Diskurslinguistik im Dienste der Kulturwissenschaft am Beispiel der Bolognadiskurse in Deutschland und Bosnien-Herzegowina

Vedad Smailagić

Abstract

This paper uses a comparative analysis of actors in the discourse on the Bologna process in German and Bosnian-Herzegovinian media to demonstrate and justify the significance of linguistics for cultural research. It uses Posner’s definition of culture as a sign system maintained by individual and collective sign users producing and receiving texts, which use conventional codes to convey messages in order to enable the sign users to solve problems. Accordingly, the actors in a discourse – in our case the Bologna discourse – are part of culture as a sign system. Starting from an analysis of the appearance or non-appearance of different actors in the Bologna discourse, the aim is to semiotically interpret the collected data as symptom signs, in order to arrive at the differences between German and Bosnian-Herzegovinian cultures as sign systems.

Title:

Discourse Linguistics in the Service of Cultural Studies. The Bologna Discourse in Germany and in Bosnia-Herzegovina

Keywords:

linguistics; culture; semiotics; discourse; Bologna Process

1. Einleitung

Zur Bedeutung der Sprachwissenschaft als einer kulturwissenschaftlichen (Hilfs-)Disziplin ist an verschiedenen Stellen schon geschrieben worden (vgl. z.B. Wengeler 2006). Es gibt verschiedene Positionen, die die Linguistik explizit als eine kulturwissenschaftliche Disziplin sehen oder sehen wollen. Heidrun Kämper bezeichnet in ihrem Text aus dem Jahr 2007 die Linguistik als etablierte Teildisziplin der Kulturwissenschaft (vgl. Kämper 2007: 419), nämlich insofern, als »sich die Sprachwissenschaft als interpretierende Wissenschaft versteht, die sich mit der Beschreibung und Erklärung von Sprache und sprachlichem Ausdruck als Form sozialen kulturellen Handelns beschäftigt.« (Ebd.: 423) Von dieser Position ausgehend präsentiert Kämper im gleichen Text ein diskurslinguistisches Projekt, das zum Ziel hat, die Frage zu beantworten, »welche sprachlichen (textuellen, argumentativen, lexikalischen) Mittel Träger der je unterschiedlichen Umbruch-Phasen des 20. Jahrhunderts sind.« (Ebd.: 434) Damit wird bekräftigt, dass Linguistik und insbesondere Diskurslinguistik für jene Geschichtsforschung, deren Quellen Texte sind (und nicht etwa Münzen, Waffen, Knochen u.Ä.), unabdingbar ist. Dieser kulturanalytische Ansatz wird weiterhin im Aufsatz von Linke (vgl. 2011) sehr gut und mit Beispielen aus linguistischen Analysen begründet.

Ich verstehe die Diskursanalyse als einen kulturanalytischen, sprachwissenschaftlichen Ansatz und sehe in der Kulturdeutung sogar ihre zentrale Aufgabe. So liefert uns die Diskursanalyse nicht nur die Daten, sondern sie ermöglicht darüber hinaus auch die Interpretation dieser Daten, die selbst meist etwas über die Handlungspraktiken der Diskursteilnehmer aussagen und somit über die Gesellschaft sowohl in soziologischer als auch kulturhistorischer Hinsicht. Der Diskurslinguistik ist also ein kritischer philologischer Ansatz eigen, der Aussagen über die Kultur, in der die Texte entstanden sind, treffen kann.

Das Ziel dieses Beitrags ist es dementsprechend, am Beispiel der öffentlichen Diskurse zum Bologna-Prozess in Deutschland und Bosnien-Herzegowina zu zeigen, wie man diskurslinguistisch und vergleichend an die Daten kommt, die kulturbezogen interpretiert werden, so dass wir Erkenntnisse über eine Kultur oder über den Unterschied zwischen zwei Kulturen erlangen können.

2. Kulturanalytische Linguistik

Für die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit der Kulturanalyse kursieren im Moment einige unterschiedliche Begriffe und Bezeichnungen: kulturanalytische Linguistik (vgl. Linke 2011), anthropologische Linguistik (vgl. Günthner 2015) oder kulturwissenschaftliche Linguistik (vgl. Kuße 2012). Im Prinzip geht es immer darum, mit sprachwissenschaftlichen Methoden zur kulturbezogenen Erkenntnis zu gelangen, d.h., in der Lage zu sein, aufgrund von wissenschaftlich gewonnenen sprachlichen Befunden eine objektivierte Aussage zur Kultur bzw. zu einer Kultur zu machen. Ich verstehe hier in Anlehnung an Posner Kulturen als Zeichensysteme: »Eine Kultur als Zeichensystem besteht aus individuellen und kollektiven Zeichenbenutzern, die Texte produzieren und rezipieren, durch die mit Hilfe konventioneller Codes Botschaften mitgeteilt werden, welche den Zeichenbenutzern die Bewältigung ihrer Probleme ermöglichen« (Posner 2008: 54). Sprechen wir von unterschiedlichen Kulturen, bedeutet das, dass wir unterschiedliche Zeichensysteme erkennen, die aus unterschiedlichen individuellen und kollektiven Zeichenbenutzern bestehen, unterschiedliche Texte mit unterschiedlichen Codes produzieren und damit ihre unterschiedlichen Probleme bewältigen wollen. Demnach erfordert die Erforschung einer Kultur die Erforschung von Zeichenbenutzern, Texten, Codes, Botschaften und letztendlich von zu bewältigenden Problemen in dieser einen Kultur. In der Regel werden die Ergebnisse in Unterscheidung von bzw. in Abgrenzung zu anderen Kulturen mit eigenen Zeichenbenutzern, Texten, Codes, Botschaften und Problemen in Beziehung gesetzt. Es ist also ein ethnologisch-sprachwissenschaftlicher Ansatz mit dem Ziel, Erkenntnisse über sprachlich codierte Phänomene einer Kultur zu gewinnen. Dabei kann es darum gehen, die Voraussetzung für eine interkulturelle Begegnung von zwei untersuchten Kulturen zu optimieren, aber notwendigerweise auch darum, die eigene Kulturalität zu reflektieren (vgl. Czachur 2013: 335)1 oder eben auch durch die Analyse der Texte als Artefakte objektivierte Aussagen über eine Kultur treffen zu können.

Die Sprachwissenschaft hat sich schon immer auch als kulturvergleichende Wissenschaft verstanden – von Indogermanisten bis zur kontrastiven Grammatikforschung –, doch

[d]er analytische Blick der Kulturwissenschaft richtet sich im Normalfall auf andere Medien als auf das der Sprache: auf die darstellende Kunst, auf Architektur, auf Gebräuche und Rituale in religiösen oder politisch-institutionellen Kontexten, auf die Formen von Tänzen, auf die zeitliche Strukturierung von Alltag und Festtag, auf die Muster in der Zubereitung wie im Verzehr von Speisen usw. (Linke 2011: 31),

oder, wie Kuße formuliert: »Bei Kultur lässt sich zunächst an gemachte Dinge, an Kunst, Literatur, Musik, Architektur usw. denken, dann aber auch an Verhaltensformen« (Kuße 2012: 25). Aus dieser Reihe von Dingen gehört Literatur zu den sprachlichen Produkten, die wir unbedingt um alle nichtfiktionalen sprachlichen Produkte erweitern sollen: beispielsweise Gesetzestexte, Zeitungstexte, Werbungsanzeigen, Todesanzeigen, Fachtexte usw., die Posner in seiner Einteilung der Kultur zur materiellen Kultur zählt, weil sie Zeichen sind und codierte Botschaften tragen (vgl. Posner 2008: 50). Diese Texte

machen über ihre Ausdrucksdimension zugänglich, wie gesellschaftliche Bedeutung hervorgebracht wird. Somit gelten sie nicht nur als Objekte von Interpretationen, sondern ihrerseits als kollektive Deutungsinstanzen, insofern sie […] Gefühle modellieren, Sinnzuschreibungen machen und kulturelle Bedeutungsschichten ans Licht bringen. (Bachmann-Medick 2008: 91)

