Christian missionary work was, for centuries, part of Europe’s political and economic colonization projects. The German Empire during the reign of Wilhelm II became the third largest colonial power. A century later, this part of history is being dealt with in a number of German novels by authors like Uwe Timm, Hans Christoph Buch, Sibylle Knauss, Marc Buhl, and Christian Kracht. Most of them deal with aspects of conversion as organized by both the Catholic Church and by various protestant denominations. In Uwe Timm’s novel Morenga the success and failure of missionaries play a particularly important role. The author offers a sort of phenomenology of religious educational ambitions as part of the encompassing colonial goals: to further the natives’ ability to become obeying African ›subjects‹ and to make them contribute to the economic colonial endeavors. But contrary to such expectations, there is also a dialectics of Christianization at work: Timm shows missionaries representing a theology of liberation who take the imitatio Christi seriously and support the Africans in their resistance movements.
Title:Mission Impossible: Political and Religious Consciousness in Uwe Timm’s Morenga. Aspects of the Postcolonial Novel
Keywords:concepts of missionary work; Morenga; postcolonial novel; Timm, Uwe (1940–)
Die politisch-wirtschaftliche Kolonisierung und religiöse Missionierung war über die Jahrhunderte hin der Motor der Globalisierung. Ihr Höhepunkt fällt in die Zeit des europäischen Imperialismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit ihm haben die deutschsprachigen postkolonialen Romane zu tun. Die drei Jahrzehnte zwischen 1884 und 1914 sind die letzte Epoche in der Neuzeit, in der Europa seinen Weltherrschaftsanspruch annähernd realisieren konnte. Und innerhalb dieser kontinentalen Szene spielte das 1871 vereinigte Deutschland keine geringe Rolle: Man denke an sein Ausgreifen auf weite Teile Afrikas, auf einige Inseln in der Südsee und auf eine kleine chinesische Region (vgl. Konrad 2008). Das Kaiserreich war damals nach England und Frankreich (und vor den Niederlanden) die drittgrößte Kolonialmacht der Welt. Es mag sein, dass aktuelle Globalisierungsschübe den Blick in Deutschland geschärft haben für die koloniale Phase in der deutschen Geschichte. Es könnte aber auch sein, dass das derzeitige Interesse am wilhelminischen Imperialismus eine Reaktion ist auf die Verdrängung dieses Geschichtsabschnitts aus dem öffentlichen Bewusstsein der jungen Bundesrepublik, auf ein Schweigen, das bis zu einem gewissen Grad jenem glich, mit dem man die Hitler-Zeit in den beiden ersten Nachkriegsjahrzehnten zu vergessen suchte. Beide Abschnitte gehören – bei allen Unterschieden – zu den aggressivsten und inhumansten Kapiteln der deutschen Geschichte. Stärker als die Mitglieder der Gruppe 47 waren es die Autorinnen und Autoren der beiden nächsten Generationen, die globale Konflikte thematisierten, wie ich in meinem Buch Bürgerkrieg global (Lützeler 2009) gezeigt habe.
Die Literatur, um die es dort geht, ist Teil der postkolonialen Kondition. Die Schriftstellerinnen und Schriftsteller begannen sich zu üben in dem, was ich den ›postkolonialen Blick‹ genannt habe (vgl. Lützeler 1997b). Gemeint ist damit die Sehweise der Empathie, des Verstehenwollens und der transnationalen Anerkennung der Menschenrechte. Der koloniale Blick dagegen ist der von politischer Eroberung, religiöser oder weltanschaulicher Dominanz und ökonomischer Ausbeutung. Der postkoloniale Blick erkennt und anerkennt hybride Kulturen und Identitäten; die Vertreter des kolonialen Blicks dagegen wollen ihre monokulturellen Sichtweisen anderen Ländern aufzwängen.
Der postkoloniale Blick ist aber nicht nur Ergebnis einer bestimmten ethischen Position von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, er ist auch bezeichnend für eine inter- und transdisziplinär ausgerichtete Theoriebildung und Interpretation innerhalb der Literaturwissenschaft. In der postkolonialen Theoriebildung waren es zunächst Akademikerinnen und Akademiker aus ehemals von Europäern kolonisierten Ländern, die maßstabsetzende Arbeiten vorlegten. Man denke an Gayatri Chakravorty Spivak (1990), Edward Said (1993), Homi K. Bhabha (1994) oder Arjun Appadurai (1996). Aber inzwischen haben zahllose Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den westlichen Ländern zum postkolonialen Diskurs beigetragen. Herausragende Arbeiten sind die der Amerikanerin Mary Louise Pratt (1992) und die der australischen Kollegen Bill Ashcroft, Gareth Griffiths und Helen Tiffin (1995). Auch in der internationalen Germanistik sind eine Reihe von Studien vorgelegt worden, die sich als Beiträge zum postkolonialen Diskurs verstehen. Besondere Verdienste hat sich das von Axel Dunker (2005 u. 2008) und Gabriele Dürbeck (2007) geleitete DFG-Netzwerk Postkoloniale Studien in der Germanistik erworben. Die bekanntesten germanistischen Beiträger zur Postkolonialismus-Forschung – und zum Teil Mitglieder des DFG-Netzwerks – sind Alexander Honold und Klaus Scherpe (2004), Monika Albrecht (2008), Ortrud Gutjahr und Stefan Hermes (2011; vgl. auch Hermes 2009), Herbert Uerlings und Julia-Karin Patrut (2012)1 sowie Dirk Göttsche (2013; vgl. auch Diallo/Göttsche 2003). In diesem Arbeitskreis ist aus kulturhistorischer Perspektive die deutsche Kolonialzeit und ihre Literatur, aber auch die postkoloniale Dichtung der Gegenwart zum Objekt disziplinärer und interdisziplinärer Forschung gemacht worden. Zu nennen ist hier auch die Pionierarbeit der amerikanischen Germanistin Susanne Zantop (1997), die die Entwicklung einer Kolonialideologie in Deutschland im 18. und frühen 19. Jahrhundert nachgewiesen hat, d.h. in einem Land, das selbst noch gar keine Kolonien besaß.
