheidung zwischen ›materia‹ und ›artificium‹ bietet Worstbrock jedoch keine operationalisierbaren Kategorien an. Lieb weist mit Recht darauf hin, dass der Stoff als »identitätsgarantierende« Größe (Lieb 2005: 358) klar definiert und vom ›artificium‹ deutlich abgegrenzt werden sollte. Der Stoff kann – nach Lieb – als solcher definiert werden, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:

  1. Der Stoff ist bekannt, ist Teil des kollektiven Gedächtnisses.
  2. Der Stoff ist kurz und einfach (dies bringt uns jedoch auch nicht weiter).
  3. Die Gebrauchssituation des Stoffes ist eindeutig.

Am Textkorpus des klassischen Romans lässt sich ausreichend demonstrieren, dass die Reduktion des mittelalterlichen Autors auf den Formgeber (vgl. Worstbrock 1999: 139) fehl am Platz ist. Es gibt kaum Autoren, welche sich »mit der Wiedergabe des bloßen Stoffes« (Lieb 2005: 362) zufriedengeben.

Im Folgenden konzentriere ich mich auf zwei Beispiele aus der Tristan-Tradition, welche die Dichotomie ›materia‹ vs. ›artificium‹ jeweils unterschiedlich ausspielen. In der mittelalterlichen Epik dienen Prologe als programmatische Wegweiser, Orientierungspfeile, welche die Teleologie des Werkes veranschaulichen, die künstlerische Absicht des Verfassers vor Augen führen und dadurch (in)direkt das Selbstverständnis des ›Autors‹ auf der Skala Übersetzer / Bearbeiter darbieten. Dementsprechend werden zwei Tristan-Prologe analysiert: Der eine stammt von Ulrich von Türheim und der andere von Heinrich von Freiberg. Weiter versuche ich das Umdeutungspotential der ›materia‹ am Beispiel der Minnetrank-Episode im alttschechischen Tristan-Roman exemplarisch zu zeigen.

1. Ulrichs Prolog

Zu Beginn des Prologs beklagt Ulrich Gottfrieds Tod, der vermutlich den fragmentarischen Charakter des Tristan verursacht hat. Ulrich hat sich vorgenommen, sein Werk so gut wie möglich zu Ende zu schreiben:

sô hân ich mich genomen an,

als ich aller beste kan,

daz ich diz buoch biz an sîn zil

mit sprüchen vollebringen wil. (Zit. n. Kerth 1979: v. 21-24)3

Die Vollendung wird als Programm (dazu vgl. Strohschneider 1999: 32) formuliert, wobei sich Ulrich als Fortsetzer Gottfrieds definiert, welcher dis buoches begunde4 (Kerth 1979: v. 5). Dass sich Ulrich als Teil einer Tradition versteht, ist offensichtlich. Der Bericht über den Tod evoziere – laut Schausten – eine »fiktive zeitliche Nähe«, wobei sowohl der Verfasser als auch das Publikum Mitglieder derselben Trauergemeinde seien (Schausten 1999: 212). Darüber hinaus wird ein Bogen gespannt zwischen dem Tod als Ausgangspunkt des Textes und dem Tod als dessen Ziel. Die Strategie ähnelt derjenigen von Gottfried, welcher den Prolog mit der Handlungsebene verbindet. Der Tod Gottfrieds legitimiert nun die Fortsetzung, die Existenz eines Auftraggebers setzt diese in Gang: Das Werk schreibt Ulrich im Auftrag von Konrad von Winterstetten. Den Fragmentcharakter der Vorlage kann man auf zweierlei Weisen verstehen: erstens negativ als unvollendete Kunst, zweitens positiv als eine Herausforderung zu einem alternativen Weitererzählen (vgl. ebd.: 216).