Die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit den Texten führt uns also nicht nur zur sprachwissenschaftlichen Erkenntnis, sondern auch zur kulturwissenschaftlichen, und zwar, indem die Sprache, die Kompetenz sowie der Sprachgebrauch, die Performanz, in diesen Texten stets in Bezug auf die jeweilige Kultur bzw. als Kulturphänomen untersucht und beschrieben werden. Da die Sprachwissenschaft schon längst über Methoden der Sprach- und Textanalyse verfügt und ein ganzes Instrumentarium zur Beschreibung von sprachlichen Phänomenen erarbeitet hat, ist sie im Vorteil gegenüber anderen (Text‑)Wissenschaften (Soziologie, Theologie, Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Literaturwissenschaft u.Ä.), die ihre Erkenntnisse auf sprachliche Produkte beziehen, ohne dabei die Sprachwissenschaft als Hilfsdisziplin heranzuziehen. Deshalb werden Beobachtungen, die im Rahmen der genannten Disziplinen entstanden sind, nicht selten von Sprachwissenschaftlern als zu pauschal abgestempelt – eben weil eine gründliche Sprachanalyse in der Regel fehlt. »Mehr als Soziologen ist Sprachwissenschaftler/-innen ein Sinn dafür eigen, dass diskursive Praxis mit sprachlichen Formen operiert. Und mehr als Literaturwissenschaftler/-innen vermögen sie die Vielfalt sprachlicher Phänomene mit allgemeinen Regeln und Prinzipien einzufassen.« (Angermuller 2008: 187). Die Ergebnisse einer linguistischen Diskursforschung sollten also notwendigerweise einer weiteren abschließenden Interpretation unterzogen werden, die unter anderem zum Ziel hat, die Kultur(-geschichte) einer Gesellschaft besser zu beleuchten und sie somit besser zu verstehen. So folgen m.E. die meisten diskurslinguistischen Arbeiten im Rahmen der germanistischen Diskursanalyse genau dieser Linie: Sie erforschen Diskurse zu sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen und versuchen damit ihren Beitrag zum Verstehen einer Gesellschaft zu leisten. Nina Kalwa formuliert beispielsweise in ihrem Buch zum Konzept ›Islam‹, die Aufgabe einer Sprachwissenschaft als Kulturwissenschaft sei es, »die Wissensbestände einer kulturellen Gemeinschaft aufzudecken« (Kalwa 2013: 7). Dabei kommt die Autorin sowohl zu soziologischen bzw. kulturwissenschaftlichen als auch sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen. Die kulturwissenschaftliche Erkenntnis bestünde darin, dass der Islam in Deutschland »nicht ausschließlich als eine Religion« wahrgenommen wird, sondern auch als »eine soziale Gruppe oder Institution«, und der sprachwissenschaftliche Befund, der allerdings vor dem Hintergrund dieser kulturwissenschaftlichen als stark kontextbezogen erscheint, darin, dass die in den Wörterbüchern angegebene Bedeutung von ›Islam‹ eigentlich geändert bzw. ergänzt werden sollte (ebd.: 336f.), weil die Untersuchung gezeigt hat, dass unter ›Islam‹ Unterschiedliches gemeint werden kann.

3. Kulturdeutung im Diskurs

Es ist klar, dass Texte und Diskurse komplexe sprachliche Zeichen sind und somit gedeutet werden müssen. Es stellt sich die Frage, wie Diskurse kulturbezogen interpretiert werden können. Gehen wir von den drei Schritten im wissenschaftlichen Verfahren aus, dem Dokumentieren, Analysieren und Interpretieren, dann entspricht in einer diskurslinguistischen Arbeit das Dokumentieren der Korpuserstellung aus den Texten, die zu einem Diskurs gehören. Das ist eine wichtige Aufgabe, denn das definierte Korpus bildet die Basis für die nächsten Schritte der Analyse und der Interpretation, die dann immer in Bezug zum erstellten Korpus und den darin vorgefundenen Daten erfolgen und somit nur bis zu einem gewissen Grad abstrahiert und generalisiert werden können. Die linguistische Diskursanalyse, die sich auch als eine kulturwissenschaftliche Disziplin verstehen will, generiert erst dann ihren Mehrwert, wenn wir über die Erkenntnisse im Sprachgebrauch hinaus auch auf die Kultur Rückschlüsse ziehen können. Wollen wir also thematisch gleiche Diskurse, so wie es die Bolognadiskurse in Deutschland und Bosnien-Herzegowina sind, kulturwissenschaftlich analysieren, analysieren wir sie in der Überzeugung, dass sie Produkte der Tätigkeiten von Zeichenbenutzern zweier unterschiedlicher Kulturen sind, zumindest weil es sich zunächst um die Zeichenbenutzer unterschiedlicher Codes (Sprachen) handelt. Da dürfen wir auch erwarten, dass es womöglich um unterschiedliche Texte, Botschaften und um die Bewältigung unterschiedlicher Probleme geht.

Eine sprachwissenschaftliche Analyse sprachlicher Produkte im Sinne des Satzes: »Kultur ist eine Form von Erkennen durch Bedeutungszuschreibung« (Kuße 2012: 28), bedeutet, dass man durch Analysen von Texten an diesen Texten zunächst Zeichen erkennen muss, um ihnen dann eine Bedeutung zuzuschreiben. Dieser anthropologische Ansatz schärft bei einem vergleichenden diskurslinguistischen Ansatz den Blick des Beobachters und Kulturforschers und ermöglicht dem Kulturforscher sonst sprachlich ›verschlüsselte‹, jedoch kulturbezogene Zeichen zu erkennen. Hier kommt dem Erkennen und der Deutung von Symptomen (vgl. Keller 1995) bzw. von indexalischen Zeichen (vgl. Peirce 1993) im Diskurs eine besondere Rolle zu.

Bezogen auf Kommunikation, die Keller als »jedes intentionale Verhalten« versteht, das »in der Absicht vollzogen wird, dem andern auf offene Weise etwas erkennen zu geben« (Keller 1995: 10), können wir vom wesentlichen Unterschied zwischen Symbolen und Ikonen einerseits und Symptomen andererseits sprechen, der darin besteht, dass Symptome nur vom Empfänger bzw. den Interpreten konstituiert werden und somit keine kommunikativen Zeichen sind. Heringer fragt sich, ob Symptome überhaupt Zeichen sind, weil wir sie nicht direkt und willentlich erzeugen können (vgl. Heringer 2004: 31). Keller sagt zu Symptomen, dass sie nicht benutzt, sondern lediglich genutzt werden (vgl. Keller 1995: 160), um eben diese nicht kommunikative Eigenschaft von Symptomen zu erklären. Für die Textinterpretation ergibt das eine doppelte Gliederung der sprachlichen Zeichen im Text. Zum einen gibt es sprachliche Zeichen im Text: Morpheme, Textwörter und Sätze, also Symbole mit einer konventionellen Bedeutung. Zum anderen werden mit diesen Zeichen im Text komplexere Zeichen symptomatischen Charakters konstruiert, die an sich nicht kommunikativ, sondern seitens der Zeichenbenutzer lediglich interpretativ sind, sofern man sie im Text bzw. Diskurs überhaupt erkennt. Das ist vergleichbar mit dem Begriff der sekundären Signifikanz, den Linke benutzt, um signifikante Musterbildungen im Sprachgebrauch zu benennen (vgl. Linke 2011: 30). Alle Zeichen werden von jemandem, der Texte zu interpretieren glaubt, zunächst als solche erkannt, und im nächsten Schritt muss ihnen interpretativ eine Bedeutung zugesprochen werden, da es »prinzipiell offen ist, wofür ein Symptom ein Symptom ist« (Müller-Jacquier 2008: 32), und sie deshalb »vollständig frei sind von dem Verdacht kommunikativer Zweckhaftigkeit«, wie es Keller mit Bezug auf beispielsweise Fingerabdrücke formuliert (Keller 1995: 107). Solcher Gebrauch sprachlicher Ausdrücke ist vergleichbar mit einer bestimmten Farbe eines Malers, die den Beobachter und Kenner darauf schließen lässt, dass er das Gemälde in einer bestimmten Region gemalt hat, weil sich nur dort diese bestimmte Farbe finden lässt – was keinesfalls die Absicht des Malers gewesen sein dürfte. Auch solche Zeichen, die nicht benutzt werden, sondern einfach auftreten, gibt es in einem Diskurs als dem Produkt menschlicher Tätigkeit, und die Aufgabe einer kulturwissenschaftlich orientierten Diskursanalyse ist es m.E., nach genau diesen Zeichen im Diskurs zu suchen, sie zu erkennen und zu interpretieren. In diesem Zusammenhang kann auf den Begriff der Indexikalität des Sprachgebrauchs von Günthner (vgl. 2013: 354) verwiesen werden. Für einen Diskurs kann das beispielsweise bedeuten, dass durch die Analyse ein auffällig häufiger, also signifikanter, als Index zu deutender Gebrauch eines Ausdrucks entdeckt wird. Außerdem werden weitere Erkenntnisse gewonnen, die manchmal auch als Ergebnis der Untersuchung präsentiert werden: der Gebrauch bestimmter Metaphern, oder Topoi. Doch genau diese Erkenntnisse sind für diesen einen Diskurs zeichenhaft im Sinne von symptomatisch bzw. indexalisch und bilden die Basis für den nächsten Schritt, nämlich die Interpretation, die laut Keller zum Ziel das Verstehen hat (vgl. Keller 1995: 106). Eine linguistische Diskursanalyse soll die ›Sprache‹ eines Diskurses analysieren, aber darüber hinaus den Gebrauch einzelner sprachlicher Ausdrücke und anderer relevanter Phänomene eines Diskurses wie beispielsweise Metaphern, Akteure, Topoi sowie die im Text besprochenen und zu bewältigenden Probleme vor dem kulturellen Hintergrund interpretieren. Es ist natürlich eine Sache festzustellen, dass in einem Diskurs beispielsweise der Topos der ›Hautfarbe‹ dominiert, und eine ganz andere Sache die Feststellung über die Kultur, in der das möglich ist, dass es möglich ist, wann es möglich ist oder auch warum es möglich ist. Es ist eine Sache, eine sehr hohe Frequenz eines Ausdrucks in einem Text oder Diskurs festzustellen, und ein nächster Schritt, diese hohe Frequenz selbst als indexalisches Zeichen für etwas – hier für den kulturellen Hintergrund – zu deuten. Denn es ist kaum zu erwarten, dass der Autor dieses Textes oder die Akteure in einem Diskurs absichtlich einen Ausdruck frequent benutzen, um damit eine Bedeutung auszudrücken. Das bedeutet, dass ein Diskursanalytiker auch ›Spurensucher‹ ist, der in einem Text nach den Spuren sucht, die ihm etwas über den Textproduzenten selbst, seiner ›Sprache‹ und somit über tiefer liegende Bedeutungsebenen im Text verraten. Ein Spuren suchender, kulturwissenschaftlich orientierter Diskursanalytiker mag demnach in einem Diskurs nach sprachlichen Ausdrücken fahnden, die nicht nur symbolisch oder ikonisch benutzt werden, sondern die möglicherweise eine nicht für alle erkennbare und wahrnehmbare Bedeutung haben. Die Aufgabe einer kulturwissenschaftlich orientierten Diskurslinguistik ist es also, in einem Diskurs signifikanten Mustern nachzuspüren, sie zu erkennen und vor dem kulturellen Hintergrund zu deuten.

