Nach und jenseits der ›Chamisso-Literatur‹

Herausforderungen und Perspektiven der Erforschung deutschsprachiger Gegenwartsliteraturen im Kontext aktueller Migrationsphänomene

Eszter Pabis

Title:

After the Chamisso Prize, Beyond »Chamisso literature«. Contemporary German-language Literature in the Context of Migration

Keywords:

Chamisso prize; Eastern turn; migration and literature; contemporary german literature

Die Geschichte des erstmalig 1985 ausgerufenen Adalbert-von-Chamisso-Preises, seiner Etablierung und seiner Kritik, die Modifikationen bzw. Ergänzungen seiner Satzung und letztendlich die Entscheidung der Robert Bosch Stiftung über die letztmalige Verleihung der Literaturauszeichnung im März 2017 spiegelt seismographisch die sich wandelnden Problemstellungen und Verschränkungen aktueller Forschungen zur Erinnerungskultur und Literatur in Deutschland vor dem Hintergrund transnationaler Migrationsbewegungen wider. Die im Kontext der jährlichen Preisvergabe häufig gestellten Fragen, etwa zur Relevanz der Biographie (der Herkunft und Muttersprache) des Autors bzw. der Autorin für das Schreiben und dessen Rezeption, sind Indikatoren für Grenzziehungen – zwischen ›fremd‹ (›zugewandert‹) und ›eigen‹ (›deutsch‹), zwischen ›Nationalliteratur‹ und ›Migrationsliteratur‹ – und zugleich für die Aufhebung bzw. Ablehnung dieser Differenzierungen. Sichtbar wird diese Dynamik von Trennung und Verbindung nicht nur in der verbreiteten poststrukturalistischen Terminologie im Umgang mit Dichotomien und Differenzen oder in der ambivalenten Haltung vieler Preisträger zu ihrer Kategorisierung als Chamisso-Autorin oder -Autor (die Etikettierung wird bei gleichzeitiger Anerkennung ihres Marktwertes zumeist als Ausschluss erlebt), sondern auch in der Begründung der Einrichtung und der Einstellung des Preises selbst.

Der erste Meilenstein auf dem Weg der Gründung des Preises war die Bitte des Romanisten und Philologen Harald Weinrich »[u]m eine deutsche Literatur von außen« (Weinrich 2017) in einem Vortrag von 1983 – in dem Jahr, als Helmut Kohl kategorisch feststellte, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei.1 Weinrich stellt Werke ausgewählter »Gastarbeiter-Schriftsteller« (ebd.: 43) vor und kommt zu dem Schluss, dass »die Gastarbeiterliteratur, wenn sie eine ›Literatur der Betroffenheit‹ zu sein anstrebt, bereits in ihrer innersten Substanz, zu ihrem Vor- oder Nachteil, deutsch ist.« (Ebd.) Als Argument konstatiert er die Aufhebung jeglicher Kongruenz zwischen politischer und sprachlicher Grenzziehung, zwischen Staatsangehörigkeit und Sprachgebrauch (Muttersprache), zwischen ›deutsch‹ und ›ausländisch‹, ›innen‹ und ›außen‹:

[D]ie deutsche Literatur kann in der Welt, in der wir heute leben, nicht mehr nur eine Sache derer sein, die Staatsangehörige eines Staates mit deutscher Landessprache sind. So wie die Briten mit Stolz auf ihre Commonwealth-Literatur schauen und die Franzosen die ganze frankophone Literatur mit Selbstverständlichkeit ihrer eigenen Literatur zurechnen, so haben auch wir weniger welterfahrenen Deutschen allen Grund, vom Konzept der Nationalliteratur im nationalstaatlichen Sinne ein für allemal Abstand zu nehmen. Deutschland ist ein Land, aus Sprache und Geschichte gemacht, und alle Personen, die von der deutschen Sprache einen solchen Gebrauch machen, dass sie diese Geschichte weiterschreiben, sind unsere natürlichen Landsleute, sie mögen von innen kommen oder von außen. (Ebd.: 47)

Als Vorgänger jener Ansätze (vgl. Amodeo 1996; Meyer 2012a; Schmitz 2009; Sievers 2012), die die transnationale Einbettung deutschsprachiger Literaturen u.a. von postkolonialen Theorien ausgehend untersuchen und diesen einen ›kosmopolitischen‹, ›transkulturellen‹ Charakter zusprechen oder geradezu von einer ›Germanophonie‹ (anstelle der Germanistik) reden, hinterfragt Weinrich das Konzept der Nationalliteratur in Anlehnung an etablierte französische und britische disziplinäre Vorbilder und unter Berufung auf kanonisierte Autoren wie Chamisso und Canetti. Auf ähnliche Weise problematisiert er die ausschließende Dichotomisierung zwischen ›eigen‹ und ›fremd‹, die Weinrich aufgrund von Sklovskijs Begriff der Verfremdung nicht auf nationale oder sprachliche Zugehörigkeiten bezieht (oder als Analysekategorien einer Zwischenposition zwischen mehreren solchen Zugehörigkeiten verwendet), sondern innerhalb der (poetischen) Sprache verortet zur Kennzeichnung ihrer Literarizität, welche die generelle Voraussetzung für die ästhetische Erfahrung darstellt:

Denn die Distanz und Fremdheit, die der Ausländer erfährt, auch wenn er die deutsche Sprache schon sehr gut beherrscht, ist kein schlechter Ratgeber in ästhetischen Dingen. Erinnern wir uns, dass die russischen Formalisten, die sich besser als manche andere Poetologen auf die besonderen Qualitäten der poetischen Sprache verstanden, von Poesie nur dann sprechen wollten, wenn die Sprache des literarischen Textes so beschaffen ist, dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers wenigstens in Spuren bei den Wörtern festhält und sie daran hindert, vorschnell zu den Sachen durchzudringen. […] Es gibt also viele Anzeichen dafür, dass Ausländer, die nicht in ihrer Muttersprache, sondern in deutscher Sprache schreiben, durch die Behinderungen, die ihnen die Fremdsprache auch bei guter Sprachbeherrschung noch auferlegt, angehalten werden, sich mehr als andere auf die Sprache einzulassen […]. Mit einem irreduktiblen Rest Fremdheit macht die Sprache hier auf sich selber aufmerksam. (Ebd.: 45)

Deutschsprachige Literatur nichtdeutschmuttersprachiger Autorinnen und Autoren avanciert dadurch vom ›Sonderfall‹ beinahe geradezu zum ›Modellfall‹, an dem die ästhetisch konstitutive Funktion der Fremdheit bzw. Verfremdung sowie letztendlich auch die Unhaltbarkeit der Differenzierung zwischen Autorinnen und Autoren einer ›deutschen Nationalliteratur‹ und den Vertretern einer ›Migrationsliteratur‹ exemplarisch zum Vorschein kommen – wie das unlängst Saša Stanišić in dem Aufsatz Über drei Mythen vom Schreiben der Migranten (vgl. Stanišić 2008) feststellte:

