Following the refugee crisis 2015 and the terror attacks by Islamists in Europe, there was a media debate in Germany on the yashmaks of female Muslims in Summer 2016, called the burqa-debate. Taking this debate as a starting point, the chapter discusses rituals and taboos of religious communities in a secular society. Proceeding from a sociological definition of rituals, the paper then attempts to present a terminological framework for the analysis of taboos in intercultural communication and applies the critical discussion of stereotypical assumptions to the current debate in secular countries in Europe on women wearing a burqa in public. The example serves for dealing with the problem of asymmetry in taboo discourse.
Title:Culture, Ritual, Taboo – and the Yashmak Sign
Keywords:intercultural communication; ritual; taboo; yashmak; burqa debate; semiotics of dress codes
Im Sommer 2016 flammt nach einer Serie islamistischer Anschläge auch in Deutschland eine sog. Burka-Debatte wieder auf, wie sie ähnlich schon in der Schweiz, in den Niederlanden, in Frankreich oder Belgien und anderen, vor allem osteuropäischen Ländern geführt wurde. Nachdem die ›Kopftuch-Debatte‹ jahrelang den europäischen Migrationsdiskurs geprägt hat (vgl. Korteweg / Yurdakul 2016), scheint in Deutschland nach dem zweiten ›Kopftuch-Urteil‹ des Bundesverfassungsgerichts das öffentliche Interesse daran etwas erlahmt. Wir erinnern uns: Im ersten ›Kopftuch-Urteil‹ vom 24. September 2003 wurden die Klagen der angehenden muslimischen Lehrerin Fereshta Ludin abgewiesen, die als Beamtin in den öffentlichen Schuldienst übernommen werden wollte, aber darauf beharrte, im Unterricht ihr Kopftuch als Zeichen ihrer Religion zu tragen. Für dieses Ziel klagte sie sich durch alle Instanzen, weil die Schulbehörden (in Baden-Württemberg) das Kopftuch als Zeichen ›kultureller Desintegration‹ interpretierten, das mit dem Verfassungsgebot staatlicher Neutralität in Glaubensfragen nicht zu vereinbaren sei, weshalb ihre Einstellung zunächst abgelehnt, dann zugelassen, dann wieder abgelehnt worden war (vgl. Jäger / Jäger 2007: 109).
Mit Beschluss vom 27. Januar 2015 entschied nun das Bundesverfassungsgericht in einem zweiten ›Kopftuch-Urteil‹ (zwei Fälle in Nordrhein-Westfalen betreffend), »dass ein pauschales Verbot religiöser Bekundungen in öffentlichen Schulen« durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) nicht vereinbar sei (Bundesverfassungsgericht 2015).1 Erst eine »konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens« (ebd.) könne ein Verbot möglicherweise rechtfertigen. Der schwarze Peter liegt jetzt bei der jeweiligen Schulleitung, die jeden Einzelfall aufwendig untersuchen und belegen muss. Die Entscheidungen dürften je nach Prämissen und Perspektiven unterschiedlich ausfallen, weitere Konflikte sind programmiert. Die damit drohende Unwucht in der verfassungsrechtlich austarierten Spannungsbalance zwischen Religionsfreiheit, Neutralitätsgebot und Diskriminierungsverbot2 hat zu einer anhaltenden Diskussion unter Juristen geführt. Entsprechend uneinheitlich ist die einschlägige Rechtsprechung:
Eingedenk der Fülle an verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für und gegen das Kopftuch einer Lehrerin verwundert es nicht, wenn im rechtswissenschaftlichen Schrifttum alle denkbaren Ergebnisse vertreten werden: von der Verfassungswidrigkeit eines Kopftuchverbots über das Gebot der Einzelfallprüfung und das Verbot des Kopftuchs bei Widerspruch durch Eltern und Schüler bis hin zur Verfassungspflicht, das Kopftuch zu verbieten. (Heinig 2005)
Für einen erklärtermaßen säkularen Staat ist das keine sehr übersichtliche Ausgangslage. Die Debatte hält daher an, hat aber in dem Maße an Fahrt verloren, in dem andere Formen der religiös motivierten Verschleierung ins Blickfeld des öffentlichen Interesses geraten. Nachdem man sich an das Kopftuch im öffentlichen Raum und in staatlichen Kontexten zu gewöhnen beginnt, verlagert sich die Diskussion vom Aspekt der Neutralität zu dem der Sicherheit im Falle der sog. Vollverschleierung. So wie es für manch eine gläubige Muslima ein Tabu wäre, ihren (wahabitischen) Niqab abzulegen, ist es für manch einen Richter tabu, etwa eine Zeugin zu befragen, deren Gesicht er nicht sehen kann, um ihre Mimik zu deuten, oder für einen Grenzpolizisten, den Pass einer (afghanischen) Burka-Trägerin zu prüfen, oder für einen Taxikunden, sich der Fahrkunst einer Fahrerin im (iranischen) Tschador anzuvertrauen. Die Formenvielfalt der (muslimischen) Verschleierung – man denke nur an die zahllosen in der Weite des islamischen Raumes verbreiteten weiteren Varianten wie Al-Amira, Bushiyya, Bukhnuk, Dupatta, Elechek, Kerudung, Khimar, Kimeshek, Mukena, Paranja, Selendang, Shayla, Tudung, Türban etc. (vgl. Şahin 2014)3 – wird in der sog. Burka-Debatte zu einer Variante verkürzt, die als Kategorienvertreter figuriert, um die es aber meist gar nicht geht. Erst allmählich bemühen sich die Medien um Differenzierung und rücken entsprechende didaktisch aufbereitete Abbildungen in ihre diesbezüglichen Texte ein (vgl. Abb. 1).
Wir haben es also mit konfligierenden Tabus zu tun, die religiöse Symbole betreffen oder die zahllosen Rituale, Regeln und Tabus, die jeweils religiös begründet werden (und z.B. die Ernährung betreffen oder die sexuelle Orientierung oder die Beschneidung etc.). Das berührt zugleich die Frage, wie der Staat mit religiösen Normen und Forderungen umgeht, die im Widerspruch zu anderen Grundrechten stehen, etwa dem Recht auf Meinungs- oder Kunstfreiheit (was in Fällen von Satire bekanntlich schon zu diplomatischen Verwicklungen, ja zu Konflikten mit tödlichem Ausgang geführt hat – vgl. Hess-Lüttich 2010: 163-196). Das macht das Thema Schleier als pars pro toto für unser interkulturelles und diskurssemiotisches Interesse relevant und zum Gegenstand anhaltender Debatten in der öffentlichen Kommunikation. Für die Feministin Alice Schwarzer war der islamische (Voll-)Schleier immer ein Zeichen für die männliche Unterdrückung der Frau bzw. deren Unterwerfung unter das Patriarchat. Für die Publizistin Khola Maryam Hübsch ist er ein Zeichen für die Freiheit der Frau, ihrer religiösen Überzeugung (gemäß Sure 24, Vers 31) Ausdruck zu verleihen. Für die Rechtsanwältin Seyran Ateş ist er ein Zeichen des politischen Kampfes gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter. Der türkische Journalist Can Dündar sieht in ihm ein Zeichen des Widerstands gegen den Atatürk-Laizismus.4
In der Zeit diskutieren Elisabeth Raether und Iris Radisch in ihren Leitartikeln das Für und Wider des in diesem Sommer allenthalben diskutierten Burka-Verbots: Raether warnt vor dem Paradox, mit einem Verbot Illiberalität besiegen zu wollen, indem man das Prinzip der Liberalität dafür aussetze. Radisch hebt dagegen die symbolische Kraft hervor, die von der Vollverschleierung ausgehe. Die Burka sei das politische Kampfzeichen der radikalen Taliban, der Nikab das der Salafisten und Wahabiten; beide hätten mehr mit Fanatismus und Geschlechterapartheid zu tun als mit religiöser Inbrunst. Wer meine, den Vollschleier im Namen des Grundgesetzes verteidigen zu müssen (s.o.), schütze ungewollt jenen Fundamentalismus, der die Grundwerte des Landes verachte, in dem seine Anhänger lebten. Radisch erinnert daran, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte »das französische Burka-Verbot mit dem Hinweis auf den berechtigten Schutz eines geordneten menschlichen Zusammenlebens in einer offenen Bürgergesellschaft bestätigt« habe (am 11. Juli 2017 erklärt der EuGH auch das in Belgien geltende Verbot der Vollverschleierung für rechtens) und resümiert: »Das Recht darauf, sein Leben hinter einem Stoffgitter zu verbringen, darf nicht mehr wiegen als das einer freien Gesellschaft, die selbst darüber entscheidet, wie viel rückschrittlichen Fanatismus sie ertragen will.« (Radisch 2016)
Aber dafür müsste diese sich mit der enormen Kraft uralter Rituale und strenger Tabus auseinandersetzen. Darf man von religiös oder kulturell geprägten Immigranten erwarten, sich im Namen der Integration von ihren ererbten Ritualen zu befreien, internalisierte Tabus zu verletzen, die vermeintlich ihre kulturelle Identität ausmachen? Stellen wir die Frage zunächst in den größeren Zusammenhang der Frage nach Ritualen und Tabus (und deren zeichenhaften Ausdrucksformen), bevor wir auf sie im Kontext der aktuellen Debatte(n) zurückkommen.5
Wer die Risiken und Gefährdungen, die jedem Versuch kommunikativer Verständigung, interkultureller zumal, innewohnen, zu vermeiden, zu umgehen, zu lindern sucht, dem hilft schon eine gewisse Sensibilität dafür, was z.B. ›normal‹, also gewöhnlich, d.h. dem Gewohnten entsprechend ist und was nicht, was angesprochen werden darf und was lieber nicht, was ›in Ordnung‹ ist und was nicht. ›Anomie‹ indes, resümiert der Konstanzer Soziologe Hans-Georg Soeffner in seinem Buch mit dem Titel Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals, dessen Einleitung ich die folgenden Hinweise entnehme (vgl. Soeffner 2010: 9f.), Anomie werde seit dem Beginn soziologischen Denkens bei Émile Durkheim als eine der fundamentalen Bedrohungen der Gesellschaft wahrgenommen. Der Autor erinnert an Max Weber, der die zentrale Ordnungsleistung der Kultur darin erkenne, dass sie einen »vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedacht[en] endlich[en] Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens« zu schaffen versuche (Weber 1973: 180); bei Alfred Schütz und Thomas Luckmann (vgl. 1984) sollten Strukturen der Lebenswelt als gesellschaftliche Ordnungskonstruktionen die ewige Gefahr des Zusammenbruchs der gewohnten Ordnungen bannen; auch die Systemtheorie Niklas Luhmanns sei ein Versuch, die ungeordnete Prozesshaftigkeit gesellschaftlicher Entwicklung und menschlicher Kommunikation in ein umfassendes Ordnungsmodell zu zwingen.