Diese Suche ist aber schon deswegen nicht leicht, weil prinzipiell alles als Zeichen gedeutet werden kann. Linke schreibt zu Recht, dass Musterhaftigkeiten, also das, was im Sprachgebrauch signifikant ist, was gedeutet wird oder werden kann, nicht immer ins Auge springt (vgl. Linke 2011: 39). Als hilfreich erweist sich für die Autorin die kulturgeschichtliche Perspektive. Im synchronischen Sinne halte ich jedoch gerade die kulturvergleichende Diskurslinguistik für sehr geeignet, die typisch kulturellen Zeichen bzw. Musterhaftigkeiten in einem Diskurs zu erkennen und zu deuten. Denn die sprachlich codierten Zeichen, nach denen für eine kulturwissenschaftliche Analyse gesucht wird, lassen sich oft nur dann erkennen, wenn sie kulturspezifisch sind. Und das sind sie nur dann, wenn sie als unterscheidendes Merkmal zwischen zwei Kulturen im Sinne von zwei Zeichensystemen mit unterschiedlichen Zeichenbenutzern, Codes, Texten und zu bewältigenden Problemen verstanden werden können. Bezogen auf sprachwissenschaftliche Diskursanalysen sprechen wir von kontrastiver Diskursanalyse, die bis dato in der einschlägigen Literatur nur selten angewendet worden ist. Beispiele hierfür sind Gür-Şekers Studien zum Thema EU-Verfassung und Sicherheit in deutsch-, englisch- und türkischsprachigen Medien (vgl. Gür-Şeker 2015) sowie Arendts und Dreesens Studien zu den Wikipedia-Artikeln zu Deutschland und Polen (vgl. Arendt / Dreesen 2015), beide in einem Sammelband, den Kämper und Warnke (2015) herausgegeben haben. Dazu kommt auch Spieß mit ihrem Text zu diskursiven Differenzen in den deutschen und britischen Bioethikdebatten (vgl. Spieß 2012) sowie die Arbeit von Czachur, in der die Methodologie einer kontrastiven Diskurslinguistik (auch im Unterschied zur kontrastiven Grammatik) dargelegt wird (vgl. Czachur 2013).

4. Ein Beispiel: Bolognadiskurs in Deutschland und Bosnien-Herzegowina2

Eine linguistische Diskursanalyse setzt notwendig voraus, dass Diskurs etwas Sprachliches ist. Und sprachlich ist jeder Diskurs, insofern er ein Produkt des Sprechens oder des Schreibens3 ist. Es ist also ein sprachliches Gebilde, das sehr heterogen definiert wird, was Spitzmüller und Warnke in ihrer Einführung (vgl. 2011) ausführlich herausstellen. Unter Diskurs verstehe ich in Anlehnung an Bußmann (vgl. 2002: 171f.) – bzw. indirekt an Foucault (vgl. 1993) – die Menge von Texten, die ein intertextuelles ›Gespräch‹ zu einem bestimmten Thema ›führen‹. Der Diskurs ist demnach eine sprachliche Einheit, die aus Texten besteht, die zu einem bestimmten Thema geschrieben wurden. Kämper bezieht sich auf Warnke (vgl. 2002) und schreibt: Der Diskurs ist

eine komplexe sprachliche Einheit oberhalb der Textebene […], deren Komponenten sich durch thematische Kohärenz auszeichnen. Er ist zu definieren als eine sämtliche gesellschaftliche Daseins- und Ausdrucksformen betreffende und in ganz unterschiedlichen Texten und Kommunikationssituationen präsente gesellschaftliche Sinngebungssubstanz, der als kollektiver kommunikativer Akt einer unbestimmten Zahl von Diskursbeteiligten über einen unbestimmten Zeitraum realisiert wird. Aufgabe der linguistischen Diskursanalyse bzw. Diskursgeschichte ist es, darzustellen und zu beschreiben, welcher historische Sachverhalt, welches Ereignis und / oder welche Befindlichkeit eine Gesellschaft einer bestimmten Epoche diskursiv bearbeitet (Thema), wie diese Gesellschaft das jeweilige Diskursthema in Sprache fasst und damit konstituiert (Lexik, Stilistik, Kommunikationsformen) und warum sie dies so tut (Argumentationsmuster). Damit steht linguistische Diskursanalyse in dem komplexen Forschungsfeld ›Sprache und Gesellschaft‹. (Kämper 2007: 424f.)

Für die Diskursanalyse sind also einige Parameter wichtig, die von Spitzmüller und Warnke als DIMEAN-Modell präsentiert werden (vgl. Spitzmüller / Warnke 2011). Eine Kategorie scheint jedoch für den Diskurs als sprachliches Element im Vergleich zu allen anderen grundlegend zu sein: die Zeit, und zwar in zweierlei Hinsicht – sowohl als historische Zeit, in der der Diskurs stattfindet, als auch als zeitliche Entwicklung des Diskurses in der Geschichte. Dass ein Diskurs durch den historischen Zeitpunkt, in dem er entsteht, bestimmt ist, muss nicht weiter erklärt werden, wohl aber, was alles damit gemeint sein kann: die politische und wirtschaftliche Situation, die Personen, die gegenwärtig sind und einen Zugang zum Diskurs haben oder haben möchten, die Medien, die gegenwärtig sind, u.Ä. Ein anderer Punkt ist der Tatsache geschuldet, dass ein Diskurs entsteht und andauert, dass er immer komplexer wird und dass er sich verändert. Alle anderen sprachlichen Elemente haben einen konkreten Beginn (Überschrift, das erste Wort, den ersten Satz) und auch ein klar markiertes Ende. Sie können auch unter dem diachronen Aspekt untersucht werden, aber dann handelt es sich um die Veränderung dieser Phänomene im Laufe der Zeit und zwar in dem Sinne, dass sie sich verändern und neue Formen, Gebrauchsweisen, Funktionen oder Bedeutungen bekommen. Den Beginn eines Diskurses markiert zwar ein Text, aber gleichzeitig auch ein Datum. In ihrer diskursanalytischen Arbeit zur Sprache der Sarrazindebatte nennt Christina Stein sehr explizit das Datum, an dem diese Auseinandersetzung begann: 23.8.2010 (vgl. Stein 2012: 32). Auch wenn heute (im Frühling 2017) von dieser Debatte in den Medien nichts mehr zu hören ist, muss es nicht bedeuten, dass der Diskurs beendet ist. Deshalb ist das Ende eines Diskurses theoretisch offen, und für eine diskursanalytische Arbeit ist es notwendig, dass das Korpus begründet erstellt wird. Bei einem Diskurs spielt die Zeit in diesem Sinne eine besondere Rolle. Dem Diskurs ist der Zeitverlauf immanent. Der Diskurs hat eine innere Entwicklung, eine Veränderung in der Zeit, durch die nicht etwa ein neuer Diskurs entsteht, sondern jede Veränderung ein Teil des Diskurses wird. Wichter beschreibt den Diskurs als »Geflecht von Texten in synchroner und diachroner Ausbreitung« (Wichter 1999: 266). Die Veränderung im Diskurs durch die Zeit trägt zur Bedeutung eines Diskurses bei und ist zweifellos kulturrelevant bzw. kulturprägend.

4.1 Akteuranalyse

Bei der Akteuranalyse geht es um die auf Foucault (vgl. 1973 / 1990) zurückgehende Frage, wer spricht. Posner (vgl. 2008) definiert Gesellschaft als eine Menge von Individuen, die Gruppen bilden und regelmäßig durch Zeichenprozesse miteinander kommunizieren. Er nennt diese Gruppenkonstrukte ›Institutionen‹. »Welche Institutionen in einer Gesellschaft bestehen, ist charakteristisch für deren soziale Kultur« (ebd.: 49). Für eine Diskursanalyse ist es wichtig zu erforschen, welche Institutionen im Posner’schen Sinne oder Akteure, wie wir sie nennen, in dem Diskurs miteinander kommunizieren bzw. am Diskurs teilnehmen, weil sie Kulturträger sind (vgl. ebd.: 50). Die Akteure im Diskurs, im Posner’schen Sinne die Zeichenbenutzer als Teil des Zeichensystems Kultur, ihr Aufrtitt oder ihr Fehlen, gehören gerade zu den Indizien, nach denen unter anderem in einem Diskurs gesucht werden sollte. Dabei kommt es nicht auf die Ermittlung einzelner Teilnehmer an, sondern auf die Ermittlung von sozialen, an diesem Diskurs teilnehmenden Gruppen, um somit aufzuzeigen, welche soziale Bedeutung der fragliche Diskurs in der jeweiligen Kultur hat und welche Unterschiede es zwischen einzelnen Diskursen gibt.