Bei der Lektüre sowohl der postkolonialen Literatur wie auch der über sie vorliegenden Sekundärliteratur fällt auf, dass zwar der ethische Standpunkt im Sinne des postkolonialen Blicks umschrieben, die multikulturelle Position erfasst und die zeitkritische Intention erörtert werden können, dass es aber unverhältnismäßig schwieriger ist, eine gesonderte Ästhetik des postkolonialen Romans zu erarbeiten. In den Jahren zwischen 1978 und 2012 ist eine ganze Reihe von Romanen erschienen, die sich auf unterschiedliche Weise mit kulturellen und politischen Konflikten in den deutschen Kolonien Afrikas, der Südsee und Chinas auseinandersetzen. Die Romane über Deutsch-Südwestafrika, d.h. der ältesten Kolonie des Wilhelminischen Reiches, sind jene von Uwe Timm (Morenga, 1985)2 und Gerhard Seyfried (Herero, 2004; vgl. auch Arich-Gerz 2009); die Gegenwartsromane über Deutsch-Ostafrika sind die von Hans Christoph Buch (Kain und Abel in Afrika, 2000, und Sansibar Blues, 2008),3 von Christof Hamann (Usambara, 2007);4 von Ilona Maria Hilliges (Ein Kind Afrikas, 2010) und von Alex Capus (Eine Frage der Zeit, 2009); über die sogenannten Südsee-Kolonien Deutsch-Neuguinea und Ponape schrieben Marc Buhl (Das Paradies des August Engelhardt, 2011),5 Christian Kracht (Imperium, 2012)6 und Sibylle Knauss (Die Missionarin, 1997);7 und schließlich ist Gerhard Seyfrieds historischer China-Roman Gelber Wind oder Der Aufstand der Boxer (2008)8 zu erwähnen. Die literarische Qualität dieser Bücher ist ganz unterschiedlich, aber alle passen ins Bild des postmodernen Romans. Darin sind die Erzählexperimente, die mythischen Ambitionen, der Ehrgeiz von Totalitätsgestaltung qua subtiler Leitmotiv- und Symbolreihungen oder maximaler intertextueller Verknüpfungen weitgehend abhandengekommen. Was für den postmodernen Roman allgemein gilt, kann auch speziell für den postkolonialen Roman festgehalten werden. Im Vergleich zur Erzählliteratur der klassischen Moderne im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts fallen auf: die Tendenz von einer Favorisierung elitärer Kunst zu einer Präferenz populärer Stilarten, von hermetischen ästhetischen Formen zu einem publikumsfreundlichen Schreiben, von einer auf Originalität erpichten Innovation zu einer Rückbesinnung auf ältere Erzählformen, von einem avantgardistischen Utopismus und Antihistorismus zu einer Beschäftigung mit der Vergangenheit.9 Auch bei den zwei – narratologisch gesehen – avanciertesten Texten von Uwe Timm und Christian Kracht besteht keine Absicht an James Joyces Finnegans Wake (1939), Hermann Brochs Der Tod des Vergil (1945) oder Arno Schmidts Zettels Traum (1970) anzuschließen. Allerdings wird deutlich, dass bei Uwe Timm die Collage-Technik eingefügter Dokumente und die mit Hilfe unterschiedlicher Fokalisierungen erreichte Multiperspektivik des modernen Romans Spuren hinterlassen haben. Bei Christian Kracht erinnert manches an Thomas Manns Doktor Faustus (1947), denn sein (namenloser) Erzähler berichtet zuweilen über den negativen Helden seines Romans, August Engelhardt, wie Serenus Zeitblom über seinen ›Freund‹ Adrian Leverkühn – allerdings mit weniger Empathie.
Die hier behandelten Romane sind durchweg der Kategorie des postkolonialen Romans zuzurechnen, wenngleich man im Fall von Seyfrieds Herero-Roman zuweilen den Eindruck bekommt, dass er eher dem alten Muster des Kolonialromans verpflichtet ist (vgl. Durzak 2007). Die postkolonialen Romane sind – man könnte sagen ihrer Natur nach – historische Romane. Zwischen der Erzählzeit und der erzählten Zeit liegen 80 bis 110 Jahre, und die auktorialen Erzähler machen wiederholt – so bei Timm und Kracht – deutlich, dass sie nicht nur die Kolonialepoche überblicken, sondern auch die folgenden Jahrzehnte mit Erstem Weltkrieg, Nationalsozialismus und Nachkriegszeit. Allerdings fällt auf, dass sich historischer Roman und Zeitroman in den beiden Büchern von Hans Christoph Buch mischen: Alternierend werden hier Geschichten aus dem Ostafrika der Kolonialzeit und den Nachkriegsjahrzehnten erzählt. Vergleichbar – wenn auch erzählerisch anders gestaltet – werden Gegenwart und Vergangenheit Ostafrikas bei Christof Hamann miteinander verbunden.
Betrachtet man diese Texte unter dem Gattungsaspekt und untersucht sie als historische Romane, fällt eine Besonderheit des postkolonialen Romans auf. Georg Lukács hat in seinen Untersuchungen zum historischen Roman (1937) seit Walter Scott den sog. mittleren Helden als Figur verstanden, die zum einen repräsentativ für die jeweils behandelte historische Epoche ist und ihrem Alltag angehört, die aber zum anderen auch mit den streitenden Parteien verbunden ist und so einen Einblick in die konfliktreichen gesellschaftlichen Gegensätze vermittelt. Dass dabei von Anfang an der historische Roman in seiner Symbiose von Romance und History nie kritische Geschichtsschreibung ersetzen wollte, dass der fiktionale Anteil am Erzählten hier immer durchsichtig blieb, ist wiederholt betont worden (vgl. Geppert 1976; Aust 1994; Nünning 1994; Lützeler 1997). Im postkolonialen Roman ist eine entschiedene Abwendung vom mittleren Helden festzustellen. Akzentuiert wird der historische Konflikt, d.h. der koloniale Clash of cultures, der den religiösen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gegensatz zwischen den europäischen Kolonialisten und den Eingeborenen auslöst (vgl. Gründer 2012). Bei der Schilderung dieses auf Krieg hinauslaufenden Gegensatzes lernen wir Dutzende von Figuren kennen, die auf unterschiedliche Weise als Agitatoren, Wortführer, Mit- oder Überläufer, Vermittler oder Opponenten sichtbar werden. Die Entwicklung des Konflikts ist vom Verhalten so vieler Agenten abhängig, dass er nie durch eine Einzelperson repräsentiert oder gar gelenkt werden könnte. In allen Romanen geht es um Krieg: Um den der deutschen Kolonialtruppen 1904 gegen die Hereros bei Seyfried, um den gegen die Nama bzw. Hottentotten 1904/05 bei Timm, um den Krieg gegen die Einwohner von Ponape, die 1908 eine Revolte gegen die neuen Herren anzettelten, bei Sibylle Knauss. Und in Seyfrieds China-Roman ist das Thema die Niederschlagung des sog. Boxer-Aufstands. Bei Buchs Ruanda-Roman, Krachts Südsee-Erzählung und Capus Ostafrika-Buch gehen die Handlungen über in die Schilderungen der Auswirkungen des Kriegsbeginns von 1914.
