Train journeys to the USSR were a popular topic in GDR literature. This article explores the images of the Soviet Union, of its inhabitants and of the travellers themselves in texts by GDR authors written and published between 1962 and 2010. In these texts the train becomes an important symbol for what the authors see on their journey. This also includes what remains hidden from them and, in particular, how they understand what they are seeing and what not. The train therefore turns into a symbolic transit space, a heterotopia capable of juxtaposing several spaces – that are in themselves incompatible – in a single real place (Foucault). The train, its engine, windows and compartments in the texts discussed encompass surprisingly different perceptions of the Soviet Union, ranging from those informed by a strong faith in the imminent implementation of the socialist utopia to those informed by the perception of a Stalinist dystopia – and the ongoing repression of this insight on the part of the authors.
Title:From Utopia to Dystopia: Train Journeys through the Soviet Union in GDR Literature
Keywords:transit space; heterotopia; train; travelogue; GDR literature
Wie Christa Wolf schreibt, waren es gerade die »Ostdeutschen, die nach dem Krieg zu den östlichen Völkern gehen mußten, zu denjenigen, die am meisten unter uns [Deutschen; W.B.] gelitten hatten« (Wolf 2010: 111). Diese Anmerkung verweist in zwei Richtungen; zum einen auf die besuchten »östlichen Völker«, zum anderen auf die Deutschen selbst, die dorthin gehen »mussten«. Auf den Spuren Christa Wolfs wie auch anderer Autoren aus der DDR möchte ich der Frage nachgehen, welche Bilder der Sowjetunion und der dort lebenden Menschen, aber auch indirekt ihrer selbst von diesen Schriftstellern zu verschiedenen Zeiten bei ihren Gängen »zu den östlichen Völkern« in Novellen, Romanen, Reiseberichten und autobiographischen Texten gezeichnet wurden.
Mit Datum vom 27.9.1996 merkt Wolf in Ein Tag im Jahr an, sie müsste eigentlich ihre russischen Erinnerungen aufschreiben (Wolf 2003: 558). Daran hindere sie, dass die Staatsgebilde und Gesellschaften, in deren Räumen ihre Erinnerungen spielen, untergegangen sind und die Erinnerungen daher seltsam ortlos geworden seien.1 Warum sollten wir uns dann heute mit dieser Frage beschäftigen, wenn sowohl DDR als auch UdSSR längst untergegangen sind? Darauf gibt es mehrere Antworten.
In ihrer Hierarchie eines nationalen deutschen Gedächtnisses erachtet Aleida Assmann die Erinnerung an den Holocaust, worin Anerkennung und Durcharbeiten deutscher Schuld kulminieren, als den entscheidenden normativen Rahmen, dem das Gedenken an anderes und damit auch deutsches Leiden untergeordnet werden könne, aber auch müsse (vgl. Assmann 2006: 198). Mir scheint dies eine nicht unproblematische Hierarchie eines politischen Gedächtnisses zu errichten, die Leerstellen aufweist, z.B. bezüglich der deutschen Kriegsführung gegenüber der Zivilbevölkerung in Polen und vor allem in der Sowjetunion.2 Es ist diese Leerstelle, auf die Christa Wolf vor allem verweist, wenn sie vom Gang »zu den östlichen Völkern« schreibt. Weiterhin verweist sie auf eine Leerstelle innerhalb der interkulturellen Germanistik, die sich bisher kaum mit den Kontakten zu den östlichen Nachbarn befasst hat, wie sie in der Literatur aus der DDR dargestellt werden.
Gleichzeitig lenkt diese Feststellung von Wolf – wenn auch wohl unbeabsichtigt – das Augenmerk auf problematische Dimensionen eines deutschen Schuldbewusstseins, das nur zu leicht den Blick auf die ›Anderen‹ verstellen kann, indem es sie als Opfer deutscher Aggression im Gegensatz zu den Deutschen pauschal frei von jeglicher, mit der eigenen Geschichte verbundener Schuld sieht und sie damit zu grundlegend ›Anderen‹ macht, so dass anstatt punktuell möglicher Ähnlichkeit ausschließlich Differenz gesehen wird.3
Die eingangs formulierte Fragestellung, welche Bilder der Sowjetunion und der dort lebenden Menschen, aber auch der Reisenden selbst in der Literatur aus der DDR gezeichnet wurden, bedarf der Präzisierung. Reisen in die und in der Sowjetunion wurden – zumindest in der ersten Zeit – ganz oder teilweise mit der Eisenbahn unternommen. Es soll im Folgenden gezeigt werden, welche Bilder des bzw. der ›Anderen‹ und der Reisenden selbst auf Fahrten in Zügen entstehen – beim Blick aus dem Fenster, bei Begegnungen im Abteil; aber auch, wenn der Zug zum Halt gekommen ist und der Reisende den Waggon verlässt. Die Beschäftigung mit dieser Frage erfordert zunächst einen Blick auf theoretische Konzepte und symbolische Bedeutungen, die mit der Eisenbahn verbunden sind.
Mit ihrer beschleunigten Überwindung von Raum und Zeit gehört die Eisenbahn in der Moderne zu den wichtigsten Trägern symbolischer Bedeutungen. Doch ist sie nicht nur Symbol der technischen Leistungen der Moderne, sondern auch der Kritik daran (vgl. Beaumont / Freeman 2007: 13). Auffällig ist, dass sich die damit verbundenen symbolischen Bedeutungen in einer Vielzahl einander binär entgegengesetzter Paare fassen lassen.
So hat die Eisenbahn nicht nur die Idee des Fortschritts mitgeformt, sondern auch eine Imagination des Desasters.4 Neben utopischen weist die Eisenbahn erhebliche dystopische Potentiale auf, wie es spätestens der Zweite Weltkrieg und die Logistik des Holocaust zeigen.5 Wie Beaumont schreibt, wird entsprechend der Binarität symbolischer Bedeutungen der Eisenbahnwaggon zur Bühne für so zentrale Konflikte der Moderne wie den zwischen Vertrautem und Unvertrautem, zwischen privatem und öffentlichem Raum oder zwischen rationaler Ordnung und unbewusstem Begehren (vgl. Beaumont 2007: 152f.).