Es gebe, fährt Soeffner (vgl. 2010: 9f.) fort, praktisch keinen namhaften soziologischen Theorieentwurf, der der Ordnungsproblematik nicht einen zentralen Stellenwert zuweise. Er argumentiert, eines der vielen Hilfsmittel menschlicher Orientierungsversuche und Ordnungskonstruktionen bestehe in dem Entwurf von Sinnstrukturen, der das Leben mit einem Netzwerk von aufeinander verweisenden Chiffren überziehe, diese in symbolische ›Großformen‹ einwebe (vgl. Cassirer 1952) und schließlich in einen übergreifenden Mythos einarbeite. Unter Verweis auf die Tradition von Max Weber bis Hans Blumenberg hält Soeffner (vgl. 2010: 10) fest, dass wir als »Kulturmenschen […], begabt mit der Fähigkeit und dem Willen, bewußt zur Welt Stellung zu nehmen und ihr einen Sinn zu verleihen« (Weber 1973: 180), unsere Kultur durch unablässige und beharrliche Arbeit am Mythos (vgl. Blumenberg 1979) selbst entwürfen, und zwar durch religiöse oder weltanschauliche Großerzählungen, die es uns erlaubten, uns auf sinnhaften Inseln innerhalb der »sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens« (Weber 1973: 180) wohnlich einzurichten.
Da nun aber weder das individuelle noch das soziale Leben, weder Gemeinschaften noch Gesellschaften eine durchgängige Ordnung aufwiesen, ja selbst die erkennbaren Ordnungen oft einander widersprächen oder miteinander konkurrierten, sei die ›Arbeit am Mythos‹ immer zugleich auch die Arbeit am Widerspruch, präziser: an der Zähmung des Widersprüchlichen. Diese Zähmung bediene sich eines Werkzeugs, das in allen Bereichen menschlicher Kommunikation die Widersprüche zu einer, wenn auch in sich widersprüchlichen Einheit zusammenzufügen strebe (griechisch: ςύμβολειν, symbolein). Das aus Widersprüchen zusammengesetzte, sich als ursprüngliche Einheit Gebende, sei das Symbol, seine Gestalt die symbolische Form, das Zeichen; seine Handlungsform aber – das Ritual.
Rituale dienen der Regulierung von sozialem Handeln, insofern sie Erwartungen über Ordnungsmuster und Verhaltensschemata festigen sowie Sanktionsmechanismen für regelwidriges und regelkonformes Verhalten bereitstellen. Es sind regelgeleitete Handlungsroutinen, aber die Regeln dafür können nicht durchweg universale Geltung beanspruchen: Sie variieren nicht nur zwischen verschiedenen Gesellschaften und Kulturen; auch innerhalb einer Gesellschaft gibt es hochgradig gruppen- und situationsspezifische Unterschiede je nach Alter, Bildungsgrad, Lebensraum, sozialem Geschlecht, sexueller Orientierung, kultureller Sozialisation. Sozialisation und moderne Erziehung verankern Rituale im Routinewissen des Handelnden, das dann zwar noch als Orientierungswissen über die kontextuell angemessene Verwendung sprachlicher Rituale bzw. die Beachtung oder Vermeidung tabuierten Verhaltens vorhanden, als ätiologisches Wissen (d.h. als Wissen über Ursprung und Inhalt der Rituale und Tabus) hingegen verloren gegangen ist.
Insofern der Konstruktivismus des Individuums in Wechselwirkung mit seinem jeweiligen gesellschaftlichen Herkommen steht (Wilhelm v. Humboldt), rückt das Interesse an diesen (potentiell dissenten, gar konfliktären) gesellschaftlichen Bedingungen interkulturellen Gemeinschaftshandelns in den Vordergrund. Die daraus möglicherweise folgenden Unterschiede in der kulturellen Prägung von Individuen und ihrer Auslegungen sprachlichen Handelns treten nun besonders deutlich dort zu Tage, wo es zu Regelwidrigkeiten oder Normverletzungen kommt, die die Verständigung aufgrund der (ggf. latenten) Differenzen der in Frage stehenden Normen und Ordnungsschemata ›problematisch‹ werden lässt. Gerade Rituale als zugleich traditionsbildende und ordnungsschaffende routinisierte Handlungen und Tabus als zugleich selektiv wirkende und mit Sanktionen belegte (ggf. unterdrückte) Handlungen sind symptomatisch für spezifische kulturelle Identitäten und führen im Falle von unterschiedlicher kultureller Prägung zu einem besonders starken Fremdheitserleben.
Insoweit Rituale und Tabus sprachlich sedimentiert sind (und oft auch Gegenstand ästhetischer Modellierung), finden sie (außer in der Anthropologie, Ethologie, Ethnographie der Kommunikation) auch in den Textwissenschaften zunehmend Beachtung. Während Rituale als ›Interaktionsrituale‹ (Erving Goffman) heute etablierter Gegenstand der (empirischen, interkulturellen) Semiotik und Linguistik sind, bleibt die Untersuchung gerade von verbal oder nonverbal manifestierten ›Tabus‹ (Kommunikationstabus, Sprachtabus und Tabudiskurse) weiterhin Desiderat der Semiotik und Kulturwissenschaften im Allgemeinen sowie der interkulturellen Germanistik im Besonderen.
Bei der im Zeichen der Flüchtlingskrise 2015 / 16 alltäglichen Begegnung zwischen fremdsprachigen (fremdkulturellen) Immigranten und muttersprachlichen Einheimischen müssen beide Seiten nicht nur für die Tabus der fremden Kultur – aber auch der eigenen! – sensibilisiert werden, sie sollten auch ein Arsenal an Reparaturmechanismen und Kompensationsstrategien zur Hand haben, um im Falle einer Tabuverletzung dem Abbruch und Scheitern der Kommunikation entgegensteuern zu können. Dies aber führt zu der Frage, welche (sprachlichen) Mittel eine Vermeidung von Tabus oder die kommunikative Bewältigung von Tabubrüchen ermöglichen. Dazu kann auch die verständige Lektüre ihrer literarischen Problematisierung oder die Betrachtung ihrer medialen Inszenierung fruchtbar beitragen.