For me, writing itself is a foreign language. […] I am very suspicious when, in terms of literary quality, the fact that an author writes in his second or even third language leads to a more favorable critical judgment, even when the »uncommon« use of linguistic constructs is highlighted, the »exotic« figures and the »rich« vocabulary. Giving an immigrant author credit for every little language-game he tries is (to exaggerate slightly) nothing more than another way to say, »Oh, look how well that foreigner learned German.« […] [I]t is neither impossible nor forbidden for a domestic author to experiment, to produce uncommon linguistic structures or to connect to another folklore. A language is the only country without borders. (Stanišić 2009)

Das wesentlichste Argument der Begründung der Preiseinstellung lautete, dass der Förderpreis sein Ziel erreicht habe und damit überflüssig geworden sei – Chamisso-Autorinnen und -Autoren sind mittlerweile zum selbstverständlichen Teil des deutschen Literaturbetriebs geworden, so Uta-Micaela Dürig:

Kulturelle Vielfalt ist in unserer Gesellschaft und in der deutschsprachigen Literatur inzwischen in weiten Teilen zur Normalität geworden. […] [V]iele Autoren mit Migrationsgeschichte [leben] bereits in der zweiten Generation in Deutschland […]. Ihre Werke sind ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Bestandteil deutscher Gegenwartsliteratur« (Dürig 2017: 51).

Die Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung beruft sich hier letztendlich auf die Aufhebung jener distinktiven Grenze zwischen deutschen und zugewanderten Autorinnen und Autoren, die bereits bei der Entstehung der Idee des Preises als eine nichtexistierende postuliert wurde, so u.a. als Harald Weinrich in seinem Plädoyer für eine deutsche Literatur von außen davon sprach, dass »die Ausländer […] bisweilen sogar ein besseres Deutsch als mancher Deutsche« (Weinrich 2017: 46f.) sprechen und schreiben. Der exklusive Akt der Distinktion der Literatur bzw. der Autorinnen und Autoren nichtdeutscher Herkunft als Adressaten eines Förderpreises (einer Auszeichnung für deutsch schreibende Autorinnen und Autoren nichtdeutscher Muttersprache) diente des Weiteren ihrer Inklusion und führte auch zur Öffnung des Literaturkanons hinsichtlich der ›Chamisso-Literatur‹, deren prinzipielle Ununterscheidbarkeit von der ›deutschen‹ Literatur – paradoxerweise zwecks der Erfüllung der Zielsetzung – ab ovo angenommen wurde.

Ähnliche Ambivalenzen prägen die gesamte Geschichte der Preisverleihung: Die Festlegung auf die Herkunft als entscheidendes Kriterium der Preisverleihung wurde durch die Erweiterung der Definition des Preises 2012 aufgehoben – die potentiellen Preisträgerinnen und Preisträger waren von dem Zeitpunkt an auf Deutsch schreibende Autoren, deren Werk von einem Kulturwechsel geprägt ist. Die spätere Begründung für die Modifizierung der Preisstatuten (die Literatur dieser Autorinnen und Autoren sei zu einem selbstverständlichen Bestandteil deutscher Literatur geworden) – macht wiederum die schwankende Grenzziehung zwischen ›innen‹ und ›außen‹ sichtbar, welche die Auszeichnung trotz ihrer grundsätzlichen ›Überflüssigkeit‹ oder gerade deswegen legitimiert. Infolge der Verortung des Förderpreises im Spannungsfeld zwischen Literatur und Kulturpolitik, zwischen immanent ästhetischen und außerliterarischen Kriterien (wie Herkunft und Biographie) galt der Chamisso-Preis von Anfang an – bei aller Anerkennung seiner Funktionen als Türöffner, als »Eintrittsbillet ins literarische Leben« (Ackermann, zit. n. Kegelmann 2010: 21) oder Kanonisierungsinstanz für die Preisträger – als umstritten: Er wurde als »Nischenpreis« (ebd.: 21) kritisiert, man befürchtete die diskriminierende Etikettierung ›ausländischer‹ Autorinnen und Autoren oder eine Art »Reservatbildung« (Hofmann 2006: 320). Die kritische Diskussion um die Existenzberechtigung und die Zukunft des Preises gehört mittlerweile auch zu seiner Tradition (Veranstaltungen wie das Marbacher Symposium Chamisso – wohin? Über die deutschsprachige Literatur von Autoren aus aller Welt zum 25. Jahrestag der Auszeichnung oder die Konferenz Chamisso-Literatur – eine »Nomadisierung der Moderne«? Interdisziplinäre Perspektiven der Interkulturalitätsforschung in München 2014 sind diesbezüglich repräsentativ). Symptomatisch dafür steht auch die oftmals zitierte Rede Ilija Trojanows von Migration als Heimat, der im Hinblick auf die fortschreitende Kanonisierung der deutschsprachigen Literatur ausländischer Autorinnen und Autoren Folgendes feststellte: »[E]s gibt keine Chamisso-Literatur mehr, sondern nur das Hineinwachsen der deutschsprachigen Literatur ins Weltliterarische mit Hilfe der Agenten der Weltläufigkeit und Mehrsprachigkeit« (Trojanow 2009). Die Berufung auf die Unhaltbarkeit der ›Aussonderungen‹ (bzw. der Grenzziehung zwischen der ›herkömmlichen deutschen‹ Literatur als Regel und der ›neueren Migrationsliteratur‹ als Abweichung) sowie auf die Universalität der Mehrsprachigkeit ist eine Diskurskonstante seit den 1980er Jahren bis in die Gegenwart, womit ironisch – als assertion in denial2 – Differenzierungen fortgeschrieben und die problematisierten Begrifflichkeiten ex negativo bestätigt werden. Im Folgenden gilt meine Aufmerksamkeit nicht speziell der Geschichte, der Bedeutung und den Herausforderungen der Chamisso-Literatur-Forschung – deren Literatur mittlerweile ein beinahe unübersehbares Maß erreicht hat –, sondern den aktuellen Tendenzen und Strategien im literaturwissenschaftlichen Umgang mit jenen Differenzierungen, die auch die Rezeptions- und Kanonisierungsprozesse der Chamisso-Literatur bestimmen.