Nicht zuletzt daher sieht Foucault den Zug als einen dynamischen Durchgangsort bzw. Transitraum, der durch ein außergewöhnliches Bündel von Relationen konstituiert wird (vgl. Foucault 2006: 320). Der Ort des Zuges wird zum Raum der Heterotopie, die an einem Ort mehrere Orte zusammenbringt, die eigentlich nicht miteinander verträglich sind (vgl. ebd.: 324), wie z.B. im Theater das Rechteck der Bühne. Es ist kein Zufall, dass in der Literatur das Eisenbahnabteil immer wieder als theatralischer Raum erscheint (vgl. Beaumont 2007: 138). Wie für das Eisenbahnabteil oder das Theater, so gilt generell für Heterotopien, dass sie stets über ein System der Öffnung und Abschließung verfügen. Für Schivelbusch bedeutet der Kauf eines Eisenbahnbilletts dasselbe wie der Erwerb einer Theaterkarte: »Die Landschaft, die man mit dem Billett erwirbt, wird zur Vorstellung. Sie gehört zur Eisenbahnlinie wie die Bühne zum Theater.« (Schivelbusch 2011: 40) Für Foucault ist eine Heterotopie ein realer Raum, eine tatsächlich verwirklichte Utopie, wodurch alle anderen realen Räume, die man in einer Kultur finden kann, zugleich repräsentiert, in Frage gestellt und in ihr Gegenteil verkehrt werden (vgl. Foucault 2006: 320). Foucault unterscheidet dabei zwei Funktionen der Heterotopie. Zum einen schaffe sie einen illusionären Raum, der den gesamten realen Raum als noch größere Illusion entlarvt. Zum anderen bringe sie als kompensatorische Heterotopie im Gegensatz zur wirren Unordnung unseres Raumes einen anderen Raum hervor, der eine vollkommene Ordnung aufweist (vgl. ebd.: 326).
In diesem Sinne sieht de Certeau das Planquadrat des Eisenbahnwaggons als vollkommene Verwirklichung einer rationalen Utopie (vgl. de Certeau 1988: 209). Im Innern der rationalisierten Zelle auf Reisen herrsche die Unbeweglichkeit der Ordnung des Vernunftstaats. Während der Dauer einer Reise fallen die Gegensätze von Traum und Technik zusammen, wodurch das ›Spekulative‹ im Inneren der Maschinerie zurückkehre. In den Abteilen, den Zellen des Waggons, den Orten des Müßiggangs und Denkens, würden Heilige und Glückliche hervorgebracht, Betrachter und Überschreiter von Räumen (vgl. ebd.: 212).
Doch endet jede Reise einmal, die Reisenden müssen aussteigen. Es gibt nur verlorene Paradiese, woran de Certeau die Frage anschließt, ob die Endstation einer Bahnreise tatsächlich das Ende einer Illusion sei (vgl. ebd.: 213). Zumindest erwecke die gestoppte Maschine den Eindruck, ein abgetakelter Gott zu sein.
Genauer möchte ich auf zwei Relationen eingehen, denen für die Eisenbahnfahrt eine wichtige Rolle zukommt, und zwar der Relation von drinnen und draußen sowie der zwischen den Passagieren im Eisenbahnabteil. Für de Certeau sind Fensterscheibe und Schiene die beiden komplementären Modi der Trennung des Reisenden von der durchquerten Landschaft, wobei Erstere die Distanz ermöglicht, die den Passagier zum Betrachter macht (vgl. de Certeau 1988: 210f.). Gleichzeitig trennt die Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrt den Reisenden vom umgebenden Raum, dessen Teil er bei einer Reise in der Zeit vor dem Aufkommen der Eisenbahn noch gewesen war. Die Flüchtigkeit der Szenerie während der Eisenbahnfahrt ermöglicht die Gewinnung eines Überblicks, die scheinbare Erfassung eines Ganzen, was Schivelbusch unter Bezug auf Schriften von Jules Clarétie aus dem Jahr 1865 als panoramatischen Blick bezeichnet (vgl. Schivelbusch 2011: 59). Die Verflüchtigung der Wirklichkeit und deren Wiederauferstehung als Panorama sind die Voraussetzung dafür, dass sich der Blick zusehends von der Landschaft emanzipiert, sich stattdessen dem Lesen zuwendet und sich in die imaginäre Ersatzlandschaft der Literatur begibt (vgl. ebd.: 62). Die Fahrt mit der Eisenbahn verwischt die Unterscheidung zwischen der Welt des Buchs und der vermeintlichen realen Welt, die nur unbestimmt durch das Abteilfenster wahrgenommen wird. Oder, wie es Strindberg im Jahre 1885 festhält: »Ich will allerdings niemandem raten, ein fremdes Land nur vom Kupeefenster aus zu beschreiben, denn die Bedingung dafür, daß man das tun kann, ist ganz einfach: alles vorher wissen.« (Zit. n. ebd.: 51 [Hervorh. im Original])
Wendet man den Blick dem Inneren des Waggons zu, so fällt auf, dass der traditionelle europäische Eisenbahnwaggon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts durch die Einteilung in einzelne Abteile geprägt ist, zu denen der Zugang durch einen an einer Seite befindlichen Gang erfolgt. Mit dem Abteil schafft die europäische Tradition einen heimlich-unheimlichen Raum, der durch den Widerspruch zwischen der Intimität des Abteils und der Anonymität der Passagiere geprägt ist, die einander in der riesigen UdSSR häufig über einen längeren Zeitraum begegnen. Wo es kaum eine Basis für eine Kommunikation zwischen den Reisenden gibt, wird deren erzwungenes Vis-à-vis im Abteil zunehmend unerträglich (vgl. ebd.: 71).
Gerade im Kontext der Sowjetunion, wo Züge zu einem zentralen Symbol der Modernisierung wurden, des Übergangs der Menschheit von Rückständigkeit zu einer leuchtenden Zukunft, gilt die mit der Eisenbahn verbundene Binarität symbolischer Bedeutungen. Wie Grützmacher feststellt, ließen sich mit der Eisenbahn symbolische Bedeutungen verbinden wie z.B. Kraft und Energie, Eisen und Stahl, geballte Technik, aber auch die Durchdringung und Überwindung des Raums,6 Ferne, Fortschritt und Dynamik (vgl. Grützmacher 2012: 67). Wo die bolschewistische Revolution eng mit dem Vorantreiben eines Modernisierungsprozesses verbunden war, verkörperte der Stalinismus die gewaltsame Dimension dieses Prozesses. Sinnbildlich dafür wurden die technischen Großprojekte, die der Megalomanie des Stalinismus ebenso wie dem sowjetischen Ethos der Bezwingung der Natur durch den Menschen entsprachen und an denen sich das Konflikt- und Schadpotential dieser gewaltigen Infrastrukturprojekte besonders deutlich zeigte (vgl. ebd.: 26).