In den letzten Jahren ist bekanntlich die Auseinandersetzung zwischen westlicher und muslimischer Welt in den Vordergrund der gesellschaftlichen Diskurse gerückt. Nicht zuletzt auch durch die Medien ist das Thema im kollektiven Bewusstsein präsent. Die Bemühungen um Verständnis der jeweils anderen Kultur werden, wenn überhaupt, aus einer Position der mutuellen Skepsis initiiert, die sich gerade an der spürbaren Differenz der Rituale, dem oft krass unterschiedlichen Zuschnitt der Tabus entzündet.
Rituale finden sich im deutschen wie im muslimisch-arabischen Kontext nicht nur in religiösen Zusammenhängen, sie strukturieren und formalisieren in hohem Maße ganz alltägliche Handlungen. Rituale der (ersten) Begegnung und Routinen des Grüßens erleichtern die Interaktion (vgl. Hess-Lüttich / Diallo 2007); vielfach machen sie – als Handlungsroutinen der Höflichkeit (vgl. Bouchara 2002) – das Zusammenleben überhaupt erst möglich. Freilich lauern schon hier erhebliche Gefahren wechselseitiger Irritation, wenn der Einheimische z.B. den Handschlag als Zeichen der Höflichkeit entbietet und erwartet, während er zugleich für den Muslim gegenüber der Frau, für die Muslima gegenüber dem Mann tabuisiert ist. Das hat, soweit es öffentlich wird, dann sofort heftige Diskussionen in den sozialen Medien zur Folge, wenn etwa Julia Klöckner als prominentes Mitglied des CDU-Vorstands auf das verabredete Gespräch mit einem Imam verzichtet, der ihr den Handschlag unter Verweis auf das religiöse Verbot seines Glaubens verweigert, oder umgekehrt Khola Maryam Hübsch als Gast einschlägiger Talkshows die zum Gruß entbotene Hand der männlichen Mit-Gäste ignoriert, was diese als Zeichen mangelnder Achtung, ja von Missachtung empfinden.
Der Umgang mit Tabus entzieht sich häufig dem diskursiven Bewusstsein, weil das über sie internalisierte Wissen ihre Handhabung automatisiert. Dass sich die soziale Praxis von Ritualen und Tabus innerhalb einer Kultur – in den durch Mitgliedschaftsausweise generationaler, geschlechtlicher, ideologischer, sozialer, religiöser Zugehörigkeit und sexueller Orientierung definierten Subkulturen und gesellschaftlichen Gruppen – zusätzlich hochkomplex differenziert, macht deren Erforschung sicher nicht einfacher, aber dafür umso reizvoller.
Wenn dies schon innerhalb einer Kultur oft von brisanter Bedeutung ist (auch die Rituale und Tabus katholischer, evangelikaler oder orthodoxer Christen geben manchem säkular emanzipierten Mitbürger Rätsel auf), dann erst recht für die Begegnung zwischen Angehörigen deutlich differenter Kulturen aus den deutschsprachigen und arabisch-muslimischen Regionen. Hier stellen sich für den Beobachter wichtige Fragen: Wie manifestieren sich sprachbasierte Rituale? Wie ist von Routineformeln getragenes Ritualhandeln organisiert? Welche Wechselbeziehungen gibt es zwischen Ritualen und Tabus? Warum existiert bei manchen Tabus ein positiver Regelungskreis, der durch ein Ritual vor einem Tabubruch bewahrt (z.B. beim Siezen), bei anderen hingegen nicht? Warum haben Tabus häufig die Form einer Unterdrückung spezifischer verbaler Äußerungen? Was macht Geltungsdifferenzen von Tabus für die jeweils andere Gruppe so schwer erträglich? Wie trägt Sprache in diesen Formen konstruktiv oder destruktiv zur Festigung und Reproduktion sozialer Wirklichkeit bei? Wie werden solche Formen von literarischen Autoren vor dem Hintergrund ihrer (interkulturellen) Kommunikationserfahrung sensibel registriert und ästhetisch modelliert?
Wer Antworten auf solche Fragen sucht und sie empirisch zu (er-)gründen sucht, geht Risiken ein, wenn den Beteiligten nicht bewusst ist, dass, indem wir über Tabus räsonieren, wir sie nicht etwa verletzen, da wir als Beobachter zwischen Objekt- und Metaebene strikt zu unterscheiden gelernt haben, d.h., über x reden heißt nicht, x tun. Dies sei aus leider allzu zahlreich gegebenen Anlässen noch einmal mit Nachdruck jenen ins Stammbuch geschrieben, die bei jedem Tabuthema (also dem Reden über Tabus) ihre kulturelle oder religiöse Identität attackiert wähnen und die berühmte ›Verletzung religiöser Gefühle‹ beklagen.
Mit dem einigermaßen sorgfältig definierten Begriff des ›Rituals‹ habe ich gleichsam nebenbei den des ›Tabus‹ eingeführt, noch ohne ihn genauer festzulegen. Unsere Neugier beginnt wiederum mit Fragen. Was ist ein Tabu? Warum haben wir Tabus? Welche Arten von Tabus gibt es überhaupt? Wie kann (darf) ich ein Tabu ansprechen? Wie kann ich eigene oder fremde Tabus erkennen und wie soll ich mit ihnen umgehen? Wie kann ich ein Tabu vermitteln? Wie entstehen in interkulturellen Kontaktsituationen Tabubrüche? Wie können sie ggf. ›repariert‹ werden?
Die bekannteste und bündigste Definition formulierte bekanntlich Sigmund Freud in seinem berühmten Essay Totem und Tabu: »Die Tabuverbote entbehren jeder Begründung, sie sind unbekannter Herkunft; für uns unverständlich, erscheinen sie jenen selbstverständlich, die unter ihrer Herrschaft leben.« (Freud 1961: 27) Stimmt das eigentlich? Haben Tabus keine Gründe, keine Ursachen? Ist ihre Herkunft nie rekonstruierbar und erklärbar? Entziehen sie sich grundsätzlich ihrer (rationalen) Verstehbarkeit? Ich denke, wir müssen ein wenig genauer hinschauen und uns zunächst noch einmal des Begriffs versichern. Der Ausdruck ›Tabu‹ bezeichnet nach einer geläufigen Festlegung
›Objekttabus‹ werden durch Handlungskonventionen gesichert, typischerweise entlang der Gendergrenze (z.B. gegengeschlechtliche Meidung körperlicher Berührung, etwa Verbot des Handschlags beim Gruße). ›Sprachtabus‹ werden durch Kommunikationsregeln gesichert, die bestimmte Themen zu benennen verbieten und gleichzeitig der Rechtfertigungspflicht eben dafür enthoben sind. Bildtabus definieren das nicht Zeigbare auf der Grundlage ihrerseits nicht zu hinterfragender kanonischer Texte, deren historisch-kritische Exegese und Kontextualisierung wiederum tabuisiert ist. Da gibt es kein Entrinnen (es sei denn von einer Metaebene aus, die zu erklimmen freilich innerhalb des Tabusystems streng sanktioniert und z.B. in bestimmten Religionen als Häresie oder Apostasie mit dem Tode bedroht wird).
Wir haben es also, grob vereinfacht gesagt, mit verbalen und nonverbalen Tabus zu tun (vgl. Schröder 1999): Diese beziehen sich auf Handlungen, die verboten sind, jene auf Themen, über die ›in etikettierter Form‹ kommuniziert wird, und auf Ausdrücke, die vermieden werden sollen – kurzum: »(i) was man nicht tut; (ii) worüber man nicht spricht« (Birk / Kaunzner 2009: 400). Tabus dienten dem ›Selbstschutz‹ des Einzelnen in der Gesellschaft, der ›Ordnung‹ innerhalb einer (Werte-)Gemeinschaft, der individuellen ›Selbstkontrolle‹ (der Impuls- und der Triebkontrolle), sie determinierten gesellschaftliche Normen (und Abweichungen davon), sie generierten Schamgefühle und hülfen damit, (missbilligte) physische oder seelische Entblößungen, auch Perversionen (oder was ›man‹ dafür hält), zu vermeiden und Freiheiten zu testen (bzw. Zwänge einzuführen, soziale Kontrolle auszuüben, zu sanktionieren, was ›der Normalität‹ zuwiderlaufe). Tabus im Sinne von ›Meidungsgeboten‹, die das Verhalten in Gesellschaften bzw. Gemeinschaften regeln und durch psychosoziale Abgrenzungen bzw. Grenzziehungen Identität stiften (vgl. Gutjahr 2008: 53), können also auch als ›Herrschaftsmittel‹ eingesetzt werden, um politische oder soziale Kontrolle auszuüben.