2. Heinrichs Prolog

Eingangs preist Heinrich Gottfrieds Kunst, der er sich nicht gewachsen fühlt; dennoch nimmt er sich vor, sein Werk zu vollenden:

so han ich mich genumen an,

ich tummer kunstenloser man,

daz ich ez vol bringen wil (zit. n. Buschinger 2004: v. 45-47).5

Er hofft, Gott werde ihm die Zeit schenken, um den Auftrag beenden zu dürfen. Wie Ulrich, nennt auch Heinrich seinen Mäzen, den böhmischen Adeligen Reymunt von Lichtenburg. Im Prolog wird keine andere Quelle außer Gottfried angegeben. Erst am Schluss des Werkes wird Thomas von Britannien erwähnt, was die Forschung nicht ohne Beachtung ließ. Gottfried gibt Thomas als seine Quelle an, ohne dass man ihm die Kenntnis dieses Textes tatsächlich nachweisen kann. Daher schließe ich mich derjenigen Linie der Forschung an, welche den Hinweis auf Thomas als »Quellenfiktion« interpretiert (dazu Tomasek 2007: 293).

als Thomas von Britania sprach

von den zwein suzen jungen

in lampartischer zungen,

also han ich uch die warheit

in dutsche von in zwein geseit. (Zit. n. Kerth 1979: v. 6842-6846)6

Fasst man den Prolog Heinrichs ins Auge, fallen folgende Aspekte auf: Heinrich beklagt in erster Linie explizit den Verlust eines großen Künstlers, der emotionale Aspekt (der Verlust eines Menschen) scheint geringfügig zu sein. Die sprachliche Meisterschaft des Vorläufers, der man sich anzunähern bemüht, wird akzentuiert. Dies veranlasst zur Frage, ob Heinrich gezielt die drei Ebenen voneinander trennt, d.h. die sprachliche, narratologische und ideologische. Schausten bemerkt dazu: »Dem Aufbau dieses scharfen Kontrasts zwischen der sprachlichen Vollkommenheit Gottfrieds und den dahinter zurückbleibenden Fähigkeiten des Erzählers sind Heinrichs Eingangsverse nahezu ausschließlich gewidmet« (Schausten 1999: 276).

Wäre dem so, dann darf angenommen werden, dass Heinrich bereits im Prolog eine Distanz zur narrativen sowie ideologischen Ebene des Gottfried’schen Textes ausdrückt.7 Dass sich Heinrich als »kunstenloser man« definiert, könnte dementsprechend als fingierte Demutsfloskel interpretiert werden. Bernt behauptet, dass Heinrich ein wohl belesener Autor war, der von Wolfram und Gottfried lernte, und vielleicht war er sich seiner Vorzüge auch bewusst (vgl. Bernt 1906: 24). Darüber hinaus war er kein Anfänger, als er den Tristan gedichtet hat. Ich stimme Schausten zu: »Die Fülle an Bescheidenheitsfloskeln, die Heinrich seinem Erzähler in den Mund gelegt hat, können indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erzähler sich selbst weit mehr in den Mittelpunkt des Dichtungsanfanges stellt als den so verehrten Gottfried.« (Schausten 1999: 277)

Die These, dass es Heinrich in erster Linie um eine perfekt gemeisterte formale Gestaltung seines Werkes ging, bestätigt auch Wessel durch die Auslegung der Kleidermetaphorik. In Heinrichs Prolog wird nämlich das Verhältnis des Sinns (›sin‹, ›materien‹) zum formalen Schmuck (›wat‹) angesprochen. Während für Gottfried das Gewand als Metapher für das Ganze, d.h. Form und Inhalt, fungiert, scheint Heinrich beide Ebenen voneinander zu trennen: »Nicht mehr die gesamte Dichtung ist hier Schmuck, sondern nur noch ihre Oberfläche; ja, die Kleidungsmetapher […] könnte die Ablösbarkeit dieses Oberflächenschmucks vom Körper der ›materien‹ […] implizieren.« (Wessel 1984: 31)

3. Der Minnetrank im alttschechischen Tristram

Der Minnetrank stellt einen essenziellen Bestandteil des Stoffes dar. Es herrscht in der Forschung Konsens darüber, dass die Wahrnehmung der Tristan-Isolde-Minne von der Rolle des Minnetranks abhängig ist. Dabei oszilliert der Trank zwischen der Funktion als Ursache der Liebesbeziehung und bloßem Besiegelungsmittel. Der Status des Trankes und damit der Status der Liebe variiert aber nicht nur in den deutschen Fassungen erheblich.8 Im Folgenden wird untersucht, wie der Dichter der alttschechischen Tristan-Version zu dieser Problematik steht.