Charakteristisch für derartige Bauten wurde die Verbindung von Großprojekt und Straflager, ein Modell, das beim Bau des Weißmeer-Ostsee-Kanals in den Jahren 1931 bis 1933 entwickelt worden war. In diesem Modell sollte der massenhafte Einsatz von Häftlingsarbeitskraft die notorische Untertechnisierung sowjetischer Bauprojekte kompensieren (vgl. ebd.: 99). Dies gilt auch für das in den 1930er Jahren begonnene Eisenbahnprojekt der BAM, der Baikal-Amur-Magistrale. Im Januar 1938 befanden sich in deren Lagern bereits ca. 200.000 Gefangene. Dort und auf den Baustellen starben in diesen Jahren Tausende Gefangene. Nach Kriegsende wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und erst der Tod Stalins setzte derartigen Projekten ein Ende. Wie Grützmacher schreibt, wurde in den 1970er Jahren auf den Knochen der Erbauer der stalinschen BAM – im übertragenen wie auch im wörtlichen Sinne – die zweite BAM als letztes technisches Großprojekt der Breschnew-Ära errichtet (vgl. ebd.: 81). Während sich die Berichterstattung in der UdSSR in dieser Zeit über den Vorgänger der BAM ausschwieg, wurde entsprechend der Geschichtspolitik dieser Zeit das neue Eisenbahnprojekt mit dem Heldenmythos von Stalingrad verknüpft, denn in den 1940er Jahren waren Teile der Gleise der ersten BAM in Sibirien abgebaut und für die Errichtung von Nachschubstrecken im Kampf um Stalingrad verwendet worden (vgl. ebd.: 57).
Im Folgenden soll anhand höchst unterschiedlicher Texte aus höchst unterschiedlichen Zeiten von Autoren aus der DDR betrachtet werden, was für Bilder der »östlichen Völker«, aber auch der Besuchenden selbst, bei Bahnreisen in die bzw. in der Sowjetunion entstehen – beim Betreten des Zuges, beim Blick aus dem Fenster, bei Begegnungen im Abteil oder nach dem Aussteigen am Bahnhof und in dessen Umgebung.
Wie sehr der mit einer Bahnreise verbundene Vorgang der Öffnung und Abschließung gleichzeitig mit dem Zug das ganze Land zu einem heterotopen Raum macht, wo alle realen Räume dieser Gesellschaft repräsentiert, in Frage gestellt und in ihr Gegenteil verkehrt werden, ergibt sich aus Darstellungen früher Reisen in die UdSSR. Ergriffen entziffert 1935 die aus Nazideutschland fliehende Hedda Zinner7 in ihren über 50 Jahre später erschienenen Erinnerungen die Inschrift »Gruß den Werktätigen des Westens« auf dem Torbogen, den sie auf dem Grenzbahnhof durchschreitet, um dies wie folgt zu kommentieren: »Nur wer das erlebt hat, kann es nachempfinden. Fritz war tief ergriffen, aber er beherrschte sich. Ich aber schämte mich nicht, zu weinen.« (Zinner 1989: 7) Auch Wolfgang Ruge, der Vater von Eugen Ruge,8 der 1933 im Alter von 15 Jahren in die Sowjetunion flieht, erinnert seine Faszination angesichts des Durchschreitens eines ähnlichen Holzbogens am Grenzbahnhof, diesmal mit der Inschrift »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!«, und das damit verbundene Gefühl, »wie es ein religiöser Mensch beim Anblick der Jungfrau Maria empfinden mag. So betrat ich meine neue Welt.« (Ruge 2012: 12)9
Noch Franz Fühmann, der sich im Sommer 1945 als Kriegsgefangener auf dem Transport mit Bahn und Schiff zum Arbeitslager Nephtigorsk im Kaukasus befindet, verzeichnet einen – allerdings anders gelagerten – Moment der Abschließung beim Einlaufen in den Hafen der zerstörten Stadt Noworossijsk, als ein sowjetischer Arbeiter den Gefangenen verkündet, von nun an würden Männer mit Männern schlafen, »so schliefen viele in Rußland, in den Lagern hinter Stacheldraht, […] ohne Frauen, ihr Leben lang« (Fühmann 1984: 32).
Wenn das Innere der rationalisierten Zelle auf Reisen die Unbeweglichkeit der Ordnung des Vernunftstaats aufweist und so einen illusionären Raum schafft, kann es nicht verwundern, dass es gerade der fahrende Zug ist, aus dem heraus betrachtet die Sowjetunion – zumindest in frühen Texten – als verwirklichte Utopie erscheint. So in Die Fahrt nach Stalingrad (1953), die das lyrische Ich in Franz Fühmanns Poem auf einer Delegationsreise mit der Bahn unternimmt, wo die UdSSR als »Welt der Menschen, Welt der Menschlichkeit« gefeiert wird und wo »die Wolga wird ein Band nur sein von Glück zu Glück« (Fühmann 1953: 59, 61). Sein Poem lässt Fühmann auf die folgenden Zeilen enden:
Und die Sterne steigen auf,
silbern, und wandern. Stille klingt. Und alles
ist gut und arglos, friedlich, eine schöne
menschliche Welt …
(Ebd.: 62)
Auf diesen langen Fahrten im Abteil, fast immer Delegationsreisen, kommen zwischen den Mitgliedern der Delegation Gespräche über die utopische neue Welt der Zukunft auf, über den neuen Menschen, den Pawel, sowjetischer Dolmetscher einer DDR-Delegation in der Moskauer Novelle, Christa Wolfs literarischem Erstling, wie folgt sieht:
Er wird das Problem der Raumschiffahrt ebensogut gelöst haben wie das der Verkehrsdichte auf der Erde. Er wird es fertigbringen, die doppelte Menge von Menschen zu ernähren. Er wird Leben erzeugen und es – vielleicht – auf anderen Planeten entdecken. […] Bei alldem aber wird er – und das wird seine größte Leistung sein – kein Roboter werden, kein perfektioniertes Ungetüm, sondern endlich: Mensch. (Wolf 1962: 54)
Im Fortgang des Gesprächs im Abteil statten die anderen Delegationsmitglieder den Menschen der Zukunft »mit immer neuen Eigenschaften aus, wie die Feen an Dornröschens Wiege« (ebd.: 55). Von dem Konstrukt des ›neuen Menschen‹ wird sich Wolf wenige Jahre später verabschieden, wenn sie am 27.10.1966 Folgendes notiert: »›Der neue Mensch‹ existiert gar nicht – das war die raffinierteste und vielleicht den Täuschern selbst unbewußteste von allen Täuschungen.« (Wolf 2014: 84)
Im Gegensatz zur Auffassung Foucaults scheint es dem illusionären Raum, wie er im fahrenden Zug entsteht, über längere Zeit nicht zu gelingen, als heterotoper Raum den umgebenden gesamten realen Raum als noch größere Illusion zu entlarven. Auch wenn die Reise zu einem Ende kommt, bedeutet dies für die Passagiere aus den Generationen der Altkommunisten oder der um 1930 Geborenen zunächst keineswegs ein Ende der Illusion. Es scheint, als hätten sie den Zug gar nicht verlassen und seien nach wie vor durch Fensterscheibe und Schiene von der durchquerten Landschaft getrennt, auf die sie ihren panoramatischen Blick werfen. In der Moskauer Novelle (1962) beobachtet Christa Wolfs Protagonistin Vera in Analogie zum Zugfenster die sowjetische Hauptstadt aus sicherer Distanz vom Fenster ihres Hotels aus, an dessen Mauern sich die Brandung aus Autostrom und Fußgängerrinnsalen bricht, die »jeden einzelnen Laut – Motoren und Lachen und Rufen – in sich aufgesogen hatte[n]« (Wolf 1962: 11), wobei die liquiden Metaphern der sich brechenden Brandung auf das verweisen, worauf sich die Protagonistin auf keinen Fall einlassen darf.
