Interkulturalität als räumliches Phänomen zu denken, ist ein Desiderat; ebenso wären umgekehrt Räume mit Blick auf ihre interkulturellen Voraussetzungen und Implikationen zu reflektieren. Beide Perspektiven macht das vorliegende Heft der Zeitschrift für interkulturelle Germanistik in seinen Rubriken übergreifend stark:
Das von Withold Bonner, Sabine Egger und Ernest W.B. Hess-Lüttich betreute »Schwerpunktthema« widmet sich Transiträumen und damit ihren unterschiedlichen Konzeptionen, mit denen sowohl Vorstellungen von Grenzziehungen als auch von Übergängen, Transformationen etc. berührt werden. Dabei loten die Beiträge anhand paradigmatischer Beispiele aus literarischen und nichtliterarischen Texten die Breite des Spektrums unterschiedlicher Transiträume aus: von Schiffen, Zügen, Varietés bis zu politischen Grenzräumen, virtuellen Räumen, der Sprache der Lyrik oder dem Diskurs des Übersetzens.
Im »Beitrag zur Kulturtheorie und Theorie der Interkulturalität« und im »Literarischen Essay« geht es dieses Mal um die Denkfigur der Exterritorialität – genauer: um ihre literarische Ausformung in den Ansichten eines Exterritorialen (1911) von Albert Ehrenstein und ihre Übertragung auf das Feld literarischer Mehrsprachigkeit, wie sie von George Steiner in seinem Essay Exterritorial (1969) vorgenommen wurde. Beide Texte werden in diesem Heft vollständig abgedruckt. Im »Forum« schließlich setzt sich Wilhelm Amann mit dem Phänomen der sogenannten Cargo-Kulte auseinander, die eine ethnologische Perspektive auf abstrakte Globalisierungsprozesse eröffnen.
Abgerundet wird das Heft durch einen Bericht der Tagung Zur deutschen Sprache im Iran: Zwischen Kultur, Wissenschaft und beruflicher Bildung, die Ende Mai / Anfang Juni 2016 in Teheran stattfand, sowie durch eine Rezension zu Werner Helmichs neuem Buch über Sprachwechsel in der Literatur und die Rubrik »GiG im Gespräch«. Sie enthält einen Rückblick auf die Tagung der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik in Ústí nad Labem und in Prag im Oktober 2016 und einen Ausblick sowie einen Call for papers zur nächsten GiG-Tagung in Flensburg im September 2017.
Bayreuth und Esch-sur-Alzette im November 2016
Dieter Heimböckel, Georg Mein, Gesine Lenore Schiewer und Heinz Sieburg