Die These, dass die Liebe bereits vor dem Trank existiert habe, ist bei den Gottfried-Forschern auf Resonanz gestoßen. Die Frage nach deren Gültigkeit bietet sich logischerweise auch für den tschechischen Roman an. Thomas tastet diese Problematik an, wobei er sich auf die Drachenkampf-Episode konzentriert, in der der tschechische Verfasser eine, sicherlich nicht unbedeutende, Information hinzufügt: Tristan tötet den Drachen und freut sich über den Sieg, weil er für Isolde viel riskiert habe. Es wird nun impliziert, dass die Liebe vor dem Trank eine nicht unplausible Möglichkeit darstellt:

These lines [1857-59] imply that Tristram has gained Izalda for himself, obviously a nonsense in the context of the story as a whole. But the omission of Mark from the emotional triangle at this point is consistent with the author’s tendency to give the lovers greater prominence than they enjoy in the sources. (Thomas 1985: 263)

Der Trank per se, dessen Wirkung und Fatalität, wird im ersten, nach Eilhart gedichteten, Teil des Tristrams thematisiert. Zum ersten Mal wird der Trank in dem Moment erwähnt, in dem ihn die Königin Brangäne übergibt und sie ausführlich über dessen Anwendung instruiert:

Králová pak pomeškavši málo

vzemši jedno pitie, Brangeneně je da

i vecě jí, aby to s sebú vzala,

aby jím nehýbal ižadný:

»jedno tvój život ladný.

A to, milá panno, opatř dobře,

kdyžto má dci a jejie muž v komořě

spolu budu chtieti spáti,

račiž toho neobmeškávati:

dajž jim toho pitie píti

a kaž jim všechno vypiti!

Toť tvá ctnost ohraditi musí,

ať jeho ižádný jiný neokusí. (Zit. n. Bamborschke 1968: v. 1819-1831)9

Nachdem sie den Trank zu sich genommen haben, verfallen beide Protagonisten einer rückhaltlosen Leidenschaft.

Pro to pitie byli jsú sobě míli,

že, ač by sě kdy rozlúčili

jednoho téhodne spolu nemluviec,

milostěmi musili by umřieti nechtiec:

To přicházělo od toho pitie nemylně;

neb jest bylo připraveno silně. (Ebd.: v. 1850-1855)10

Der tschechische Verfasser gibt die Vorlage mit kleinen Nuancen wieder: Innerhalb der Wirkungsfrist, welche insgesamt vier Jahre umfasst, dürfen die beiden keinen halbin tag (nach Eilhart) bzw. keinen Tag (im alttschechischen Text) ohne einander verweilen, sonst würden sie von einer Krankheit befallen. Die Krankheitssymptomatik wird im alttschechischen Text unterschiedlich verteilt (on bledý ona črvena, »er war blass, sie war rot«; ebd.: v. 1900), während in Eilharts Roman beide blaich und rovt (»blass und rot«, zit. n. Buschinger 2004: v. 2475) waren. In der Forschung ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der tschechische Dichter des ersten Teiles der Vorlage treu folge. Im Hinblick auf die Minnetrank-Episode fallen jedoch zahlreiche Auslassungen auf, welche die Liebessymptomatik thematisieren und darüber hinaus Liebe als Krankheit klassifizieren:

sÿ wurden do baid

vil anderß gebauren,

wann sie vor gewon wauren.

sÿ wurden haiß und kalt,

ir angesicht waß manigvalt

und daß gÿschen, daß sie tautten. (Ebd.: v. 2488-2493)11

Und weiter:

ja bin ich inneglichen frow,

ob er mir will lieb wesen.

avn in mag ich nit genesen:

er nimpt mir spiß und tranck.

ja wird ich schier so kranck

daß ich verliesen muoß den lib.

waß sol ich armeß wib? (Ebd.: v. 2518-24)12

Man kann konstatieren, dass die Konzeption der Liebe als Krankheit dem Tschechen fremd war: »The mysterious effect of the potion in Eilhart resembles the symptoms of an illness. In the Czech version there is no trace of this at all.« (Thomas 1985: 267)

Ein weiterer Unterschied ergibt sich daraus, dass Eilharts Isolde etwa 17 Zeilen beansprucht, um die Tugenden Tristans aufzulisten, was ihre (beinahe) pathologische Zuneigung rechtfertigen soll:

ich erkenn sin tugent wol:

he ist biderb und guot,

schön und wol gemuot,

warhaft und wol gezogen,

siner sÿnn unbetrogen.

er wirbt gern umb ere.

waß sol der red mere?

