The aim of this study is to analyze the image of dark women in the bîspel Die Königin von Mohrenland written by Der Stricker, one of the most popular medieval poets. The paper explores and detects the means by which the Moorish queen and her folk are represented and instrumentalized in the short epic entitled bîspel. The depiction of the Moor as the ›dark other‹, ›dark evil‹ etc. or an ›alter ego‹ illustrates premodern approaches to the construction of a stereotype of dark people based on racist, ethnic and religious differences. Such stereotypical depiction contributes to the establishment of the dark other as an enemy. The research questions are discussed from an intercultural perspective which encompasses a discussion of gender, identity and colour (white / dark) and at the same time taking into consideration the historical background of confrontations between the orient and the occident in medieval history.
Title:The Literary Imagology of Dark Women in Der Stricker’s Königin vom Mohrenland (approx. 1210-1230)
Keywords:Der Stricker; Die Königin von Mohrenland; blackness; medieval racism; constructing the imago of the enemy; the dark other
Die Darstellung von dunkelhäutigen Männern und Frauen, den ›Mohren und Mohrinnen‹, in Literatur, Kunst und Musik hat eine lange Tradition. Neben vielen historischen ›Mohren‹ wie Moses der Äthiopier, Ludwig der Mohr, Alessandro de Medici, Benedikt der Mohr, der Mohr Peters des Großen u.a. findet die männliche Version des ›Mohren‹ Eingang in die Heraldik, aber auch in die industrielle Produktion, wie beispielsweise im ›Sarotti-Mohr‹, dem ›Mohrenkopf‹ und dem ›Mohr‹ im Hemd u.a.m. Ebenso liegen zahlreiche Kunstwerke von der weiblichen Version, der ›Mohrin‹, in der bildenden Kunst vor, die von der Abbildung der äthiopischen Königin von Saba, einer dunkelhäutigen Blonden (ca. 1405)2, bis hin zur Heiligen Maria als ›schwarze Madonna‹ u.a. reichen.3 In der Literatur4 erscheint die Mohrin im Mittelalter meist als regina bella africana, als schöne afrikanische Königin, als deren berühmteste, wenn nicht sogar beliebteste literarische Figur die sarazenische Königin und ›dunkle‹ Schönheit Belakane in Wolfram von Eschenbachs Parzival (vermutl. um 1210) anzusehen ist.5 Eine Ausnahme bildet die Mohrin Brünhild in Hermanns von Sachsenheim Die Mohrin (um 1453), da sie keine Königin, sondern Dienerin und Sprecherin der Königin Venus ist. In der neueren Literatur finden sich zahlreiche Werke, die die ›Mohrin‹ als Titelprotagonistin behandeln. Zu diesen zählen beispielsweise die Tragödie Die Mohrinn zu Hamburg (1775) von Ernst Lorenz Michael Rathlef, das Schauspiel Die Mohrin (1802) von Friedrich Wilhelm Ziegler, der Roman Die Mohrin (1854) von Johanna Satori-Neumann, das Theaterstück Die Mohrin (1964) von Tankred Dorst und der Roman Die Mohrin (1995) von Lukas Hartmann.6
In der vorliegenden Studie geht es darum, das Bild der dunkelhäutigen Frau im bîspel7 des Strickers Die Königin von Mohrenland8 (ca. 1210-1230) zu untersuchen. Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei insbesondere auf die Ästhetisierung und den Darstellungscharakter ›dunkelhäutiger‹ Frauen. Ausgehend von der Annahme, dass ein struktureller Zusammenhang zwischen imagologischen Darstellungstypen, Geschlechterkonstruktionen und Herrschaftssystemen besteht, sollen die spezifischen Techniken der Stereotypisierung und Ethisierung spezifischer Differenzkategorien, in diesem Falle der ›dunklen Haut‹, der ethnischen Herkunft und des ›heidnischen‹ Glaubens, herausgearbeitet werden. Das besondere Interesse dieser Studie gilt folglich der Frage nach stereotypisierenden und genderspezifischen Konstruktionen, konkret: den narrativen, sprachlichen und metaphorischen Verfahren, Strukturen und Kontexten, über welche diese Imagines präsentiert werden. Hierfür werden moderne literaturwissenschaftliche Perspektiven zur Untersuchungskategorie ›Haut‹9 und ›Hautfarbe‹ mit imagologischen10 und genderspezifischen11 Forschungsansätzen im Rahmen einer intensiven Textanalyse des bîspels Die Königin von Mohrenland kombiniert, um neue Einsichten in Dimensionen, Strukturen, Transformationstechniken vormoderner Imagokonstruktionen und Stereotypisierungen zu gewinnen und bisherige Erkenntnisse zur literarischen Darstellung der ›Mohrin‹ in der spätmittelalterlichen Literatur zu erweitern und zu vertiefen.
Ausgangspunkt dieser imagologischen Studie, in der die kontextuelle Imago von der ›dunkelhäutigen Frau‹ in ihrer funktionellen Eigenart hinterfragt wird, um Erkenntnisse sowohl über die Heteroimages (Fremdbilder) als auch rückschließend über die Autoimages (Eigenbilder), also Bilder der ›eigenen‹ Identität und Mentalität, herauskristallisieren zu können, bildet der literarische Text des Strickers. Dem Stricker (ca. 1220-1250), der in der mediävistischen Forschung als wichtigster, produktivster und innovativster Bîspel-Dichter angesehen wird, ist die Einführung sowohl des bîspels als auch der lateinischen exemplarischen Kleinformen der Schwänke in die deutsche Literatur zu verdanken. Zu Strickers Königin liegen außer den Arbeiten von Vogt (1985), Mielke (1992) und Holznagel (2009) meines Wissens kaum Forschungsarbeiten vor, die sich eingehend mit diesem bîspel im Allgemeinen oder gar der Imagologie der Mohrinnen im Besonderen beschäftigen. Aus diesem Grund verfolgt die vorliegende Untersuchung das Ziel, einen Beitrag zu diesem noch ungenügend erforschtem Forschungsgebiet zu leisten.
Bevor die spezifische Funktionalisierung und Literarisierung der Mohrinnen des Strickers herausgearbeitet werden kann, soll ein kurzer Blick auf den etymologischen und historischen Kontext der Bezeichnung ›Mohr‹ bzw. ›Mohrin‹ geworfen werden, da das Erfassen seiner Begrifflichkeit und seiner Bedeutungsebenen für die Analyse grundlegend ist.