Die Bedeutung der Akteure in der Diskursanalyse wurde bisher von verschiedenen Autoren herausgestellt. Hier seien Adamzik (vgl. 2002), Angermuller (2008) sowie die Einführung in die Diskurslinguistik von Spitzmüller und Warnke (Spitzmüller / Warnke 2011: 172) als Beispiele genannt. Der ›Akteur‹, ›Sprecher‹, ›Hörer‹, ›Sender‹, ›Rezipient‹ usw., ist eine zentrale sozialwissenschaftliche Kategorie, die auf den performativen, sozialen Kontext eines Diskurses abhebt. Aber die Akteure nehmen an einem Diskurs in der Regel nicht als Individuen teil, sondern als Mitglieder bestimmter sozialer Gruppen. Die Akteure in einem Diskurs sind zum Teil schon ›gerahmt‹ durch den sozialen Kontext, in dem ein Diskurs entsteht. Der Bolognaprozess beinhaltet eine internationale politische Entscheidungsfindung über die Reform des Hochschulwesens in Europa, und somit sind die Akteure aus Politik und Hochschulwesen von vornherein eingeladen, an diesem Diskurs teilzunehmen. Akteure bekommen auch ein eigenes Kapitel in Tobias Brändles Buch 10 Jahre Bologna-Prozess (vgl. Brändle 2010), in dem der Autor die Akteure im Prozess selber analysiert. Zunächst schreibt er über die Gruppe von Akteuren, die zwar Diskursteilnehmer sind, aber vor allem auf einer politischen Ebene agieren. Sie gehören zur Diskursregion der internationalen Politik, zu der nur sehr Wenige Zugang haben. Unter diesen Akteuren unterscheidet Brändle zunächst zwischen internationalen Institutionen, wie der Europäischen Kommission und dem Europarat, und nationalen Institutionen, wie den Kultusministern einzelner Länder (vgl. ebd.: 75-112). Diese Akteure bzw. Institutionen kreieren die europäische Hochschulpolitik. Weiter nennt Brändle auch Hochschulrektoren und die Hochschulrektorenkonferenz, die »im Vergleich zu den Akteuren auf der europäischen Ebene kaum eigene Vorschläge aktiv vertreten haben, sondern sich eher auf die Verabschiedung von Gegenvorschlägen zu den Plänen der Kultusminister beschränkt haben«, sowie Studierendenvertretungen auf internationaler und nationaler Ebene, die »geradezu vehement auf die Berücksichtigung der sozialen Dimension des Bologna-Prozesses« hingewirkt haben (ebd.: 109).

Brändles Analyse basiert offensichtlich nicht oder nicht primär auf dem medialen Diskurs, sondern vielmehr auf Dokumenten unterschiedlicher Institutionen, Vereine und Gruppen. Ich möchte aber der Frage nachgehen, welche sozialen Gruppen am öffentlich ausgetragenen medialen Diskurs teilnehmen und welche kulturbezogenen Erkenntnisse eine vergleichende Analyse einzelner partizipierender Gruppen liefern kann. Dabei ist eine Klassifizierung von Akteuren notwendig. So können einzelne Personen als Vertreter einer sozialen Gruppe aktiv werden, z.B. derjenigen der Professoren, als Vertreter einer Institution, z.B. der Regierung, individuelle Leser, die nur mit ihrem Namen ohne weitere Zusätze zeichnen. Innerhalb einer Gruppe kann es weitere Klassifizierungen geben: ›Professor an einer angloamerikanischen Universität‹ oder ›Professor an einer deutschen Universität‹, wenn dies für eine kulturwissenschaftliche Akteuranalyse sinnvoll ist. Laut Spitzmüller und Warnke ist die zentrale Funktion der Akteure die »Filterung« von Aussagen (vgl. Spitzmüller / Warnke 2011: 173). In diesem Text verstehe ich Aussagen als Inhalte für und gegen den Bolognaprozess. Interaktionsrollen und Positionen sind zwei von drei Ebenen der akteurorientierten Analyse, die die beiden Autoren als »Text-Diskurs-Filter« bezeichnen.

Charakteristisch für die ersten fünf Jahre (Ende 1999 bis 2005) der Hochschulreform im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Reformen (z.B. die Erhöhung der Mehrwertsteuer) ist eine vergleichsweise geringe Anzahl der im Moment der Diskussion davon Betroffenen. Diejenigen, die schon studiert haben, lässt die bevorstehende Reform unberührt. Diejenigen, die erst studieren werden, sind mit dem Hochschulwesen nicht vertraut genug, um Unterschiede erfassen, sich eine eigene Meinung bilden und gegebenenfalls am Diskurs teilnehmen zu können. Dazu kommt noch die Mehrheit derer, die weder studiert haben noch studieren werden. Es bleiben Hochschullehrer, andere Universitätsangestellte und die zuständigen Politiker. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn nach Foucault sind für das Eintreten in den Diskurs gewisse Erfordernisse und Qualifikationen notwendig und nicht alle Diskurse oder Diskursregionen sind gleichermaßen offen (vgl. Foucault 1993). Der Bolognadiskurs ist also kein Diskurs für breite Bevölkerungsschichten.

Angermuller und Maeße teilen in ihrem Text zum Hochschulreformdiskurs Akteure in vier Gruppen ein: 1. politische Parteien, 2, Administration, Legislative und Exekutive, 3. intergouvernementale Akteure und 4. Verbände (vgl. Angermuller / Maeße 2014: 29f). Diese Einteilung umfasst allerdings keine Studenten und Leser, die doch eine Rolle spielen. Ich möchte nach einer anderen Klassifikation von Akteuren vorgehen, die im Laufe des Diskurses auch bestimmte Positionen vertreten: Rektoren, Professoren, Studenten, Politiker, Institutionen, Vertreter der Wirtschaft, Journalisten und Leser. Eine Akteuranalyse der beiden Diskurse in den Zeitabschnitten 1999 bis 2005 und 2009 führt uns zum folgenden Ergebnis, das zunächst in (Tabelle 1) kurz dargestellt wird.

Tabelle 1: Akteure

Deutschland (FAZ) Bosnien-Herzegowina (Oslobođenje, Dnevni avaz)4
2002-2005 2009 2000-2005 2009
Professoren (insbesondere Pädagogen), zuständige Minister, Journalisten, Wirtschaftsinstitutionen Akademiker, Journalisten, zuständige Minister, Studierende, Unternehmen und Vertreter der Wirtschaftsverbände, Stipendiengeber, Leser mit Hochschulabschlüssen zuständige Minister, Hochschulrektoren, Botschafter aus westlichen Ländern, Vertreter internationaler Organisationen zuständige Minister, Akademiker (insbesondere Soziologen und Geisteswissenschaftler), Studierende, Journalisten

4.2 Der deutsche Diskurs

Am Anfang des deutschen Diskurses, also in den Jahren von 1999 bis 2005, kommen als Akteure folgende Gruppen vor: Journalisten, Wirtschaftsinstitutionen, Politiker (in Person der zuständigen Minister) und Professoren, insbesondere Pädagogen und Lehrkräfte mit Erfahrung im angelsächsischen Raum. Zu diesem Zeitpunkt läuft in Deutschland gerade der Umstellungsprozess und die Akteure können in Befürworter und Gegner der Umstellung eingeteilt werden. Befürworter sind in erster Linie Politiker und Hochschulrektoren – also Träger der politischen bzw. fachpolitischen Ämter:5

Zufrieden mit der Entwicklung der Master- und Bachelorstudiengänge in Deutschland haben sich die Teilnehmer einer Diskussionsrunde in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt gezeigt. IHK-Präsident Joachim von Harbou sagte, der sogenannte Bologna-Prozeß ermögliche bis 2010 vergleichbare Studiengänge in allen europäischen Staaten und sei deshalb die »grundlegendste Hochschulreform der letzten hundert Jahre«. 60 Prozent der Studenten mit Bachelor-Abschluß fänden Arbeit in kleineren und mittleren Unternehmen. Bislang beteiligten sich 40 Länder an der Reform, sagte der französische Hochschulattaché Charles Scheel. (FAZ 21.6.2005, S. 50 [Hervorh. V.S.])

Die deutschen Kultusminister versprechen sich von dieser Umstellung kürzere Studienzeiten, höhere Erfolgsquoten durch Kontrolle und Verschulung des Hochschulstudiums und eine bessere Berufsqualifizierung der Abgänger. Vor allem aber sind sie überzeugt, einen größeren Bewegungsfreiraum für Studierende und Lehrende in Europa zu schaffen. (FAZ 19.6.2004, S. 1 [Hervorh. V.S.])