Eine wiederkehrende, bei Schriftstellern verständlicherweise besonders beliebte stereotype Beobachtung des panoramatischen Blicks ist die Feststellung, dass die Menschen in der Sowjetunion ständig lesen, ohne dass gefragt würde, was da genau gelesen wird. Das folgende Beispiel stammt nicht aus einem in der DDR veröffentlichten Buch, sondern aus dem privaten Tagebuch Brigitte Reimanns mit Datum vom 10.10.1963:
Die Leute lesen sogar auf der Metrotreppe. Der Taxichauffeur liest, wenn er auf Kundschaft wartet. Vorm Laden stehen Kinderwagen […] – zwischen den Kissen liegt ein Buch. Gestern abend sahen wir eine Käuferschlange auf der Gorkistraße – wir erwarteten eine Sensation; man stand nach Büchern an, vor einem auf der Straße aufgebauten Buchladen. (Reimann 1997: 344f.)
Wenn eventuell auch nicht frei von Ironie, so nimmt der panoramatische Blick aus der Distanz am Fenster paradigmatische Gestalt in Karl-Heinz Jakobs Reiseroman Tanja, Taschka usw. (1975) an, potenziert durch die größere Entfernung eines Flugzeugs von der Erde:
Aus zehntausend Meter Höhe sahen wir die Welt klar und makellos dahinrollen. Einzelheiten waren nicht mehr zu unterscheiden. In mir erwachte der Sinn für gewaltige Zusammenhänge. Die vollkommene Gesellschaft, mit Menschen ohne Zorn und Zweifel, das weiß ich jetzt, ist möglich, kreisend in Flugapparaten, zehn Kilometer über der Erde. (Jakobs 1975: 265)
Das hervorstechendste Beispiel für die Problematik des panoramatischen Blicks und gleichzeitig dessen Langlebigkeit findet sich in den Erinnerungen Zinners, die noch im Jahr der Wende die Annexion der Ostgebiete Polens durch die Sowjetunion nach dem Hitler-Stalin-Pakt als Einnahme der Westukraine und Westbelorusslands durch die Rote Armee bezeichnet (vgl. Zinner 1989: 125).
Der panoramatische Blick ermöglicht den Protagonisten die Einordnung der Mängel, auf die sie umgehend beim Verlassen des Eisenbahnwaggons stoßen, in das Bild einer sowjetischen Gesellschaft, demzufolge diese Probleme zu notwendigen Durchgangsstationen auf dem Weg in eine leuchtende Zukunft erklärt werden können. »Alles war in Entwicklung begriffen, ein gewaltiger Prozeß, der vor sich ging, vieles noch embryonal, experimentell, provisorisch«, heißt es bei Zinner über ihre Beobachtungen im Moskau der 1930er Jahre (ebd.: 44). Auch Brigitte Reimann erklärt in ihrem 1964 erschienenen Tagebuch einer FDJ-Delegationsreise nach Sibirien die Hässlichkeit der Plattenbauten in Zelinograd, dem heutigen Astana, mit den Schwierigkeiten des Anfangs der industriellen Plattenbauweise (vgl. Reimann 2000: 39).10
An dem auf diese Weise gewonnenen panoramatischen Blick stechen zwei Momente ins Auge: zum einen die kritiklose Bewunderung der megalomanen sowjetischen Großprojekte, insbesondere des Staudammbaus, zum anderen eine extrem beschönigende Darstellung der sowjetischen Nationalitätenpolitik. So erfreut sich Reimann am Obschen Meer, dem bei Nowosibirsk am Ob errichteten Stausee, an Sandstrand, klarem und blauem Wasser sowie schokoladenbraunen Jungen und reizenden Mädchen, ohne ein Wort über die mit der Errichtung derart gewaltiger Stauseen verbundenen ökologischen Probleme zu verlieren (vgl. ebd.: 72f.). In Tanja, Taschka usw. sind es immer wieder gigantische Staudammprojekte, von denen der Ich-Erzähler begeistert berichtet:
Da fiel es mir ein. Daß der Nurek-Staudamm der höchste der Welt sein würde, wenn sie ihn fertiggestellt haben werden. Keine Bogenstaumauer aus Beton wie das technische Wunderwerk am kirgisischen Gebirgsstrom Naryn, als Toktogul-Staudamm bekannt geworden, sondern eine Erd- und Felsstaumauer, mehr als dreihundert Meter hoch und am Fuß eine Dicke von anderthalb Kilometern. (Jakobs 1975: 108)11
Gleichzeitig verweist Jakobs wiederholt auf die angeblich vorbildliche sowjetische Nationalitätenpolitik, der koloniale Bestrebungen völlig fremd seien, wie es sie während des Zarismus gegeben habe (vgl. ebd.: 246). Ein Beispiel sei, so Jakobs, Litauen, wo die ehemalige Bauernnation heute ihre Seefahrer um die Welt schicke (vgl. ebd.: 183). Die beschönigende Darstellung zeigt sich auch in einer völlig unkritischen Charakterisierung der Kulturpolitik:
Heute gibt es Künstler in Kalmykien und Ossetien, Kabardino-Balkarien und Tschetschen-Inguschetien. Die Nanaier haben ihre Künstler und die Nenzen, die Tschuktschen und die Tuwinen, die Ewenken und die Eskimos, die Tadschiken und die Kirgisen, große und kleine Nationalitäten, Nationalitäten mit alter Historie und solche, die keine Historie haben. Sie haben die Künste erlernt und damit ein Mittel bekommen, sich selbst darzustellen. (Ebd.: 92f.)12
Wiederholt verzeichnet Brigitte Reimann in Kasachstan, über das sie nach Sibirien reist, Begegnungen mit dorthin während des Zweiten Weltkriegs zwangsweise umgesiedelten Wolgadeutschen, ohne ein Wort darüber zu verlieren, wie diese dorthin geraten sind (vgl. Reimann 2000: 47f., 51). Diese Leerstelle ist nicht einer möglichen Zensur geschuldet, gilt sie doch nicht nur für das Reisetagebuch, sondern auch für die Notizen im privaten Tagebuch der Autorin, die sonst deutlich kritischer als das veröffentlichte Reisetagebuch ausfallen.