In der alt- und mittelhochdeutschen Sprache bedeutet der ursprünglich lateinische Ausdruck maurus etwa ›dunkel‹, ›schwarz‹ und ›afrikanisch‹ (Götz 1999: 209). In römischer Zeit bezeichnet der Begriff die Bewohner des nordwestafrikanischen Königreiches und der Provinz Mauretanien (Martin 2001: 19), während er im Mittelalter in die mittelhochdeutsche Sprache als mōr, Pl. mōri, übernommen und in synonymer Verwendung mit mōr, swarze mōr zur Bezeichnung von dunkelhäutigen Menschen dient (Arndt / Hamann 2011: 32; Pfeifer 1989: 119). In Altspanischer und portugiesischer Sprache entwickelt sich parallel dazu der Begriff mouro, Pl. mouros, der die arabisch-muslimischen Eroberer der iberischen Halbinsel und des Maghreb im Sinne von ›Maure‹ bezeichnet (Arndt / Hamann 2011: 32, und Kluge 1989: 484). Es ist zu beobachten, dass der Begriffskomplex maurus Menschengruppen bezeichnet, die außerhalb des europäisch-christlichen Bezugsrahmens liegen (vgl. Schlör 2011: 4f.) und im Laufe des Mittelalters teils sehr positiv, teils negativ konnotierte Vorstellungen erfuhren (vgl. Flühler-Kreis 1999: 154), die der christlich geprägten Kollektividentität als Folie, als Blickwinkel der Wahrnehmung dienten, von der aus die Stereotypisierung der Menschen als môr oder maurus und mouros erfolgt (vgl. Schlör 2011: 18), und als Synonym für Heide, Ungläubiger oder Gottloser in identitätsstiftender Funktion verwendet wurden. Gefestigt wurde die Stereotypisierung durch die dunkle bzw. schwarze Hautfarbe, die der christlichen − allerdings stark an die griechisch-römischen Antike orientierten − Farbenmythologie gemäß die Farbe Schwarz dem Bösen zuordnete und somit bereits im frühen Christentum die Vorstellung vom Teufel als schwarzer Mann festigte (vgl. Martin 2001: 20). »Im Zusammenhang mit der als Bedrohung wahrgenommenen arabischen Expansion rückte die Farbe Schwarz und mit ihr auch der schwarze bzw. dunkelhäutige Mensch in den Kontext der militärischen und spirituellen Auseinandersetzungen« (ebd.: 23). Dies führte schließlich zur Verwendung von mōr, hellemōr oder swarzer als Bezeichnung für eine allgemein als feindselig wahrgenommene Großgruppe von Muslimen, wie sie in der Kreuzzugsliteratur des 12. und 13. Jahrhunderts belegt ist (vgl. ebd.) und sich zugleich in der »Vorstellung von einem Erzheiden, der sich durch seine dunkle Hautfarbe und durch eine allgemeine gottlose Handlungsweise auszeichnete«, reflektiert (Flühler-Kreis 1999: 154). Im Kontrast zu dieser feindlichen und negativ konnotierten Darstellung von ›schwarzen‹ Menschen findet sich in der höfischen Literatur und in der bildlichen und plastischen Kunst des Mittelalters auch eine positive, idealisierende Darstellung von schwarzen Menschen.12 Insbesondere die positive Darstellung der Belakane und des schwarz-weiß gescheckten Feirefiz in Wolframs von Eschenbach Parzival bieten ein Beispiel dafür, dass das mittelalterliche Weltbild aus moderner Perspektive gesehen durchaus widersprüchliche Elemente beinhaltet.13 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vielschichtigen und uneinheitlichen Vorstellungen und Bedeutungsinhalte um die Begriffe maurus, mōr und mourus mit mehreren Kategorisierungen zusammenhängen. Neben der Bezeichnung von Menschen mit einer dunklen Hautfarbe (anthropologisch-ethnografisch), der Hervorhebung eines Nichtchristen (religiös) und der Bezeichnung der muslimischen Sarazenen auf der iberischen Halbinsel (religiös-politisch) findet sich auch deren Verwendung (geografisch) als Hinweis auf die afrikanische Herkunft (vgl. Schlör 2011: 6).
Die Königin von Mohrenland (zwischen 1210-1230) wird in der Forschung dem bîspel14 zugeordnet, das sich mit den Kleindichtungen des Strickers spätestens um 1230 als Gattung etabliert hat (vgl. Holznagel 2009). Gekennzeichnet ist das bîspel durch die vierhebigen Reimpaarverse und durch den zweiteiligen Aufbau. Hierbei folgt auf den Beginn der Erzählung, die in der Forschung auch als ›Bildteil‹ (K: 1-62) oder narratio bezeichnet wird, ein Auslegungs- bzw. Deutungsteil, moralisatio genannt (K: 63-144), der auf eine bestimmte Problematik eingeht.
So klagt im Bildteil der Königin von Mohrenland eine Königin in ihrem Zorn alle Ritter an, weil diese sich mit den schwarzen heidnischen Frauen des Nachbarlandes einlassen. Mit ihren Worten: »die got wellent verchi(e)sen, / die wil ich,« sprach si, »han verlorn.« (K: 50f.) treibt sie in ihrer Wut ihre Ritter erst recht in die Arme verschamter wibe (K: 89). Im Anschluss daran wird im Auslegungs- bzw. Deutungsteil dieses Geschehen als allgemeiner Kasus auf das gesamte Minnewesen übertragen und mit Hilfe einer taktischen Argumentationsweise diskutiert. Der vom Stricker thematisierte Befund, dass die von schwarzen heideninnen verführten Ritter sich sowohl von der hohen minne als auch von dem christlichen Glauben abwenden und nun liebent diu unstætiu wip (K: 110), wird im Auslegungsteil dafür verwendet, die höfischen Frauen dazu aufzufordern, den standhaften Rittern dauerhaften Dank auf ehrenhafte Weise entgegenzubringen, um somit mit staete und êre eine Hinwendung zu verschamter wibe (K: 89) zu unterbinden.
Im Bildteil wird die Königin-vrowe als im Besitz der typischen Merkmale der Schönheit einer Minnedame vorgestellt: minneclicher lip, wol gemachet wip (K: 7f.) (›schön geformter Frauenkörper‹)15. Mit Hilfe der Blumensymbolik werden der vrowe die Eigenschaften der idealen höfischen Dame zugeschrieben; da sie (bzw. ihre Lippen und / oder Wangen) die Farben der Rosen (rosen var) und (bzw. ihre Haut) der Lilien (li<l>gen var) (K: 6) aufweist. Die Königin-vrowe erfüllt somit das mittelalterliche weibliche Schönheitsideal, wie es aus dem Schönheitskatalog des Hohen Liedes bekannt ist. Der Ruhm ihres Hofes reicht bis in fremde Länder, weswegen sich an ihrem Hof auch viele Ritter aufhalten. Dieses ideale Hofbild wird durch den Einbruch der tivels boten (›Boten des Teufels‹) (K: 15) gestört, die der Königin Freude und Verstand rauben: und ir gar benamen / beide ir freude und ir sin (K: 16f.).
