Bern, 31. Dezember 2010
Sehr verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, liebe Freunde in der GiG!
Einem weit verbreiteten Kalender zufolge neigt sich wieder ein Jahr dem Ende zu, weshalb nach mittlerweile bewährtem Brauch die Mitglieder unserer Gesellschaft erwartungsvoll dem Jahresend-Rundbrief ihres Präsidenten entgegenfiebern. Es ist zwar immer noch derselbe Präsident wie im vergangenen Jahr, denn der wurde von der Mitgliederversammlung in Göttingen am 25. September 2010 in seinem Amt bestätigt. Aber dafür ist es ein nagelneuer Rundbrief (schon um einen ähnlich misslichen Eindruck zu vermeiden, wie ihn einst die Neujahrsansprache eines gewichtigen Bundeskanzlers hinterließ, die leider die vom Vorjahr war, was aber erst im nachhinein bemerkt wurde).
Einen Rückblick aufs Jahr und die Jahre zuvor kann ich mir ersparen, denn dazu ist das Nötige gesagt im Bericht des Vorstands, den ich in Göttingen erstattet habe und dessen schriftliche Fassung ich diesem Rundbrief beifüge. Ich freue mich, dass die Mitglieder meinem Vorschlag gefolgt sind und mir die Chance einer erneuten Wiederwahl (wie bei dem besagten ›ewigen‹ Kanzler) mit der einstimmigen Verabschiedung einer neuen, aktualisierten, entschlackten Satzung verbaut haben.
Auch die einstimmige Billigung meines Vorschlags einer vereinfachten Struktur der neuen Mitgliedsbeiträge hat mich sehr erleichtert. Die alten Beitragsstufen stammten ja sozusagen noch aus der Zeit vor der Währungsreform. Die Anpassung war seit langem überfällig, sie vermeidet zudem frühere Überschneidungszonen der Zuordnung. Ab sofort sind die Dinge klar: es gibt nur noch zwei Stufen: (i) den normalen Beitrag zu 50,00 € per annum, (ii) den reduzierten Beitrag zu 25,00 € per annum für Mitglieder aus Ländern, die auf der DAC-Liste der OECD bzw. des DAAD stehen, für Mitglieder im Studium oder im Ruhestand sowie für arbeitslose Germanisten ohne Einkommen. Auf diese Weise ist die nötige Transparenz garantiert und jedes Mitglied weiß selbst genau, welchen Beitrag es jeweils zum Beginn des Kalenderjahres für das Rechnungsjahr entrichten muss. Mitglieder, die (im Januar) ihren Beitrag für 2011 überweisen, erhalten von uns eine elektronische Quittung; solche, die ihn nicht überweisen, eine freundliche Erinnerung. Aber auch die Barzahlung während der Tagung(en) soll weiterhin möglich bleiben.
Der Aufwand ließe sich für beide Seiten verringern, wenn Mitglieder ihren Beitrag gleich für die Dauer einer ganzen Amtsperiode bezahlten, also für vier Jahre. Als Anreiz dafür gewähren wir sogar noch einen Rabatt: Es werden dann im Januar nur 180,00 € fällig (statt regulär 200,00 €) und außerdem sparen Sie noch die Gebühren für die Überweisungen in den Folgejahren 2012 bis 2014. Für diejenigen, die uns längere Zeit die Treue zu halten vorhaben und besonders gut rechnen und effizient verwalten können, haben wir überdies ab sofort die Möglichkeit einer Lifelong Membership eingerichtet: Sie überweisen einmalig 700,00 € und erhalten für den Rest ihres irdischen Daseins alle Leistungen der GiG, ohne sich je wieder um irgendetwas kümmern zu müssen (außer uns ggf. Veränderungen Ihrer Postanschrift oder E-Mail-Adresse mitzuteilen). Bei der heutigen Lebenserwartung allemal ein gutes Geschäft, zumal für die jüngeren Mitglieder, die wir vermehrt gewinnen wollen.
Neben diesen und anderen wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft, über die in Göttingen die Mitglieder der GiG in ermutigender Einmütigkeit entschieden haben, ist aber auch die Tagung als ganze hervorzuheben. Besonderes Lob gebührt dabei den Organisatorinnen Corinna Albrecht, Andrea Bogner und Hiltraud Casper-Hehne. Unter dem treffenden Titel Re-Visionen wurde drei Tage lang in einer besonders schönen Tagungsstätte, der historischen Sternwarte, Rückschau gehalten und Vorschau gewagt. Nach dem 25-jährigen Jubiläum unserer Gesellschaft haben wir die Kulturwissenschaftlichen Herausforderungen interkultureller Germanistik (so der Untertitel der Tagung) selbst- und problembewusst angenommen.