Vom ›Verbot‹ unterscheidet das Tabu, dass das durch es Verbotene nicht thematisiert werden können soll. Wer es dennoch tut, ›bricht‹ es, macht sich des Tabubruchs ›schuldig‹. Ihn zu ›heilen‹, zu reparieren, setzt einige Fertigkeiten wie die vorherige Kenntnis passender Euphemisierungsstrategien und einschlägiger Reparaturmechanismen voraus (vgl. Schröder 1995: 19). Unbewusste, also nicht taktisch eingesetzte ›schuldhafte‹ Tabubrüche erzeugen Missverständnisse, die innerhalb des bestehenden Kommunikationskreises vertrackterweise nicht verhandelt und aufgeklärt werden können, was manche Konstellation gerade interkultureller Kommunikation konflikthaft verschärfen kann.
Der Begriff ›Tabu‹, der nach den Expeditionen von James Cook, der den Ausdruck, der, »in general, signifes that a thing is forbidden« (Cook 1821: 348), bei einer Expedition 1771 in Tonga aufschnappte, Eingang in den Sprachgebrauch der meisten Europäer gefunden hat (vgl. Schröder 1995: 15; Gutjahr 2008: 30), stammt bekanntlich aus dem polynesischen ta pu, was zunächst so viel wie ›außerordentlich‹ oder ›das kräftig Markierte‹ bedeutet (vgl. Wagner 1991: 17). Die polynesische Gesellschaft hatte vielfältig differenzierte Kulte und ziemlich komplexe Rangordnungen ausgebildet, vieles war ta pu, was ein ›soziales Verbot‹ oder auch ein ›individuelles Meidungsgebot‹ bezeichnen konnte (vgl. Streck 2000: 252). In einer ursprünglichen Form entstanden Tabus aufgrund der Vorstellung, dass Götter oder Dämonen ›falsche Handlungen‹ bestrafen. Dem Bruch eines Tabus folgten unangemessen hohe Strafen, die man daher tunlichst vermied. Tabus dienten demnach zunächst dem Schutz vor ›bösen Mächten‹, aber auch der sozialen Regulierung und Sanktionierung, sie verliehen bestimmten Personen damit also auch Druckmittel und Macht (vgl. Zöllner 1997: 15-17). Andere traditionelle Tabus dienten dem Zweck, vor Krankheit zu schützen, wie das Tabugebot der Meidung von Schweinefleisch im Islam, das darauf zurückzuführen ist, dass diese Fleischsorte in der heißen Sonne leicht verderblich war, was sich in Zeiten moderner Kühlanlagen zwar als Anachronismus erweist, aber, religiös aufgeladen, nichts von seiner sanktionsbewehrten Wirksamkeit eingebüßt hat (vgl. Wagner 1991: 15).
Tabus variieren nicht nur kulturell, sondern auch historisch. Der Ursprung vieler Tabus ist oft nicht leicht oder gar nicht mehr rekonstruierbar; manche Tabus sind nicht mehr ohne weiteres auf vermeintliche Gottesgebote oder ritualisierte Moralvorschriften zurückzuführen; sie werden im Wege der Sozialisierung durch Eltern, peers und Gesellschaft erlernt, eingeübt, automatisiert, internalisiert ohne Erklärung, weshalb sie als Teil des Routinewissens kultur- und subkulturspezifisch ausgeprägt sein können; sie stabilisieren soziale Ordnungen und dienen der Sicherung von Eigentums- und Herrschaftsverhältnissen (vgl. Schröder 2003). Dazu haben sich regelrechte Tabusysteme ausgebildet, die indes selbst keine statischen, sondern durchaus dynamische Gebilde sind; sie dienen einerseits der Konservierung intrakultureller Handlungs- und Kommunikationspraktiken, andererseits bieten sie durch ihre Sanktionierungsmechanismen Sicherheit und Schutz – oder den Impuls zur Kritik gesellschaftlich überholter oder obsoleter Moral- und Wertvorstellungen und dienen damit in historischer Sicht ex negativo der Erweiterung des Sagbaren (vgl. Rothe / Schröder 2005: 9f.).
So unüberschaubar die Vielfalt ihrer historischen und regionalen, situativen und gruppenspezifischen Ausprägungen, so begrenzt die Auswahl ihrer Themen: Tabusysteme beziehen sich im Wesentlichen auf Tod und Religion, auf Gesundheit und Krankheit, auf Geld und Sex (vgl. Birk / Kaunzner 2009: 400f.). Diese Themen sedimentieren sich in aus Handlungstabus abgeleiteten Sprachtabus, die tabuisierte Handlungen zu camouflieren und damit abzusichern erlauben. Zöllner (vgl. 1997) oder Schröder (vgl. 1999) unterscheiden in systematisierender Absicht
In der Praxis sind solche Sortierungen freilich selten durchzuhalten; oft korrelieren z.B. sexuelle Tabus mit religiösen Motiven und umgekehrt, wenn auch in je nach Region, Kultur und Epoche höchst unterschiedlicher Weise (vgl. Luchtenberg 1999: 69): Was hier oder derzeit als selbstverständlicher Ausdruck sexuellen Variationsreichtums oder individuellen Lebensstils gilt, kann dort oder zu anderen Zeiten als ›wider die Natur des Menschen‹ oder ›Verstoß gegen göttliches Gebot‹ gebrandmarkt werden. Einvernehmlich privater Sex unter erwachsenen Männern etwa gilt als ein solches Tabu, dessen Verletzung zu Ausbrüchen von schier unfassbarem Hass führen kann. Für Jusuf al-Karadawi, einen der wichtigsten Islamgelehrten der Gegenwart, sind Homosexuelle »abartige Elemente«, die es auszumerzen gelte, bevor die Gesundheit der Gemeinschaft Schaden nehme (vgl. Ourghi 2016). Die Tabuisierung von Homosexualität führt zur hypokritischen Leugnung ihrer Existenz in der islamischen Welt (wo sie natürlich nicht weniger verbreitet ist als überall sonst) und zu ihrer Pathologisierung als Symbol eines ›dekadent-verweichlichten‹ Westens.
Die zur Rechtfertigung des strengen Urteils angeführten Koranstellen verweisen zumeist auf das Volk Lot, das der verderblichen Lust unter Männern fröne (z.B. 11, 77-83; 15, 58-77; 26, 160-174; 27, 54-58). Christen kennen den Vorwurf aus der biblischen Sodomerzählung, die zum Namenspatron der berüchtigten ›Sodomie‹ werden sollte, als die katholische Informationsblätter homosexuelle Handlungen im Einklang mit dem biblischen Erkenntnisstand auch heute noch bezeichnen.6 Wer auf rechten und islamophoben Foren wie »politically incorrect« (www.pi-news.net), die bislang nicht durch besondere Sympathie für Homosexuelle aufgefallen sind, angesichts islamischer Homophobie plötzlich sein Herz für Schwule entdeckt, könnte ebenso gut auch bei (allzu) frommen Christen fündig werden (vgl. Berger 2010), denn es sei, schreibt der Evolutionsbiologe Richard Dawkins in seinem Bestseller Der Gotteswahn, geradezu das »Markenzeichen der glaubensorientierten Moralisten: Sie sorgen sich leidenschaftlich um das, was andere Menschen privat tun (oder sogar denken)« (Dawkins 2008: 402).
Die Strukturähnlichkeit homophober Hasspredigten christlicher Missionare in Afrika und muslimischer Imame speist sich aus derselben Quelle: aus dem religiösen Absolutismus – mit nicht selten tödlicher Konsequenz für die Opfer. Wie übrigens um den Tod eines Menschen getrauert wird, unterliegt ebenfalls höchst unterschiedlichen Konventionen (inklusive solchen des Kondolenzverhaltens oder der Kleiderwahl), die zu verletzen mehr oder weniger empfindliche Sanktionen nach sich ziehen kann.
Tabus ›beschweigen‹ das nicht (oder noch nicht oder hic et nunc nicht) Sagbare. Wie aber kann man über Tabus sprechen? Tabuthemen betreffen meist zentrale Bereiche menschlichen Lebens, deshalb ist es von elementarer Bedeutung, Wege zu finden, sie zu besprechen. Man sucht nach Ersatzformen. Diese Suche scheint ungeachtet der Stärke der Tabus (und wie immer sanktionsbewehrt sie sein mögen) und der kulturellen Vielfalt ihrer Ausprägungen universal zu sein (vgl. Schröder 2003). Es sind die unterschiedlichsten Strategien, die zu einer direkten oder indirekten Kommunikation über ein Tabu führen können: Schweigen, Gesten, Verhüllen, Verschleiern, Andeuten, Umschreiben, Beschönigen (vgl. Birk / Kaunzner 2009: 401-403). Sprachliche Ersatzformen der Camouflage, der Metapher oder des Euphemismus machen es möglich, über Tabus zu sprechen, ohne einen Tabubruch zu begehen. Diese Möglichkeiten scheinen schier unbegrenzt: Nicole Zöllner (vgl. 1997) hat ein vierhundertseitiges Werk dazu geschrieben, Robert W. Holder (vgl. 2008) hat ein ganzes Lexikon englischsprachiger Euphemismen kompiliert – Fundgruben für Linguisten und sprachsensible Autoren auf der Suche nach sprachlichen Mitteln des Ausdrucks dessen, was man meint, nicht ›sagen‹ zu können.