Die Erwähnung der tivels boten (K: 15) führt die benachbarte Königin, eine heidenin, die über ein Volk von schwarzhäutigen Männern und Frauen regiert: swaz man liute da inne vant, / ez wær man ode wip, / die heten alle swarzen lip (K: 20-22), in den Text ein. Diese sendet die Königin in das Königreich der vrowe, um die christlichen Ritter zu untugendhaftem Verhalten und zum Unglauben zu verführen.16 Die Ritter, die diesen schwarzen Frauen verfallen, übernehmen nicht nur deren schamlose Lebensweise und den heidnischen Glauben, sondern auch die schwarze Hautfarbe. Sie werden ›schwarz wie sie‹, zollen ihr Gehorsam17 und sagen sich von den Geboten der christlichen Königin los (K: 56). Die Abkehr der Ritter von ihrer Königin und die Hinwendung zum Unglauben löst den Zorn ihrer einstigen Königin aus, da sie deren Verhalten als abtrünnige Entehrung Gottes ablehnt. Demgegenüber sind die Ritter der Ansicht, dass die Königin sie nicht werde halten können, solange ihnen die Hofdamen keinen Dank für ihren Dienst erweisen wollen. Daraufhin kontert die Königin, sie wolle diejenigen, die sich von Gott fernhalten, ›verlieren‹.18 Angesichts dieser Haltung und Unnachgiebigkeit auf beiden Seiten verhärten sich die Fronten zwischen den Rittern und ihrer ›eigenen‹ bzw. ›eigentlichen‹ Königin, was letztendlich dazu führt, dass die Zahl der zum Heidentum übergetretenen, schwarz gewordenen Ritter, die sich von der Herrschaft ihrer Königin lösen, weiter steigt.19 Diese Konsequenz hätte mancher, so konstatiert der Erzähler, vermeiden können, wenn den Rittern genügend Dank erwiesen worden wäre. Abschließend führt der Erzähler den Machtverlust der Königin auf den Einzug der Heidenschaft zurück: sus wart der kuniginne chraft / vercheret mit der heidenschaft (K: 61f.).
Eingeleitet wird der Auslegungsteil, die moralisatio, mit einer Gleichung des Strickers: nu horet, waz ir geliche (K: 63), in der parabolisch das ehrenvolle Leben im Königreich der vrowe mit einer Zeit verglichen wird, in der vroude und ere in Einklang gestanden haben. Damals sei das Verhältnis der Ritter und Frauen durch den beidseitigen dinest (K: 71) und hercenlich[e] triwen (K: 73) geregelt, und der ritterliche Dienst wurde mit Frauenehre belohnt.20 Zu diesem Zeitpunkt sei diu werlt gechronet (K: 81) und uf dem geluckes rade (K: 83), also auf dem Gipfel des Fortunarades zu sehen gewesen. Diese allegorische Vorstellung der freudvollen gekrönten Welt wird verzerrt durch die Kontrastierung mit dem Werteverfall einer tugendlosen Zeit, die diese gekrönte Welt in ihr Gegenteil vercheret (K: 88).21 Das Lob auf die vergangene schöne Zeit birgt als laudatio temporis acti typischerweise eine Zeitkritik in sich, die der Stricker dazu nutzt, um den Kontrast zwischen dem früheren Minnewesen, wo Freude und Ehre vorherrschen, die die Männer und Frauen in gleicher Weise auszeichnen, und dem aus seiner Sicht heutigen bzw. jetzigen Weltbild, wo ein Werte- und Sittenverfall zu beobachten ist, stärker hervorzuheben.22 Auch Dieter Vogt beschreibt Strickers Ausführungen über diese Zeit als »bewußt idealistisch überhöht«, um »den Niedergang des Minnewesens drastisch herausstellen zu können und so die didaktische Wirkung zu steigern«. (Vogt 1985: 71)
Die Ursache dieses Sittenverfalls begründet der Stricker im Auslegungsteil mit zwei Gegebenheiten. Zum einen stellt die Existenz der verschamten wibe (›schamlosen Frauen‹), die als des tiuvels boten in das Land ungeniert eindringen, eine Versuchung dar. Zum anderen wird sowohl den Männern als auch den vrowen ein defizitäres Verhalten vorgehalten. Versagt haben die vrowen insofern, als sie den Rittern den gebührenden Dank als Lohn für ihren Dienst vorenthalten haben. Defizitär ist der daraus erfolgte tugentlos[e] (K: 87) Umgang der Ritter mit ›schamlosen‹ Frauen. Stattdessen plädiert der Erzähler für eine gegenseitige Minnedienstverpflichtung der Ritter und der vrowen,23 da die neue Situation eine Bedrohung für das gesamte höfische Minnewesen darstellt und mit ihm für die herrschaftliche Ordnung.
Die Bezeichnung der schwarzen heideninnen als des tivels boten (K: 15) hebt sowohl die Gefährdung der hohen minne als auch die Gefährdung des Christentums durch den Zugriff der teuflischen Hände hervor. Mit dieser Stricker’schen ›Konstruktion‹ wird ein spezielles unmoralisches, sittenloses und schamloses Verhalten mit zwei semantischen Unwerten assoziiert; zum einen mit einem Abstraktum, nämlich der religiösen Komponente, dem Unglauben bzw. der Heidenschaft, und zum anderen mit einem Konkretum, nämlich der physischen Komponente der Schwarzhäutigkeit. Mit dieser Argumentationsweise und dieser Assoziationskonstruktion wird im Bewusstsein des Rezipienten eine semantisch negativ beladene Perzeption von Dunkelhäutigkeit etabliert, die zum großen Teil auch mit der mittelalterlichen Theologie und der Kreuzzugspolitik zusammenhängt.
Indem der Stricker das Christentum mit einer vorbildlichen Ausführung des Minnewesens verbindet, wird die heidnische ›Invasion‹ bzw. der heidnische Minne-Export zugleich als dessen Bedrohung dargestellt. Aus diesem Grund müsse das Christentum, dem Stricker zufolge, mit allen Mitteln geschützt werden. Um die Ritter als militärische Instanz auf der Seite der christlichen Königin zu halten und zu verhindern, dass diese zur heidnischen Partei übertreten, sollen die christlichen vrowen dem vorbildlichen Minnedienst der Ritter Dank erweisen.24 Diese Auslegung impliziert die Schuld der vrowen an dem Sittenverfall der Ritter. Mit dieser Forderung an die Frauen, nicht nur Empfänger von Minnedienst zu sein, sondern auch als Sender in Form von dessen aktiver Würdigung zu agieren, billigt der Stricker den Rittern neben ihren Pflichten auch Rechte im Minnewesen zu. Vogt erkennt hier »Strickers Wirklichkeitssinn […] der dem einseitigen Dienst des Ritters an seine Dame den Rücken kehrt und stattdessen ein ritterliches Minnewesen konzipiert, das auch den realen Bedürfnissen der Ritter Rechnung trägt« und in dem die Frauen als »Stabilisator« (ebd.: 73) fungieren.25 Strickers Verherrlichung des Minnewesens steht nach Vogt (ebd.: 74) in Einklang mit Hans Naumanns Ausführungen, worin die minne als »Motor« und »Antriebskraft« der Tugenden charakterisiert wird (Naumann 1970: 96). Von daher sieht Vogt die Funktion der Frauen in Strickers Königin darin, den Rittern moralisch den Rücken zu stärken, indem sie ihre tugendhaften Bemühungen anerkennen, da die fehlende Anerkennung zu einem Verlust des ritterlichen Lebensgefühls der vreude und des hohen muots führt.26 Gemäß der Auslegung durch den Stricker werden die vrowen als integrativer Bestandteil des Rittertums angesehen. Es ist anzunehmen, dass es dem Stricker hierbei nicht nur um die »Reinhaltung des ritterlichen Minnewesens« und die Bekämpfung der »schädliche[n] […] Einflüsse [geht; D.S.], die die sittlichen Grundlagen des Rittertums bedrohen« (Vogt 1985: 74), sondern um eine Erweiterung und sogar Steigerung der Aufgaben der vrowen zu einer politischen Mission. Die Sicherung der Macht und des Herrschaftsbereichs der christlichen Königin durch die Aufarbeitung von Defiziten, die diese gefährden, wird als notwendiges Anliegen des königlichen ›Etats‹ angesehen.