In den Notizen Christa Wolfs zu ihrer vierten Reise im Jahre 1966 finden sich widersprüchliche Anmerkungen zur sowjetischen Nationalitätenpolitik. So heißt es zu den finnugrischen Minoritäten der Chanten und Mansen,13 es handele sich um kleine primitive Völker, die nach der Revolution vom Aussterben gerettet worden seien (vgl. Wolf 2014: 63). Demgegenüber wird am 6.11. anlässlich eines Gesprächs mit drei Litauern festgehalten, keine litauische Familie sei vom stalinschen Terror verschont geblieben. Die Vorbehalte der Tagebuchschreiberin des Jahres 1966 zeigt die Bemerkung, die Litauer fürchteten die Assimilation weit stärker als den Nationalismus, wobei Letzterer eher für die Befürchtungen Wolfs stehen dürfte (vgl. ebd.: 94).
Dass zunächst der panoramatische Blick die Illusion der verwirklichten Utopie zu retten vermag, hat verschiedene Gründe. Bei den Vertretern der älteren Generation ist es das unerschütterliche Weltbild, das sie auch angesichts des stalinistischen Terrors der 1930er und 1940er Jahre im Glauben hält. »Als gute Freunde, Genossen verhaftet wurden, brach für mich eine Welt zusammen, und doch blieb mir mein Weltbild.« (Zinner 1986: 6) An diesem Weltbild wird zum Teil sogar von denjenigen festgehalten, die jahrelang in den Lagern des Gulag inhaftiert waren. So berichtet Elfriede Brüning in ihrem Protokollbuch von der Gesprächspartnerin Elisabeth Gles, diese habe nie über ihr schweres Leben in der UdSSR gesprochen: »Kein Schatten sollte auf die Sowjetunion fallen, die sie noch immer lobte und gegen jeden Andersdenkenden hartnäckig verteidigte.« (Brüning 1990: 64)14
Für die jüngere Generation der um 1930 Geborenen sind es nicht zuletzt beeindruckende menschliche Begegnungen, die den Glauben an eine mögliche Realisierung der Utopie am Leben halten. Dem Vorwort zu den Aufzeichnungen seiner Frau stellt Gerhard Wolf folgende Stelle aus Stadt der Engel voran:
Eine Reihe von Gesichtern taucht vor mir auf, Moskauer, Leningrader, Menschen, mit denen du offen und rückhaltlos reden konntest … So daß du eine Zeitlang dachtest, da seien doch so viele kluge kritische Menschen, dieses Riesenreich von innen her zu reformieren … ›Utopie‹, sagt man heute mit verächtlich heruntergezogenen Mundwinkeln. Du sahst ihre müden, entschlossenen Gesichter …, in denen auf einmal ein anderer Geist wehte. (Wolf 2014: 11)
Für diese Generation war es vor allem das Schuldbewusstsein angesichts der deutschen Kriegsverbrechen in der Sowjetunion, aber auch des eigenen früheren, nationalsozialistisch geprägten Russenbildes, was in ihren Augen dieses Land in einem positiven Licht erscheinen ließ. Bei einem Besuch in einem Krankenhaus begegnet in der Moskauer Novelle die Protagonistin Vera, deren Vater als Soldat auf deutscher Seite am Krieg teilgenommen hatte, einer Krankenschwester, deren Vater von Deutschen erhängt worden war:
Die Deutschen haben ihren Vater erhängt. Mein Vater war dabei. Und ich sitze an ihrem Tisch, lasse mich bewirten, lache und trinke. Ihren Vater haben sie erhängt. Tausend Meter weiter lief der Schützengraben. […] Nach Hause fahren, dachte Vera. Heute noch. Keinem von ihnen mehr ins Gesicht sehen müssen. Nie mehr hierherkommen. (Wolf 1962: 28)
Immer wieder wird an die deutschen Kriegsverbrechen erinnert. Kunert, einer der Bahnreisenden aus der DDR im Reiseroman von Jakobs, hätte Leningrad bombardiert, wenn man es ihm befohlen hätte (vgl. Jakobs 1975: 39). Bei der Betrachtung des braunen Haars der Russin, die ihm im Abteil gegenüber sitzt, fällt ihm ein Lied ein, das er früher als Landser gesungen hatte: Schwarzbraun ist die Haselnuss (vgl. ebd.: 38). Wiederholt erinnert Brigitte Reimann an deutsche Kriegsverbrechen in der Sowjetunion (vgl. Reimann 2000: 14). U.a. berichtet sie von einem Bekannten, der ihr vor ihrer Abreise in die UdSSR von seiner Reise in die Ukraine erzählt, wo man ihn oft gefragt habe, wie alt er sei, um dann zu dem Ergebnis zu kommen, er könne aufgrund seines geringen Alters nicht dabei gewesen sein. Zum Abschied habe ihn eine Frau umarmt, deren Kind ein Landser mit dem Koppel erschlagen hatte.
»Ich lebe noch, sie haben mich nicht erschossen«, stellt das lyrische Ich in Fühmanns Die Fahrt nach Stalingrad fest und bringt seine Dankbarkeit zum Ausdruck, dass ihm die Sowjetunion in der Kriegsgefangenschaft ein neues Leben geschenkt habe (Fühmann 1953: 36) – eine Dankbarkeit, die so oder ähnlich wiederholt auch in späteren Texten von Fühmann formuliert wird, die er bis zum Schluss seines Lebens bewahren und die sein Bild der Sowjetunion prägen wird, auch wenn er die Zeit, die er in sowjetischen Antifa-Schulen verbracht hatte und in denen deutsche Kriegsgefangene umerzogen werden sollten, zusehends kritisch sehen wird.15
1986 notiert Christa Wolf, zur Zeit der Niederschrift von Kindheitsmuster wäre es ihr nicht eingefallen, Parallelen zwischen Faschismus und Stalinismus zu ziehen: »Ich sah diese beiden Phänomene, trotz Ähnlichkeiten in einer Reihe von Erscheinungen, als von der Wurzel her verschieden an.« (Wolf 2003: 403) Noch 1986 fällt es ihr offenkundig schwer, das Ausmaß der Ähnlichkeiten zu sehen, denn Wolf fährt folgendermaßen fort: »Das eben sei das Problem, könnte man sagen. Ich habe immer noch keine Antwort darauf, die mich befriedigt, die ich ›richtig‹ finde, weil sie meine sehr unterschiedlichen, in manchen Dingen gegensätzlichen Erfahrungen in diesen beiden Systemen deckt.« (Ebd.)