Denn wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, nicht nur, wie aktuell und wissenschaftlich relevant, sondern wie gesellschaftspolitisch notwendig das ist, was wir in unserem Arbeitsgebiet tun und mit unserer Gesellschaft bezwecken, so darf er in einer Zeit als erbracht gelten, in der praktisch kein Tag vergeht, an dem nicht die Medien gleich welcher Gattung und Couleur uns drastisch vor Augen führen, welche Bedeutung Interkulturalitätsforschung heute gewonnen hat, oder genauer: gewonnen haben müsste, denn zugleich wird uns schmerzlich bewusst, welch enge Grenzen unserem Auftrag gesetzt sind angesichts der beklagenswerten Wissenschaftsferne der ›classe politique‹ (ein frankofoner Helvetismus, der nicht zufällig ins Deutsche übernommen wurde), eine Indifferenz, die auch durch allerlei sonntäglich-rituelle Beschwörungen der Priorität von Bildung und Wissenschaft für eine ansonsten ressourcenarme Wissensgesellschaft kaum mehr zu kaschieren ist.
Am Ende der Tagung hatte ich alle Referenten gebeten, ihre gemäß den Manuskriptanweisungen der GiG zu druckfertigen Aufsätzen ausgearbeiteten Referate bis Ende Oktober elektronisch nach Bern zu übermitteln. Heute, am Jahresende, sind leider immer noch nicht alle Beiträge zur Evaluation und, im Falle ihrer Annahme, zur Korrektur eingetroffen. Die editorischen Arbeiten mit einem sehr kleinen Team studentischer Helfer werden sich dadurch verzögern. Dennoch wollen wir versuchen, den fertigen Band noch 2011 herauszubringen. Dazu bedarf es der Kooperation der Autoren, die künftig nicht mehr im gewohnten Umfang auf das penible Korrektorat studentischer Redakteure vertrauen dürfen, sondern sich von vornherein den überall geltenden akademischen Gepflogenheiten wissenschaftlichen Publizierens anbequemen müssen (Stichworte Style sheet, Peer review, Native speaker editing etc.).
Dies alles gilt auch für die Beiträge zur zweiten Tagung der GiG im zu Ende gehenden Jahr, die dem ebenso spannenden wie brisanten Thema Zwischen Ritual und Tabu gewidmet war. Auch hier hatten wir das Glück eines besonders schönen Tagungsortes: in den Räumen des DAAD in Kairo diskutierten rund 80 Kollegen engagiert über Interaktionsschemata interkultureller Kommunikation und deren Problematisierung in Sprache und Literatur. Als Aleya Khattab und ich seinerzeit dazu die Idee entwickelten und dann gemeinsam mit dem Kairo-erfahrenen Kollegen Siegfried Steinmann (unter Mitwirkung des Sprachassistenten Andreas Wutz) das Tagungskonzept entwickelten, hätten wir uns kaum träumen lassen, auf welch waches Interesse das Thema gerade in diesem nahöstlichen Raum stoßen würde. Nicht alle Interessenten konnten wir ins Programm aufnehmen, denn die Mittel und der Platz waren begrenzt. Aber jeder kann das inhaltliche Konzept auf der Homepage der GiG nachlesen, und eine kleine Auswahl aus der Fülle der gut 50 Referate soll den Mitgliedern wiederum in einem eigenen Band zugänglich werden.
Im Namen aller Teilnehmer möchte ich an dieser Stelle noch einmal den Gastgebern herzlich danken, dem vormaligen (und zurück nach Bonn berufenen) Leiter der DAAD Außenstelle Dr. Christian Hülshörster, mit dem wir in der Vorbereitungsphase eng kooperierten, und seinem Nachfolger Dr. Michael Harms, der uns warm begrüßte und großzügig bewirtete. Aber auch Anne Wildfeuer, der Lektorin, und Julia Kinzel gebührt unser besonderer Dank, denn ohne ihren unermüdlichen Einsatz vor und während der Tagung wäre sie nicht zu einem so gelungenen Ereignis geworden, von dem alle fruchtbare Anregungen mit nach Hause nahmen, wie ich aus zahlreichen dankbaren Zuschriften weiß.
Während die ersten Beiträge zu diesem Band eintreffen, erreichen mich gleichzeitig interessierte Anfragen zu den in Göttingen angesprochenen Plänen für das kommende Jahr. Im Moment sieht es so aus, als könnten wir unsere diesmal in Fernost vorgesehene Tagung sogar auf zwei kleinere Kolloquia aufteilen. Denn inzwischen wurden die ersten in Göttingen unter Varia bekanntgegebenen Ankündigungen (u.a. von Herrn Hisayama) weiter konkretisiert.