Mit der sprachlichen Bezeichnung der heidnischen Frauen als ›Mohrinnen‹ wird ein spezifisches körperliches Merkmal, nämlich das der Dunkelhäutigkeit, akzentuiert und zugleich auf eine ethnische und geografische Herkunft hingewiesen. Allerdings verzichtet der Stricker darauf, individuelle körperliche Spezifika der dunkelhäutigen Frauen anzugeben, was zu einer Marginalisierung der ästhetischen Gestaltung der Mohrinnen führt und das Entstehen von exotisch-erotischen Imaginationen einschränkt.
Während die christliche Königin mit den typischen Topoi einer vrowe, nämlich mit Lilien und Rosen, beschrieben wird, fehlen bei der Beschreibung der ›heidnischen‹ Königin jegliche Angaben über deren genaueres Aussehen. Zudem wird an keiner Stelle explizit gesagt, dass die Königin des Mohrenlandes auch ›schwarz‹ oder morn var ist wie ihre Landsleute (K: 24f.). Da beide Königinnen im sozialen Status gleichrangig sind, zeichnet sich eine unsichtbare Macht- und Herrschaftskonkurrenz zwischen den zwei Regentinnen ab, zumal auch nicht explizit erklärt wird, warum die Königin der Mohren ihre schwarzen Schönheiten in das Reich ihrer christlichen Konkurrentin aussendet. Ob sie dort, wie Groebner formuliert, »als erotische special-forces-Agentinnen – christliche Ritter« verführen sollen, damit diese »vom rechten Glauben in abergläubisches Heidentum« verfallen, »das ihnen mit sexuellen Genüssen versüßt wird« (Groebner 2007: 4), mag offen bleiben.
Bedeutsam ist außerdem, dass der Stricker die Übernahme des heidnischen Glaubens und den Kontakt mit den schwarzen Frauen als ›ansteckend‹ darstellt, so dass auch die implizierte helle Haut der Ritter durch diesen Umgang und durch das sittenlose Verhalten ›geschwärzt‹ wird. Zu beobachten ist hier eine Einkleidung oder gar ›Einhäutung‹ von unmoralischem sittenlosem Verhalten in ›schwarzer Haut‹. Um eine Abkehr von der herrschenden ›Ordnung‹ zu unterbinden, wird Dunkelhäutigkeit, eigentlich ein rein äußeres körperliches Merkmal und Spezifikum afrikanischer Herkunft der Mohrinnen, generalisierend als ansteckend dargestellt und zugleich als teuflisch, heidnisch und schamlos etabliert und dadurch letztendlich stigmatisiert. Der Stricker geht sogar so weit, dass er das Verhältnis der Ritter mit den schwarzen Frauen auf eine Übernahme der ›schwarzen‹ ›heidnischen‹ Lebensweise ausweitet und nicht nur von einem ›heidnischen‹, sondern auch von einem ›schwarzen‹ Leben spricht: das swartze heideniche leben (K: 93). Diese metaphorische Konstruktion und die pejorative Semantisierung der schwarzen Hautfarbe der Mohrinnen und deren Identifizierung mit den Boten des Teufels, der mit seinen Verführungskünsten zur Hölle lockt, setzt der Stricker ein, um sein Anliegen graduell einzublenden.
Als Umkehrung der ›lichten‹ strahlenden Engelswesen wird die schwarze Farbe mit der vinsteren dunklen Gestalt des Höllenfürsten assoziiert. Aus dem Farbkontrast heraus entspringt schließlich auch die semantische Antithese.27 Verweist das helle, leuchtende Äußere nach dem Prinzip der Kalokagathie auf die innere Schönheit und Güte eines Menschen, so wird die dunkle Gestalt einer Person dieser antithetischen Logik entsprechend als Hinweis auf ihr schwarzes böses Inneres gedeutet. Aus dieser Kontrastierung heraus entspringt ein Denkmuster, das die Farbe Schwarz und alles Dunkle dem Heidnischen, Teuflischen und Höllischen zuordnet. Die Auflösung der Kalokagathie, wie sie Wolfram von Eschenbach bei Belakane, Cundrie und Feirefiz im Parzival anwendet, findet hier nicht statt.28
Im Folgenden soll die Komplexität von Ästhetisierungs- und Rationalisierungsprozessen aufgedeckt werden, indem gezeigt wird, wie die Differenzkategorie der ›schwarzen‹ Haut durch den Stricker epistemisch und ethisch funktionalisiert wird, so dass sie an der Konstitution des ästhetischen Sinns teilhat. Der Stricker haftet der körperlichen Differenz sowohl die Glaubensdifferenz als auch ein unethisches schamloses Verhalten an und setzt die sexuelle Verführung mit einer ›teuflischen‹ Versuchung gleich. Auf diese Weise werden die Mohrinnen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung und ihres Handelns in einem hyperbolischen Akt als des tiuvels boten hingestellt, die seinen Dienst ausführen, der darin besteht, sich den christlichen Rittern körperlich hinzugeben. Da aber der Text die heideninne als diejenige nennt, die die schwarzen Frauen in das Nachbarland schickt (K: 23-25), kann rückschließend der Bezug zwischen dem tiuvel und der Ausführung durch die ›schwarzen‹ Frauen als Kollektiv aufgedeckt werden. Dementsprechend kann der Zusammenhang zwischen der geschwärzten Hautfarbe der Ritter und dem körperlichen Kontakt zu den Mohrinnen und der Übernahme der ›heidnischen‹ Lebensweise hergestellt werden. Über die körperliche Vereinigung und den sexuellen Kontakt mit den Mohrinnen verändert sich die biologische Beschaffenheit der Hautfarbe der christlichen Ritter und die schwarze Farbe überträgt sich auch auf das andere Geschlecht, als wäre sie ansteckend. Mit dieser metaphorischen Konstruktion eines Abfärbens, einer Schwärzung will der Stricker auf zweierlei Arten dieses Verhalten unterbinden. Einerseits durch die Verfärbung ins Schwarze, die aus der ›eigenen‹, von der Kalokagathie bestimmten Sichtweise einen Verlust der ›hellen‹ ›weißen‹ Haut und somit eines ästhetischen Merkmals von Schönheit bedeutet, andererseits bedeutet die Schwärzung der Ritter aber auch deren Schande, da nun an der schwarzen Farbe für jeden sichtbar wird, was zuvor tougenlich (K: 26), also heimlich, angefangen hatte. Als Abschreckungsmechanismus und als Stigma der Sünde abtrünniger Ritter findet die schwarze Farbe eine pejorative Semantisierung. Die Schwärzung der Ritter als Konsequenz aus unsittlichem Verhalten und des Übergangs zum heidentum zeigt deutlich, wie der Stricker durch die Semantisierung der schwarzen Hautfarbe mit ethischen bzw. unethischen Inhalten zu der Konstruktion eines Stereotyps, der ›bösen verführerischen schwarzen Frau‹, beiträgt. Dieser Prozess macht sichtbar, dass Körperbilder und Selbstvorstellungen als historische Produkte zu verstehen sind, die sozialen kontinuierlichen Setzungen, Wandlungen, Prägungen und kulturellen Deutungen unterliegen (vgl. Benthien 1999: 16). Bezogen auf Strickers Königin kann zu diesen Deutungen die Deutung der dunklen Hautfarbe als Indikator für die Zugehörigkeit zum tiuvel gezählt werden, was letztendlich als Konsequenz der eigenen Sündhaftigkeit und der Abweichung vom rechten Glauben und rechten Pfad angesehen wird, da sie Gottes Strafe impliziert.