Der panoramatische Blick führt dazu, dass sich das Auge verstärkt der imaginären Ersatzlandschaft der Literatur zuwendet. Immer wieder geht aus den Reiseberichten, fiktionalen Texten und Erinnerungen hervor, wie die fiktive Welt der Literatur die Wahrnehmung der realen außerhalb des Zugfensters beeinflusst. »Wir kamen«, beginnt Zinner ihre Erinnerungen, »mit kaum beschreiblichen Illusionen ins Land Lenins, die in nicht geringem Maß durch wirklichkeitsferne Berichte genährt wurden, wie ich sie oft genug selbst geschrieben hatte.« (Zinner 1989: 5)
Der Ich-Erzähler in Fühmanns Erzählung Ein Tag wie jeder andere gerät im Gefangenenlager an ein Buch von Ilja Ehrenburg über den Bau eines Hochofens, in dem u.a. ein Wolodja aus dem Komsomol ausgeschlossen und nach Moskau zurückgeschickt werden soll. Dass dieser, statt sich zu freuen, darum bittet, bleiben und sich durch Arbeit bewähren zu dürfen, veranlasst den deutschen Gefangenen zu folgendem Kommentar, bei dem die fiktionale Welt die reale überlagert:
Was um Himmels willen, war das nur? Warum hielten sie freiwillig aus in ihren Erdhöhlen, warum war Wolodja unglücklich, nicht in der Höhle bleiben zu dürfen, warum arbeiteten sie, ohne zu murren, noch nachts im Scheinwerferlicht und machten nicht wieder Revolution, die sie doch schon so oft gemacht hatten (Fühmann 1979: 157).
Wie Gerhard Damerius erinnert, hatte er zunächst nach der Lektüre von Makarenkos Der Weg ins Leben angenommen, dass das Problem der verwahrlosten Kinder in der Sowjetunion gelöst und das Berufsverbrechertum nur in den kapitalistischen Staaten zu Hause sei, was sich in der Realität des Gulag als Illusion herausstellen sollte (vgl. Damerius 1990: 84). Für Reimann schließlich zeigt sich der Fortschritt der Frauenemanzipation in der Sowjetunion am Vergleich des von ihr beobachteten Auftretens russischer Studentinnen des Jahres 1964, die hübsch, klug und selbstbewusst aussähen und deren Haare kurzgeschnitten sind, mit der fiktiven Dascha aus Gladkows Roman Zement, »die ihr Haar abgeschnitten hat zum Zeichen ihrer Befreiung, die von den anderen beschimpft und verhöhnt wird, beargwöhnt von ihrem Mann, ausgepeitscht von Weißgardisten … Nur zwei Generationen trennen die unvergeßliche Dascha von Tina und diesen künftigen Physikerinnen.« (Reimann 2000: 42)16
Betrachtet man die Relation zwischen den verschiedenen Passagieren im Eisenbahnabteil, so gibt es zunächst erneut Begegnungen, die die Erinnerungen an deutsche Kriegsverbrechen in der Sowjetunion aktivieren, wie z.B. bei Jakobs die zwischen dem ehemaligen Soldaten und Kriegsgefangenen Kunert und der Mitreisenden Tanja, die die Deutschen lange Zeit gehasst hatte, die die deutsche Sprache unter Peitschenhieben im Zwangsarbeitslager hatte lernen müssen und nach dem Krieg eine russische Ärztin angezeigt hatte, weil diese sich mit deutschen Gefangenen eingelassen hatte (vgl. Jakobs 1975: 54f.). Doch endet die Begegnung versöhnlich. Tanja arbeitet inzwischen als Deutschlehrerin und meint, Kunert könne genauso gut Russe sein, da er so friedfertig und voller Fehler sei.
Das erzwungene Vis-à-vis im Abteil, eine Sitzanordnung, die nicht mehr lebendiges Bedürfnis, sondern peinlicher Zwang ist, kann zu Begegnungen der unheimlichen Art führen, die die Kommunikation schließlich unerträglich machen. Zinner verzeichnet das Zusammentreffen mit einem Wassili Petrowisch in einem Zugabteil im Jahr 1935 (vgl. Zinner 1989: 16f.). Dieser berichtet, er habe seinen Eltern, wohlhabenden Kaufleuten, während der Oktoberrevolution nicht helfen können, da sie gegen die Revolution und außerdem Juden waren. Diesen vorsichtigen Hinweis auf einen auch in der Sowjetunion existierenden Antisemitismus übergeht Zinner, deren Mutter Jüdin ist, und berichtet ihrem Gesprächspartner stattdessen von den Judenverfolgungen im nationalsozialistischen Deutschland, was diesen zu seiner Sicht eines russisch-sowjetischen Antisemitismus zurückkehren lässt. »Immer, überall es geht gegen die Juden.« (Ebd.: 17) Vehement wehrt die Autorin diesen Gedanken ab, wobei ihre Erinnerungen deutlich werden lassen, wie der panoramatische Blick des ›alles wird zusehends besser‹ umgehend Zweifel an der Realität einer Gesellschaft ohne Antisemitismus und Rassendiskriminierung überlagert: »Ich fragte mich damals, über das Gespräch nachdenkend, ob es in der Sowjetunion noch Antisemitismus gäbe. Es wäre doch möglich, so etwas hält sich lange im Bewußtsein von Menschen. Und das zaristische Rußland war berüchtigt für seine Pogrome.« (Ebd.)
Im heterotopen Raum des Abteils wird die Utopie des panoramatischen Blicks zunehmend von der Dystopie der stalinistischen Gewaltherrschaft durchsetzt, wodurch an einem Ort mehrere, eigentlich unverträgliche Orte zusammengebracht werden. Wenn auch vorsichtig, so verzeichnet Zinner die Verhaftungen und Schauprozesse, den Hitler-Stalin-Pakt sowie die Auslieferung deutscher politischer Flüchtlinge nach Nazideutschland.
Aus den Erzählungen ihrer älteren und den Kontakten mit sowjetischen Kollegen wussten die Schriftsteller der um 1930 geborenen Generation um den stalinistischen Terror. In den Begegnungen Third Street erinnert sich Wolf an einen Gang durch Moskau mit Willi Bredel, der ihr das Hotel Lux und die Lubljanka zeigte: »[E]r war es auch, der mir in Moskau erzählte, wie sie während der Stalinschen Säuberungen, die ja auch deutsche Kommunisten betrafen, einander abends anriefen, um zu hören, ob der andere sich noch meldete, und dann schweigend den Hörer wieder auflegten.« (Wolf 2001: 21)
Auch Reimann weiß – und erwähnt es in ihrem 1964 erschienenen Sibirien-Reisetagebuch –, dass ihr russischer Übersetzer im Lager Workuta inhaftiert gewesen war (vgl. Reimann 2000: 15), wobei nur das private Tagebuch ausspricht, dass dessen Nervenkrankheit, seine flatternden Hände, eine Folge der im Lager verbrachten Jahre ist (vgl. Reimann 1997: 350).