Aber auch eine Herausforderung kommunikativer Praxis im Alltag: Wer solche Ersatzmittel nicht pragmatisch angemessen (rhetorisch: aptum) einzusetzen vermag, wer unbeholfen den Tabubruch riskiert, wird vom Gegenüber sofort bestraft mit Konflikt, Konfrontation oder Abbruch der Kommunikation. Wer sich seines Tabubruchs bewusst wird, empfindet Scham oder Schuld und sucht nach Reparaturmechanismen (wie z.B. Entschuldigung, Beschwichtigung, Umdeutung, Abschwächung, Selbstironisierung etc.). Ist er sich seines Tabubruchs aber nicht bewusst, wird die Situation eher noch viel komplizierter, was nicht selten geschieht, wenn die Gesprächspartner aus verschiedenen Kulturräumen kommen.
Die Komplexität der Probleme interkultureller Kommunikation wird noch einmal potenziert, wenn sie verbunden wird mit den Problemen der Tabukommunikation. In interkulturellen Kontaktsituationen kann es oft dadurch zu Missverständnissen kommen, dass einem Sprecher – mangels interkulturellen Wissens – gar nicht bewusst ist, dass er einen Tabubruch begangen hat. Das vom Hörer daraufhin wenigstens erwartete Schamgefühl tritt daher gar nicht auf, was zu Verwirrung führen kann oder gar zum abrupten Abbruch des Gesprächs (vgl. Schröder 1995: 23f.). Gleichzeitig fällt es aber auch schwer oder es ist gar unmöglich, die Irritation aufzuklären, weil der Hörer den Tabubruch nicht thematisieren kann, eben weil er tabu ist (vgl. Luchtenberg 1997): Ein klassischer Circulus vitiosus, der im Anschluss an Birk / Kaunzner (vgl. 2009: 402f.) kurz veranschaulicht sei als ein Problemfall der in diesem Zusammenhang verhandelten Forschungsaufgaben.
Wenn ein Sprecher ein kulturspezifisch tabuisiertes Thema ohne konventionelle sprachliche Ersatzmittel anschneidet, begeht er einen Tabubruch, dessen ›Opfer‹ je nach ›Schwere der Tat‹ entsprechend überrascht oder verunsichert, verstört oder empört, beleidigt oder aggressiv reagiert. Wird dem Sprecher sein Fehler daraufhin bewusst, verspürt er, wie gesagt, normalerweise Scham und Schuld: Er versucht sich zu entschuldigen oder zu erklären und mit Hilfe eines konventionalisierten Reparaturmechanismus Schlimmeres zu verhüten und Sanktionen zu vermeiden. Der Circulus vitiosus wird so unterbrochen (vgl. ebd.: 401f.). Die Bedingung dafür ist Kenntnis der und Verständnis für die im gegebenen Kontext geltenden gesellschaftlichen Regeln. Fehlt indes die Kenntnis dieser Regeln bzw. der konventionell akzeptierten Reparaturmechanismen aufgrund kulturell divergenter Wissensbestände, wird der Sprecher keine Schuld empfinden und seinerseits mit Unverständnis auf die Reaktion des Hörers reagieren, also dessen Verhalten negativ bewerten und das Weite suchen. Der Konflikt nimmt seinen Lauf.
Wie lässt sich das vermeiden? Wie erfährt man, was wie angesprochen werden darf? An interkultureller Ratgeberliteratur herrscht bekanntlich kein Mangel. Sie vermittelt die wichtigsten Dos and Don’ts, die beachten sollte, wer ein fremdes Land bereist oder mit ausländischen Geschäftspartnern verhandelt. Solche Hinweise können etwa bei internationalen Werbekampagnen nützlich sein, die ›interlinguale Tabuwörter‹ oder interkulturelle Tabugebärden vermeiden möchten, also solche Wörter und Gebärden, deren (graphische bzw. phonische oder gestische) Form in zwei Sprachen bzw. Kulturen mehr oder weniger gleich, jedoch semantisch oder pragmatisch unterschiedlich sind und in der einen Sprache oder Kultur Tabuiertes bezeichnen, in der anderen nicht (vgl. Schröder 2003). Die gängigen Ratgeber (insbesondere der Managementliteratur) vermitteln allerdings meist nur verbreitete Stereotype, die, als wohlfeile Rezeptur zur Anwendung gebracht, vielleicht die gröbsten Missverständnisse verhindern helfen. Die Tabus einer fremden Kultur wirklich zu verstehen setzt indes umfassenderes Wissen voraus (vgl. Birk / Kaunzner 2009: 407).
Das Konfliktpotential verschärft sich noch in Fällen ›divergierender Tabus‹. Werte oder Worte, Gegenstände und Sachverhalte können in der einen Sprache oder Kultur tabuisiert sein, während sie in der anderen umgekehrt positiv konnotiert sind oder sogar das eigene Tabu dem des anderen diametral entgegengesetzt ist, d.h. Gebot und Verbot einander gegenüberstehen, etwa das Verhüllungsgebot in der einen Gesellschaft und das sog. Vermummungsverbot (im öffentlichen Raum) in der anderen. Damit komme ich auf die eingangs angesprochene Diskussion über Formen und Funktionen der Verschleierung zurück, die hier als Beispiel für konfligierende gesellschaftlich-religiöse Tabus dienen mag. Die deutsche ›Burka-Debatte‹ des Sommers 2016 (die angesichts der in Deutschland praktisch nicht vertretenen Burka-Trägerinnen eigentlich unter einem etwas irreführenden Etikett geführt wird7) hat ihr Vorbild in Frankreich, aber auch in anderen Ländern Westeuropas.8
Im laizistischen Frankreich trat am 11. April 2011 ein Gesetz in Kraft, das nicht nur innenpolitisch umstritten war, sondern auch ein nicht unerhebliches außenpolitisches Konfliktpotential barg, wie die daran entzündeten diplomatischen Verwicklungen etwa zwischen Frankreich und der Türkei vor Augen geführt haben. Kritische Stimmen gaben zu bedenken, dass das (unterstellt) ›populistische‹ Verbot von wichtigeren Problemen des Landes ablenken solle, dass es der französischen Verfassung widerspreche, die jedem die Entfaltung der persönlichen und religiösen Freiheit garantiere, und dass es nur eine Minderheit von 2000 entschlossenen Burka-Trägerinnen betreffe und deren Isolation eher noch zu verstärken drohe. Inzwischen ist die Burka- bzw. Nikab-Kontrolle ein eingespieltes Ritual: Feststellung der Identität und der Personalien, Verhängung eines Bußgeldes, das dann routinemäßig von dem algerischen Geschäftsmann Rashīd Naqqāz oder seinem zu diesem Zwecke gegründeten Verein Touche pas à ma constitution bezahlt wird.
Die seither kontrovers geführte Debatte gründet im konfliktträchtigen Gegeneinander divergierender Tabus, das aber m.E. nicht in einen clash of civilizations à la Huntington münden muss, sondern vor allem eine innerhalb der muslimischen Kulturen streitig geführte Auseinandersetzung darstellt mit der Auslegung von Regeln des Korans und Vorschriften islamischen Rechts (Scharia) unter Einschluss von z.T. vorislamisch-gewohnheitsrechtlichen Ritualen (Ehrenmorde, Steinigung, vaginale Beschneidung etc.). Deren Primat gegenüber staatlich verfügtem Recht steht die in vielen Ländern Europas nach Jahrhunderten durchlittener Religionskriege mühsam erkämpfte Trennung von Kirche und Staat entgegen (die allerdings nicht überall konsequent durchgesetzt wurde). Die rechtsphilosophische Begründung ›westlicher‹ Antidiskrimierungsgesetze etwa (z.B. gegen die Benachteiligung von Frauen oder sexuellen Minderheiten) wird sich schwer jemandem erschließen, dem diese als gravierende Verletzung übergeordneten religiösen Rechts erscheinen, was, notabene, ähnlich auch für die ultraorthodoxen Haredim in Israel, die evangelikalen (›wiedergeborenen‹) Protestanten in den USA, die klerikalkonservativen Katholiken vom Opus Dei, die Partei der Bibelchristen in Deutschland und andere fundamentalistische Sekten und Sektierer gilt.