Schließlich betont die inszenierte Heimlichkeit den Charakter des ›Dunklen‹, ›Verbotenen‹ und ›Sündhaften‹. Auf diese Weise wird die Ausbreitung des ›Heidentums‹ an die heimliche Liebesbeziehung zu ›schwarzen‹ Frauen gekoppelt und ebenfalls mit ›Dunkelheit‹ assoziiert. Letztendlich entsteht daraus sowohl eine Metaphorisierung der Dunkelheit und der schwarzen Hautfarbe als auch deren Ethisierung, da beide sowohl mit semantischen als auch symbolischen Inhalten, wie schamlosem Verhalten, heidentum und Heimlichkeit, aufgefüllt werden.
Die mehr als undeutlichen geografischen Vorstellungen und der fehlende Diskurs über das Fremde limitieren die Wahrnehmung der Differenz, beschränken die Exotik auf die Hautfarbe und auf den ›heidnischen‹ Glauben und legen das Gewicht einer kulturellen Begegnung auf die sexuelle Begegnung, die durch die Schwärzung der Haut der Ritter, ihrer Konvertierung zum ›heidnischen‹ Glauben und der Annahme ›heidnischer‹ Lebensweise angedeutet wird. Mit dieser Verknüpfung findet eine religiöse und ethische Instrumentalisierung des Fremden statt, das mit dieser Sinngebung als Bedrohung und Gefährdung des eigenen ordo fungiert. Die Mohrinnen werden vom Erzähler als verschamte wibe (K: 89) und unstaetiu wip (K: 110) bezeichnet, da sie den Rittern freiwillig ihre Liebe geben, ohne einen anspruchsvollen Minnedienst zu erwarten. Das Desinteresse der Ritter an der hohen Minne und ihre Hinwendung zum Unglauben sieht der Stricker am dargestellten Bild des ersten Teils des bîspels als miteinander verbunden. Eine explizite ästhetisierte Erotisierung der exotischen Hautfarbe der Mohrinnen liegt nicht vor.
Die gesamte Fremdbegegnung wird von der Rivalität und dem Kampf um den höheren Machtanteil und den stärkeren Einfluss umrahmt. Diese Konkurrenz zwischen den verfeindeten Königinnen zeigt sich deutlich darin, dass die Königin der Mohren heimlich ihre schwarzen Frauen in das Land der vom Text implizit als hellhäutig gedachten Christen sendet, um sie nicht zuletzt auch als militärische Kraft für ihre Seite zu gewinnen und dadurch ihren Machtbereich der Königin-vrowe gegenüber zu erweitern.
Der Stricker, der den Verlust einer freudvollen Zeit beklagt, die durch den Umgang mit ehrenhaften vrowen geprägt ist, sieht als Rettungsmöglichkeit für die bestehende soziale Ordnung eine pragmatische Modifizierung des Minnedienstes. Zudem signalisiert der Stricker mit seinem bîspel die enge Verbindung zwischen Erotik und religiöser sowie machtpolitischer Loyalität und positioniert sich auf der Seite des herrschenden Systems und der regierenden Ordnung, für deren Stabilität und Sicherung er letztendlich mit seiner Kritik und Modifizierung des Minnedienstes plädiert.29 Mit dem abwertenden Hinweis auf die ›unweise‹ Wortwahl und auf das zornige und eifersüchtige Verhalten der ›eigenen‹ Königin, die ihre Ritter umso mehr in die Arme der Mohrinnen treibt und somit ihr strategisches Ungeschick im Umgang mit einer gefährlichen politischen Situation zu Tage bringt, übt der Stricker Kritik am ›eigenen‹ Herrschaftssystem und fordert Korrektur und Veränderung. Des Weiteren soll der Wahrnehmungshorizont für eine neue Denk- und Verhaltensweise geöffnet werden, die das hohe Minnewesen von seiner starren Einseitigkeit löst, indem sie die vrowen dazu anhält, den Rittern Anerkennung und Dank zu erweisen und ihnen somit zu hohem muot und staete zu verhelfen. Aus diesem Gedankengang wird ersichtlich, dass der Stricker mit seinem bîspel auch eine Kritik an den Herrschern seiner Zeit übt, die durch mangelnde Anerkennung der Dienste ihrer Untertanen letztendlich deren Loyalität verlieren. Dies führt allgemein zur Erkenntnis, dass das Verweigern des Lohnes für den erwiesenen Dienst stets zur Schwächung der eigenen Wirkungsmacht führt. Der Stricker nutzt das bîspel von der Begegnung bzw. der ›Invasion‹ durch die schwarzen Frauen, um defizitäres Verhalten der Ritter, der vrowen aber auch und vor allem der Regentin aufzudecken.
Der Appell Strickers an die vrowen, den Rittern Dank für ihren Dienst zu erweisen, um die bestehende Ordnung und Herrschaft ihrer Königin zu sichern, anstatt zu gefährden, zeigt, dass der Stricker Männer und Frauen als gleichwertige Minnepartner betrachtet, die sowohl Rechte als auch Pflichten haben. Neben dem Gedanken der Gleichwertigkeit der Minnepartner in Bezug auf die politische Verantwortung steht auch die Vorstellung von einer willensstarken schwarzen Frau, die als des tiuvels bote, als femme fatale, eine geheimnisvolle Macht und eine starke Anziehungskraft auf die christlichen Ritter ausübt. Auf diesem Imagotyp basiert das Plädoyer dieses bîspels, das den Einfluss der schwarzen Frauen nicht unterschätzt, da ihre vom Stricker als ›schamlos‹ abgewerteten Verführungskünste genügen, um die Ritter zur heidnischen Lebensweise zu bekehren. Dies impliziert, dass die Ritter grundsätzlich der schwarzen Haut der heideninnen aus ästhetisch-erotischer Sicht nicht abgeneigt und sogar dazu bereit sind, ihre Loyalität der christlichen Königin gegenüber, ihren christlichen Glauben und ihre gesamte Lebensweise aufzugeben. Mit seiner Feststellung, dass die schwarzen Frauen im Vergleich zu den sittenhaften christlichen vrowen auch für geringeren Dienstaufwand sofort zu vergnüglichem Dankeslohn bereit sind, will der Stricker die Mohrinnen moralisch herabwürdigen. Andererseits zeichnet sich die Minnebeziehung gerade durch das Dienst-Lohn-Verhältnis aus. Wird der Lohn für den ausgeführten Dienst von den eigenen vrowen nicht dauerhaft (staete) und ehrenvoll (êre) erteilt, wird nach einem sofort erreichbaren Substitut gegriffen, das auch ›importiert‹ sein kann. Die defizitäre Minnebeziehung der Ritter zu den christlichen vrowen erleichtert einerseits die Loslösung vom gesamten herrschaftlichen System einschließlich der Religion und der Lebensweise und führt andererseits zur Hinwendung zu den schwarzen Frauen der Königin vom Mohrenland. Nicht zuletzt ist das bîspel des Strickers nach der ›Siegerin‹ des Machtkampfes benannt.