Uwe Timm hat seinen Roman Morenga nach einem der Führer des Nama-Aufstands in Deutsch-Südwest benannt. Es ist nicht so, dass Morenga eine Nebenrolle spielt, aber im Ensemble der Akteure ist er nur einer unter vielen, die die Entwicklung des Krieges mitbestimmen wollen. Vergleichbar hat Marc Buhl den Namen seines sonderbaren Helden in den Romantitel eingefügt, aber dieser Titel Das Paradies des August Engelhardt verweist auf die Irrealität der Ziele dieser Figur und verdeutlicht damit die Relativität seiner Bedeutung. Die anderen Autoren haben darauf verzichtet, ihre Bücher nach den Protagonisten zu benennen. Am deutlichsten hat Kracht mit seinem Titel Imperium demonstriert, dass es ihm um die Erinnerung an eine Geschichtsepoche geht, in dem sein realitätsflüchtiger Protagonist das Leben einer Randexistenz fristet. Im postkolonialen historischen Roman werden die in ihm agierenden Figuren durchaus in ihrer individuellen Besonderheit gezeichnet, aber das übergreifende Kolonialgeschehen hat die Rolle des zentralen Helden übernommen und konfrontiert die Figuren mit einer Realität, in deren Konfliktszenarien sie immer wieder vom Subjekt- in den Objektstatus gedrängt werden. Der Krieg aber findet nicht nur auf einer militärischen, sondern auch auf einer politischen, wirtschaftlichen und religiösen Ebene statt, wobei es schwierig ist, diese gesellschaftlichen Segmente, Felder oder Systeme der Interdependenzen wegen klar voneinander zu trennen.
In den genannten Romanen wird ein ganzes Geflecht von kolonialen Missionsvorstellungen politischer und religiöser Art vermittelt, die in ihrer komplementären, konkurrenzhaften und antagonistischen Art die Ambitionen des kolonialen Projekts veranschaulichen. Der politische Kolonialismus bemäntelte im 19. Jahrhundert die militärische Expansion und ökonomische Motivation mit einer paternalistischen Erziehungsideologie (vgl. Hammer 1978), die in England unter dem Motto »The White Man’s Burden« stand, in Frankreich unter dem Begriff der »mission civilisatrice« zirkulierte und in Deutschland unter dem Slogan »Am deutschen Wesen soll die Welt genesen« verbreitet wurde. Der englische Schriftsteller Rudyard Kipling hatte am 4. Februar 1899 das Gedicht The White Man’s Burden in der Tageszeitung The Times publiziert, ein Poem mit sieben Strophen, die jeweils mit der imperativen Zeile »Take up the White Man’s burden« beginnen. Die erste Strophe fordert von den westlichen Kolonialreichen in arrogant-heroischer Manier:
Take up the White Man’s burden –
Send forth the best ye breed –
Go bind your sons to exile
To serve your captives’ need;
To wait in heavy harness,
On fluttered folk and wild –
Your new-caught, sullen peoples,
Half-devil and half-child. (Kipling 2008: 79)
Im deutschen Kaiserreich griff man auf Emanuel Geibels – ebenfalls siebenstrophiges – Gedicht Deutschlands Beruf (1861) zurück (Uthmann 1992: 91f.), wo es in den beiden Schlusszeilen noch konjunktivisch hieß: »Und es mag am deutschen Wesen / Einmal noch die Welt genesen«. Geibel unterstützte mit seinen Versen die deutsche Einigung unter preußischer Führung und hatte die Pazifizierung des Kontinents, nicht jedoch koloniale Ambitionen im Blick. Die Zitatänderung »Am deutschen Wesen wird einmal noch die Welt genesen« nahm Kaiser Wilhelm II. in einer Rede des Jahres 1907 vor.10 Dafür, dass der im Wilhelminismus verbreitete Slogan »Am deutschen Wesen soll die Welt genesen« in genau dieser Formulierung vom Kaiser selbst stammt, konnte ich keinen Beleg finden. Für vergleichbar stramme Parolen war er allerdings bekannt: Man denke an jene vom ›Platz an der Sonne‹ und der ›Zukunft‹, die ›auf dem Wasser‹ läge. Der Kaiser benutzte ein koloniales Reizvokabular, mit dem er die Deutschen enthusiasmierte und das Ausland provozierte. Vergleichbar national ausgerichtet wie der Weltgenesungsspruch Wilhelms II. war die französische Idee der »mission civilisatrice« (vgl. Constantini 2008), wobei sich die Grande Nation allerdings auf so aufgeklärte Köpfe wie den Marquis de Condorcet berufen konnte, der bereits im 18. Jahrhundert für alle Völker die gleiche Ausbildung und die gleichen Rechte gefordert hatte.