Die Gegner sind in erster Linie Dekane:

Volker Bohn etwa, Dekan des Frankfurter Fachbereichs Neuere Philologien, sagt klipp und klar: »Ich halte von dem Ganzen überhaupt nichts, schon gar nichts davon, in den Geisteswissenschaften einen Bachelor anzubieten.« Studiendekan Jürgen Quetz, verantwortlich für die sogenannte Modularisierung der Studienfächer, die 2005 angewendet werden soll, bleibt hart: »Zum Bachelor möchten wir gezwungen werden.« (FAZ 9.11.2004, S. 44)

Am frühen Diskurs nehmen auch Hochschullehrer, meist Professoren, teil, die wir in Gegner und Befürworter einteilen können. Die Fürsprecher sind vor allem in den Jahren unmittelbar nach der Bolognaerklärung, beispielsweise im Jahr 2000, aktiv und argumentieren für die Umstellung mit dem Vorbild angelsächsischer Universitäten, was später den Vorwurf einer liberalisierten Hochschullandschaft erklärt. Sehr deutlich wird diese Sicht der Dinge z.B. in einem Text in der FAZ vom 15.7.2000 mit dem Titel Planwirtschaft an den Universitäten zum Ausdruck gebracht, in dem Dominique Demougin, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwissenschaft an der Universität Magdeburg, einige Vergleiche mit den USA aufstellt:

Gerade der Vergleich mit Amerika zeige, dass es vielmehr wesentlich sei, den Arbeitsmarkt für Wissenschaftler flexibler zu gestalten. Die akademische Welt ersticke in Regulierung und Rationierung. Besonders in der Personalplanung sei mehr Autonomie nötig.

In der umfassenden Reformdiskussion über den Standort Deutschland stellt sich deshalb zu Recht die drängende Frage: Was läuft falsch an deutschen Hochschulen? Warum sind die amerikanischen Universitäten, zumindest die besten, so viel erfolgreicher als die deutschen?

Es bleibt die Frage: Wo liegen denn nun die entscheidenden strukturellen Unterschiede zwischen den amerikanischen und den deutschen Universitäten, wenn nicht in der Praxis der lebenslangen Erstberufung? Die Antwort lautet: in der Effizienz des akademischen Arbeitsmarkts für Professoren. Schon bei der Erstberufung gibt es in den Vereinigten Staaten mehr Flexibilität in der Struktur der Besoldung als hierzulande.

In den Vereinigten Staaten geht alles viel schneller. (FAZ 15.7.2000, S. 15)

Die Gegner wollen zunächst die Humboldt’sche Universität gegen eine neoliberale, nach dem angelsächsischen Modell organisierte und für Deutschland neue Universitätsform verteidigen:

Da die Ministerin fest entschlossen ist, nun endlich ernst zu machen mit der »Reform«, ist wenigstens eines sicher: In wenigen Jahren wird es die Universität nur noch dem Namen nach geben. (Professor Dr. Laurenz Lütteken, FAZ 4.5.2000, S. 11)

Gegen die Ökonomisierung der deutschen Universität. (Professorin Dr. Barbara Zehnpfennig, FAZ 22.5.2002, S. 8)

Wenn unsere »neuen« Abschlüsse in den heute ausgewiesenen Bildungsmärkten offensichtlich keinen Wert haben, sollten wir vielleicht darüber nachdenken, wie wir internationale Abschlüsse in unser bisheriges, durchaus anerkanntes System integrieren. Leider wurden solche Ansätze frühzeitig ideologisch beerdigt. (Professor Dr.-Ing. Stephan Wilksch, FAZ 30.10.2004, S. 9)

Im Jahr 2009 sind im deutschen Bolognadiskurs folgende Gruppen von Akteuren relevant: Journalisten, Akademiker (Professoren und Hochschulrektoren), Politiker, Studierende (auch Mitglieder von ASten und einzelne namentlich genannte Studierende), Unternehmen und Vertreter der Wirtschaftsverbände, in Leserbriefen auch Eltern von Studierenden oder ehemalige Studierende sowie die Stipendiengeber wie der DAAD. Es ist festzustellen, dass die Zahl der Akteure gestiegen ist – der Bolognaprozess hat jetzt, vier Jahre später, an gesellschaftlicher Relevanz gewonnen. Unterschiedliche soziale Gruppen fühlen sich davon betroffen oder angesprochen. Dabei ist die Spaltung in Befürworter und Kritiker immer noch klar zu erkennen. Die Gegner kritisieren die Neuerungen wie neue Abschlüsse, darunter vor allem den Bachelor, die vielen Prüfungen, die Verschulung und die sog. Soft Skills.

Deutlich häufiger melden sich Akademiker als Autoren im Diskurs zu Wort, meist in Form von Leserbriefen als Reaktionen auf Zeitungsartikel, wie z.B. hier:

Es gab einmal eine Zeit vor »Bologna«, da galt die deutsche Universität Humboldtscher Prägung als international angesehen und vorbildlich. Wer als deutscher Student im Ausland studierte (in meinem Fall war es Frankreich), lernte ein verschultes Universitätssystem mit professorenhörigen Studenten kennen, die für Prüfungen das auswendig paukten, was sie in der Vorlesung mitgeschrieben hatten. Von wissenschaftlichem Anspruch und kritisch-selbständigem Studieren keine Spur. (Dr. Wolfram Ender, FAZ 3.1.2009, S. 8)

Um diese Fähigkeiten zu vermitteln, muss das Ingenieurstudium einen tiefgehenden theoretischen Anteil enthalten, wozu eine gründliche Bildung in Mathematik und Physik gehört. Professor Hippler ist daher beizupflichten, wenn er feststellt, dass die universitäre Ingenieurausbildung nicht mit dem Bachelor-Examen beendet ist, sondern einen Zeitrahmen von etwa zehn Semestern erfordert. (Professor Dr.-Ing. Klaus Meerkötter, FAZ 31.12.2009, S. 39)

Von den Journalisten, die als Akteure aktiv werden, gibt es Kommentatoren und Berichterstatter. Mit Kommentatoren meine ich diejenigen, die sich als Journalisten auf den Meinungsseiten der FAZ melden und den Bolognaprozess kritisch unter die Lupe nehmen. So ein Beitrag ist derjenige von Oliver Hoischen vom 22.11.2009:

Doch ist schon lange klar: Große Teile der Neuerungen sind offenbar völlig undurchdacht. Entscheidendes wurde jedenfalls nicht erreicht: So hätte es mit dem neuen System möglich sein sollen, leichter von einer Uni zur anderen zu wechseln, was aber nicht der Fall ist, nicht innerhalb Deutschlands und erst recht nicht innerhalb Europas. Noch immer ist es schwierig, Scheine von der einen an der anderen Uni anerkennen zu lassen. Und leichter ist es auch nicht geworden, nach dem Examen in einen Beruf einzusteigen – viele Unternehmen wissen nicht, was sie mit einem jungen Bachelor überhaupt anfangen sollen. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat das Bachelor / Master-System also nicht erhöht. Auch Abiturienten aus sogenannten bildungsfernen Schichten gibt es heute nicht mehr als früher an den Hochschulen – obwohl das von der Politik gewünscht wurde. Nur die Zahl der Studienabbrecher, die ist noch immer hoch. (FAZ 22.11.2009, S. 14)

An den meisten Stellen wird der Inhalt der Bolognareform kritisiert und fast gar nicht der Umsetzungsprozess selber, beispielsweise in dem Sinne, er sei zu schnell, zu langsam u.Ä.

Ähnlich lesen sich auch die Beiträge von einigen Studierenden, die sich ebenfalls in Leserbriefen melden. Z.B. zum Leitartikel »Die Bologna-Blase ist geplatzt« in der FAZ vom 24.11.2009:

Ich bin zwanzig Jahre alt, Studentin in Trier und »Arbeiterkind«. Meine Eltern bezahlen mir das Studium; wenn ich kann, arbeite ich drei Mal im Monat. Das reicht natürlich nicht, um alle Kosten zu decken. Ich habe aber keine Zeit: achtzehn Wochenstunden habe ich Veranstaltungen in der Uni, und die gleiche Zeit verbringe ich mit Vor- und Nachbereitung am Schreibtisch. Nebenbei arbeiten zu gehen ist zeitlich nicht drin, ein Hobby auch nicht. Ich gehe ein- bis zweimal abends zum Unisport, damit ich nicht komplett einroste beim Sitzen. Doch ich habe leider das Gefühl, die Mühe lohnt sich nicht. Seit der Bachelor-Einführung betreut ein Professor zweihundert bis fünfhundert Studenten; er kennt keinen einzelnen mit Namen, noch hört er jemals seine Stimme. Der Professor ist nur noch Absolventenproduzent ohne Beziehung zum Produkt. Natürlich versuche ich mein Studium auf dem schnellsten Weg zu beenden, immerhin zahlen meine Eltern teuer für meine Bildung, nämlich fast 8000 Euro pro Jahr. Bafög bekomme ich nicht, ich lebe in einer WG, bin sparsam und kein Partytier. Trotz eines Abis von 2,0 habe ich von sechs Unis Absagen bekommen, nur Trier ohne NC nahm mich. (Studentin Katja Römer, FAZ 10.12.2009, S. 37)