Die international derzeit wohl bekannteste Germanistin Thailands, Pornsan Watananguhn, die auch Mitglied im Internationalen Ausschuss der GiG ist, hat vor wenigen Tagen den Entwurf eines Konzepts gesandt, wonach vom 11. bis 14. August 2011 auf dem Campus der renommierten Chulalongkorn-Universität zu Bangkok ein kleines Kolloquium (für max. 50 Teilnehmer) Zur kulturellen Bestimmung des Raumes in Text und Film stattfinden kann, in dessen Rahmen das nach dem Spatial turn so aktuelle Thema (zur Orientierung vgl. meinen Beitrag dazu im jüngst erschienenen Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 35) in seinen Fassetten literarisierter Kulturräume, Räumen sprachlicher Verständigung, visueller Räume in Bild und Film oder virtueller Räume in den Cyberwelten neuer Medien erörtert werden soll.
Unser japanischer Freund und Mitglied des Vorstands, der Goethe-Forscher Yoshito Takahashi, den der Stauffenburg-Verlag soeben mit einer glanzvollen Festschrift geehrt hat, lädt uns nach Kyoto ein. An der Ritsumeikan-Universität in der Stadt der 2.000 Tempel, die für ein Jahrtausend auch Japans Hauptstadt war, wird (wie jetzt feststeht) vom 5. bis 7. September 2011 ein GiG-Kolloquium (ebenfalls für ca. 50 Teilnehmer) zum Generalthema Orient und Okzident stattfinden, an das sich am 8. September 2011 noch ein gemeinsamer Ausflug zu der berühmten Stadt Nara anschließen soll. Wir bemühen uns, für die Zeit rechtzeitig ein Kontingent an bezahlbaren Zimmern zu reservieren in Hotels (wie das Ana vor dem Schloss Nijo oder das Kyoto Royal), die normalerweise für brotlose Germanisten nicht erschwinglich wären.1
Wie immer bei den GiG-Tagungen soll neben der fachlich konzentrierten Arbeit in den Sektionen auch Zeit sein für ein kulturelles Rahmenprogramm; und ebenfalls wie immer erwarten die Organisatoren eine frühzeitige Anmeldung (bis spätestens Ende April), mit Vortragstitel und Abstrakt (im Umfang von einer halben Seite, max. jedoch 2.000 Zeichen), mit der postalisch vollständigen Dienstanschrift und gültigen E-Mail-Adresse, damit sie rechtzeitig disponieren können. Sowie wir nähere Informationen haben, werden wir sie auf der Homepage unter »Aktuelles« veröffentlichen.
Noch ist es zu früh, über weitere Pläne in den Folgejahren zu sprechen, aber Kollegen aus Südafrika (Johannesburg 2012) und den USA (Berkeley 2013 [?]) haben uns dankenswerterweise bereits ihr Interesse zu erkennen gegeben, ebenfalls einmal als Gastgeber einer GiG-Tagung zu figurieren. Die dazu nötigen langfristigen Abklärungen haben bereits begonnen.
Nachdem Sie in diesem Jahr – sofern und soweit Sie Ihren Beitrag bezahlt haben – vom Verlag Peter Lang den umfangreichen Band zum Thema Deutsch im interkulturellen Begegnungsraum Ostmitteleuropa erhielten, der Beiträge aus dem Symposion in Budapest versammelt, und vom Verlag transcript das erste Heft unserer neuen Zeitschrift ZiG, kann ich zum Schluss dieses Briefes die erfreuliche Mitteilung machen, dass das zweite Heft zu Weihnachten an Sie verschickt wurde, und dass der aus dem Kongress in Istanbul hervorgegangene Band über Metropolen zu Beginn des kommenden Jahres ausgeliefert werden wird. Aber auch diesmal gilt der Hinweis vom letzten Rundbrief, dass der Verlag den Versand nur Zug um Zug bewältigen kann und aus Kostengründen preiswerte Postwege nutzen muss. Bitte richten Sie daher keine diesbezüglichen Anfragen an mich; fragen Sie mich bitte auch nicht nach Sonderdrucken: die gibt es nicht (Sie können aber nach Abschluss des Versands vom Verlag Pdf-Dateien Ihres Beitrags erbitten: Wenden Sie sich in solchen Fällen an Frau Andrea Kolb (a.kolb@peterlang.com).
In den nächsten Monaten werde ich ohnehin nicht immer so umgehend antworten können, wie Sie es von mir gewohnt sind, da ich nach der Bewilligung eines Forschungssemesters Einladungen an Universitäten in Australien angenommen habe, um nach aufreibenden Jahren der Geschäftsführung im Institut und der Verantwortung in etlichen Gremien der Fakultät weit weg von Bern endlich wieder einmal liegengebliebene Forschungen weiterverfolgen will.
1 Redaktionsnotiz: Wegen der Erdbeben-, Tsunami- und AKW-Katastrophen in Japan musste das Kolloquium in Kyoto auf das Frühjahr 2012 verschoben werden. Rechtzeitige Mitteilungen dazu werden erfolgen (s. Rubrik Aktuelles auf der Homepage der GiG: www.germanistik.unibe.ch/gig.