Ausländer – Brückenschläger – Sprachwandler. Sprache und Ort der ›Chamisso-Literatur‹

Wie wir gesehen haben, fungiert in der Diskussion um den Chamisso-Preis die Sprachlichkeit der Literatur auf Deutsch schreibender Autorinnen und Autoren nichtdeutscher Herkunft als entscheidendes Kriterium für die Konstruktion eines Textkorpus, das nicht durch außerliterarische oder exotisierende und marginalisierende Faktoren wie eine migratorische Biographie verbunden wird. Paradigmatisch zeigt sich diese Konstruktion an der erwähnten Erweiterung bzw. Modifizierung der Statuten der Auszeichnung, die ab 2012 an »herausragende auf Deutsch schreibende Autoren« vergeben wurde, »deren Werk von einem Kulturwechsel geprägt ist und die ein außergewöhnlicher, die deutsche Literatur bereichernder Umgang mit Sprache eint« (o.A. o.J.). Es ist aber gerade die Sprache (die ästhetische Qualität) ihres Werks, aufgrund derer die betroffenen Autorinnen und Autoren sich der deutschen Literatur zuordnen bzw. die Grenze zwischen der ›deutschen‹ und der die deutsche Literatur ›bereichernden‹ Literatur überwinden wollen. So reagierte Terézia Mora auf die Feststellung, »dass Sie eben nicht deutsche Autor[in] […] im Sinne von Goethe oder Thomas Mann sei«, mit der Aussage: »Ich bin genauso deutsch wie Kafka« (Mora 2005: 28). In eine ähnliche Richtung weist Ilija Trojanow, als er sich nebst Kafka, Celan und Joseph Conrad auch auf den Kanon der deutschsprachigen Nobelpreisträger beruft, um über zeitgenössische Autorinnen und Autoren wie Tawada, Özdamar, Zaimoglu oder Rakusa festzustellen, dass keiner von ihnen der »althergebrachten Wahrnehmung« entspricht, »es handle sich bei der ›Chamisso-Literatur‹ um etwas Eigentümliches, Neuartiges, spezifisch Deutsches« (Trojanow 2009):

Auch in der deutschsprachigen Literatur herrscht kosmopolitische Vielfalt vor, verfasst von mobilen Schicksallosen […]. Wie sonst ließe sich erklären, dass die letzten vier deutschsprachigen Nobelpreisträger alles andere als typische Deutsche waren: von dem in Bulgarien geborenen Sepharden Elias Canetti, der Deutsch erst als dritte Sprache lernte, über den Danziger Günter Grass, dessen Mutter kaschubischer Abstammung war, sowie die Österreicherin Jelinek, deren Vater tschechischer Jude war, bis hin zur Banater Schwäbin Herta Müller. Zwei leibhaftige Migranten und alle vier multi-, inter- und transkulturell unterwegs. (Ebd.)

Wenn Saša Stanišić die Kategorie der ›Migrationsliteratur‹ und damit verbundene Mythen vom Schreiben zugewanderter Autorinnen und Autoren (wie die Bestimmtheit durch die Biographie und die Migrationsthematik oder den experimentierfreudigen, ›bereichernden‹ Umgang mit der Sprache) ablehnt, argumentiert er u.a. mit der allgemeinen Fremdheit der ästhetischen Sprache als Grund für die Aufhebung der Grenze zwischen nationalliterarischem Kanon und dem ›Schreiben der Migranten‹ und auch zwischen Zentrum und Peripherie. Der Mythos der Bereicherung erweist sich infolge dieser falschen (homogenisierenden und essentialistischen) Trennungen als unhaltbar, dem ebenfalls verbreiteten Erklärungsmuster der Vermittlung zwischen ›einheimischer‹ und ›fremder‹ Kultur ähnlich. In der wissenschaftlichen Reflexion auf die Problematik war Leslie A. Adelsons Against Between – Ein Manifest gegen das Dazwischen programmatisch (vgl. Adelson 2006). Adelson kritisiert die polarisierende Positionierung der Migrantenfiguren in einem Zwischenreich, denn diese kommt der netzartigen Verwobenheit, der Interaktionsoffenheit von Kulturen und Literaturen in der heutigen Zeit nicht entgegen:

In countless debates about the mass migration to Germany that predated 1990, and in much of the international scholarship on »migrants’ literature« or »intercultural literature in Germany« (Chiellino 2000), Turks occupy a central representative position, not on a vibrating tightrope, but on an inflexible bridge »between two worlds«. One of these worlds is customarily presumed to be European and the other not, while the space between is cast as a site of discriminatory exclusions or the home of happy hybridity. […] Turks have shouldered the greatest burden of the imagined bridge for migrants in Germany, as they trigger fears of a »clash of civilisations« (Huntington) or spark hopes for a »dialogue of cultures«. This is a familiar rhetoric of opposing two worlds understood as originary and mutually exclusive. The space »between« is often reserved for migrants inexorably suspended in a bridge leading nowhere. (Adelson 2005: 3 u. 5f.)

Als Alternative zur Fokussierung auf das cultural fable des Dazwischen schlägt Adelson in ihrem Konzept der touching tales, der sich berührenden Erzählungen, vor, Migrationsgeschichten als Verflechtungsnarrative zu deuten, d.h., das Interagieren der Erzählungen der historischen Vergangenheit und der Gegenwart (beispielsweise die Verknüpfungen sich berührender deutscher, jüdischer und türkischer Geschichten) zu erkennen (vgl. Adelson 2000).

Die Rhetorik des Dazwischen (und die daraus resultierende Idee der ›Bereicherung‹ deutschsprachiger Literatur durch Vermittlung zwischen zwei Kulturen und Sprachen) wird, wie wir gesehen haben, erstens im Selbstverständnis der Autorinnen und Autoren angegriffen, die in der deutschen Sprache und im deutschen Literaturbetrieb angekommen sein wollen, und zwar in erster Linie nicht infolge der Einwanderung, sondern vielmehr als Konsequenz der ästhetischen Tätigkeit per se. Das Festhalten am Zwischenzustand wurde zweitens auch im Kontext der Problematisierung und letztendlich der Einstellung des Chamisso-Preises als kanonisierende Instanz und in der wissenschaftlichen Reflexion darauf beendet: Vielsagend sind diesbezüglich der Titel des Bandes Eingezogen in die Sprache, angekommen in der Literatur (vgl. Pörksen / Busch 2008), die bereits zitierte Aussage Trojanows, »es gibt keine Chamisso-Literatur mehr, sondern nur das Hineinwachsen der deutschsprachigen Literatur ins Weltliterarische« (Trojanow 2009), sowie die Erklärung der Robert Bosch Stiftung, das Ziel des Chamisso-Preises erreicht zu haben (»Autoren mit Migrationsgeschichte zählen heute selbstverständlich zu den Favoriten für die meisten der über 300 Literaturpreise in Deutschland, […] sie sind [i]m deutschsprachigen Literaturbetrieb angekommen«, o.A. 2016). Drittens kann die Strategie einer dichotomischen Grenzziehung zwischen deutsch(sprachig)er und Migrationsliteratur sowie zwischen den binären Oppositionen ›Heimat‹ und ›Ankunftsland‹ im Lichte diverser poststrukturalistischer und postkolonialer Ansätze subversiv unterlaufen werden. Diese verorten ähnliche Innen-Außen-Grenzziehungen und Differenzen zwischen Sprachen, Kulturen und Subjekten oder zwischen Eigenem und Fremdem im Allgemeinen innerhalb der Sprache, der Kultur oder des Subjektes. Die Übersetzungsleistung der Chamisso-Autorinnen und -Autoren erschöpft sich in diesem Kontext nicht in einer Vermittlung von oder zwischen gegenseitig abzugrenzenden, symmetrischen Kulturen und Sprachen, sondern steht vielmehr der Übersetzung als Existenz- und Konstruktionsmodus der Kultur im Zeitalter transnationaler Migration nahe, d.h. jener »komplexen Form der Signifikation«, die Bhabha »kulturelle Translation« nennt:

Kultur […] ist sowohl transnational als auch translational. […] Die transnationale Dimension kultureller Transformation – Migration, Diaspora, De-platzierung, Neuverortung – lässt den Prozess kultureller Translation zu einer komplexen Form der Signifikation werden. Der natürliche oder naturalisierte, einheitsstiftende Diskurs, der auf festverwurzelten Mythen der kulturellen Besonderheiten wie »Nation«, »Völkern«, oder authentischen »Volks«-Traditionen beruht, kann hier kaum als Bezugspunkt dienen. Der große, wenngleich beunruhigende Vorteil dieser Situation besteht darin, dass sie uns ein stärkeres Bewusstsein von der Kultur als Konstruktion und von der Tradition als Erfindung verschafft. (Bhabha 2000: 257)

Die behandelten Verschiebungen in der Dialektik von Trennen und Verbinden spiegeln sich auch in der Diskussion um die diversen Bezeichnungen der Chamisso-Literatur und der Chamisso-Autorinnen und -Autoren im deutschsprachigen Raum wider. Die später als ausgrenzend kritisierten Begriffe wie ›Gastarbeiterliteratur‹, ›Betroffenheitsliteratur‹ und ›Ausländerliteratur‹ wurden ursprünglich auch von den Autorinnen und Autoren verwendet und geprägt, die anschließende Diskussion um die Termini ›Migrantenliteratur‹ oder ›Migrationsliteratur‹ reflektiert die Ablösung des soziologischen von einem biographisch und thematisch orientierten Zugang. Weitere Wortschöpfungen wie »interkulturelle Literatur« (vgl. Chiellino 2000; Hofmann 2006), »transkulturelle« bzw. »internationale Literatur« (vgl. Schmitz 2009) oder »postmigrantische Literatur« (ursprünglich »postmigrantisches Theater«, vgl. Langhoff 2011) belegen die Verbreitung der poststrukturalistischen Ablehnung dichotomischer Sichtweisen und normativer Diskurse von homogenen Kulturräumen und Identitäten. Stattdessen setzt sich bei diesen Ansätzen eine Fokussierung auf die ästhetische Sprachlichkeit durch – zentral wird dabei nicht mehr die ›Bereicherung‹ des Deutschen durch das Zugewanderte, sondern die Verwandlung der beiden in einem Schwellen- oder Interaktionsraum, in dem keine hierarchischen Polaritäten festzusetzen sind, ganz ähnlich, wie es Harald Weinrich über die »Sprachwandler im Namen Chamissos« beschrieb:

Die Autoren, die ich meine, sind ja aus ihrem vorgezeichneten »Lebenswandel« herausgeworfen und suchen sich einen neuen, der ihnen eigen ist, und sie müssen dafür einen Sprachwandel erst einmal selber durchmachen. Die Autoren haben sich selbst ge-wandelt, indem sie in eine fremde Sprache gegangen sind, und sie haben da die deutsche Sprache ver-wandelt. (Weinrich 2014: 21)3

Die Fokussierung auf die Sprache(n) bzw. Sprachlichkeit der Literatur bei gleichzeitiger Beachtung ihres (Ver-)Wandelns, ihrer Verflechtungen mit hierarchischen Oppositionen und Herrschaftsverhältnissen, ihres Produktions- und Rezeptionskontextes und ihres subversiven Potentials ist auch Gegenstand der Reflexionen Gilles Deleuze’ und Félix Guattaris auf ›mindere‹ oder ›kleine‹ Literaturen (littérature mineure), die sie aufgrund von Kafkas unvollendetem Aufsatz über ›kleine‹ Literaturen entwickelten (vgl. Deleuze / Guattari 1976). ›Kleine Literatur‹ in ihrem Sinn (zusammen mit den – ebenfalls von Deleuze und Guattari geprägten – Begriffen des ›Rhizoms‹ und des ›Nomadentums‹) ist mittlerweile auch in der deutschen Forschung zu einem verbreiteten, aber auch problematisierten Schlüsselbegriff der Diskussion um die Literaturen eingewanderter Autorinnen und Autoren geworden (vgl. Adelson 2005; Amodeo 1996, 2009; Aydemir / Rotas 2008; Heero 2009; Weigel 1992). Eine kleine Literatur ist nach Deleuze und Guattari »nicht die Literatur einer kleinen Sprache, sondern die einer Minderheit, die sich einer großen Sprache bedient« (Deleuze / Guattari 1976: 24), und definiert sich über drei konstitutive Merkmale: »Deterritorialisierung der Sprache, Kopplung des Individuellen ans unmittelbar Politische, kollektive Aussageverkettung« (ebd.: 27). Zwar schafft das Konzept der kleinen Literaturen erneut eine separate Kategorie, diese bezeichnet jedoch gerade eine Literatur, die hegemoniale Ansprüche, homogenisierende Kategorisierungen und dichotomische Trennungen (so auch die Hierarchie zwischen ›Nationalliteratur‹ und ›Migrationsliteratur‹) hinterfragt und dabei nicht mehr nur als politischer, sondern auch in erster Linie als poetischer Akt wahrgenommen wird.

Ähnlich verfahren postkoloniale Konzeptionen, die mittlerweile Einzug in die Germanistik und auch in den Diskurs um die Chamisso-Literatur fanden, so u.a. im Ansatz einer kosmopolitischen ›Germanophonie‹ (vgl. Meyer 2012a). Die ›germanophone Literatur‹ soll in diesem Zusammenhang auf postkolonialistische Strukturen hin befragt werden, wodurch einerseits »essentialistische Prämissen kulturalistischer Konzeptionen« (Meyer 2012b: 6) zugunsten der Begrifflichkeit der postcolonial studies (wie writing back und Hybridisierung) verabschiedet und andererseits aktuelle Migrationsphänomene und die Problematik der Bewältigung der Vergangenheit aufeinander bezogen werden (wie bei Adelsons Analyse der Verflechtungen sich berührender Narrative – touching tales, vgl. Adelson 2005 – deutscher, jüdischer und türkischer Verfolgung und Vernichtung):