Vorstellungen von der kulturellen Mission werden auch in den postkolonialen Romanen diskutiert. Der erste deutschsprachige postkoloniale Roman ist das bereits 1978 erschienene Buch Morenga von Uwe Timm. Es handelt sich um einen historischen Roman mit stark dokumentarischem Einschlag, wie die eingebauten Materialien zeigen.11 Die Dokumente vermitteln ein vielstimmiges Bild der Vorgänge im Aufstandsjahr 1904/05 in Deutsch-Südwestafrika (Zimmerer/Zeller 2004; Zimmerer 2001; Richter 2005). Eigenartigerweise wird Morenga oft als eine Art Bildungsroman über den Oberveterinär Gottschalk gelesen. Nur in 40 % der Kapitel des Buches wird über Gottschalk berichtet bzw. werden Abschnitte aus seinem Tagebuch zitiert. Eine auf Gottschalk konzentrierte Interpretation lässt zu viele Aspekte des Romans außer Acht. Die kulturmissionarischen Ideen werden in Timms Roman kontrovers diskutiert. Gottschalk bekennt sich zu einer kolonialen Erziehungsaufgabe, wie sie im Gedicht Kiplings über die Last des weißen Mannes propagiert wird. Bei ihm ist diese anfänglich vertretene Ansicht subjektiv ehrlich, wenn er die »Vermittlungsaufgaben von technischem und kulturellem Wissen« als »wahre Funktion und Verantwortung der Kulturstaaten gegenüber einer Bevölkerung« herauskehrt, »die in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sei« (152). Der Erzähler in Morenga berichtet unter dem Kapitel Landeskunde 3 aber von einer Variante dieser Einstellung, die schon problematischer ist. Da wird die Vertragsunterzeichnung zur »Gründung der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika« (249) am 30. April 1885 in Berlin erwähnt. »Kommerzienrat Bleichröder« ergreift das Wort und freut sich, »auch auf dem ökonomischen Sektor der patriotischen Pflicht« nachkommen zu können, endlich einen Beitrag dazu leisten zu dürfen, »ein unterentwickeltes, rückständiges Land zu zivilisieren«. Es gehöre doch zu den »vornehmsten Aufgaben der Nation der Dichter und Denker […], das Wilde zu kultivieren. Darauf erhebe er jetzt das Glas und auf ein gutes Geschäft« (249). Der Bankier Gerson von Bleichröder, ein Intimus Bismarcks, kaufte damals gemeinsam mit anderen Vertretern des Bankwesens, der Industrie und der Politik jene Erwerbungen, die Adolf Lüderitz im südwestlichen Afrika auf zweifelhafte Weise gemacht hatte (vgl. Gründer 1987). Aus diesem Besitz der Kolonialgesellschaft entstand in wenigen Jahren die Kolonie Deutsch-Südwestafrika. So durchsichtig die Argumentation mit den Dichtern und Denkern auch war, erwies sich Bleichröders Standpunkt noch als relativ human, ging er doch davon aus, dass die einheimische Bevölkerung in Afrika in das »gute Geschäft« mit eingebunden werde. Dem entspricht auch jener Standpunkt, den ein Professor Brunkhorst im Gespräch mit Gottschalk darlegt und in einem »Bericht an die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften« begründet. Der Bericht basiert auf einem Originaldokument der Zeit, wie Uwe Timm in einem Interview betont (Schulte 2003: 6). Brunkhorst meint, es sei das Richtige, »zivilisatorische Arbeit« an den Eingeborenen zu leisten, d.h. sie zu »nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft« (314) zu erziehen. Man müsse das »Interesse« der Deutschen »mit dem der Eingeborenen […] verknüpfen« (319). »Der Idealfall für die Kolonialwirtschaft« träte ein, wenn »die wirtschaftlichen Erfordernisse deckungsgleich« mit den »Wünschen« würden (ebd.), die die Afrikaner haben. Das klingt abstrakt und stand der faktischen kolonialen Enteignungs- und Vertreibungspolitik entgegen. Brunkhorst grenzt sich vor allem von jenen Ideologen ab, die »die Eingeborenen einfach auszurotten« (ebd.) gedenken. Zu dieser Fraktion gehörte General Lothar von Trotha (29), der im Mai 1904 von Wilhelm II. beauftragt worden war, den ›Aufstand‹ der Herero mit allen Mitteln niederzuschlagen. Der General kämpfte dabei nicht gegen feindliche Soldaten, sondern verwandelte den Feldzug in eine Vernichtungskampagne, u.a. gegen das Volk der Nama, wie Timm in seinem Roman, der auch hierin dokumentarisch ist, hervorhebt. Eine begleitende Terrormaßnahme von Trothas Kampf in Deutsch-Südwest war die Errichtung von »Konzentrationslagern«, in denen man »Menschen hocken« sieht, die zu »Skeletten« (23) abgemagert sind. Das sind Tatsachen, von denen der Unterveterinär Wenstrup in Timms Roman erfährt und die ihn darin bestärken, zu desertieren. Andere Angehörige der Kolonialtruppe, wie Leutnant Elschner, verteidigen hingegen die Ausgrenzungs- und Vernichtungsstrategie. Elschner meint: »Zwei Möglichkeiten böten sich für eine radikale Pazifizierung des Landes an. Einmal nach dem Motto General Trothas: Ein guter Hottentott ist ein toter Hottentott. Das wäre die radikale Lösung. Oder aber man sperrte alle Hottentotten in Lager« (334).
Erziehung zur Arbeit: Bei der Gründungssitzung der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika wird auch die erhoffte »segensreiche Vermittlung der deutschen Missionare« (250) bei den geplanten Landnahmen erwähnt. Stärker als andere Verfasser postkolonialer Romane hat Timm die unterschiedlichen Rollen der christlichen Missionare im Afrika des 19. Jahrhunderts in Erinnerung gebracht,12 hat gleichsam eine Phänomenologie der unterschiedlichen Verhaltensformen auf den Missionsstationen vergegenwärtigt (vgl. Niesel 1971; Mirtschink 1980; Gründer 1982). Da gibt es einmal den Typus des Missionars, dessen Evangelium eigentlich mehr dem des Adam Smith als jenem von Jesus Christus gleicht; daneben die politischen Patrioten, die die Vorschriften des Reichskolonialamtes in Berlin stärker als die Parabeln der Evangelien verinnerlicht haben; ferner die Vertreter der reinen christlichen Lehre, die ohne Rücksicht auf irgendwelche Interessen der Kolonialherren oder auf die fremdkulturellen Besonderheiten der Eingeborenen zu vermitteln sei; zusätzlich Repräsentanten der Kirche, die versuchen ihre europäische Religion in Wort und Ritus der fremdkulturellen Umgebung zu übersetzen; und schließlich die Botschafter der Liebesreligion, die zu entschiedenen Opponenten des ganzen Kolonialapparates werden, weil sie einsehen, dass dessen Aktionen auf die Vernichtung der Eingeborenen-Kultur hinauslaufen.
Der bereits erwähnte Professor Brunkhorst meint, die primäre Aufgabe der christlichen Mission müsse es sein, die »Eingeborenen zur Arbeit« (321) zu erziehen. Von hier aus gesehen sei es nicht ratsam, »die katholische Mission von amtlicher Seite [zu] behindern«, wie das bisher – als Nachwirkung des Kulturkampfes zwischen Berlin und Rom – geschehen sei.13 Die »katholische« und die »evangelische Mission« solle man vielmehr »in einen Wettstreit treten lassen« und dann nach dem »Erfolg« beurteilen, »welche der beiden Missionen den arbeitswilligeren, auch staatsbejahenderen eingeborenen Christen« (322) hervorbringe – eine etwas eigenwillige Variante der Ringparabel aus Lessings Nathan der Weise.