Im Körperdiskurs wird dieser Basiskonflikt unmittelbar anschaulich, wenn das muslimische Patriarchat die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau aus dem überlieferten islamischen Recht ableitet, das es zugleich unhistorisch absolut setzt (obwohl Scharia bekanntlich kein juristisches Normenwerk bezeichnet, sondern als Sammelname gebraucht wird für ein Bündel von Traditionen, Ritualen und Lebensregeln, die in jedem islamischen Land anders interpretiert werden). Das Insgesamt der islamischen Lebensregeln in der Scharia diene dazu, resümiert die gebürtige Perserin Ferideh Akashe-Böhme (2006: 13), die Menschen »vor den teuflischen Versuchungen im irdischen Dasein« zu schützen (ähnlich äußern sich katholische Bischöfe in Deutschland). Der Umgang mit dem eigenen Körper und die körperliche Beziehung zu anderen Menschen gewönnen dysfunktionales Gewicht gegenüber anderen Lebensbereichen. Der gesamte Genitalbereich etwa sei weitläufig tabuisiert und seine Reinigung speziellem Ritual unterworfen. Ein ›natürlicher‹ Umgang mit dem eigenen Körper im (heutigen) ›westlichen‹ Sinne werde dadurch dämonisiert: Jede Berührung tabuisierter Körperzonen sei ›Verunreinigung‹, wobei der Schambereich bei Frauen sich grundsätzlich auf ihren gesamten Körper erstrecke. Die einer magischen Leibpraxis entspringenden Berührungsverbote stünden im »Zusammenhang mit den Einschränkungen der Sexualität, sie verfolgen noch die kleinste leibliche Anmutung durch den anderen Menschen unter dem Verdacht unerlaubter Sexualität« (ebd.: 34).
Die heute auch in bestimmten Subkulturen und Parallelgesellschaften Europas wieder zunehmende Verfolgung von Frauen durch selbsternannte männliche Tugendwächter entspringt dabei weniger einer engen Auslegung des Koran (oder der Thora oder der Bibel), sondern eher einer eigentlich therapiebedürftigen sexualpathologischen Phantasie der Fundamentalisten. Selbst das unbefangene Blickverhalten unterliegt asymmetrischer Regulierung: Während die Frau sich vor den frei schweifenden Blicken der Männer durch Verhüllung schützen müsse, seien diese umgekehrt auch unverhüllt vor den Frauen sicher, die ihren Blick schamhaft senken müssten, sowie sie eines Mannes gewahr würden: Das strikte Reglement unterstellt nach Akashe-Böhme
die Allgegenwart männlichen Begehrens […] als eine unveränderliche Naturtatsache. Die Männer brauchen sich keinen Zwang anzutun. Der Notwendigkeit, den Umgang der Geschlechter miteinander im öffentlichen Raum zu entsexualisieren, wird einseitig zu Lasten der Frau entsprochen. Faktisch ist jedoch das, was die Frauen durch Verhüllung zu leisten haben, ein Schutz der Männer. Denn es wird unterstellt, dass die Frauen durch ihre pure weibliche Erscheinung für die Männer eine unerträgliche Beunruhigung darstellen, also Fitna, das heißt, Chaos, Aufruhr, Verführung verursachen. Der Schleierzwang erweist sich damit als Maßnahme zur Domestizierung der Frau, als Mittel ihrer Unterdrückung im öffentlichen Raum. (Ebd.: 37f.)
Dies aber missachtet im ›westlichen‹ Verständnis die unverbrüchlichen Rechte zur freien Entfaltung der individuellen Persönlichkeit und widerspricht damit diametral allen – nach der historischen Anstrengung zur Befreiung des Rechts aus dem Korsett der Religion – mittlerweile errungenen Verfassungsgrundsätzen des Schutzes vor Diskriminierung, deren Verletzung durch (strenggläubige) Muslime genauso einen Tabubruch darstellt wie diese umgekehrt den Anspruch auf Respekt vor ihren Tabus geltend machen – ein echtes Dilemma divergierender Tabus mit gleich starken Geltungsansprüchen, nur dass sie sich auf der einen Seite auf Menschen- und Verfassungsrechte, auf der anderen auf Religion und Tradition berufen. Zwischen beiden scheint eine argumentative Vermittlung etwa auf der Basis Habermas’scher Diskursmodelle kaum denkbar, da deren Bedingung herrschaftsfreier Rationalität nicht gegeben ist, solange Tabus im Spiele sind, die ihrerseits nicht hinterfragt werden (dürfen). Was hilft die argumentative Rechtfertigung verfassungsrechtlicher Errungenschaften, wenn schon deren Prämissen nicht akzeptiert werden? Aber sollen sie relativiert oder gar dispensiert werden, um in ihren Tabus und Traditionen gefangenen Muslimen (oder Fundamentalisten gleich welcher religiösen Schattierung) die Integration und gesellschaftliche Teilhabe in den mittlerweile überwiegend säkular verfassten Gesellschaften Europas zu erleichtern?
»Integration ist ein Rätsel. Wer als ›Fremder‹ in einer Gesellschaft ankommen will, muss sich irgendwie einpassen, so die Anforderung. Die Gesellschaft muss ihm dazu Platz und Gelegenheit bieten, das ist die Kehrseite der Bedingung« (Oestreich 2005: 173). Aber wenn Tabus so tief in kulturellen Traditionen wurzeln, dass sie als Teil der eigenen Identität erlebt werden, die nicht ohne weiteres ablegen kann (oder zu können glaubt), wer in die Fremde zieht (oder ziehen muss)? Ist eine überzeugte Muslima, die ihre Burka subjektiv als Schutz empfindet, besser integriert, sobald sie sich ihrer zu entledigen gezwungen wird? Darf sie umgekehrt Respekt (nicht nur jene Toleranz, die von Indifferenz nicht weit entfernt erscheint) vor ihrem Tabu von denen fordern, die damit ihre eigenen Tabus brechen würden?
Der Grundwiderspruch divergierender Tabus ist eine echte Herausforderung interkultureller Kommunikation, die von mutuellem Respekt vor der kulturellen (sexuellen) Identität des anderen geprägt ist. Wo immer Tabu und Identität sich widersprechen, wo immer sich Menschenrecht und Schariarecht wechselseitig ausschließen, geraten Rechtfertigungsdiskurse in den oben beschriebenen Circulus vitiosus interkultureller Tabukommunikation (vgl. ebd.: 133). Welches Recht hat höheren Rang: Religionsfreiheit oder Gleichberechtigung? Welches Tabu darf in ihrem Namen gebrochen werden? Soll das Prinzip der Liberalität im Namen der Laizität dispensiert werden?
Die Debatte darüber hält an, die deutsche Rechtsprechung ist alles andere als einheitlich, geschweige denn konsequent. Wenn die geläufige Kopftuchdebatte sich wandelt zur Burka-Debatte, so tritt jedoch ein anderer Aspekt hinzu: der der Sicherheit. Das seit 1985 geltende Vermummungsverbot wurde in Deutschland damit begründet; es zielte damals freilich auf politisch motivierte Links- und Rechtsextremisten. Es untersagt, i.S. v. § 17 Abs. 2 Versammlungsgesetz, die Verhüllung z.B. bei Demonstrationen, in Fußballstadien, beim Autofahren, am Bankschalter etc. Die Serie von Anschlägen islamischer Täter hat die Öffentlichkeit für den Sicherheitsaspekt sensibilisiert. Er hat vordergründig den Vorteil, dass der Staat nicht auf religiöser Ebene argumentieren muss, aber auch den Nachteil, dass er in der Praxis weitgehend wirkungslos bleibt, solange schon die geltende Rechtslage nicht durchgesetzt wird und zudem die religiös motivierte Verschleierung von den Proponentinnen ja gerade nicht als Sicherheitsrisiko betrachtet wird, sondern als Zeichen ihres ›friedliebenden‹ Glaubens. Wieder stehen zwei Prinzipien quer zueinander: auf der einen Seite das Sicherheitsbedürfnis vor dem Hintergrund islamistischen Terrors, auf der anderen die gesetzlich geschützte Glaubensfreiheit und Selbstverwirklichung religiöser Minderheiten. Ist argumentative Verständigung darüber möglich, sofern überhaupt erwünscht?