Das bîspel Die Königin von Mohrenland thematisiert das rechte Verhältnis von Rittern und Damen und behandelt somit eigentlich Fragen der höfischen Ethik. ›Gelöst‹ wird das Problem aber durch Projektion in einen Raum des Fremden. Der fehlende Diskurs über das Fremde, das nur durch die Differenz des Glaubens und der Hautfarbe markiert wird und ansonsten weder geografische noch sprachliche Konkretisierungen erfährt, dient dem Zweck, jeden ›politischen‹ Gegner mittels der beiden ›Keulen‹ ›heidnisch‹ und ›teuflisch‹ zu verdammen und die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. Insofern kann Die Königin von Mohrenland als Beispiel dafür gelesen werden, wie Ethnologisches und Genderspezifisches vom theologisch-ethischen Diskurs aufgezehrt werden.
Zwar wird die Titelprotagonistin ohne genauere physiognomische Angaben beschrieben, allerdings wird auf die schwarze Hautfarbe ihrer Landsleute, als Teil der königlichen Gesamtsituation, hingewiesen. In Bezug auf den sozialen Status wird die Königin von Mohrenland der ›eigenen‹ Königin gleichgestellt und ebenfalls als vrowe bezeichnet. Im Unterschied zur ›eigenen‹ Königin aber verleiht der Stricker der ›heidnischen‹ Königin keine Stimme, lässt sie an keiner Stelle zu Wort kommen und schildert ihr Handeln nur aus einer heterodiegetischen Erzählperspektive. Da die ›eigene‹ Königin in direkter Rede zu Wort kommt, verrät diese Erzählhaltung eine Benachteiligung und eine Einschränkung des verbalen Handlungsraums der Mohrenkönigin. Hiermit zeigt sich, dass der Stricker trotz seiner Kritik an seiner Regentin auf der Seite der ›eigenen‹ Landsleute und Glaubensbrüder steht und diese vertritt. Zusätzlich versteht sich die Kritik des Strickers als eine männliche, die die Defizite einer weiblichen Führungspersönlichkeit anprangert, zumal der ›bessere‹ Vorschlag bzw. der Gegenentwurf von einem männlichen Autor stammt. In der Darstellung einer unweise handelnden Königin und eines Kollektivs von listigen, verführerischen schwarzen Frauen schwingt eine leise Stigmatisierung der dunkelhäutigen Frau als böse, als unweise mit, die zugleich als des tiuvels bote instrumentalisiert wird. Dieses negative Bild speziell der dunkelhäutigen Frau als ein übel wîp deckt sich mit der allgemein verbreiteten zeitgenössischen misogynen Vorstellung von der Frau, die nur dann gut ist, wenn sie in der ihr zugewiesenen Ordnung lebt und ihre Aufgaben innerhalb eines patriarchalischen Herrschersystems erfüllt. Im Grunde genommen stellt das bîspel einen aus männlicher Sicht formulierten Verbesserungsvorschlag für die Ausübung eines königlichen Amtes dar, das die Königin-vrowe nicht ›ordnungs‹-gemäß auszuführen vermag, da sie durch den Verlust vieler männlicher Ritter die gesamte Ordnung und höfische Herrschaft gefährdet.
Vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Kreuzzüge und der Kämpfe mit den muslimischen heiden kann die Stimmlosigkeit der mohrischen Königin aber auch als Unterdrückung der ›fremden‹ Stimme gedeutet werden. Diese negative, weil marginalisierende, fast möchte man sagen, ›amputierende‹ und unvollständige Zeichnung des ›Fremden‹ und des ›Anderen‹ wird zudem durch die pejorative Semantisierung der schwarzen Hautfarbe fixiert. Zwar werden die ›schwarzen‹ Frauen durch diese Stimmlosigkeit marginalisiert und zu Lustobjekten degradiert, auch von ihrer eigenen Königin. Nichtsdestotrotz kann die Königin des Mohrenlandes über ihre christliche Konkurrentin triumphieren, weil sie schließlich durch diese listige Strategie die Loyalität der christlichen Ritter auf ihre Seite zieht und somit die Zahl der in ihrem Dienst stehenden Ritter am Hof beachtlich steigert.
Die Semantisierung der Farbe Schwarz als Differenzierungskategorie der Haut als Teil des Körpers erzeugt durch die Assoziierung mit dem ›Bösen‹, dem ›Finsteren‹, ›Sündhaften‹ und dem ›Höllenfürsten‹, der stets in Apposition mit dem ›Lichten‹, dem ›Hellen‹ und ›Gottgleichen‹ gestellt wird, die Alterität zu den Mohrinnen. Diese Farbmetaphorik prägt auf intensive Weise das Differenzkriterium der Hautfarbe, das neben der Herkunftsgesellschaft als das prägendste Differenzkriterium hervorgehoben wird. Hierbei ist die ästhetische Bewertung am Maßstab des eigenen, in diesem Fall der weißen und hellen Hautfarbe, ausgerichtet.
Zusätzlich wird ein weiteres Differenzmerkmal hinzugefügt, nämlich das des unterschiedlichen Glaubens. Zuletzt verschmelzen beide zusammen zu einer Einheit, so dass das Interesse an den schwarzen Frauen zugleich ein Absturz in den Unglauben bedeutet. Diese Erkenntnis wird erneut in einem doppelten Zug wieder in ein sinnliches körperliches Kennzeichen zurückgeführt: Den Verlust der hellen, natürlichen Hautfarbe der Ritter. Die Überblendung eines sinnlichen Elements, der Hautfarbe, mit einem ethischen Wert durchzieht die Geschichte des Strickers, die zuletzt in einem rezeptionsästhetischen Akt durch die moralisatio eine appellative Funktion erfüllen will. Die vom Erzähler abwertend markierte Übertretung der territorialen Grenzen der Mohrinnen und im Gegenzug dann auch die Konversion der schwarz gewordenen Ritter zum ›Heidentum‹ fungiert als institutionelle Grenzmarkierung des für die institutionalisierte Macht und den ordo des christlichen Herrschaftssystems schreibenden Dichters, dessen Poesie ideologisch auf den Erhalt und die Pflege der ethisch-religiösen Werte abzielt. Des Weiteren weist der Verlust der ›eigenen‹ Hautfarbe, des ›eigenen‹ Landes und der ›eigenen‹ Religion durch die Verführung mittels ›weiblicher List‹ in seiner Logik wiederum darauf hin, dass aus genderspezifischer Sicht die weibliche Figur stets als komplementärer Bestandteil, im positiven wie auch im negativen Sinne, des männlichen Helden konstituiert wird. Denn auch die Königin-vrowe ist auf die aktive und dauerhafte Existenz der männlichen Ritter angewiesen. Der Verlust der Ritter bedeutet auch einen Verlust ihrer Macht.