Solch einen Vorzeige-Assimilierten führt Timm in seinem Roman vor: Es ist Simon, der Bambuse, der junge Diener Gottschalks. Simon hatte die Schule der Rheinischen Missionsgesellschaft (vgl. Glocke 1997 u. Panzergrau 1998), einer 1828 gegründeten evangelischen Einrichtung, in Berseba im südwestlichen Afrika besucht. Dort war er als »Katechist« tätig, sprach »fließend Deutsch«, konnte »rechnen und schreiben«, besaß einen »unstillbaren Bildungshunger«, liebte »zielgerichtete« Arbeit und verachtete es, »zu gaffen oder zu schwatzen« (310). Wenn Gottschalk Simon etwas »auf nama« fragt, antwortet Simon »auf deutsch«, weil er von sich behauptet, er könne »nicht mehr richtig nama sprechen« (311; vgl. Rempfer 2011). Simon ist gleichsam ein weißer Schwarzer, der zwar noch als Bambuse eine typische Diener-Funktion in der Kolonialgesellschaft ausübt, sich jedoch ideologisch an die Kultur der deutschen Herrenschicht assimiliert hat.
Neben diesem Beispiel der Überanpassung wird von Brunkhorst auch ein Fall der Pseudo-Assimilierung eines jungen Schwarzen geschildert, der ein klassisches Beispiel der von Homi Bhabha in Die Verortung der Kultur (2000) geschilderten »Mimikri« ist. Brunkhorst schreibt in seinem Bericht über einen jungen Mann, der als Diakon bei einem Missionar, als Buchhalter bei einem Viehhändler und schließlich als Bambuse eines Offiziers sich immer genauso verhält, wie es die deutsche Umgebung von ihm erwartet:
In allen drei Rollen stimmte die Gestik, die Mimik, sogar der Tonfall beim Sprechen verblüffend mit dem seiner Herren überein, aber in allen drei Fällen etwas überzogen und fast karikierend, so daß man nie wußte, ob sich der Hottentotte nicht insgeheim über alle drei lustig machte. (324)
Erziehung zum Konsum: Adam Smith hatte in seinem 1776 erstmals erschienenen Werk über The Wealth of Nations die Botschaft von der Förderung des Gemeinwohls durch persönliche, durchaus egoistische Glücksmaximierung verkündet. Missionar Haddy in Timms Roman versucht das neue kaufmännische mit dem alten religiösen Evangelium zu verbinden, wenn er den Hottentotten die Freude an gottgefälliger Bereicherung und persönlichem Glück predigt. Haddy wird in dem Sinne verstanden, dass man auch als Christ die Rinder der Nachbarn, der Hereros, stehlen darf und gegen ausgelassenes Tanzvergnügen mit kräftigem Alkoholgenuss nichts einzuwenden ist. Die kommerziellen Nutznießer dieser etwas ungewöhnlichen Christenlehre, die Viehhändler und Rumfabrikanten, meinen, »dieser Haddy« sei »Goldes wert« (177), und Missionierung hätte doch ihren guten Sinn, wenn sich alle Sendboten der Kirchen wie Haddy verhielten. Als den ›Abzockern‹ und ›Heuschrecken‹ der Boden zu heiß wird und sie sich aus dem Missionsgebiet absetzen, kehrt Haddy zur traditionellen Bußpredigt mit dem Leitmotiv »Laßt uns ehrbarlich wandeln« (179) zurück. Haddy besinnt sich als Vertreter der wesleyanischen Mission auf seine theologische Herkunft, auf die Prinzipien der Erweckungsbewegung von John Wesley, einem britischen Zeitgenossen von Adam Smith mit dezidiert anderer Botschaft: Nicht mehr die »unsichtbare Hand« (175) von Hermes, dem Gott der Händler, sondern jene des strafenden alttestamentarischen Jahwe wird wieder zum Thema von Haddys nun puritanisch-pietistischen Sermonen – all das zum Ärger seiner schwer zu konvertierenden Gemeindemitglieder, die wieder anfangen, Haddys Gottesdienst entbehrlich zu finden.
Erziehung zur Christlichkeit: In Bethanien wirkt der asketische Missionar Kreft. Ihm ist es gelungen in langer, hartnäckiger Bekehrungsarbeit den regionalen Häuptling wie seine ganze christliche Herde vom Alkohol zu entwöhnen. Kreft, der so gerne die Rolle des strengen Lehrers übernimmt, erhält allerdings selbst eine Lektion erteilt, mit der er nicht gerechnet hat. Während er für einige Tage auf einer kleineren nachbarlichen Siedlung seinem missionarischen Eifer frönt, macht der Branntweinhändler Klügge, der ein riesiges Fass Rum mit sich führt, Station in Bethanien. Er darf sogar mit Genehmigung Krefts, der verheiratet ist, in dessen Haus nächtigen (185ff.). Klügge ist für die Frau des Missionars der Versucher, der mit seiner sexuellen Potenz und dem nicht minder attraktiven Angebot an Rum der Asketin wider Willen zu einem nächtlichen psycho-physischen Hochgenuss verhilft, wie sie ihn noch nie erlebt hat. Das Crescendo einander jagender Lustschreie der beiden während ihres Geschlechtsverkehrs bringt (anders als das Hosianna in der Missionskirche) die ganze Dorfbevölkerung aus dem ›Häuschen‹. Man lauscht in der Nacht vor dem Missionshaus gebannt dem ekstatischen Jubelduo. Alle, inklusive des Häuptlings, werden infiziert vom neuen Enthusiasmus für die körperlichen und alkoholischen Freuden. Gab Klügge im Rausch zuerst an alle kostenlos Rum ab, kehrt bald sein Geschäftsinteresse zurück und er kann Riesenquantitäten des Getränks gegen Bezahlung absetzen. Als der Missionar Kreft nach Bethanien zurückkehrt, fühlt er sich in der Situation des Moses, der nach seiner Abwesenheit entsetzt den »Rückfall ins Heidnische« (189) bei der verlotterten Gemeinde vorfindet: Das orgiastische Springen ums Rumfass entspricht dem Tanz ums »Goldene Kalb« (188). Seine Frau kann Kreft weder durch derbe Flüche noch fromme Sprüche ins Bett zurückbringen, sondern nur durch sexuelle Leistungen, die hinsichtlich Intensität und Dauer jenen nahekommen, mit denen Klügge ihr neue Dimensionen von Lusterfahrung erschlossen hat. Aber die Gemeinde ist vorläufig verloren, denn Klügge hat hier ein ›Fass‹ im sprichwörtlichen Sinne aufgemacht, das nicht mehr zu fließen aufhört.