Wenn jemand wie Wolfgang Ruge, dem mit dem gefestigten kommunistischen Glauben und dem schlechten Gewissen beide entscheidenden Voraussetzungen des panoramatischen Blicks fehlen, der selbst in die stalinistische Verfolgungsmaschinerie geriet und dessen Erinnerungen an die Zeit in Gefangenschaft und Verbannung erst postum nach dem Ende der DDR erscheinen,17 über die in der Sowjetunion verbrachten Jahrzehnte schreibt, ändert sich die Wahrnehmung der Realität der sowjetischen Gesellschaft radikal. Dann markiert die Endstation einer Bahnreise auch das Ende aller Illusionen. Ruge, der 1933 in die UdSSR geflohen war, erlebt aus nächster Nähe die Terrorwellen, von denen zunächst die Altbolschewisten betroffen sind. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion werden die dort lebenden Deutschen bzw. Deutschstämmigen pauschal der Kollaboration mit Nazideutschland beschuldigt, kollektiv nach Osten ›ausgesiedelt‹ – Wolfgang Ruge spricht von der verbrecherischen Nationalitätenpolitik der UdSSR (vgl. Ruge 2012: 408) – und wenig später als ›Arbeitsmobilisierte‹ zwangsverpflichtet. Ruge wird in einem Viehwaggon18 in das SewUralLager Soswa in der Nähe von Swerdlowsk transportiert, das dem Gulag, dem glawnoe uprawlenie lagereij, untersteht und wo die Mobilisierten als Arbeitssklaven gehalten werden. Ruge bezeugt nicht nur die Brutalität der Lagerleitung und das massenhafte Sterben der Inhaftierten an Unterernährung insbesondere in den ersten Kriegswintern, sondern auch das systematische Fälschen von Zahlen bei der Abrechnung, Bestechung und Korruption auf allen Stufen der sowjetischen Mangelgesellschaft.19
Vergleichbare Beobachtungen macht Johannes Bobrowski, der seine Zeit in sowjetischer Kriegsgefangenschaft im ukrainischen Donezk-Gebiet verbringt. In dem erst postum veröffentlichten titellosen Bericht über die ersten Jahre der Gefangenschaft (1950) verzeichnet Bobrowski, der sich eher mit den Opfern als den Tätern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziert und dem daher weitgehend der panoramatische Blick der Schuldbewussten abgeht, wie aus neuen Förderbändern Fußsohlen geschnitten, das Baumaterial für Privathäuser aus den Schachtanlagen geholt und Fensterglas statt für die Sortieranlage für die Fensterscheiben ganzer Stadtviertel verwendet wird (vgl. Bobrowski 1987: 292). Ruge wiederum beobachtet aus dem Zugfenster zu einem Zeitpunkt, da er sich bereits freier in der Umgebung des Lagers zu bewegen vermag, was mit den insbesondere in der SBZ als Kriegsreparationen demontierten Maschinen geschieht:
Bei Nishni Tagil sehe ich, wie die aus Deutschland eingetroffenen Reparationen einfach am Bahndamm abgekippt werden. Viele Kilometer lang liegen da Werkbänke und verbeulte Autos im Dreck, vergammelte Kräne recken ihre Hälse zum Himmel, Fabrikanlagen rosten vor sich hin. Mein (wohl doch noch deutsches) Herz krampft sich zusammen. (Ruge 2012: 376)
Vollständig fehlt der panoramatische Blick den Kindern der jüdischen Westemigranten wie z.B. Barbara Honigmann, deren Eltern ihr nur äußerst ungern berichteten, dass die jüdischen sowjetischen Offiziere, die gemeinsam mit ihnen im sowjetischen Nachrichtenbüro in Berlin tätig gewesen waren, infolge der antisemitischen Welle in der Sowjetunion nach 1945 zum Teil direkt von ihrem Posten in den Gulag geschickt wurden. So hatte Honigmann erst von der Witwe des ehemaligen Vorgesetzten ihrer Eltern gehört, dass dieser nach dem Lager kein langes Leben mehr gehabt hatte.
Wenn ich mich nach den Moskau-Reisen mit meinen Eltern stritt und sie immer bloß »Na, na, na« sagten, dann schleuderte ich ihnen seinen Namen und sein Schicksal entgegen, um sie an der Stelle zu treffen, von der ich annahm, daß es ihnen dort wirklich weh tat, da sie doch immer mit solcher Bewunderung und voller Freundschaft von diesem Mann gesprochen hatten. (Honigmann 2007: 119)
In diesem Beitrag wurde gezeigt, wie sehr die Eisenbahn, sowohl aufgrund ihrer historischen Rolle bei der gewaltsamen Modernisierung der Sowjetunion wie auch als Heterotopie, als symbolischer Transitraum, an dem mehrere Orte zusammengebracht werden, die nicht miteinander vereinbar sind, dazu geeignet ist, höchst widersprüchliche Sichtweisen auf die Sowjetunion von Deutschen aus der DDR auf ihren Reisen zu den »Völkern des Ostens« zu erfassen – widersprüchliche, neben- und gegeneinander stehende Sichtweisen, die sich auf keinen Fall zu einem klaren, geschlossenen und eingleisigen Bild zu fügen vermögen. Im Planquadrat des Eisenbahnwaggons, im Innern der rationalen Zelle auf Reisen, entsteht zunächst der illusionäre Raum der scheinbar verwirklichten bzw. sich verwirklichenden Utopie. Zwar müssen die Reisenden am Ziel ihrer Fahrt feststellen, dass es nur verlorene Paradiese gibt, doch bedeutet dies keineswegs für alle das sofortige Ende jeglicher Illusion und utopischen Denkens. Auch nach dem Ende der Bahnfahrt gelingt es dem panoramatischen Blick, der die Gewinnung eines Überblicks ermöglicht, nicht zuletzt durch Flucht in die Literatur die offenkundigen Mängel der sowjetischen Gesellschaft als vorübergehende Probleme zu verstehen, wenn auch nicht immer und unbegrenzt. Auf eine schwere Belastungsprobe stößt der panoramatische Blick beim erzwungenen Vis-à-vis im Abteil, bei der Begegnung mit Mitreisenden, deren Erfahrungen und Ansichten denen der deutschen Passagiere diametral entgegengesetzt sind. Schließlich wird die Utopie des panoramatischen Blicks zunehmend von der Dystopie der stalinistischen Gewaltherrschaft durchsetzt. Letztlich verraten so die hier vorgestellten Texte – wie so häufig in der Reiseliteratur – stellenweise weit mehr über deren Verfasser selbst als über die Länder und Kulturen, die sie zu beschreiben vorgeben.20
Dass diese Texte von verschiedenen Autoren aus verschiedenen Zeiten mit einem zunächst höchst unterschiedlichen Ausmaß an Öffentlichkeit stammen, bietet den Vorteil, dass die in der DDR veröffentlichten, weitgehend dem panoramatischen Blick verhafteten Texte mit solchen, erst später verfassten oder publizierten konfrontiert werden können. Einerseits zeigen sie, über welches über das in den publizierten Schriften hinausgehende Wissen die jeweiligen Autoren tatsächlich verfügt haben dürften. Andererseits zeigen sie aber auch, dass der panoramatische Blick weder den zunächst nicht zur Veröffentlichung bestimmten Texten noch selbst den Erinnerungen von Opfern des stalinschen Terrors völlig fremd ist.