er ist der túrst man,

den frowen lib ÿe gewan,

an rainen tugenden volkumen:

wann ich eß dick hon vernomen,

deß ist im min hertz hold.

er ist besser dann gold,

sam daß silber fúr daß blÿ.

ob er mir nit lieb sÿ?

ja, durch sin frúmkait

er ist mir lieb und laid. (Zit. n. Buschinger 2004: v. 2536-2552)13

Die Isolde des Nachfolgetextes beschränkt sich jedoch auf die Konstatierung, dass Tristan die Ehre im Kampf bewahren könne; sie übernimmt das Blei-Gold-Gleichnis, um Tristans Vorzüge zu illustrieren, und fügt hinzu, dass alle anderen wie Kot (bláto) seien im Vergleich zu Tristan. Über ihn weiter zu reden, wäre eine Zeitverschwendung: Čemu jest té řeči viece? / Nechme toho tak mlčiece!14 (Zit. n. Bamborschke 1968: v. 1957f.) Die Ökonomisierungstendenz umfasst auch jene Passage, welche in der Forschung als »die modernste Partie« (Wolff 1980: 415) des Eilhart’schen Textes bezeichnet wird – den Isoldenmonolog.15 Es handelt sich um eine Minnereflexion, in welcher Isolde über die Auswirkungen der Minne spricht und Liebe als Krankheit definiert:

Minn, minem hertzen

tuostu grovssen schmertzen.

Minn, din grovß gewalt

macht mir baid haiß und kalt.

Minn, ich bin dir under getovn:

gnavd macht du an mir begovn.

Minn, ich suoch dinen fuoß,

daß du mir sorg machest buoß.

Minn, ich mag nit geneßen,

wiltu mir ungnedig weßen.

wiltu mich hassen, Minn,

so entwichent mir min sinn.

Minn, gnaud mir in zit,

e wenn ich verließ den lib

wiltu mir gnauden, Minn,

in zit daß du beginn.

Minn, du magst mich verderben

und din dirnen ersterben. (Zit. n. Buschinger 2004: v. 2645-2662)16

Es herrscht keine Einigkeit darüber, warum der tschechische Verfasser die Zwiesprache nicht in seinen Text integriert hat. Ich folge nicht unbedingt Bamborschkes These, dass der Autor die Botschaft nicht verstanden habe (vgl. Bamborschke 1969: 6). Wenn man die erzählerische Strategie des Verfassers ins Auge fasst, scheint es plausibler zu sein, dass der Monolog absichtlich ausgespart worden ist. Die Minnereflexion lenkt nämlich von der eigentlichen Handlung ab, und darüber hinaus reflektiert sie die ideologische Fixierung des tschechischen Romans nicht: »The allegorisation of love does not form part of the Czech courtly love code and so the whole passage is reduntant.« (Thomas 1985: 265)

In der Szene, in welcher Brangäne in der Liebesnacht für Isolde einspringen soll, wird der »unselige Trank« ausgespart. Es ist nicht unbedeutend, dass Eilhart den Betrug mit Brangäne als großes Versagen Tristans betrachtet, jedoch entschuldigt er sein Handeln gerade durch die Macht des Trankes (der gar unselig tranck / hett eß dar zuo braucht17 (Buschinger 2004: v. 2969f.). Weil der Tscheche eben in diesem Moment die Vorlage wechselt und die Macht des Trankes nicht erwähnt, wird die moralische Entlastung Tristans nicht impliziert. Die Macht des Trankes scheint anderswo zu liegen: Einige Kapitel später verweilt Tristan bei den Artusrittern und wird von unersättlicher Sehnsucht nach Isolde überfallen. In der darauf folgenden Mehlepisode wird das unvernünftige Handeln Tristans, welcher Isolde geheim ausfindig macht und dadurch seine Ehre und gleichzeitig auch den Ruf der Artusgesellschaft aufs Spiel setzt, der Wirkung des Trankes zugeschrieben (než toho pitie přemocná síla / po všě časy jeho nutila, / že jako bez rozumu bieše / a nižádné hrózy sě nebojieše, ebd.: v. 4028-4031; »allein dieses Trankes übermächtige Kraft zwang ihn für alle Zeiten, dass er ohne Verstand war und vor nichts Schrecklichem sich fürchtete«). Wegen des Trankes empfindet der Held keine Angst, was ihn zu riskanten Handlungen verleitet.