Erziehung zum Widerstand: Und endlich ist da der streitbare katholische Pater Meisel, der mit der Imitatio Christi Ernst macht und wie der Jesus in den Evangelien seine Not mit den Vertretern der institutionalisierten Religion hat. Sein Orden bestreitet, dass Meisel »überhaupt noch Pater« sei, was ihn selbst bei seiner Arbeit als »Diakon« (342) nicht stört. Auf die eine oder andere Weise ist Meisel immer dabei, den Pharisäern Heuchelei vorzuwerfen und die Händler aus dem Tempel zu vertreiben. »Er pochte«, heißt es im Roman, »auf absolute Lauterkeit und Wahrheit im Glauben«, weswegen es »immer wieder zu Spannungen und Reibereien« mit den »Oberen seines Ordens« (343) kommt. Zudem ist er »bei den Offizieren« der sog. Schutztruppen »gefürchtet als militanter Pazifist« (ebd.). Meisel verkörpert in Timms Roman den »Aufstand des Gewissens« (376), d.h. er wird mit einem Ehrentitel bezeichnet, den man in der Bundesrepublik Deutschland mehr als ein halbes Jahrhundert später dem Widerstand gegen Hitler zuerkannte (vgl. Aufstand des Gewissens 1984). Meisel berichtet über »Ungeheuerlichkeiten« (372), die sich in Deutsch-Südwestafrika nach dem offiziellen Friedensschluss ereigneten:
Gefangene sollen in Lager verlegt werden, aber sie kommen nie an ihrem Bestimmungsort an. Ortschaften fände man, die Pontoks abgebrannt, am Himmel Geier. Die Hottentotten, die sich […] ergeben hätten, habe man auf eine kleine Felseninsel in der Lüderitzbucht gebracht, der sogenannten Haifischinsel. In dem kaltfeuchten Seeklima stürben Frauen und Kinder zu Hunderten. Dahinter stecke leider System. Sogar seine evangelischen Kollegen von der Rheinischen Mission, die sonst ja kaum noch wüßten, was Protestantentum heißt, hätten inzwischen mit Briefen und Eingaben beim Gouvernement und Reichskolonialamt gegen diese Behandlung protestiert. (372f.)
Der Pater geht aber weiter. Er schildert »die Situation der Eingeborenen in Briefen« und schickt sie »an sozialistische Zeitungen nach Deutschland, Schweden und in die Schweiz« (373). Er meint, dass die Soldaten die inhumanen Befehle der Generalität nicht ausführen dürften. Sie sollten sich mit einer Entschiedenheit gegen sie wenden, wie zur napoleonischen Zeit »Graf York von Wartenburg bei Tauroggen« (375) seinem König den Gehorsam verweigert habe, um von seiner Armee und auch vom preußischen Staat Schande abzuwenden. Und man könne hier auch aus dem Neuen Testament lernen, denn schließlich habe »Saulus, der die Christen hetzte«, sich zu »Paulus« (ebd.) gewandelt, der die Sache der Jesus-Anhänger zu seiner eigenen gemacht habe.
Der Begriff »Theologie der Befreiung« wurde erst vor wenig mehr als 40 Jahren in die Debatte um Religion und Gesellschaft eingeführt. Der peruanische Geistliche Gustavo Gutiérrez prägte ihn 1972 mit seiner Schrift Teologia de la liberación. Das Buch wurde in kurzer Zeit ein Bestseller und bestimmt seitdem die Diskussion innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche, wenn es um gesellschaftliche Reformen und soziale, religiös verankerte Ethik in Lateinamerika geht (vgl. Ellacuria/Sobrino 1995 u. 1996). Aber bereits zwei Jahre zuvor hatte der afroamerikanische protestantische Theologe James H. Cone mit dem Buch Black Theology and Black Power (1969) eine vergleichbare befreiungstheologische Schrift verfasst (vgl. ferner Cone/Willmore 1993). Im heutigen Afrika ist der Kleriker und Politiker Allan Boesak aus Kapstadt einer der einflussreichsten Vertreter dieser Richtung (vgl. Baesak 1976 u. 2008). Der Begriff der Theologie der Befreiung ist zwar neu, aber er bezieht sich auf eine religiös-gesellschaftliche Praxis, die seit Jahrhunderten besteht und sich überall in den europäischen Kolonien Amerikas, Afrikas und Asiens bemerkbar machte. Es geht dabei darum, mit Hilfe der christlichen Botschaft den Armen eine Stimme zu geben, sich gegen Ausbeutung, Versklavung und Entrechtung zu wehren. Auch in Morenga werden Situationen geschildert, in der die zum Christentum bekehrten Afrikaner befreiungstheologisch argumentieren, um sich im Sinne des neuen Glaubens, d.h. unter Berufung auf das Neue Testament, gegen die Unterdrückung der Weißen wehren zu können.14
Mit der Konversion des Paulus wird in Morenga eines der wichtigsten Themen dieses Buches angeschnitten, das des Glaubenswechsels.15 Dieser Wechsel steht nicht nur im Zeichen divergierender Missionierungsabsichten, sondern wird auch von den Konvertiten ganz unterschiedlich verstanden. Die Vertreter des politischen und ökonomischen Kolonialismus hatten sich von der Missionierung eine Unterstützung ihrer Ansprüche in Afrika versprochen. Dass die christliche Religionslehre aber auch einen destabilisierenden Einfluss haben kann, zeigt im Roman nicht nur das Beispiel des Paters Meisel, sondern auch die Tatsache, dass die konvertierte einheimische Bevölkerung sich wiederholt mit biblischen Argumenten gegen den Herrschaftsanspruch der Europäer auflehnt.