Gerade Deutschland […] entwickelte im Zweiten Weltkrieg mit der Eroberung und Besiedelung ausgedehnter Gebieten im Osten Europas, gekoppelt mit der systematischen Deportation und Ausrottung der Juden und der Sinti und Roma, eine besonders radikale und perverse Abart der Kolonisation. Die unilateralen Anwerbeabkommen, die die Bundesrepublik […] mit einer Reihe von verarmten Mittelmeerländern schloss, waren der Auftakt zu einem staatlich gesteuerten, an den Bedürfnissen des heimischen Arbeitsmarktes orientierten Einwanderungsprozess, auf den die deutsche Bevölkerung denkbar schlecht vorbereitet war. Vor diesem Hintergrund konnte sich das Verhältnis der bundesrepublikanischen Gesellschaft zu ihren »Gastarbeitern« kaum in unbefangener Weise entwickeln. […] Insofern kann die Arbeitsmigrationspolitik der Bundesrepublik, wie der Kulturwissenschaftler Kien Nghi Ha feststellt, als eine Form von ›innerer Kolonisierung‹ betrachtet werden. (Ebd.: 13)

Wie anhand der behandelten Diskussion um die ›Ankunft‹ der Chamisso-Autorinnen und -Autoren in der deutschen Literatur die Grenzziehungen zwischen Sprachen und Kulturen innerhalb dieser verortet und problematisiert wurden, so ist auch die dichotome Trennung zwischen Geschichte(n), Gegenwart und Raum ›Deutscher‹ und ›Zugewanderter‹ zu überdenken. Einen theoretischen Anhaltspunkt hierfür liefern die Ansätze Aydemirs und Rotas’ (vgl. Aydemir / Rotas 2008) sowie Rothbergs (vgl. 2014), welche nicht nur die durch die Herausforderungen der Mobilität und der Vergangenheitsbewältigung geprägte postmigrantische Gesellschaft und Kultur terminologisch erfassbar machen, sondern auch bei der literarischen Analyse raumzeitlicher Beziehungen innerhalb der Diegese hilfreich sind.

›Thickening‹ places, immigrating into the past – Raum und Zeit der ›Chamisso-Literatur‹

Die Verortung der migrierenden Literatur in einem Dazwischen von Sprachen und Kulturen erwies sich alles andere als unproblematisch, und dasselbe bezieht sich auch auf die Grenzziehung zwischen den »minoritized and marginalized subjects« der Migration und dem aufgrund eines »monocultural, nation-based understandings of ethnic belonging« (ebd.: 137) konstruierten Subjekt des Deutschen, die sich beide durch ihre Beziehung zur Vergangenheit als solche konstituieren. Rothberg diagnostiziert im Kontext des Vergangenheitsbezugs (bzw. der Kluft zwischen Vergangenheits- und Gegenwartsdebatten) im vereinigten Deutschland zwei soziale ›Logiken‹ (eigentlich Paradoxa):

Two dominant social logics in unified Germany regulate who inherits the past and what rights and responsibilities accompany that inheritance: a German paradox, in which ensuring responsibility for the crimes of the recent past seems to require preservation of an ethnically homogeneous notion of German identity, even though that very notion of ethnicity was one of the sources of those crimes; and a migrant double bind, in which migrants are simultaneously told that the Holocaust is not part of their history because they are not »ethnically« German and then castigated as unintegratable for their alleged indifference to Holocaust remembrance. (Ebd.)

Da Deutschland gleichzeitig ein postmigratorisches und ein Post-Holocaust-Deutschland ist (vgl. ebd.: 142), stellt sich für Rothberg in Anlehnung an Şenocaks Reflexionen die Frage nach der Verknüpfung von Aufarbeitung und Arbeitsmigration: »Heißt in Deutschland einzuwandern nicht auch, in die jüngste deutsche Vergangenheit einzuwandern?« (Şenocak 1993: 16, zit. n. Rothberg 2014: 124). Rothberg schlägt als Antwort auf die Frage und als Ausweg aus den beiden obigen Paradoxa in Anlehnung an seinen Ansatz des multidirectional memory und die Ethik einer transnationalen Erinnerung vor, die Auswirkungen der demographischen Veränderungen (d.h. der Migration) auf die Verschränkung und Interaktion von Geschichte und Gedächtnis bzw. von nationalen, lokalen und transnationalen Gedächtnisschichten (scales) zu untersuchen und in diesem Licht deutsche Identität und die ›Dynamik der Erinnerung‹ neu zu definieren:

[C]onsidering under-explored migrant engagements with the Holocaust and the National Socialist past allows us to demonstrate that German memory cultures can open themselves to a redefinition of German identity that takes into account the fundamental demographic transformations and transnational flows of the postwar period without jeopardizing German responsibility for the Holocaust. (Ebd.: 126)

Die Multidirektionalität der Erinnerung in Migrationsgesellschaften zeigt sich für Rothberg in Veränderungen der locatedness der Migration und der Erinnerung. Er untersucht an migratory settings die transnationalen und transkulturellen Dimensionen eines thickening (vgl. Aydemir / Rotas 2008) der deutschen Erinnerungskultur (u. a. die Auseinandersetzungen von Frauen türkischer und arabischer Herkunft mit der nationalsozialistischen Vergangenheit im Projekt »Neuköllner Stadtteilmütter«). Dabei beruft er sich auf Aydemirs und Rotas’ Konzept der multidirektionalen Verdichtung des kulturellen Settings im Migrationszeitalter:

Our combined titular phrase [migratory settings; E.P.], we propose, invites a shift in perspective from migration as movement from place to place to migration as installing movement within place. Migration not only takes place between places, but also has its effects on place, in place. In brief, we suggest a view on migration in which place is neither reified nor transcended, but »thickened« as it becomes the setting of the variegated memories, imaginations, dreams, fantasies, nightmares, anticipations, and idealizations that experiences of migration, of both migrants and native inhabitants, bring into contact with each other. Migration makes place overdetermined, turning it into the mise-en-scéne of different histories. (Ebd.: 7)

Während Rothberg die Verdichtungen und Interaktionen historischer Erinnerungen näher betrachtet und dabei literarische Texte zu illustrativen Zwecken heranzieht, betonen Aydemir und Rotas – in Anlehnung an Mieke Bals Konzept der migratorischen Ästhetik – ausdrücklich die ästhetische Dimension der Verdichtung des Raumes, die Relevanz der »mutual implication of the aesthetic dimension of practices of migration and the migratory dimension of aesthetic processes« (ebd.: 8). Die dichotomischen Trennungen zwischen Orten (»migration as a movement from place to place« vs. »migration as installing movement within place«), zwischen Gedächtnis / Geschichte und Migration (»German paradox«, »migrant double bind«), zwischen Statik und Bewegung (implacement vs. Migration) oder zwischen »›real‹ political, social, and economic« und »fictional, staged, imagined, perceived, or aesthetic [scenery; E.P.]« (ebd.: 7) werden damit aufgehoben: Migration erweist sich als Signifikat für eine Ankunftsbewegung, die Raum und Zeit gleichermaßen verdichtet. Die Erforschung der Dimensionen der ›Gleichzeitigkeit‹ und ›Gleichortlichkeit‹ postmigratorischer Erinnerungskulturen richtet sich damit per se auf die Ästhetik der Migration und ist wesensverwandt mit der Erforschung literarischer bzw. sprachlich-imaginativer Verdichtung:

[M]igratory settings crucially indicate the spatial simultaneity of the histories and futures that various groups of natives and immigrants remember, project, and imagine. The prior anticipations of the new place of living by migrants, as well as their retrospective memories of the old place, become active parts of the new environment that they share with other inhabitants. […] [T]hese memories are, in fact, »acts of imagining« that produce cultural identifications that cannot be reduced to either place. At the same time, these actively imagined and reimagined memories become part of the place where they take place, enhancing and transforming it. (Ebd.: 20)

Relevant und produktiv werden diese Verknüpfungen und Grenzverwischungen nicht nur bei der Analyse der Erinnerungstopographien und Geschichtspolitik bzw. bei der Bekämpfung von Erinnerungskonkurrenzen, sondern als Analysekategorien der migratorischen Ästhetik literarischer Texte, beispielsweise in den Arbeiten Leslie A. Adelsons zur ›türkischen Wende‹ in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (vgl. Adelson 2004; 2005). Wenn Adelson von einer ›türkischen Wende‹ der Gegenwartsliteratur spricht, liest sie »deutschsprachige literarische Texte türkischer Prägung der jüngsten Vergangenheit als Wende-Literatur im konventionellen Sinne […], d.h. ›als eine privilegierte Sphäre der Reflexion‹ […] auf die kulturellen Auswirkungen nationaler Vereinigung« (Adelson 2004: 53). Sie verbindet dabei die »Ost-West-Koordinaten der inneren deutschen Teilung« mit »Ost-West-Koordinaten, die eine vermeintliche orientalische Präsenz (›das Türkische‹) auf ein vermeintlich okzidentalisches Deutschland (die Berliner Republik) projizieren« (ebd.). Bei der Analyse »türkische[r] Momente deutscher Erinnerung« (ebd.) bezieht sie – Rothberg nicht unähnlich – migrationsbedingte und erinnerungskulturell relevante Kontakte und Umwandlungen (die Verflechtungen von Geschichte, Erinnerung, Migration und Literatur) aufeinander. Ähnlich verfährt sie auch in ihren Auseinandersetzungen mit den sich berührenden Narrativen (touching tales) deutsch-türkischer und deutsch-jüdischer Geschichten (»[w]hen figural Turks and Jews make contact in German narratives alluding to stories of victimization and genocide, these narratives become ›touching tales‹ of Turks, Germans and Jews«; Adelson 2005: 86).

Adelsons Problematisierung der Verschiebungen in der Semantik der Ost-West-Koordinaten infolge der deutschen Wiedervereinigung und der türkischen Migration wäre freilich durch den Hinweis auf die Migrationswelle aus Osteuropa zu ergänzen, welche die deutsche Erinnerungskultur längst vor der Wende und der Osterweiterung der Europäischen Union prägte. Das Geflecht der deutsch-jüdisch-türkischen touching tales und Verfolgungsgeschichten wäre damit auch zu ergänzen um die traumatischen historischen Erfahrungen Osteuropas, wie den Verbrechen im Gulag, dem Zusammenbruch des Ostblocks oder den Balkankriegen, die mittlerweile als traumatische ›Pflichterinnerungen‹ einer transnationalen europäischen Erinnerungsgemeinschaft dem Holocaustgedächtnis ähnlich problematisiert und theoretisiert wurden.4 Analog zum Begriff des Turkish turn verbreiteten sich in einschlägigen (literatur-)theoretischen Ansätzen mittlerweile auch die Termini Yugoslavian oder Balcan turn (vgl. Previšić 2009) und Eastern turn (vgl. Haines 2008; 2015) bzw. ›literarische Osterweiterung‹ (vgl. Ackermann 2008b; Hermann / Horstkotte 2016: 128). In der gedächtnistheoretischen Reflexion wurden die komplexen Verschränkungen (bzw. Unterschiede) zwischen Erinnerungskultur, Geschichtspolitik und Kunst (bzw. kulturellem Gedächtnis) in westlichen und in postkommunistischen Gesellschaften im Rahmen des Ansatzes des Transnationalismus behandelt und mit der disziplinübergreifend geführten Diskussion um die Europäisierung nationaler Erinnerungskomplexe in Form eines dialogischen Erinnerungsdiskurses verbunden.5 Trotz der anhaltenden Konjunktur dieses Diskurses um die Weiterentwicklung der memory studies zu einer transnationalen Erinnerungsforschung sich dynamisch wandelnder Erinnerungsräume und deren travelling memories (vgl. Erll 2011) oder mémoire croisée (vgl. Werner / Zimmermann 2006) gibt es im Kontext der Grenzgängergeschichten zwischen Osteuropa und dem deutschsprachigen Raum jedoch lediglich die ersten Ansätze zu einer Neupositionierung der traditionellen Komparatistik in Form der Fokussierung auf Figuren des Transnationalen und auf die Ästhetik der Grenzüberschreitung (vgl. Bürger-Koftis 2008; Cornejo u.a. 2014; Zinggeller 2015).

Eastern turn in der ›Chamisso-Literatur‹? – Zur Erforschung literarischer Grenzgänge zwischen Ost- und Westeuropa

Die Fokussierung auf die touching tales oder multidirectional memories der thickened places der postmigratorischen deutschen Erinnerungslandschaft bedeutet allerdings keinerlei Legitimierung einer restriktiven, thematischen oder biographischen Annäherung der Literatur zugewanderter oder mehrsprachiger Autorinnen und Autoren, sondern soll von der strukturellen Analogie der behandelten (ästhetischen und migrationsbedingten) Verdichtungsstrategien ausgehend die migratorische Ästhetik – und in deren Sinn die Deterritorialisierung der Sprache und Geschichte(n) – reflektieren. Die Diskussion um die ›literarische Osterweiterung‹ prägen nicht überraschenderweise dieselben Spannungen zwischen an der Sprache und an der Autorenbiographie bzw. thematisch orientierten Zugängen zur Literatur wie auch den vorgestellten Diskurs um die ›Chamisso-Literatur‹ im Allgemeinen, so u.a. auch die Ambivalenz zwischen der Erarbeitung einer Kategorie (der Produktion eines Textkorpus) und der gleichzeitigen Feststellung der Unhaltbarkeit der eindeutig-strikten Kategorisierung.