Die imagologische Analyse der schwarzen Frauen in Strickers bîspel hat dazu beigetragen, narrative Strategien und Transformationstechniken der Stereotypisierung aufzudecken, mit denen die ethische Behaftung und Überblendung der Farbe Schwarz mit pejorativem Gehalt vor dem Hintergrund des mittelalterlichen theologischen, soziokulturellen und moralischen Diskurses als literarische Konstruktion erfolgt. Durch den ästhetisierenden Akt der segmentierenden Wahrnehmung wird die dunkle Hautfarbe mit der Farbe Schwarz gleichgesetzt und der semantische pejorative Wert des Bösen auf diese Gruppe von Menschen appliziert. Aus der Behaftung eines sinnlich wahrnehmbaren ästhetischen Kriteriums mit einer intellektuellen Einsicht und einem ethischen Wert entsteht die Verkoppelung und Verschränkung von Sinnlichkeit und Transzendenz, Ästhetik und Ethik. Durch diese Technik werden institutionalisierte Prozesse der Fremd-, Selbst- und Identitätskonstitution generiert. Dieser Prozess der Inszenierung von Semantiken mittels poetischer, eigentlich asymmetrischer Kategorien trägt dazu bei, auf rezeptionsästhetischer Ebene, negative Affekte gegenüber diesen ›schwarzhäutigen‹ Menschen, die ›eine teuflische Verführung‹ verkörpern und eine Bedrohung des bestehenden Herrschaftssystems darstellen, zu evozieren.30
Des Weiteren macht der imagologische Ansatz dieser Untersuchung auf historische und soziale Kontexte aufmerksam, die ästhetische Ethisierungsprozesse aufdecken und frührassistische, genderspezifische Strukturierungen und Konstruktionen der Differenzkategorie der dunklen Hautfarbe von Frauen nachzeichnen. Diese zeitlose transkulturelle Thematik erfordert eine sensibilisierte Wahrnehmung im Umgang mit »Diversität«, »Toleranz« und »ein Gespür für Relativität« (Deutsche UNESCO-Kommission 1997: 62). Historisch gesehen steht der Gegensatz von ›hell‹ und ›dunkel‹ bzw. ›weißer‹ und ›schwarzer‹ Haut im Schnittpunkt vieler biologisch-physiologischer als auch kulturell-anthropologischer Diskussionen. Zu beobachten ist dabei, dass das binäre Denken, das mittels dieses Gegensatzpaares ethnische Andersheit zu definieren sucht, seit dem 17. Jahrhundert im europäischen Diskurs dominiert.31 Die Untersuchung der frühen Geschichte von Rassismus und des vormodernen Kolonialismus, wie sie in mehreren mediävistischen Studien behandelt worden sind,32 eröffnet in diesem Sinne neue Perspektiven auf die Vergangenheit und fördert eine Sensibilisierung für die Gegenwart. Dabei ist bereits in den vormodernen Werken vieler europäischer christlicher Autoren, insbesondere der Kreuzzugliteratur, zu beobachten, dass ethische Werte mit ethnischen und somatischen Differenzen ›verlinkt‹ werden, so dass beispielsweise die Farbe ›Weiß‹ mit Reinheit und Güte assoziiert wird und nicht nur als ästhetisches Merkmal fungiert. Im Zusammenhang mit der mittelalterlichen Theologie steht die Lichtmetaphorik, wonach das Licht, das göttliche Licht, das Strahlen der Engel verkörpert und somit stets Erlösung symbolisiert. Die Umkehrung dieses Wertes, das Dunkle als Gegenteil des Lichtes wurde demzufolge mit dem Höllenreich, der Versuchung und dem Teufel bzw. Höllenfürsten verknüpft. Wird Identität auf die Hautfarbe als ihr Zeichen limitiert, dann bedeutet dies folglich eine Gleichsetzung der Hautfarbe mit einem ethischen Wert, den das soziale Kollektiv dieser Farbe sukzessiv zuordnet und somit konstruiert. Dieser ethische Wert ist, wie beim Stricker zu beobachten, der falsche, ›heidnische‹ Glaube und das schamlose unmoralische Verhalten. Zugleich wird die ›eigene‹ Hautfarbe nicht als statische angesehen, sondern als veränderbares Maß, das sich je nach Verhaltensweise verfärbt und als Reflektor dient. Dementsprechend bildet sich das Innere auf das Äußere ab und spiegelt das Äußere das Innere wider. Dieser Vorstellung gemäß kann die ›eigene‹ Hautfarbe der Christen durch ein – aus damaliger Sicht – sündhaftes Verhalten im Prozess der imaginierten Fiktion stigmatisierend in schwarze Haut verwandelt werden. Damit wird die Hautfarbe zu einer ablesbaren Skala und einem Spiegel der Gläubigkeit und Frömmigkeit umfunktionalisiert. Der Gedanke einer Gleichsetzung der Ethik mit der Hautfarbe basiert auf der Vorstellung, dass die Religion in die Physiognomie und in die Körperoberflächenstruktur eindringen kann. Folglich werden biologische Essenzen mit der Religion und zugleich mit der Treue und Loyalität gegenüber dem ordo verbunden. Auf diese Weise entstehen frührassistische ideologische Ansätze und Gedanken, die schließlich im Rahmen von Macht- und Herrschaftsstrukturen zum Frühkolonialismus in Form von Kreuzzügen führen.33
Die Studie hat gezeigt, wie körperliche Signifikate und Differenzen mit kulturspezifischen Wissenskonzepten und Wahrnehmungsmodellen verknüpft worden sind, so dass Ästhetisierungs- und Rationalisierungsprozesse entkoppelt werden konnten. Die ›Etikettierung‹ des Anderen als Fremden erfolgt durch die Definition eines Unterschiedes – in diesem Fall der Hautfarbe –, der mit einem ethischen Wert bzw. einem unmoralischen Unwert, nämlich dem des ›Heidentums‹ und des schamlosen Verhaltens etc., behaftet wird, wie aus der Analyse des Stricker’schen bîspel ersichtlich wird. Dabei ist der Urheber dieser Klassifikation und dieser Definition von Unterschieden die Gesellschaft selbst, wie Alois Hahn in seiner Schrift Konstruktionen des Selbst, der Welt und der Geschichte konstatiert:
Sehr häufig allerdings ist den Beteiligten gar nicht bewußt, daß es sich bei der Bestimmung von Fremden und Nicht-Fremden um ›Definitionen‹ handelt. Vielmehr erscheinen ihnen diese als alternativenlose ›naturwüchsige‹ Differenzen. Allenfalls könnte für einen äußeren Beobachter entdeckbar sein, daß es nicht die Unterschiede sind, die jemanden zum Fremden machen, sondern daß es die institutionalisierte Fremdheit ist, die zur Wahrnehmung und Dramatisierung von Unterschieden führt. (Hahn 2000: 33)
1 | Cairo University, Faculty of Arts, German Department.
2 | Die Königin von Saba, mittelalterliches Manuskript »Bellifortis« von Conrad Kyeser (ca. 1405), Prague school: http://medievalpoc.org/2013/12/21/queen-of-sheba-konrad-kyeser-bellifortis/ [Stand: 17.4.2014].