Zum vorletzten Mal wird der Trank im tschechischen Roman in der Waldepisode erwähnt, wo dessen Wirkung – hier wieder im Einklang mit Eilhart – nach vier Jahren zu Ende ist. In diesem Moment dient die Bemerkung über das Nachlassen der Wirkung als Rechtfertigung des Abschieds. Jedoch ist der Verzicht lediglich vorübergehend, die Liebe ist nun nicht von der Macht des Trankes abhängig: »Die Macht des Liebestrankes ist letztlich auch nur eine der Gegebenheiten, mit denen sich der Held auseinanderzusetzen hat, nur daß er hier insgesamt unterliegen muß und schon froh sein kann, wenn er sich den in einzelnen daraus entstehenden Intrigen und Verfolgungen zu entziehen vermag.« (Bamborschke 1969: 128)

Am Ende des Romans wird der Trank nur in Kurvenals Rede erwähnt, welche den Irrtum auf dem Meer rekapituliert und die Liebe vor Marke rechtfertigen soll.

4. Minnetrank und Minneideologie: zusammenfassender Überblick

Es lässt sich nun beobachten, dass der Tscheche das von den Vorlagen völlig ausgeschöpfte Potential, den Trank als Rehabilitierungsversuch einzusetzen, nur eingeschränkt zur Geltung bringt. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Tendenz des tschechischen Verfassers, den Trank zu entmythologisieren, vorherrschend ist. Obschon die Minnetrankepisode nach Eilhart erzählt wird, fehlt der für Eilhart konstitutive Akzent des Mysteriösen und Übernatürlichen: Die Erzählung impliziert, dass der Funke in Irland übergesprungen sei, die Beziehung geht nach der vordefinierten Wirkungsfrist nicht zu Ende. Die Abhängigkeit der Liebesbeziehung vom magischen Trank wird nun relativiert. Es ist nicht uninteressant, dass der Trank nur dann als Rehabilitierungsmittel zum Einsatz kommt, wenn er von anderen thematisiert wird. In den Reden der Hauptprotagonisten bleibt er absent, weil er als Rechtfertigung nicht notwendig ist.

Im Hinblick auf Gottfrieds Roman, welcher als eine ideologische Folie in Frage kommt, fällt hingegen die weitgehende Aussparung von Symbolischem und Allegorischem auf, die im Verzicht auf die Minnegrotte-Episode gipfelt. Die Tendenz, die Liebe im Bereich des Diesseits fester zu verankern, wird im alttschechischen Roman des Weiteren durch den Verzicht auf die Pflanzenmetaphorik in der den Liebestod beschreibenden Schlussepisode untermauert. Der Märtyrertod geht jedoch nicht völlig unter, sondern wird durch den Tod Tristans am Palmsonntag impliziert.

Es fällt auf, dass sich die Minnetrankteleologie der alttschechischen Fassung mit jener der im 13. Jahrhundert verfassten französischen Prosafassungen deckt. Erstens wird die negative Auswirkung des Trankes durch die Protagonisten selber nie thematisiert, zweitens wird die Beschreibung der Liebe als Krankheit eliminiert (vgl. dazu Huot 2005).

Vor allem die Kontaminierung der Vorlagen, welche vornehmlich den letzten Heinrich-Teil prägt, die zweifelsohne intendierte Selektion und Kombination der Ersatzstücke sowie das konsequent durchgeführte Auslassen der Paratexte führen mich zur Überzeugung, dass der tschechische Bearbeiter die Arbeit an der ›materia‹ der künstlerischen Umgestaltung vorangestellt hat. »Wichtig nun ist, dass der tschechische Verfasser aus dem freien Umgang mit den Quellen einen Text bildet, der vollkommen eigenständig ist und auch ohne Kenntnis der Vorlagen eine zusammenhängende Geschichte erzählt.« (Udolph 1999: 361)

Der Tscheche war nicht nur imstande, die umfangreiche Tradition zu überblicken und ein autonomes Werk zu verfassen, sondern auch – und dies ist aus der Perspektive einer diachronen Lektüre besonders interessant –, sich jene Tradition ohne das für die Gottfried-Epigonen typische Pathos anzueignen. Ironische Distanz illustriert seine Ideologie besser als abgöttische Verehrung. Eine ehrgeizige imitatio Gottfrieds wird weder auf der formalen noch auf der semantischen Ebene beabsichtigt. Gleichermaßen verhält sich der Tscheche zur Minne, welche ebenso keiner Überbietung bedarf: Die durch Dialektik geprägte Liebe – obgleich nicht exaltiert – fungiert weiterhin als handlungsstiftende Kraft und verliert nichts von ihrem vernichtenden Potential.