Aufgrund der hohen Zahl der Chamisso-Preisträger ungarischer Herkunft (László Csiba und György Dalos 1995, Terézia Mora 1999, Ilma Rakusa 2003, Zsuzsa Bánk 2004, Zsuzsanna Gahse 2006, Léda Forgó 2008, Ákos Doma 2010) spricht René Kegelmann von einer »Teilkanonisierung« dieses Stranges der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (Kegelmann 2010: 13). Kegelmann grenzt das Korpus der Werke deutschsprachiger Autorinnen und Autoren ungarischer Herkunft von der »türkische[n], griechische[n] oder italienischen Gastarbeiter- und Migrantenliteratur« aufgrund einer (»österreichisch-ungarischen«) Tradition der Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität ab, um festzustellen, dass diese Autorinnen und Autoren »als Gruppenphänomen nicht so beschreibbar« sind (ebd.: 24). Irmgard Ackermann konstatiert ebenfalls eine Osterweiterung des Chamisso-Preises (vgl. Ackermann 2008b: 18) und stellt die unter diesem Aspekt relevanten Autorinnen und Autoren sowie Werke in einem bio-bibliographischen Anhang zusammen (vgl. Ackermann 2008a). Nach Ackermann macht sich zwar in literarischen Texten und in der literarischen Szene eine neue Entwicklung bemerkbar, die sie »Osterweiterung« nennt. Gleichzeitig stellt sie aber auch fest, dass »diese literarische Osterweiterung nicht erst mit der politischen Osterweiterung eingesetzt hat, sondern einen viel größeren Zeitraum umspannt und darum zeitlich nicht eindeutig fixierbar ist« (Ackermann 2008b: 13f.). Dementsprechend untersucht sie den österreichisch-ungarischen und den deutsch-tschechischen Prager Kulturraum als »historische[n] Hintergrund« der Gesamtszene, in welcher sie die »jüngeren Ostautoren« verortet (ebd.). Brigid Haines, die den Terminus eastern turn konzeptionell begründete (vgl. Haines 2008), präsentiert ausgehend von der besonders großen Anzahl von Autorinnen und Autoren mit osteuropäischem Hintergrund einen reflektiert provisorischen und generalisierenden Merkmalskatalog ihrer Literatur – sie unterscheidet fünf Ähnlichkeiten (»common scenarios«) in Form, Inhalt und Rezeption dieser Texte. Diese seien »lived reality of communist rule […] the alienating experience of migration westwards; the disillusionment with life […] in the early 1990s; the shocking conflicts in former Yugoslavia […] and the disorientation of life in post-Cold War Europe today« (ebd.: 139). Sie fügt u.a. hinzu, dass diese Texte im Allgemeinen die Geschichte des ehemaligen Ostblocks als eine Erinnerungsgemeinschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts reflektieren (zumeist in verständlicher Prosa) und in dem Sinn westlichen Ansprüchen entgegenkommen, dass sie über den neu zugänglichen ›blinden Fleck‹ Osteuropa aufzuklären vermögen. Andererseits kommt Haines aber auch zu dem Schluss, dass diese Literatur resistent ist gegenüber eingrenzenden kollektiven Etikettierungen und Einkapselungen auf der Ebene sprachlicher, historischer oder nationaler Kategorien: »[T]his new body of German-language prose literature has a transitory unity deriving from its […] thematic concern with the communist period in the eastern bloc, and its aftermath. Yet in all other ways […] these texts resist containment and collective treatment« (ebd.: 137f.).

Die Emergenz der (deutschsprachigen) Literatur der bzw. nach der osteuropäischen Wende forderte, wie wir gesehen haben, die Hierarchisierung zwischen bzw. die Modelle von ›Nationalliteraturen‹ und den ›anderen‹ Literaturen heraus und sie inspirierte jenseits ihrer ausschließenden Logik neue Kategorisierungen und Konzeptionalisierungen. Gleichzeitig erwiesen sich aber gerade diese Klassifikationsstrukturen als uneindeutig und letztendlich als unnötig – wie das auch bei der Aufhebung dichotomischer Trennungen der Fall war, im behandelten Kontext der Verdichtung des Raumes und der Zeit infolge transnationaler Migration und auch als Merkmal einer allgemeinen Poetizität des Schreibens. Mit Haines’ Worten heißt es:

[T]he Eastern European turn does not simply denote a wave of new immigrant writers, though there has been such a wave and it has made a huge impact, but designates also a conceptual stocktaking of the present, post-»Wende« European moment from a variety of perspectives. Perhaps it is time […] to retreat from national or linguistic identifications and the concept of distinct cultures inherent in the term »interkulturelle Germanistik«, and to talk instead of the transnational and porous nature of writing. (Haines 2015: 147)

In diesem Kontext und einer ähnlichen Logik folgend lassen sich weitere kulturelle und ästhetische Identitäts- und Alteritätsphänomene produktiv aufeinander beziehen, wie die Vielfachkodierung und Mehrdeutigkeit von Gedächtnis und die literarischen Texten inhärente Polyphonie oder die Dialogizität der europäischen Erinnerungskultur (im Sinne A. Assmanns) und die Dialogizität literarischer Texte (im Sinne Bachtins). Der Fokus auf verflochtenen Erinnerungen, der mittlerweile u.a. als ›dritte Welle‹ der Gedächtnisforschung thematisiert und theoretisiert wurde (vgl. Feindt u.a. 2014), verbindet beispielsweise diese sowohl mit der theoretisch-methodischen Reflexion der transnationalen Erinnerung als auch mit ästhetisch-philosophischen Fragestellungen u.a. nach der gesellschaftlichen und sprachlichen Konstruktion der Wirklichkeit oder der Pluralität und Dialogizität der Bedeutungskonstitution. Rothbergs erwähntes Konzept der verknüpften Erinnerungen (multidirectional memory, Rothberg 2009) verfügt nicht nur über eine theoretisch-methodologische Relevanz hinsichtlich der Fokuserweiterung der memory studies, d.h. ihrer Weiterentwicklung etwa zu einer transkulturellen Mnemographie, sondern es ermöglicht auch, die »trennende Logik der Opferkonkurrenz« in Bezug auf historische Gewaltkomplexe zu überwinden, und zwar gerade durch die Verlagerung des Erinnerungsdiskurses von der nationalen auf die transnationale Ebene (Assmann 2013: 177). Diese Offenlegung der Mehrschichtigkeit und der Heterogenität des Gedächtnisses ist auch in Beziehung zu setzen zur Interpretation der Mehrfachkodierung des polyphonen literarischen Textes.