Die Eigenschaft des Tabus als eines kulturell im Magischen verwurzelten Sprech- und Handlungsverbots erschwert es, unbefangen über es zu sprechen, frei von Emotionen darüber zu verhandeln. Lässt man es also lieber gleich ganz?
Wer ›islamkritischen‹ Autoren und Publizisten vorwirft, sie verkürzten ›ein harmloses Stück Stoff‹ zum Fetisch ihrer Religionsverachtung, verkennt dessen politsemiotische Funktion. Natürlich kann z.B. ein Kopftuch als ›neutrales‹ Kleidungsstück dem Schutz vor Wind und Wetter dienen. Es kann jedoch wie bei der orthodoxen Oma und dem Rocker oder Rapper zum Gruppenabzeichen werden, zum Zugehörigkeitszeichen etwa der Mitglieder des linksautonomen ›schwarzen Blocks‹, dessen Angehörige es (über die Nase gebunden) zur Verhüllung bzw. Vermummung nutzen. Das Kopftuch als Religionszeichen jedoch wurde im Laufe der Zeit nicht nur semantisch, sondern auch emotional (je nach Perspektivierung positiv oder negativ) ›aufgeladen‹ (vgl. Schwarz-Friesel / Chur 2014: 234). Damit wird die ursprüngliche Kernbedeutung des Zeichens mit neuen zusätzlichen Attributen versehen, es wird ›rekontextualisiert‹ und dadurch zum ›Kollektivsymbol‹ im Sinne eines ›kulturellen Stereotyps‹ gesteigert, was eine bloß ›argumentative‹ Auseinandersetzung darüber zusätzlich erschwert und in der Diskursanalyse entsprechend zu berücksichtigen ist (vgl. Drews / Gerhard / Link 1985: 265).
Dieses kulturelle Stereotyp wird damit für viele zum Zeichen für ›das Fremde‹, für das Orientalische schlechthin, das die vertraute soziale Ordnung auflöse, den tradierten Werteverbund des ›Eigenen‹ bedrohe, den Zusammenhalt Europas unterminiere. Damit gewinnt das vermeintlich neutrale Kleidungsstück im kontroversen Diskurs der europäischen Öffentlichkeit etwas Bedrohliches, der Schleier wird über seine sozialen und kulturellen Attribute hinaus zum politischen Zeichen für den Islam, für ein potentiell gewalttätiges Religionsverständnis, für Repression und Terror (vgl. Jäger / Jäger 2007: 117). Im Zeichen des Schleiers verdichten sich gleich mehrere in sich höchst komplexe und z.T. einander widersprechende Diskursstränge über Frauenrechte, Religionsfreiheit, Staatsneutralität, Immigration, Identität – und dies auf mehreren Diskursebenen (der Politik, der Justiz, der Kultur, der Medien, des Alltags). Kann man zugleich und mit derselben Überzeugungskraft für Glaubensfreiheit bzw. deren Ausdruck (Art. 3 GG) und für das Neutralitätsgebot des Staates (s.o. Fn. 2) eintreten? Zugleich für die Rechte emanzipierter Frauen und für die muslimischen Immigrantinnen, ohne argumentativ ins Stolpern zu kommen? Berufen sich nicht beide auf ebenso aspektheterogene wie emotional besetzte Grundbegriffe wie ›Freiheit‹? Die Freiheit, ihrem Glauben öffentlich Ausdruck zu verleihen, und die Freiheit, sich von Tabus und Vorschriften ihres Glaubens zu lösen? Die Freiheit zur bewussten Einschränkung der eigenen Freiheit durch Rituale und Tabus? Der Perspektivierung (vgl. Köller 2004) des jeweiligen Arguments ist kaum zu entrinnen. Das erklärt die anhaltende Omnipräsenz des Themas in der öffentlichen Debatte, die uns wohl auf absehbare Zeit erhalten bleiben wird.9
Die ›Burka-Debatte‹ ist also nur ein Symptom des fragilen Spannungsverhältnisses zwischen Identität und Integration, insofern Flüchtlinge und Immigranten ihre Religion, ihre Tradition und deren tabubewehrten Regelwerke als Teil ihres Selbstbildes zu behaupten suchen, während die Einheimischen von ihnen die Anpassung an europäische Normen und Werte erwarten und einfordern. Konflikte entstehen insbesondere dort, wo diese Normen und Regelwerke eklatant divergieren. Das betrifft keineswegs nur muslimische Flüchtlinge. Die Beschneidungsdebatte etwa führte zu unvermuteten Solidarisierungen zwischen Juden und Arabern, als deutsche Gerichte aufgrund medizinischer Probleme die religiös begründete Beschneidungspraxis in Frage stellten. Während § 226a StGB die »Verstümmelung weiblicher Genitalien« unter Strafe stellt, wird der zumindest medizinisch entsprechende Vorgang bei Jungen konsequent »Beschneidung« genannt und in § 1631d BGB ausdrücklich legalisiert. Juristen sahen darin einen Verstoß gegen das verfassungsmäßige Diskriminierungsverbot: Das weibliche Genital sei sakrosankt, das männliche disponibel (so z.B. der Richter am OLG Nürnberg Tonio Walter, vgl. Walter 2013). Der Sturm der Entrüstung, der danach durch den deutschen Blätterwald rauschte, war gewaltig. »Auschwitz!«, riefen jüdische Autoren, »Islamhasser!«, die muslimischen. Dabei war die Rechtslage auch vor Einführung der neuen Paragraphen eindeutig, aber diese berührten eben religiöse Tabus, was die nüchterne Erörterung des eigentlichen Sachverhalts vollends unmöglich machte.
Die Liste solcher Beispiele ließe sich angesichts der Fülle divergierender Normen und tabubewehrter Regeln mühelos erweitern (wozu hier nicht der Raum ist). Sie stehen für unsere Ausgangsfrage, auf die wir hier am Beispiel der Verhüllung zurückkommen: Darf man von religiös oder kulturell geprägten Immigranten erwarten, sich im Namen der Integration von ihren ererbten Ritualen zu befreien, internalisierte Tabus zu verletzen, die vermeintlich ihre kulturelle Identität ausmachen? Das Dilemma ist offensichtlich, aber es sollte uns nicht ratlos machen, denn der Handlungsbedarf ist ebenso offensichtlich. Er beginnt mit den endlich politisch beschlossenen Maßnahmen zur behutsamen Heranführung der Flüchtlinge aus anderen Kulturen an europäische Normen und Schaffung der dafür essentiellen Voraussetzung: der Vermittlung sprachlicher Kompetenz.
Aus den (mindestens) dreißig Jahre alten Forderungen nach einer theoretisch fundierten und empirisch instrumentierten Erforschung von Konstellationen interkultureller Tabukommunikation sollte daher m.E. endlich auch die Konsequenz gezogen werden, deren Ergebnisse für die angewandte Dimension kulturwissenschaftlich basierter Fremdsprachenvermittlung fruchtbar zu machen (vgl. Hess-Lüttich 1985). Ihr Ziel sollte z.B. sein, über die sprachliche Kompetenz hinaus auch Toleranzfähigkeit, sprachliche Sensibilität, Verständigung durch Schweigen etc. zu vermitteln (vgl. Schröder 1998). Solche Fähigkeiten erleichtern Reparaturen von Tabubrüchen und helfen potentielle kommunikative Konflikte zu vermeiden. Exhaustive Inventare über Tabus, Reparaturmechanismen und Euphemisierungsstrategien einer Kultur anzulegen, dürfte kaum möglich sein. Umso gebotener scheint mir die Ergänzung der schulgemäßen Sprachvermittlung um ein »emotionales und kognitives Lernen« etwa im Sinne des Konzepts von language awareness (vgl. Luchtenberg 1997) und des Empathie-Ansatzes (vgl. Hermanns 2007).
Bezogen auf Tabus bedeutet das, sich der eigenen kulturellen Zugehörigkeit bewusst zu werden und sich für die Tabus der Zielsprache informiert zu sensibilisieren. Zur Vermittlung deutscher Sprache und Kultur z.B. an muslimische Immigranten gehört dann m.E. auch, das Ethos liberalen Rechts säkular verfasster Gesellschaften mit unangestrengter Beharrlichkeit zu erklären. Die immer wieder berichtete Rücksichtnahme mancher deutscher Jurist(inn)en und muslimischer Friedensrichter auf muslimische Maximen patriarchalischer Konfliktbearbeitung ist nicht nur ein Missverständnis von Multikulturalität, sondern ein Rückschritt hinter längst erreichte global-zivilisatorische Maßstäbe und Richtwerte.