Von dem FAZ-Journalisten Jürgen Kaube werden die unerwarteten Hindernisse in der Studierendenmobilität kritisiert, die zusammen mit dem Bolognaprozess erst entstanden sind, weil die Semesterzeiten nicht überall gleich sind:

Zuerst hat man die Mobilität der Studierenden – die physische zumindest – durch die Bologna-Reform nachweislich gesenkt. Wenn es kein Grundstudium mehr gibt, kann man auch nicht »nach dem Grundstudium«, wie es früher hieß, zwei Semester ins Ausland gehen. Wie viele Studenten nach dem Magister oder Diplom an ausländischen Universitäten nicht angenommen wurden, weil es diese Abschlüsse andernorts so nicht gab, blieb unbekannt. Dafür soll nun bis 2011 ein anderes Mobilitätshindernis fallen: durch eine Semesterzeitenreform (Jürgen Kaube, FAZ 25.2.2009, S. N5)

Im Gegensatz zum bosnisch-herzegowinischen Diskurs, in dem die Vertreter der Wirtschaft gar nicht vorkommen, sind sie im deutschen Diskurs aktiv, und äußern sich, auch wenn etwas seltener als in den Anfangsjahren, meist positiv:

Wirtschaft zufrieden mit Bachelor / Die hessische Wirtschaft hat mit den ersten Jahrgängen der Bachelor- und Master-Absolventen nach eigenen Angaben meist gute Erfahrungen gemacht. Die »Berührungsängste« vor allem kleiner und mittlerer Firmen gegenüber den neuen Abschlüssen seien zügig abgebaut worden, teilte die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) mit. Da zudem bundesweit schon mehr als 75 Prozent aller Studiengänge auf das Bachelor-Master-System umgestellt worden seien, gebe es nun »keinen Weg mehr zurück«, äußerte VhU-Präsident Dieter Weidemann. Er warnte allerdings davor, den Lehrstoff für das Bachelorstudium zu sehr auszudünnen und das Masterstudium zu überfrachten. Auch dürften Auslandsaufenthalte, Interdisziplinarität und Angebote zur Persönlichkeitsbildung nicht zu kurz kommen. ([zos.], FAZ 30.6.2009, S. 37)

4.3 Der bosnisch-herzegowinische Diskurs

Auf der Ebene der Akteure lassen sich folgende Gruppen ausmachen: Regierungsvertreter, Hochschulrektoren, Professoren, Studierende, Journalisten. Da Hochschulrektoren nicht nur ein akademisches Amt bekleiden, sondern auch ein politisches, obgleich es nur fachpolitisch ist, erscheint mir ihre Ausgliederung aus der Gruppe der Professoren sinnvoll, zumal sie schon im deutschen Diskurs eher eine Sondergruppe unter den Akademikern bilden, die sich – vielleicht auch von Amts wegen – fast gar nicht kritisch gegenüber der Reform äußert und außerdem die größte akademische Verantwortung bei der Durchführung des Bolognaprozesses trägt.

Im Jahr 2005 sind im bosnisch-herzegowinischen Diskurs folgende Akteure vorzufinden: Hochschulrektoren, Bildungsminister und – als auffälliger Unterschied zum deutschen Diskurs – Botschafter aus westlichen Ländern und Vertreter internationaler Organisationen wie beispielsweise der OSZE. Diese Akteure sind Befürworter der Hochschulreform, äußern sich unmissverständlich positiv dem Prozess gegenüber und kritisieren einheimische Politiker dafür, dass ein entsprechendes neues Gesetz nicht verabschiedet wird. Douglas Davidson von der OSZE-Mission in Bosnien-Herzegowina ermutigt die einheimischen Politiker dazu, das neue Hochschulgesetz zu verabschieden. Das Gleiche macht auch der damalige Botschafter Österreichs in Bosnien-Herzegowina, dessen Land sich aus historischen Gründen Bosnien-Herzegowina gegenüber etwas mehr verpflichtet fühlt:

Austrija i druge zemlje donatori mogu pružiti pomoć bh. univerzitetima u provedbi evropskih standarda tokom Bolonjskog procesa, ali niko od nas u BiH ne može donijeti zakon. To isključivo mogu učiniti bh. vlasti. Ova se zemlja mora što prije uhvatiti ukoštac s primjenom standarda iz Bolonjske deklaracije, jer će oni mladima BiH osigurati bolju i uspješniju budućnost – rekao je ambasador Almhofer. (DA 7.10.2005, S. 16)6

Der Sarajevoer Hochschulrektor, Professor Hasan Muratović, ist eifriger Verfechter des Bolognaprozesses, weil er diese Hochschulreform als den Weg zur Eingliederung des bosnisch-herzegowinischen Hochschulwesens in das europäische sieht: »Naš cilj je jasan – do 2010. godine želimo postati dijelom evropskog akademskog prostora, čemu prethodi puna privrženost bolonjskom procesu te reforma visokog obrazovanja za koju je potrebno uložiti još mnogo truda i sredstava – rekao je Muratović.« (DA 9.2.2005, S. 27)7

Dabei erklärt er mehrmals öffentlich und nicht selten übertreibend – im deutschen Bolognadiskurs ist so etwas gar nicht belegt –, was der Prozess für den eigentlichen Universitätsbetrieb bedeute:

To podrazumijeva mnogo više praktične nastave i ocjenjivanje studenata tokom predavanja, na osnovu aktivnog učešća i praktičnih radova. Očekujemo da će takva praksa rezultirati većom prolaznošću na ispitima. No studenti će morati daleko više raditi i prisustvovati predavanjima i vježbama, dok će profesori i asistenti morati dati mnogo veći doprinos interaktivnoj nastavi. (DA 19.7.2005, S. 7)8

Die zuständigen Minister beschweren sich auch darüber, dass aus politischen Gründen die Reform nur sehr langsam vorankomme und dass das notwendige Gesetz noch nicht verabschiedet worden sei. Zur Reform bzw. zu ihrem Inhalt äußern sich die Minister nicht.

Kritische Stimmen kommen von Studierenden und von Journalisten und sind nicht gegen die Inhalte der Bolognareform gerichtet, sondern in erster Linie gegen die zu langsame und vermeintlich falsche Umsetzung der Reform:

Zbog neusvajanja zakona o visokom obrazovanju na državnom nivou, čemu se opiru neki političari, činjenica je da najviše gube studenti. […] Slabu nadu pruža izjava ministra civilnih poslova BiH, Safeta Halilovića kako će zakon o visokom obrazovanju na nivou BiH ipak biti usvojen do sljedeće akademske godine. […] Izgubili smo prošlu godinu u hvatanju »obrazovnog koraka« sa Evropom. Nadajmo se da nećemo i ovu. (DA 27.1.2005, S. 3)9

»Predstavnici Unije studenata Univerziteta u Sarajevu aktivno su se uključili u rad okruglog stola. Ipak za ›Dnevni Avaz‹ kazali su da je nerealno očekivati da će nova akademska godina početi novim sistemom obrazovanja, nazvavši to preambicioznim.« (DA 9.4.2005, S. 12)10

Vier Jahre später, also im Jahr 2009, sind die Botschafter und Vertreter ausländischer Organisationen als Akteure im bosnisch-herzegowinischen Bolognadiskurs nicht mehr vorzufinden. Von den Politikern melden sich weiterhin nur Bildungs- bzw. Kultusminister oder ihre Stellvertreter sowie Rajko Kuzmanović, der Präsident der bosnisch-herzegowinischen Entität Republika Srpska. Insgesamt finden sich selten Texte und die Aussagen der Akteure zeugen von Ohnmacht aus Geldmangel (OS 9.11.2009, S. 5) oder von Vorwürfen über die nicht durchdachte Hochschulreform in Bosnien-Herzegowina (OS 2.12.2009, S. 9), deren Folge nicht regulierte Abschlüsse landesweit seien. Mit dieser letzten Aussage bezieht sich Minister Nović allein auf die unsichere Anerkennung der Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt. Studierende und Journalisten melden sich ebenso selten wie die Minister zu Wort. Studierende werden als Teilnehmer am Diskurs in Bosnien-Herzegowina nur aktiv, wenn es um die Zahl der Prüfungstermine geht. Auch wenn die Anzahl solcher Termine mit dem Wortlaut der Bolognadeklaration nichts zu tun hat und eigentlich nur zum traditionellen Hochschuldiskurs in Bosnien-Herzegowina gehört, finden sich folgende Formulierungen von Studierenden: »Bolonjski proces se ne provodi i jedan od naših glavnih zahtjeva jeste njegovo potpuno provođenje.« (OS 9.10.2009, S. 31)11

Dabei werden nicht die einzelnen Inhalte der Umstellung kritisiert, sondern es wird, verpackt als einer der Inhalte der Bolognaerklärung, die Erwartung formuliert, dass Studierende noch einen weiteren Prüfungstermin im Oktober bekommen sollen. In den Nachrichten und Kurznachrichten von anderen Universitäten im Land, wie beispielsweise von der Universität Banja Luka, wird noch darüber berichtet, dass es Probleme gebe, wenn Studierende vom alten Programm in das neue wechseln möchten oder (aus unterschiedlichen Gründen) müssen (OS 24.10.2009).