1 | Diese Lücke versucht Gerhard Wolf mit der Veröffentlichung der Tagebuchnotizen seiner Frau von deren Reisen in die Sowjetunion zu schließen. Siehe dazu Wolf 2014.
2 | Vgl. zur Kritik an hierarchisch ausgerichteten Gedächtnismodellen zum Holocaust Rothberg 2009.
3 | Vgl. zum Verhältnis von Differenz und Ähnlichkeit Bhatti 2015.
4 | Das merken Beaumont / Freeman (vgl. 2007: 13) unter Verweis auf eine Formulierung von Susan Sontag an.
5 | Vgl. hierzu Tomasik 2007.
6 | Wie in den USA waren auch in Russland bzw. der Sowjetunion die wichtigsten Verkehrswege zunächst die Flüsse, die das Land allerdings lediglich in Nord-Süd-Richtung erschlossen. Die Ost-West-Verbindungen, insbesondere von Sibirien ins europäische Russland, mussten dagegen durch den Eisenbahnbau hergestellt werden.
7 | Hedda Zinner, die 1945 mit ihrem Ehemann Fritz Erpenbeck aus sowjetischem Exil nach Deutschland zurückkehrt, ist die Großmutter der Schriftstellerin Jenny Erpenbeck, welche sich mit ihrer Großmutter in ihrem Roman Heimsuchung (2008), vor allem aber in Aller Tage Abend (2012) auseinandersetzt.
8 | Eugen Ruge hat die Erinnerungen seines Vaters an seine Jahre in der Sowjetunion herausgegeben. In fiktiver Form beschäftigt er sich mit der Geschichte seiner Familie in dem Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts (2011).
9 | Laut den Angaben des Herausgebers wurden die Teile I und II der Erinnerungen Ruges zwischen 1981und 1989 niedergeschrieben, die Teile III und IV dagegen nach dem Ende der DDR, und zwar von 1998 bis 2002. Eine vergleichbare Ergriffenheit beim Grenzübertritt wie Zinner und Ruge erinnert auch Trude Richter: »Am 19. April 1934 fuhren wir durch das Grenztor von Nigoreloje. Dort auf dem Bahnsteig traf ich die ersten Rotarmisten. […] Der Anblick der lebendigen Menschen, die hier gegen die Feinde aus aller Welt Wache hielten, überwältigte mich.« (Richter 1990: 265)
10 | Dass bei Reimann das Bild der Sowjetunion häufig äußerst positiv ausfällt, liegt auch daran, dass über dieses positive Vorbild indirekt Kritik an den Verhältnissen in der DDR artikuliert werden sollte. So heißt es in ihrem privaten Tagebuch vom 26.7.1964: »Ich habe mich mit Nahke [Chefredakteur der FDJ-Wochenzeitung Forum; W.B.] auf diese private Form geeinigt, wir können dann – unter dem Mantel der Naivität – den gewissen Leuten allerhand Kuckuckseier ins bürokratische Nest legen.« (Reimann 2000: 177)
11 | Weitere ebenso unkritische Erwähnungen von Staudammprojekten finden sich bei Jakobs auf den Seiten 110, 114-115, 153, 240.
12 | Die betont positive Darstellung der sowjetischen Nationalitätenpolitik ist auffällig. Selbst Walter Ruge, der ältere Bruder von Wolfgang Ruge, verzeichnet in seinen zutiefst apologetischen und stellenweise bizarren Erinnerungen an die in der UdSSR verbrachten Jahrzehnte, dass in den 1930er Jahren die Kategorie ›Nationalität‹ einen zunehmend negativen Akzent bekommt (vgl. Ruge 2006: 180). Etwas später berichtet er ungeschönt über die Deportation der Krimtataren während des Zweiten Weltkriegs in Güterzügen nach Osten (vgl. ebd.: 194).
13 | Bei Wolf werden diese Völker fälschlicherweise als Hautis und Matis bezeichnet (vgl. Wolf 2014: 63).
14 | In einem in seinen Erinnerungen abgedruckten, seinerzeit unveröffentlicht gebliebenen Leserbrief an das Neue Deutschland vom 7.1.1980 schreibt Walter Ruge, ihm sei es trotz schwerer Prüfungen gelungen, sein politisches Urteilsvermögen nicht durch persönliche Erlebnisse bestimmen zu lassen (vgl. Ruge 2006: 267). Nicht einmal seiner 16-jährigen Tochter wage er die Wahrheit zu erzählen (vgl. ebd.: 267f.).
15 | Vgl. hierzu die Darstellung der auf sowjetischen Antifa-Schulen verbrachten Zeit in Zweiundzwanzig Tage oder die Hälfte des Lebens (1973) und Vor Feuerschlünden. Erfahrung mit Georg Trakls Gedicht (1983).
16 | Vgl. hierzu auch die folgende Stelle aus einem Brief Brigitte Reimanns an Wolfgang Schreyer vom 3.11.1963: »[Ü]berhaupt: die Russen sind so, wie man sie aus der Literatur kennt, und diese Entdeckung ist gar nicht so blöd, wie sie klingt. Ich bin nicht sicher, ob ein Ausländer, der deutsche Bücher kennt, bei einem Besuch sein Wissen in so glückliche Übereinstimmung mit seinen Erfahrungen zu bringen vermag.« Der Brief findet sich in der Brigitte-Reimann-Sammlung des Literaturzentrums Neubrandenburg.
17 | Wie Brüning schreibt, konnten Lagerberichte zwar während der Tauwetterperiode in der Sowjetunion erscheinen, jedoch nicht in der DDR (vgl. Brüning 1990: 12). Entsprechende, teilweise bereits Jahre zuvor aufgezeichnete Erinnerungen wurden in der DDR erst in der Wendezeit publiziert, so Brüning (1990), Richter (1990) und Damerius (1990).
18 | Den Transport im Viehwaggon erinnern auch Damerius (vgl. ebd.: 53) und die von Elfriede Brüning befragte Anni Sauer (vgl. Brüning 1990: 118).
19 | Wie Damerius erinnert, bestand – abgesehen vom Wachpersonal – die faktische Lagerleitung aus Kriminellen (vgl. 1990: 80). Um z.B. mit für die Ernährung der Gefangenen gedachten Lebensmitteln Handel treiben zu können, versetzen diese Mehl mit Sand, Pflanzenöl mit Petroleum und Zucker mit Salz (vgl. ebd.: 82).
20 | Vgl. hierzu ausführlich Harbsmeier 1982.
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