Wer dieser Strategie folgte, könnte, im Glücksfalle, kommunikativen Gewinn buchen; er begäbe sich – im Respekt vor den gewiss erhellenden Konfigurationen der Differenz (und durchaus diesseits aller romantischen ›Multikulti‹-Idealisierungen) – z.B. mit dem Humboldtpreisträger Anil Bhatti auf die Suche nach den Ähnlichkeiten (similarities) in der Diversität:
›Ähnlichkeit‹ als universalistische Perspektive – verbunden mit ›Solidarität‹ (welche partikularistische Bindungen relativiert, um eine plurikulturelle Kommunikationsgesellschaft zu projizieren) – gewinnt an Bedeutung. Dies bildet einen Gegensatz zur Verabsolutierung der Differenz durch die Homogenisierung. Durch die damit anvisierten plurikulturellen Lebensformen und die entsprechenden Implikationen für Identitätsvorstellungen gewinnt das Konzept der Interkulturalität neue Kontur. (Bhatti 2012: 185)
D.h. indessen nicht, die Augen vor den Differenzen zu verschließen. Lern- und Aufnahmebereitschaft der Residenzgesellschaft setzen das Bewusstsein der eigenen Maßstäbe und Richtwerte sowie jene klaren Grenzziehungen voraus, zu denen sich die Politik bislang in Deutschland nie hat durchringen können, was nicht zuletzt den reaktionären Kräften gegenwärtig so beunruhigenden Auftrieb verleiht. Wenn 2015 mehr als 1000 fremdenfeindliche Straftaten registriert wurden und wenn sogar in einem Bundesland, in dem es z.B. gar keine Burka- oder Nikab-Trägerinnen gibt, xenophobe Parteien wie AfD und NPD fast ein Viertel aller Wählerstimmen auf sich vereinigen (wie am 4. September 2016 in Mecklenburg-Vorpommern), dann sollte vielleicht auch in Deutschland (wie schon in den umliegenden Ländern) das Religionsprivileg überdacht und so ausgestaltet werden, dass der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit ebenso Rechnung getragen wird wie dem ebenfalls grundgesetzlich verankerten Anspruch staatlicher Neutralität in Glaubensfragen.
Daraus folgt m.E. eine für alle Religionen gleichermaßen verbindliche Einhegung ihrer öffentlichen Präsenz als Zeichen der politischen Behauptung eines Bekenntnisses (vgl. z.B. die ›Kruzifixurteile‹). Religion ist Privatsache, nicht Sache des Staates. Privat mögen Frauen tragen, was sie wollen; aber im Staatsdienst und bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sollten Zeichen religiöser Überzeugung nicht als Zeichen politischer Stellungnahme missbraucht werden. Elke Schmitter fordert (vgl. Spiegel 2016: 107) die muslimische Frau auf: »Zeige dein Angesicht«, Maske und Schleier gehörten »auf die Bühne, in den Karneval oder zum Banküberfall«. Die Burka sei ein politisches Symbol, bei dem es nicht um Unwohlsein gehe, »sondern um ein System von Macht und Gewalt unter der religiösen Vollverschleierung« (ebd.).
Vermittlung von Wissen über Religion dagegen ist sehr wohl Sache des Staates und sollte nicht allein den Religionsgemeinschaften gleich welcher Couleur überlassen bleiben, die die Schüler eines Klassenverbandes zu den Stunden ihrer je eigenen Konfessionen auseinanderreißen und die Fremdheit zwischen ihnen verstärken. Vielmehr gebe es stichhaltige Argumente für einen bildenden statt nur bekennenden Unterricht in Religion, meint der Hallenser Germanist Jürgen Krätzer (vgl. 2016), eine für alle Schüler verbindliche und gemeinsame Unterweisung, in der historisch-vergleichend die vielfältigen »Spielarten des Glaubens und Unglaubens als Varianten freier Willensentscheidung« (ebd.) vorgeführt werden. Das relativiere vielleicht auch ein wenig die Unbedingtheit der von religiösen Autoritäten eingeforderten Unterwerfung unter ihre jeweilige Doktrin. Deren Behauptung, nur die Furcht vor Gottesstrafe und die Hoffnung auf Belohnung im Jenseits befähige zu ethischem Handeln, würde als die Hybris entzaubert, die sie ist. Der eigenverantwortlich Handelnde gewönne durch die Einsicht in die dem Maß seines Nichtwissens gemäße Demut jene mündige Freiheit, die religiöse Autoritäten so einträchtig bekämpfen, eben weil sie ihre Macht in Frage stellt. Diese Freiheit im Geiste Adornos – »im Zweifel für den Selbstzweifel« (Probst 2017)10 – verliehe ihm (ihr) dann auch die Kraft, Rituale auf ihre Rechtfertigung hin zu befragen und die Funktionalität von Tabus kritisch zu prüfen. Die Freude an (selbst) bestimmten Ritualen, der Respekt vor (selbst) akzeptierten Tabus würde dadurch nicht beschränkt.
1 Gemäß altrömischem Rechtsgrundsatz (»Pronuntiatur sermonis in sexu masculino ad utrum sexum plerumque porrigatur«) und in vager Erinnerung an früher gültige Regeln auch der deutschen Grammatik möge die generisch gebrauchte maskuline Form in diesem Beitrag Personen jedweden Geschlechts bezeichnen.
2 »Das Grundgesetz legt durch Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3 GG sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV [Weimarer Reichsverfassung] in Verbindung mit Art. 140 GG dem Staat als Heimstatt aller Staatsbürger ohne Ansehen der Person weltanschaulich-religiöse Neutralität auf. Es verwehrt die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen und untersagt auch die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse« (BVerfGe 19, 206 [219] v. 14.12.1965; cf. BVerfGE 18, 385 [386]).
3 Vgl. auch Wikipedia-Eintrag unter https://en.wikipedia.org/wiki/Types_of_hijab [Stand: 1.10.2017].
4 Alle Belege dazu sind vom August 2016 aus der Zeit und dem Spiegel sowie aus Maybritt Illner.
5 Im Folgenden knüpfe ich an Überlegungen an, die ich zuerst bei der Eröffnung eines Colloquiums der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik 2010 in Kairo entwickelt habe, das dem Thema Zwischen Ritual und Tabu. Interaktionsschemata interkultureller Kommunikation in Sprache und Literatur gewidmet war (vgl. Hess-Lüttich / Khattab / Steinmann 2011: 21-42).
6 »Als Sodomie im Vollsinn (sodomia perfecta) bezeichnet man die homosexuelle Betätigung« (Hörmann 1969: Sp. 1102).
7 Die in den Medien und Sozialen Netzen kolportierte Zahl von über 300 Burkaträgerinnen in Deutschland geht (vgl. Löffelholz 2016: o.S.) auf eine Schätzung des Politologen und Islamwissenschaftlers Hamed Abdel-Samad zurück, die freilich bislang nirgends empirisch belegt ist.
8 Die ›Burka-Debatte‹ (in Frankreich, aber auch in Deutschland und Österreich, in Belgien und Dänemark, in den Niederlanden und in der Schweiz) ist natürlich nur ein aktueller Ausschnitt aus der in vielen europäischen Ländern seit etlichen Jahren anhaltenden Diskussion über alle möglichen anderen Verschleierungsformen (vgl. Oestreich 2005; Şahin 2014; Korteweg / Yurdakul 2016; zur ›Kopftuch-Debatte‹ in deutschsprachigen Medien vgl. Hess-Lüttich 2009).
9 In einem kleinen Pilotprojekt unter meiner Leitung an der TU Berlin wurden im Herbst 2016 über 1000 thematisch einschlägige Presseartikel aus gängigen deutschen Tageszeitungen (FAZ, TAZ, Welt, Bild) sowie aus der Wochenzeitung Die Zeit einer kritischen Diskursanalyse unterzogen, deren angemessene Dokumentation den hier gegebenen Rahmen bei weitem sprengen würde, die jedoch gezeigt hat, wie sehr sich die Positionen dazu allen geläufigen Schemata und Kategorisierungen (links / rechts, progressiv / konservativ, kosmopolitisch / national, säkular / religiös etc.) entziehen.
10 »Dem kritischen Denken geht es um Empathie und damit immer auch um das Aushalten von Komplexität und Ambivalenz. Je mehr man reflektiert, desto mehr Positionen sind mit nachvollziehbaren, sich möglicherweise aber gegenseitig ausschließenden Ansprüchen im Spiel. Im Zweifel für den Selbstzweifel: Das ist das Kreuz moderner pluraler Gesellschaften.« (Probst 2017: 60)
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