Die Journalisten melden sich auch sehr selten. In der Regel führen sie Interviews oder geben Agenturmeldungen wieder, schreiben aber keine Kommentare. Nur eine Ausnahme gibt es, und zwar am 23.12.2009, als der Journalist Haris Ćatović den Bolognaprozess in Bosnien-Herzegowina mit der »teorija imaginacije« (= Theorie der Imagination) vergleicht und ihn für den Annäherungsprozess Bosnien-Herzegowinas an die moderne Welt hält. In seinem ironischen Text in der Zeitung OS schreibt er weiter: »Ona isto vremeno predstavlja i napuštanje konvencionalnih principa, te akceptuaciju novih normi, pravila, akata. Bolonjski ciklus imao je za cilj da olakša način studiranja mladom čovjeku, te mu omogući brži dolazak do diplome.« (OS 23.12.2009, S. 8f.)12 Außerdem werden in OS immer die Aufnahmemodi einzelner Fakultäten vorgestellt – wie viele Studierende im nächsten Jahr aufgenommen werden usw.– mit immer demselben Ende, dass nämlich das jeweilige Fach »po principima Bolonjskog procesa« bzw. »nach den Prinzipien des Bologna-Prozesses« läuft. Solche Formulierungen sind in OS vom 7.6.2009 für die wirtschaftliche Fakultät, 20.6.2009 für die pharmazeutische Fakultät, am 29.6.2009 für die medizinische und am 2.7.2009 für die tiermedizinische Fakultät vorzufinden. Ähnlich verfahren auch andere Zeitungen. Abschließend wird immer erklärt, wie lange der BA- und der MA-Abschluss für das jeweilige Fach dauern wird.

Im Unterschied zum Jahr 2005 werden Akademiker im Jahr 2009 zu den wichtigsten Akteuren und haben den größten Anteil am Diskurs in der Tageszeitung OS. Dabei scheint eine Sache besonders auffällig: Sie werden in der Regel zu allen politischen und gesellschaftlichen Themen interviewt und eines davon ist der Bolognaprozess. Insgesamt gibt es in OS acht Interviews, in denen der bzw. die Interviewte den Bolognaprozess thematisiert. Sieben davon sind Hochschullehrer, darunter der Rektor der Universität Sarajevo. Die anderen sechs sind Dozenten für Sozial- oder Geisteswissenschaften. Auch hier ist es auffällig, dass es keine Hochschullehrer aus eher wirtschaftlich orientierten Fachbereichen wie BWL, Maschinenbau, Elektrotechnik u.Ä. gibt.

Die Hochschullehrer, die am Diskurs teilnehmen, sind große Kritiker des Bolognaprozesses. Dabei können wir unterscheiden zwischen denjenigen, die den Prozess als solchen kritisieren (Nedžad Ibrahimović, Marko Vešović, Esad Duraković), und denjenigen, die seine Implementierung kritisieren (Rektor Vlado Majstorović, Senadin Lavić, Mirko Pejanović). Die Kritiker sehen im Bolognaprozess mehr Administration, weniger akademische Freiheiten, einen Verfall der Universität. Ganz explizit wird Esad Duraković, Arabist an der Universität Sarajevo, der die Bolognareform mit folgenden Formulierungen bezeichnet: »zlosretni proces«,13 »agresija na vrijednosti koje smo imali«,14 »kviz«,15 »reducirani studij«,16 »pandemični bolonjski virus«17 u.Ä. (2009). Asim Mujkić, Politikwissenschaftler aus Sarajevo, bezeichnet den Bolognaprozess als »neoliberalen Prozess, der keine Intellektuellen bilde, sondern angewandtes Wissen ohne Reflexion weitergebe«. Das ECTS-System hält er für »neka vrsta akademskog i znanstvenog eura koji će disciplinirati svojom neumoljivom tržišnom logikom akademsku zajednicu koja je, unatoč općem šarenilu likova, vukla naprijed cijele narode.« (OS 13.6.2009, S. 26) 18

Wird nicht der Bolognaprozess kritisiert, sondern die Art und Weise sowie die Geschwindigkeit seiner Implementation, dann handelt es sich eher um Dekane und Hochschulrektoren. Sie bemängeln fehlende Mittel und Personal. Am 1.11.2009 wird in OS von einer regionalen Konferenz zur Bolognareform berichtet, die mit einem gemeinsamen Beschluss endete: »da je Bolonjska deklaracija šansa za države u regionu ne samo kad je u pitanju reforma visokog obrazovanja nego reforma društva u cjelini.« (OB 1.11.2009, S. 3)19

Hier wird deutlich eine ganz entgegengesetzte Meinung zu derjenigen der Professoren präsentiert. Diese Meinung teilt auch der Dekan Pejanović, wenn er glaubt, dass die Bolognareform »ein Weg in die europäische akademische Gemeinschaft« (OB 26.4.2009, S. 5) ist. Unter den Professoren ist auch noch Lamija Tanović, die als Parteivorsitzende der LDS (Liberaldemokratische Partei – in der politischen Landschaft sehr unbedeutend und heute verschwunden) und Hochschullehrerin an der Universität Sarajevo in einem Interview die Reform, wie sie durchgeführt wurde, sowie diejenigen, die die Reform durchführen, kritisiert.

5. Fazit

Die Analyse der Akteure im deutschen und im bosnisch-herzegowinischen Diskurs bezieht sich auf zwei Zeitabschnitte, 1999 bis 2005 und das Jahr 2009. Für diesen Beitrag war zunächst wichtig zu erfahren, welche Akteure sich in den beiden beobachteten Zeiträumen gemeldet haben. Relevant war außerdem festzuhalten, inwiefern sich die am Diskurs beteiligten Akteure in Deutschland und in Bosnien-Herzegowina unterscheiden. Im folgenden Schritt wurden diese Unterschiede interpretiert: innerhalb eines Diskurses, um dessen Entwicklung, und zwischen den beiden Diskursen, um von den festgestellten Unterschieden auf Unterschiede in den beiden Kulturen schließen zu können. Dabei werden Akteure stets als unabdingbare Teile des Diskurses, aber auch der Kultur als Zeichensystem verstanden. Dadurch können wir dann objektivierte Aussagen über den Umgang mit dem Hochschulwesen in diesen beiden Kulturen treffen.

Die Bolognareform ist eine universitäre Reform und sie setzt eine politische Entscheidung voraus. Deshalb sind die Akademiker und die zuständigen Politiker in den beiden Diskursen durchgehend vertreten. Der Diskurs darüber ist aber auch öffentlich, wird mithin in den Zeitungen ausgetragen und daher nehmen auch Journalisten eine wichtige Rolle darin ein: auf deutscher Seite zunächst als Berichterstatter und später auch als Kommentatoren, im bosnisch-herzegowinischen Diskurs in der Regel nur als Berichterstatter. Studierende kommen erst im Jahr 2009 als Akteure vor, was damit zu erklären ist, dass es einiger Zeit bedarf, bis eine neue Generation von Studierenden zunächst einmal ihre Erfahrungen gemacht hat, um berichten und argumentieren zu können. Deutsche Studierende thematisieren das neue Studium selbst als zu intensiv und schließen, dass es kein richtiges, selbstständiges Studium mehr sei. Damit wird Kritik an den Inhalten der Umstellung überhaupt geäußert. Währenddessen bemängeln die bosnisch-herzegowinischen Studierenden die stockende und nicht vollständige Umstellung des Studiums und erhoffen sich dabei in erster Linie die Lösung ihrer alten Probleme wie die Prüfungsordnung, die an sich nicht zum Bolognaprozess gehören, ohne auf die einzelnen in der Bolognaerklärung genannten Punkte einzugehen.

Im deutschen Diskurs sind Akademiker schon von Anfang an sowohl als Befürworter als auch als Kritiker beteiligt. Die Kritiker zeigen sich dabei zunächst als Anhänger des Humboldt’schen Universitätsideals, die Befürworter sind oft Hochschulrektoren und im ersten Zeitabschnitt Akademiker mit Hochschulerfahrung aus dem angelsächsischen Raum. Im bosnisch-herzegowinischen Diskurs werden Akademiker als Akteure erst 2009 in relevantem Ausmaß aktiv. Die Befürworter argumentieren hier, der Prozess sei ein Schritt zur EU-Integration, und kritisieren die zu langsame und nicht ganz durchdachte Umstellung. Die Kritiker bezeichnen die Reform als neoliberalen Prozess.

Aber die wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Diskursen sind folgende: Im deutschen Diskurs kommen Vertreter der Wirtschaft vor, als Hochschullehrer melden sich häufig Pädagogen. Im bosnisch-herzegowinischen Diskurs sind im Jahr 2005, als das neue Gesetz verabschiedet worden ist, noch viele Vertreter internationaler Institutionen und westlicher Länder am Diskurs beteiligt, und von den Akademikern im Jahr 2009 nur Sozial- und Geisteswissenschaftler.

