Der vorliegende Band der ZiG ist wieder als Themenheft konzipiert. Aufgegriffen wird hierbei eine in der Interkulturalitätsforschung als Desiderat erkannte Thematik, nämlich eine interkulturell orientierte Mediävistik.
Die Erweiterung und Vertiefung des Interkulturalitätskonzeptes in die Dimension der Diachronie ist zwar keineswegs völlig neu, die hierzu vorliegenden Arbeiten sind allerdings zahlenmäßig noch überschaubar, erst recht, wenn dabei das Mittelalter als Referenzraum in Betracht gezogen wird. Immerhin sind nicht zuletzt in der vorliegenden Zeitschrift über die letzten Jahre immer wieder einzelne Beiträge zu diesem Thema publiziert worden, wie zuletzt der Aufsatz von Herweg (ZiG 8, 2017/1). Wenn man so will, war damit der Weg vorgebahnt, einmal ein ganzes Heft der ›interkulturellen Mediävistik‹ zu widmen. Dieses liegt nun – besorgt und herausgegeben von Amelie Bendheim und Heinz Sieburg – vor.
Hintergrund hierfür ist eine Tagung, die im Herbst 2017 unter dem Titel ›Interkulturelle Mediävistik‹ als Herausforderung an der Universität Luxemburg stattfand – unter Beteiligung zahlreicher europäischer und außereuropäischer Vertreter der germanistischen Mediävistik. Eine Auswahl der dort präsentierten Beiträge ist im vorliegenden Heft versammelt. Diese zeigen, so meinen wir, die Relevanz und Tragfähigkeit einer mediävistisch orientierten Interkulturalitätsforschung. Vorgelegt werden sowohl Beiträge mit einem stärker theoretischen Zuschnitt als auch solche, die eher auf praktische Erprobung ausgerichtet sind. Deutlich wird dabei, dass eine interkulturell ausgerichtete germanistische Mediävistik den Blick weitet und zu produktiven Grenzüberschreitungen animiert.
Mit dem vorliegenden Band ist zugleich ein Schritt getan, der, so unsere Hoffnung, zu weiteren entsprechenden Studien reizt. Dazu soll an dieser Stelle jedenfalls nachdrücklich aufgefordert sein.
In der Rubrik Forum nimmt Eszter Pabis die Einstellung des renommierten Adalbert-von-Chamisso-Preises im vergangenen Jahr zum Anlass, die gebräuchliche Kategorie der ›Migrationsliteratur‹ für eine Vielzahl von Texten der Gegenwartsliteratur kritisch zu hinterfragen. In Aus Literatur und Theorie wird schließlich mit Erich Auerbachs Essay Philologie der Weltliteratur ein Text abgedruckt, der im Rahmen der interkulturellen Literaturwissenschaft bislang kaum einmal zur Kenntnis genommen worden ist, der aber aufgrund seiner philologischen Fragestellung und komparatistischen Ausrichtung für die Interkulturalitätsforschung insgesamt von Belang ist.
Bayreuth und Esch-sur-Alzette im Oktober 2018
Wilhelm Amann, Till Dembeck, Dieter Heimböckel, Georg Mein, Gesine Lenore Schiewer und Heinz Sieburg