3 | Siehe dazu u.a.: Pieterse 1995; Kleber 2002; Martin 2001; Gudermann 2004; Schmidt-Linsenhoff 2014; Greve 2012 (darin auch weiterführende Verweise).
4 | Für zahlreiche Beispiele siehe Mielke 1992.
5 | Nach Elisabeth Schmid wird Belakane zur schwarzen Madonna erhoben, da die schwarze Haut durch die Lichthyperbel nâch swarzer varwe was ir schîn (Pz 24,11) – ›Ihr Strahlen war tiefschwarz‹ (Übers. D.S.) – »zugleich ästhetisiert und nobilitiert« werde (Schmid 2004: 239). Zu Belakane siehe Ebenbauer 1984; Salama 2014: 5-7, 14-16, 28-30.
6 | Das europäische Theater weist eine lange Tradition für Figuren und Rollen dunkelhäutiger Menschen bzw. entsprechender Maskierungen auf. Weiterführend dazu siehe: Riesche 2007; Sadji 1992; 1979; Kreidt 1987; Bitterli 1970; 1976; 1986; Herkenhoff 1990; Verlinden 1980; Martin 2001; Weinzierl 1980.
7 | Siehe die Erläuterung in Fußnote 13.
8 | Der mittelhochdeutsche Text wird nach Mielke 1992 zitiert und im Folgenden mit der Sigle K und der Versnummer in Klammern angegeben.
9 | Siehe Benthien 1999.
10 | Zur imagologischen Komparatistik siehe Zemanek / Nebrig 2012: 155; Logvinov 2003; Dyserinck 1966; Dyserinck / Syndram 1988. Der Kognitionstheorie und dem radikalen Konstruktivismus zufolge wird die außerhalb liegende subjektive Erfahrungswelt bzw. die ›Wirklichkeit‹ nicht von Individuen abgebildet, sondern als subjektabhängiges Konstrukt der Welt durch sprachliche Beschreibungen erzeugt bzw. konstruiert. Siehe hierfür grundlegend Berger / Luckmann 2010.
11 | Zu den Gender Studies in der literaturwissenschaftlichen Mediävistik siehe u.a.: Benthien / Velten 2002; Butler 1991; 1995; Klinger 1999; 2002 und Winst 2002.
12 | So wird beispielsweise der heilige Mauritius in der ältesten Skulptur (um 1240) als dunkelhäutiger Mensch im Magdeburger Dom dargestellt, der das christliche Ritterideal verkörpert.
13 | Vgl. Salama 2014.
14 | Die Bezeichnung bîspel setzt sich aus den Konstituenten bî, ›bei‹, und spel, ›Erzählung‹, ›Bericht‹ (vgl. engl. gospel), zusammen und meint nach De Boor dem Wortsinn nach eine Erzählung, die nicht für sich gültig ist, sondern etwas anderes illustriert. Im mittelhochdeutschen weit gefassten Sinn umfasst die Bezeichnung bîspel − als systematisch verwendeter Oberbegriff − alle auf Auslegung ausgerichteten erzählenden Kurzformen (z.B. Gleichnis, Exempel, Fabel, Märe), vgl. Grubmüller 2002: 65, darin auch weiterführende Literaturhinweise.
15 | Übers. D.S., auch alle folgenden Zitate aus der Königin von Mohrenland ins Neuhochdeutsche.
16 | da sante diu heideninne dar / vil wibe – die warn mor var – / in der vrowen chuninchrich, / das si da tougenlich / den ungelouben lerten / und die riter da vercherten (K: 23-28).
17 | swen sie uber wunden, / daz er ir leben ane gie, / der wart swarz als sie / und wart in gar gehorsam (K: 30-33).
18 | »die got wellent verchi(e)sen, / die wil ich,« sprach si, »han verlorn« (K: 50f.).
19 | durch den vil ungefuogen zorn / wurden da gnuge heiden / und begunden sich scheiden / mit ir glouben von gote / und von der kuniginne gebote (K: 52-56).
20 | do sach man durch werden lip / die werden riter hohe varn, / weder lip noch gut sparn. / ir tage, ir lip und ir gwin / gie durch die vrowen ere hin (K: 76-80).
21 | also chom ein tugentloser sit; / da wart diu werlt vercheret mit (K: 87f.).
22 | do was diu werlt in der zit, / do si vroude und ere enwiderstrit / liezen horn und schowen / beidiu an rittern und vrowen (K: 67-70).
23 | do si ein ander dinest barn / und beide einander warn / mit hercenlichen triwen holt (K: 71-73).
24 | swer noch hat zuht und scham / und vrowen minnet ane haz, / den habent si ninder dester baz. / da mit laident si ir lip / und liebent diu unstætiu wip / und machent den unstæte, / der nimmer missetæte, / ob in die vrowen liezzen / siner tugende so vil geniezzen, / daz sie im danch ruhten sagen (K: 106-115).
25 | Eine andere Haltung hinsichtlich der Minneproblematik nimmt der Stricker in seiner Frauenehre ein.
26 | wie solt ein riter denne gesten, / den man mit ungenaden zert / und im sin hohgemute wert? / fur vreude ist niht so gut, / so der dem manne niht liebes tut (K: 134-138).
27 | Siehe auch: Schausten 2006.
28 | Vgl. Salama 2014.
29 | Um den Glaubens- und den Herrschaftsverlust abzuwenden, appelliert der Stricker an ein Entgegenkommen der vrowen, das die staete der Ritter bewahren soll, und vergleicht dies mit dem langen Ausharren vor einem Berg. Die fehlende Anerkennung schwächt letztendlich denjenigen, der ›ihn eigentlich hätte belohnen sollen und ihn nicht hat belohnen wollen‹ (Übers. D.S.): swer lange dienet ane danch, / tut der zeiungist einen wanch, / daz ist an im gemachet. / da mit ist der geswachet, / der im da lonen solde / und im niht lonen wolde (K: 139-144).
30 | Hinter dieser Denkstruktur ist die Anbahnung eines rassistischen, diskriminierenden Denkens anzunehmen, das auch lange Zeit die Kreuzzüge gegen die heiden, durch deren Beschimpfung als vieh u.a. propagiert hat. Siehe dazu das Rolandslied des Pfaffen Konrad.
31 | Siehe ausführlich über das »rassistische othering«, die Abgrenzung und Abwertung und über historische, naturwissenschaftliche und literaturgeschichtliche Hintergründe Benthien 1999: 172-182.
32 | Siehe dazu beispielsweise: Friedman 1981; Cohen 2000; Hahn 2001; Bartlett 2001; Heng 2003.
33 | Lisa Lampert beschreibt diesen Prozess der Ausbildung frührassistischer Strukturen als eine Überlappung von Kultur und Biologie in »an interzonal space«, der durch das Überziehen und Kodieren von kulturellen Differenzen mit der anderen Hautfarbe sozial konstruiert wird (Lampert 2004: 408). Eine andere Haltung Andersgläubigen und Fremden gegenüber vertritt in der höfischen Epik vor allem Wolfram von Eschenbach im Parzival und im Willehalm. Zum Toleranzgedanken im Mittelalter siehe Sabel 2003.
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