In Timms Roman wird von zwei Fällen berichtet, in denen sog. falsche Propheten die Legitimation von Mission und Kolonialmacht mit biblischen Argumenten bestreiten. Da ist zunächst – Jahrzehnte vor dem Beginn der Kolonisierung Südwestafrikas durch die Deutschen – ein »eingeborener Kirchendiakon« (116), der in Bethanien auftaucht und sich bald als veritabler theologischer Gegner des Missionars Knudsen entpuppt. Unter Berufung auf die Bibel, besonders auf den Brief des Jakobus, stellt er Luthers fundamentale protestantische »sola fides«-Lehre infrage, nach der der Mensch die von Gott verlangte Gerechtigkeit nicht durch gute Werke verdienen, sondern nur durch den Glauben erlangen kann. Im Jakobus-Brief 2,24, so argumentiert der Diakon, stehe klipp und klar: »So sehet ihr nun, daß der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein.« (Ebd.) »Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer«, heißt es zuvor bei Jakobus (1,22). Zudem kann der Diakon belegen, warum »aus Bösem […] Gutes werden« kann (ebd.). Denn Jakobus berichtet von der Hure Rahab (2,25), die trotz ihres schlechten Lebenswandels Gutes tut, wenn sie Josuas Kundschafter das Leben rettet und damit die Voraussetzung für die Eroberung von Jericho schafft. Wenn es aber ans Handeln geht, so liefert der Brief des Jakobus eine Reihe von Glaubensargumenten, warum den Armen geholfen werden muss und warum die Reichen mit ihrem Besitz und ihrer Lebensweise keine Achtung verdienen. Diese Lehren wendet der Diakon auf die Verhältnisse in seiner südwestafrikanischen Gegenwart an und doziert über den lebenswichtigen Diebstahl von Rindern, ein Diebstahl, der an sich etwas Böses sei, aus dem aber Gutes werde. »Wenn der Allmächtige«, so argumentiert er, es zulasse, dass die Kinder des Stammes an Hunger sterben, »nur damit die Rinder der Reichen weiterleben können«, dann sei »Knudsens Gott der allmächtige Gott der Rinder, aber nicht der Hottentotten und erst recht kein gütiger Gott« (117).
Die in der Missionskirche versammelten Gemeindemitglieder spenden dem Diakon Beifall. Knudsen aber hat von Anfang an seine Sache auf Gott gestellt und ohne Kompromisse die reine Lehre Jesu nach offizieller protestantischer Lesart durchzudrücken versucht. Vor allem will er den Nama ihre seit Jahrhunderten bestehende Gewohnheit des Viehdiebstahls bei den Hereros austreiben. Die Befolgung des siebten Gebots aus dem Moses-Dekalog hat Knudsen während seines »neunjährigen Ringens um das Seelenheil der Hottentotten« (111) ins Zentrum seiner katechetischen Anstrengungen gerückt. Knudsen verliert seine Anhänger und kehrt »zermürbt« (116) in seine norwegische Heimat zurück. Er muss erkennen, dass sich die Eingeborenen gerne die Stellen aus der »Heiligen Schrift […] herauspicken, die sich gegen die Reichen, dann gegen die Obrigkeit und schließlich sogar gegen die Missionskirche richten« (118).
Ein weiterer sog. falscher Prophet macht der deutschen Kolonialobrigkeit 1904/05 das Leben schwer. Er heißt Shepperd oder Stürmann, und sein Name ist mit ›Schafhirt‹ und ›Steuermann‹ Programm.16 Stürmann hat als »Stallknecht in Kimberley« eine Christuserscheinung gehabt und meint vom Glaubensgründer den »Auftrag« erhalten zu haben, den »schwarzen Menschen das Evangelium zu verkünden« (70). Es geht ihm um ein partielles Bekehrungswerk, nämlich speziell um »die Erlösung für das Namavolk« (72). Wie bei Pater Meisel und dem Diakon in Knudsens Missionskirche ist auch für Stürmann Christus vor allem jene Vorbildfigur, die die »Wucherer« aus dem »Tempel« vertreibt (ebd.). Nachfolge Christi bedeutet für ihn die Verbannung der Deutschen aus Südwestafrika. »Gott«, der »Herr der Heerscharen« gebrauche ihn, »um ein Königreich zu zerschlagen« (ebd.). Theodor Leutwein, der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, erklärt dieses Vorhaben in einem von Timm zitierten Brief an den Reichskanzler vom November 1904 als »religiösen Wahnsinn« (ebd.). Stürmann beruft sich (wie in der Vergangenheit der Diakon in Bethanien) vor allem auf den Jakobusbrief (2,5f.), wenn er in den »Bergpredigten« genannten Reden die doppeldeutige Stelle zitiert:
Höret zu, meine lieben Brüder! Hat nicht Gott erwählt die Armen auf dieser Welt, daß sie an Glauben reich seien und Erben des Reichs, welches er verheißen hat denen, die ihn lieben? Ihr aber habt den Armen Unehre getan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt an euch üben und ziehen euch vor Gericht? (69)
Wie Jahrhunderte zuvor die Bauern in Europa biblizistisch den Krieg gegen die Adligen begründeten (vgl. Blickle 2004), zieht Stürmann als ›Gottesstreiter‹ in den Krieg gegen die deutschen Schutztruppen. Es gelingt ihm den Nama-Häuptling Hendrik Witboi für seine militanten Pläne zu gewinnen (vgl. Witbooi 1982). Als dann die unausweichlichen Niederlagen folgen, erklärt Stürmann sie mit dem »Unglauben der Kämpfer« (74). Der »Prophet« verschwindet aus dem Kampfgebiet, bleibt eine Weile verschollen (75), wird dann später jedoch in der Kapkolonie aufgegriffen und gehängt (76). In Timms Roman wird berichtet, dass Stürmann das Schlagwort »Afrika den Afrikanern« (74) erfunden haben soll. Wenn das auch nicht zu beweisen ist, kommt diese Losung des Antikolonialismus damals jedenfalls auf.
Konversionen kamen in der Kolonialzeit nicht nur bei Afrikanern vor, sondern auch bei Europäern. Das Going native war ein offiziell geächtetes, aber nichtsdestoweniger häufig praktiziertes Verhalten. Definiert wird der Begriff in der postkolonialen Theorie so:
The term indicates the colonizer’s fear of contamination by absorption into native life and customs. The construction of native cultures as either primitive or degenerate in a binary discourse of colonizer/colonized led, especially at the turn of the century, to a widespread fear of »going native« amongst the colonizers in many colonial societies. […] But »going native« could also encompass lapses from European adoption and even enjoyment of local customs in terms of dress, food, recreation and entertainment. (Ashcroft/Griffiths/Tiffin 1998: 115)
Gottschalk in Morenga etwa unterhält zeitweilig eine Liebesbeziehung zu Elisabeth, einer Eingeborenen. Seine militärische Umgebung diffamiert das Verhältnis als »Verkafferung« (151). Leutnant Wolf meint, »gerade an der Widerstandsfähigkeit gegen diesen schwarzen Sog zeige sich Rasse und wahrer Charakter« (ebd.). Gottschalk selbst sieht das anders und meint, man könne von den Hottentotten Tugenden wie »Herzensbildung« (153) lernen. Ursprünglich hatte Gottschalk vor, Farmer in Deutsch-Südwestafrika zu werden (19), doch nach den Kriegserfahrungen will er nicht mehr Teil eines inhumanen kolonisierenden Systems sein, dessen Symbol die »Nilpferdpeitsche« (98) ist. Er kehrt nach Deutschland zurück, um dort eine Laufbahn als Wissenschaftler einzuschlagen.