Diese aus der Diskursanalyse gewonnenen Ergebnisse sind als Daten zu betrachten, die wiederum als indexalische Zeichen nach einer Interpretation suchen. Das soll nun im Anschluss der nächste Schritt sein und er wird bestenfalls zu kulturbezogenen Erkenntnissen führen. Dabei werden Akteure als Zeichenbenutzer verstanden, die zusammen mit den Codes, Botschaften, Texten und den darin enthaltenen Aussagen sowie den im und durch den Diskurs zu bewältigenden Problemen eine Kultur ausmachen. Die Präsenz von ausländischen Akteuren im bosnisch-herzegowinischen Bolognadiskurs zeugt von der gesellschaftlichen Unselbstständigkeit des bosnisch-herzegowinischen Staates. Es ist ja auch nicht so, dass sie sich aufgedrängt und uneingeladen in eine eher innen- bzw. landespolitische Angelegenheit eingemischt hätten, sondern es ist vielmehr so, dass ihre Meinungsäußerung zu dieser Frage in Bosnien-Herzegowina erwartet wurde. Sie bezogen sich allerdings auf die Gesetzgebung und unterließen jeden Kommentar zum Inhalt des Umzusetzenden. Der Rückzug der Vertreter der internationalen Organisationen aus dem Diskurs im Jahr 2009 steht als ein indexalisches Zeichen dafür, dass für sie in erster Linie die Gesetzgebung wichtig war. Ihnen ging es also nicht um Inhalte, sondern lediglich um die bloße Verabschiedung des Hochschulgesetztes.

Am deutschen Diskurs nehmen keine internationalen Vertreter teil, höchstens Akademiker mit großer Erfahrung an angelsächsischen Universitäten. Einerseits bedeutet das zwar, dass diese Hochschulreform eine innere Angelegenheit Deutschlands bzw. seiner Bundesländer ist, andererseits jedoch auch, dass die Befürworter der Internationalisierung, eines der Schlagwörter der Bolognareform, diese neue Hochschulordnung als eine Bewegung des deutschen Hochschulwesens in Richtung USA und England betrachten. Dagegen sind sich die bosnisch-herzegowinischen Befürworter durchgehend darüber einig, dass diese Reform ein Schritt in die europäische Hochschulgemeinschaft bzw. in die EU und daher notwendig ist.

Signifikant ist auch die Tatsache, dass die im Diskurs aktiven Professoren in Bosnien-Herzegowina aus den Gesellschaftswissenschaften stammen und auf deutscher Seite aus Pädagogik und Wirtschaft – zusammen mit den wirtschaftlichen Vertretern. Das weist darauf hin, dass die Reform unterschiedlich wahrgenommen wird: im bosnisch-herzegowinischen Diskurs primär als eine Gesellschaftsreform, die zusammen mit den anderen Restrukturierungen den EU-Beitritt des Landes sichern sollte, und in Deutschland als eine wirtschaftliche Angelegenheit, die in den Augen vieler Akteure den traditionellen pädagogischen Wert der Hochschulausbildung gefährdete. Ein Grund für den fehlenden wirtschaftlichen Bezug auf bosnisch-herzegowinischer Seite ist sicherlich das zu gering ausgeprägte marktwirtschaftliche Denken in der einst sozialistischen Gesellschaft.

Die für die Zwecke dieses Beitrags vorgenommene Diskursanalyse der Bolognadiskurse in Deutschland und Bosnien-Herzegowina in den Jahren 1999 bis 2005 bzw. dem Jahr 2009 konnte einerseits zeigen, dass sich tatsächlich in den einzelnen Zeitabschnitten zum Teil unterschiedliche Akteure zu Wort gemeldet haben. Außerdem konnte zwischen den beiden Ländern ein genereller Unterschied in der Zusammensetzung der Akteure festgestellt werden. Die beiden Befunde unterstreichen noch einmal, welche Rolle die Akteuranalyse in einer Diskursanalyse spielt. Spricht man diesen Befunden eine Bedeutung zu, können wir darüber hinaus auch schließen, welche Rolle dem Hochschulwesen sowie dem Bolognaprozess als Hochschulreform in den beiden hier untersuchten Kulturen zukommt.

Anmerkungen

1 | Czachur macht zu Recht einen Unterschied zwischen diesen zwei Ansätzen, aber ob eine terminologische Unterscheidung notwendig ist, lasse ich hier offen.

2 | Es werden einige bereits gewonnene Daten aus dem laufenden internationalen Projekt »Bologna-Reform als gesellschaftliche und sprachliche Herausforderung« zur Illustration benutzt. Das Projekt läuft seit 2014 unter gemeinsamer Leitung von Janja Polajnar (Ljubljana) und mir (Sarajevo); Heidrun Kämper (IDS-Mannheim) hat eine beratende Funktion inne. Das Korpus für die Analyse besteht aus bosnisch-herzegowinischen, deutschen und slowenischen Tages- und Wochenzeitungen (z.B. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Oslobođenje, Delo) von 1999 bis 2014. Im Text werden Belege aus den Jahren 2005 und 2009 genannt.

3 | Für diese Überlegungen ist der Unterschied zwischen ›geschrieben‹ und ›gesprochen‹ nicht von Belang.

4 | Oslobođenje (OS) und Dnevni avaz (DA) sind die zwei wichtigsten und meistgelesenen Tageszeitungen, die in Sarajevo, der Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas, herausgegeben werden. Sie sind in etwa vergleichbar mit den deutschen überregionalen Zeitungen, unterscheiden sich jedoch dadurch, dass OS eher gebildetere Leser anspricht und DA insgesamt mehr Leser hat. (Alle Belege wurden von mir übersetzt.)

5 | Es werden nur einzelne Diskursbelege zitiert, die aber repräsentativ für das Korpus stehen.

6 | »Österreich und andere Länder, die Hilfe leisten, können die bosnisch-herzegowinischen Universitäten bei der Einführung von europäischen Standards während des Bolognaprozesses unterstützen, aber niemand von uns kann ein Gesetz verabschieden. Das können ausschließlich die einheimischen Gesetzgeber. Dieses Land muss sich möglichst bald mit den Standards der Bolognaerklärung auseinandersetzen, weil sie den jungen Leuten aus Bosnien-Herzegowina eine bessere und erfolgreichere Zukunft bringen wird – sagte der Botschafter Almhofer.«

7 | »Unser Ziel ist klar – bis 2010 wollen wir zum Teil des europäischen akademischen Raumes werden. Die Voraussetzung ist eine volle Akzeptanz des Bolognaprozesses und eine vollständige Reform des Hochschulwesens, an der man noch intensiver arbeiten muss – sagte Muratović.«

8 | »Das bedeutet noch viel mehr praxisorientierten Unterricht und Bewertung von studentischen Leistungen während des Unterrichts, ihre aktive Teilnahme durch praktische Arbeit. Wir erwarten, dass diese Praxis zu einer höheren Quote von bestandenen Prüfungen führt. Studierende werden jedoch viel mehr arbeiten müssen, häufiger noch an den Vorlesungen und Übungen teilnehmen, während Professoren und Assistenten noch viel mehr für den interaktiven Unterricht werden leisten müssen.«

9 | »Da das staatliche Hochschulgesetz nicht verabschiedet wird, und dem widersetzen sich manche Politiker, sind die Studierenden die größten Verlierer. […] Wenig Hoffnung biete die Aussage des zuständigen Staatsministers, Safet Halilović, dass das Gesetz bis zum nächsten akademischen Jahr verabschiedet wird. […] Wir haben das letzte Jahr verloren, und verpassten den ›Bildungsschritt‹ Richtung Europa. Wir hoffen, dass wir dieses Jahr nicht verlieren.«

10 | »Die Vertreter der Studentischen Union nehmen aktiv Teil am runden Tisch. Aber gegenüber ›Dnevni avaz‹ sagten sie, es sei unrealistisch zu erwarten, dass das neue akademische Jahr mit der neuen Studienordnung beginnen würde. Es sei zu ambitiös.«

11 | »Der Bolognaprozess wird nicht implementiert und eine unserer Hauptforderungen ist seine vollständige Implementation.«

12 | »Sie [die Bologna-Idee] repräsentiert gleichzeitig das Aufgeben von konventionalen Prinzipien sowie die Annahme von neuen Normen, Regeln, Akten. Der Bologna-Prozess hatte zum Ziel, das Studium für junge Leute zu erleichtern und ihnen zu ermöglichen, schneller einen Abschluss zu erwerben.«

13 | »[Ü]bler Prozess«.

14 | »Aggression auf die früheren Werte«.

15 | »Quiz«.

16 | »[R]eduziertes Studium«.

17 | »[P]andemisches Bolognavirus«.

18 | »[E]ine Art akademischen und wissenschaftlichen Euro, der mit seiner Wirtschaftslogik die akademische Gemeinde disziplinieren wird, die bisher trotz ganz unterschiedlicher Personen ganze Völker nach vorne zog.«

19 | »[D]ie Bolognadeklaration ist eine Chance für die Länder in der Region [Westbalkan; V.S.] nicht nur in Bezug auf die Hochschulreform, sondern auch auf die Reform der ganzen Gesellschaft.«

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