Abschließend werde ich ansatzweise auf einen Punkt eingehen, welcher sich anhand des Tristan-Romans produktiv erforschen lässt, nämlich auf die in mediävistischen Kreisen kontinuierlich diskutierte, am Anfang angerissene, Frage nach dem Status des Autors. Im Zusammenhang mit dem Alexander-Roman Rudolfs von Ems macht beispielsweise Worstbrock darauf aufmerksam, dass der Autor im Mittelalter eine dynamische Kategorie ist (vgl. Worstbrock 1999: 142). Dabei schreibt er dem Autor-Kompilator eine besondere Rolle zu, denn eine »selber verantwortete Kompilation« garantiere eine »auctornähere Qualität«, nämlich »die Qualität einer vorgeordneten Wahrheitsinstanz« (ebd.). Im Falle des alttschechischen Tristan-Romans hat man mit einem ähnlichen Verfahren zu tun. Dabei ist eindeutig zwischen Wiedererzählen und Übersetzen zu unterscheiden. Den ersten Teil, welcher nach Eilhart erzählt wird, dominiert das Bemühen um eine getreue Wiedergabe des Ausgangstextes (Äquivalenz); es handelt sich quasi um eine Wort-für-Wort-Übersetzung mit dem Ziel, die Autorität des Ausgangstextes nicht anzutasten. Den darauf folgenden Teilen liegt hingegen das Prinzip der Varianz zugrunde, welches das Ziel verfolgt, den Text an die Gebrauchssituation des (Ziel-)Publikums anzupassen. Man kann nun mit der vorher bereits erwähnten Annahme Worstbrocks polemisieren, dass es sich bzgl. des Übersetzens / Wiedererzählens um »Positionen unterschiedlicher Historizität« (ebd.: 130) handle. »Keiner der mittelalterlichen Erzähler bietet Übersetzung, auch wenn sie versichern, nichts Anderes wiederzugeben, als sie in ihren Quellen vorgefunden hätten.« (Ebd.: 133)

5. Aussichten

Es liegt auf der Hand, dass es produktiv sein kann, dem Vorhaben nachzugehen, die Dynamik des Autor-Begriffs zu beschreiben, vornehmlich in Bezug auf die Frage nach der eigentlichen Leistung. Damit hängen auch solche Überlegungen zusammen, welche die Rolle des Erzählers ins Auge fassen. In Anlehnung an die 2016 erschienene Studie von Hon (vgl. 2016) wäre näher zu beleuchten, wie der alttschechische Tristan-Roman in Bezug auf die Dynamik des Wegs zur Zielform »Prosaroman« zu positionieren ist. Die von Hon festgestellten Merkmale des »modernen« Romans, zu denen Emanzipation des Erzählers, eine Trennung zwischen der Ebene des Textes von der Ebene der Paratexte und eine offene Semantik gehören, sind im alttschechischen Roman ansatzweise zu beobachten und könnten nun als Basis dienen für eine erneute Diskussion über die Poetik der Übersetzung, welche die Phasen der Stabilisierung einer Gattung markiert. Eine ausführliche Analyse des scheinbar (marginalen) Textkorpus (Übersetzungen) ermöglicht daher einen kritischen Zugang zu den etablierten theoretischen Ansätzen.

Anmerkungen

1 | Der Aufsatz erscheint im Rahmen des internen Projekts FPVČ2018 / 13.

2 | Inter- / transkulturelle Begegnungen waren das Thema der beiden Erasmus-Projekte: Glitema, Talc-me (vgl. https://www.talcme.uni-mainz.de/).

3 | »[S]o habe ich mir vorgenommen, dass ich dieses Buch mit (schöner) Rede vollbringen werde, dabei tue ich mein Bestes.« (Falls nicht anders angegeben, sind alle Übersetzungen von mir, K.S.)