In dieser Perspektive erweist sich die Erforschung der ›Chamisso-Literatur‹ von Autorinnen und Autoren mit einem osteuropäischen Hintergrund als ein durchaus produktives Unternehmen. Zu versuchen wäre im weiteren Sinne, gewisse Asymmetrien der europäischen Erinnerung hinsichtlich der Bearbeitung totalitärer Erfahrungen freizulegen und über die Perspektiven der Europäisierung der Erinnerungskultur durch ›Dialogisierung‹ der Erinnerungskulturen in Ost und West sowie über die Literatur als Medium dieser Dialogisierung nachzudenken. Anhand der Analyse der Grenzgängergeschichten, die sich in der deutschen Erinnerungskultur situieren (auf Deutsch erschienen sind), jedoch transnationale Erinnerungskulturen reflektieren, indem sie den Umgang mit der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts oder grenzüberschreitende Bewegungen zwischen Ostmitteleuropa und dem Westen behandeln, würde das Gedächtnis diktatorischer Vergangenheiten in postsozialistischen Staaten und in westlichen Gesellschaften zum Thema. Zu behandeln wären die transformativen Auswirkungen individueller Migrationsgeschichten auf das kollektive Gedächtnis, den Identitätsdiskurs und die Öffentlichkeit des deutschen Resonanzraumes, das Bild von unterschiedlichen Erinnerungskulturen, das in deutschsprachigen Texten von Autorinnen und Autoren nichtdeutscher Herkunft gezeichnet wird, und der Stellenwert der Erinnerungsorte osteuropäischer Zuwanderer im deutschen Narrativ. Ausgehend von der Analysekategorie der Grenze (und den damit verbundenen Aspekten der Transgression, Translokalität bzw. der geschlechtlichen Kodierung und der narrativen / diskursiven Gestaltung dieser Erfahrungen) ließen sich Verflechtungen zwischen Schreibstrategien, Erzählformen und migratorischen Identitätsmustern nachvollziehen und dadurch würde die ästhetisch-narrative Verfasstheit von Differenzkonstruktionen und Identitätsentwürfen (bzw. ihre Aushandlung im literarischen Diskurs) diversifiziert untersucht. Der Vergleich und die Verbindung dieser ansonsten getrennt (oder unter Rückgriff auf nationale Erinnerung) untersuchten Gegenstände bietet damit die Gelegenheit, Identitäts- und Erinnerungsdiskurse aus einer transnationalen Perspektive im Hinblick auf die Möglichkeit eines dialogischen Gedächtnisses zu beleuchten und dadurch den Herausforderungen einer von Migrationswellen sowie von traumatischen und verflochtenen Vergangenheiten gleichermaßen geprägten Gegenwart6 gerecht zu werden.

Anmerkungen

1 | »Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Einwanderungsland, auch wenn ein großer Teil der bei uns lebenden Ausländer auf Dauer im Lande bleiben wird« (Kohl 1983). Vgl. hierzu auch den Wortlaut der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU / CSU und FDP aus dem Jahr 1983.

2 | Die (affirmative) Verneinung ihres Gegenstandes hält auch die akademische Diskussion über die Existenzberechtigung des Begriffes Schweizer Literatur aufrecht: Diese scheint nämlich auch heute noch intensiv zu sein, obwohl die Frage nach der Existenz einer homogenen Schweizer Nationalliteratur längst verneint wurde. Michael Böhler geht sogar noch weiter: Wegen der Inkongruenz zwischen sprachlicher und politischer Grenzziehung innerhalb und um die Schweiz stuft er den gesamten Prozess der nation-building in der Schweiz als ambivalent und paradox ein, er verweist darauf mit Terry Eagletons Ausdruck self-assertion in denial (vgl. Böhler 2010: 41). Vgl. hierzu Pabis 2017: 33-44.

3 | In umgekehrter Richtung lässt sich sogar von einer ähnlich transformativen Auswirkung der Sprachlichkeit der Chamisso-Autorinnen und -Autoren auf die Literatur der Herkunftsländer sprechen und die Idee der ›Bereicherung‹ enthält im Kontext dieses transnationalen Potentials der Verfremdung auch eine neue Bedeutung. Diese beschreibt Péter Esterházy anhand der deutschsprachigen Literatur ungarischsprachiger Autorinnen wie folgt: »Die ungarische Literatur oder das geistige Leben in Ungarn hat es noch nicht begriffen, wie viel diesen Schriftstellerinnen zu verdanken ist. Sie vermögen nämlich einen uns bekannten Gegenstand auf eine uns unbekannte Weise zu betrachten – was (von diesem ungarischen Gesichtspunkt her gesehen) besonders aufregend, ja, lehrreich genannt werden kann. Eigentlich müßte ein Gegen-Chamissopreis gegründet werden, oder eher ein verkehrter Chamisso-Preis, der Ossimach-Preis, der also nicht denen zukommen sollte, die zu uns gekommen sind und uns in dieser Weise bereichern, sondern denen, die von uns weggegangen sind und uns doch bereichern können« (Esterházy 2006: 5f.).

4 | Die Transnationalisierung bzw. Entlokalisierung nationaler Erinnerungskonstellationen wurde in den letzten Jahrzehnten vor allem im Kontext der Universalisierung des Holocaustgedächtnisses und im Lichte postmigrantischer Mobilität diskutiert. Reflexionen über die gemeinsame Erinnerung im vereinten Europa (vgl. Assmann 2012; Leggewie 2006; Rousso 2004) manifestierten sich in der Vorstellung vom »negativen Gründungsmythos des Holocaust« (Leggewie 2006) und wurden von der Dislozierung des Holocaustgedächtnisses angetrieben: Diese institutionalisierte sich nach dem Stockholm International Forum on the Holocaust (2000) und durch die Einrichtung der Task Force for International Cooperation in Holocaust Education (1998, heute IHRA) als Indikatoren der Entnationalisierung der Holocausterinnerung, welche nicht mehr nur als lokale traumatische Erinnerung der Opfer und Täter und als nationale Vergangenheit, sondern als globaler Kern gemeinsamer europäischer Erinnerung fungiert. Die Verbrechen des Nationalsozialismus und des Stalinismus haben in den west- und osteuropäischen Erinnerungskonstruktionen jedoch unterschiedlichen Stellenwert, sodass u.a. Aleida Assmann eine Asymmetrie im gespaltenen europäischen Gedächtnis diagnostiziert: Dabei spielt nicht nur die vermeintliche Trivialisierung der osteuropäischen Erfahrung in Westeuropa eine Rolle, sondern auch die Diskrepanz zwischen dem oft für vorbildlich erklärten Tätergedächtnis der Deutschen und der für die postsowjetischen Nationen charakteristischen Selbstviktimisierung, welche die Empathie mit den Holocaustopfern und die Anerkennung der Mitverantwortung an historischen Verbrechen ausschließt (vgl. Assmann 2012; 2013).

5 | Assmann spricht von einer grundsätzlichen Asymmetrie zwischen »monologischen« nationalen Erinnerungen und einer »dialogischen« europäischen (transnationalen) Erinnerungskultur: »Die Konstellation der Europäischen Union bietet einen einmaligen Rahmen für die Transformation von monologischen in dialogische Gedächtniskonstruktionen. […] Während die monologische Erinnerung die eigenen Leiden ins Zentrum stellt, nimmt die dialogische Erinnerung das den Nachbarn zugefügte Leid mit ins eigene Gedächtnis auf« (Assmann 2012: 58f.).

6 | Vgl. hierzu Aleida Assmann über »new forms of belonging, solidarity and cultural identification in a world characterised by streams of migration and the lingering impact of traumatic and entangled pasts« (Assmann 2014: 546).

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