4 | »[D]ieses Buch begann.«

5 | »[S]o habe ich mir (auf eine naive Weise) vorgenommen, es [das Buch] zu enden, ohne jegliche Erfahrung mit dem Dichten.«

6 | »Was Thomas von Britannien einst / von jenen jungen, schönen Menschen / erzählt (und dies auf lombardisch), das habe ich euch unverfälscht / in deutscher Sprache mitgeteilt.« (Übers. nach Kerth 1979)

7 | Dies würde der allgemein vertretenen These der Forschung widersprechen, dass Heinrichs Text eine engere Anlehnung an Gottfried aufweise (dazu Schausten 1999: 278). Es ist unbestritten, dass Heinrich bezüglich der sprachlichen Kunstfähigkeit Bezug auf Gottfried nimmt, die ideologische Implikation eines solchen intertextuellen Bezugs bleibt meines Erachtens im Prolog schlechthin offen. Die Entscheidung, ob diese programmatische intertextuelle Relation als Mittel zur Identifizierung oder aber Absage an die Gottfried’sche Konzeption zu verstehen ist, bleibt nun dem Hörer / Leser überlassen.

8 | Zu Minnetrank in den französischen Fassungen s. Huot 2005.

9 | »Die Königin zögerte dann wenig, / nahm einen Trank, gab ihn Brangenena / und sagte ihr, sie solle ihn mit sich nehmen / und niemand solle ihn anrühren: / ›einzig dein schöner Leib. / Und das, liebes Fräulein, beachte gut, / wenn meine Tochter und ihr Mann in der Kammer/ zusammen werden schlafen wollen, / wolle dies nicht versäumen: / Gib ihnen von dem Trank zu trinken / und heiße sie alles austrinken! / Das freilich muß deine Tugend verhindern, / daß von ihm kein anderer koste.‹« (Übers. n. Bamborschke 1968: 123f.)

10 | »Durch diesen Trank waren sie sich lieb, / daß, falls sie sich irgendwann trennten / und eine Woche nicht miteinander sprachen, / sie durch die Liebe wider Willen sterben mußten: / Das kam zweifellos von diesem Trank; / denn er war stark zubereitet« (Übers. n. Bamborschke 1968: 124).

11 | »So begannen sie anders miteinander umzugehen, als sie früher gewohnt waren. Ihnen war es abwechselnd heiß und kalt, das Weinen wirkte sich auf ihr Aufsehen aus.«

12 | Das Reimpaar tranck / kranck ist als eine Vorausdeutung zu interpretieren. »Ich wäre äußert froh, wüsste ich, dass ich ihm lieb bin. Ohne ihn kann ich nicht genesen, er nimmt mir Essen und Trinken. Ich werde leicht erkranken und danach den Leib verlassen. Wehe mir Armen.«

13 | »Ich erkenne seine Tugend wohl: er ist tüchtig und gut, schön und wohl gesinnt, wahrhaft und höflich, ehrlich, er wirbt gerne um Ehre. Warum sollte ich weiterreden? Er ist der beste Mann, den eine Frau je lieben konnte, er verfügt über die besten Eigenschaften. Dass ich dies erleben konnte, tut meinem Herzen wohl. Er ist besser als Gold, wie Silber im Vergleich zu Blei. Dass er mir nicht lieb sei? Durch seine Frömmigkeit ist er mir lieb und gleichzeitig leid.«

14 | »Wozu der Rede mehr?/ Lassen wir also davon, indem wir schweigen!« (Übers. n. Bamborschke 1968: 132)

15 | In der Forschung wurde auf die Parallelen zum Liebesmonolog von Lavinia im Eneas-Roman Veldekes hingewiesen. Die Frage nach der Priorität der Werke wurde bislang nicht eindeutig beantwortet, dazu VL, Sp. 415f.

16 | »Minne,DuverursachstmeinemHerzengroßeSchmerzen.Minne,DeinegroßeMachterhitztundfriertmich.Minne,ichbin Dir untertan, erbarme Dich meiner. Minne, ich suche deine Wege, damit Du mich von Sorgen befreist. Minne, ich genese nicht, wenn Du mir ungnädig bleibst. Wenn Du mich, Minne, hassen willst, dann verliere ich meinen Verstand. Minne, begnadige mich, noch bevor ich den Leib verlasse. Wenn Du mich schonen möchtest, tue es jetzt. Minne, Du kannst mich völlig vernichten, dein Kind sterben lassen.«

17 | »Der unselige Trank hat dies verursacht.«

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