Entschiedener verläuft die Hinwendung zur Kultur der Einheimischen bei Unterveterinär Wenstrup. Der behandelt seinen Bambusen, der bezeichnenderweise Jakobus heißt, nicht wie einen Diener, sondern stellt ihn als Lehrer ein, der ihm die Sprache der Nama beibringt (52). Wenstrup, der zum Anarchismus tendiert, assimiliert sich auch in seinem Aussehen an die Einheimischen, beginnt also »denen zu ähneln, die zu bekämpfen er hergeschickt worden war« (63). Er will nicht in Konflikte mit den Hottentotten geraten, deren soziale, auf gegenseitiger Hilfe basierende Kultur er schätzt, und wird zum Deserteur und Überläufer. Im Roman ist er der Verschollene, der sich möglicherweise in die Kapkolonie abgesetzt hat (101).
In der Zeit des Kolonialismus trafen Kulturen aufeinander, die nur geringe Anschlussmöglichkeiten boten, weil sie ganz andere Basiselemente aufwiesen. Chancen auf einen beide Seiten inspirierenden Kulturdialog wurden von den offiziellen kolonisierenden Institutionen in Politik und Kirche nicht wahrgenommen, weil man wie selbstverständlich von der Überlegenheit der eigenen Zivilisation ausging. Ansätze zu postkolonialen Einstellungen finden sich lediglich bei Personen, die den Erwartungen der offiziellen Institutionen nicht entsprechen. Doch sogar bei ihnen halten die Romanciers letztlich nur Situationen des Scheiterns fest: mit teils tragischen, teils komischen Konsequenzen. Bei Timm zieht sich Gottschalk aus dem kolonialen Projekt angewidert zurück. Wenstrup versucht zwar den Seitenwechsel in die afrikanische Kultur, doch bleibt offen, ob er dabei erfolgreich ist. Die christlichen Missionare, so unterschiedlich sie auch ihre Aufgabe anpacken, verkünden eine Botschaft, die von den Einheimischen nicht als froh und heilbringend verstanden wird. Die postkolonialen Romane lassen uns die kolonialen Irrwege besser verstehen. Vielleicht fungieren die überzeugendsten unter ihnen gerade wegen ihres literarischen Unterhaltungswertes als Beiträge zu einer entstehenden Ethik transkontinentaler Kulturverständigung im Zeichen von Menschenrecht und Menschenwürde. Dazu befähigt den Roman von Uwe Timm nicht zuletzt ein historisches Bewusstsein seines Erzählers. Dieses Bewusstsein zeigt sich auch darin, dass wiederholt auf den Kulturbruch hingedeutet wird, der nur wenige Jahrzehnte später mit Krieg und Holocaust offen zu Tage tritt.
* | Diesen Aufsatz konnte ich während der drei Monate als Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) im Sommer 2012 schreiben. Mein Dank gilt für Einladung und Betreuung Werner Frick und Gesa von Essen.
1 | Auf S. 15 definieren die Herausgeber die »[p]ostkolonialen Studien als kritische kulturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Zustand der globalisierten Welt, d.h. mit der Geschichte und Gegenwart von Kolonialismus und Imperialismus, westlichen Dominanzkulturen und Ethnozentrismen sowie kapitalistischer Globalisierung«. Zum Thema vgl. auch Febel 2012.
2 | Vgl. dazu Oberprieler 1991; Horn 1995: 93–117; Ridley 1995; Kußler 1995; Wilke 2001; Agossavi 2003: 37–67; Baumbach 2005; Albrecht 2006; Holdenried 2011.
3 | Vgl. dazu Agossavi 2003c; Göttsche 2012; Buch /Lubrich 2009.
4 | Vgl. dazu Gerhard 2009.
5 | Vgl. dazu Schwarz 2012.
6 | Vgl. dazu die kontroverse Besprechung bei Diez 2012; ferner Lovenberg 2012; Lützeler 2012.
7 | Vgl. dazu Agossavi 2009a.
8 | Vgl. dazu Lü 2005. Zur Geschichte der Region vgl. Schultz-Naumann 1985; Gerber 2002; Herold 2006; Jung-Diestelmeier 2010.
9 | Vgl. dazu die Einleitung bei Lützeler 2005.
10 | Krieger o.J. – Auf S. 88 findet sich dort unter dem Datum 31. August 1907 der Abschnitt: »Dann wird unser deutsches Volk der Granitblock sein, auf dem unser Herrgott seine Kulturwerke an der Welt aufbauen und vollenden kann. Dann wird auch das Dichterwort sich erfüllen, das da sagt: ›An deutschem Wesen wird einmal noch die Welt genesen‹.«
11 | Herbert Uerlings hat zu Recht den Aspekt des interkulturellen Erzählens in diesem Roman betont (vgl. Uerlings 2001). Allerdings wäre die Gattungsbezeichnung »interkultureller Roman« zu allgemein, und so bleibt es hier bei der Kennzeichnung von Timms Morenga als historischem Roman postkolonialer Provenienz. Zu den gattungstypologischen Aspekten vgl. vor allem Car 2012.
12 | Vgl. Pakendorf 1993 u. Gomsu 2004. – In beiden Aufsätzen wird allerdings nur auf die beiden sog. falschen Propheten eingegangen. Dass Timm Originaldokumente aus der Geschichte der Afrika-Missionierung – besonders aus den Archiven der Rheinischen Mission – extensiv verwertet hat, wird nachgewiesen bei Schmiedel 2007.
13 | Vgl. Schmidlin 1913. Dieses umfangreiche und aufwendig gestaltete Buch erschien mit der devot-patriotischen Widmung »Seiner Majestät dem Kaiser zum Regierungsjubiläum widmet in Ehrfurcht dieses Werk das Internationale Institut für missionswissenschaftliche Forschung.«
14 | Auch Gomsu benutzt in seinem Aufsatz Die Zeit der Erlösung ist nun gekommen (2004) auf S. 92 den Begriff des »Befreiungstheologen«, wenn er Shepperd/Stürmanns Verhalten charakterisiert.
15 | Vgl. Wiesberger 1990; Hefner 1993; Mills/Grafton 2003; Leone 2004; Bremmer/Bekkum/Molendijk 2006; Washburn/Reinhart 2007; Pitassi/Solfaroli 2010.
16 | Gomsu 2004 weist in Die Zeit der Erlösung ist nun gekommen auf S. 94 darauf hin, dass mit »Stürmann« auch »Sturmann« und »Störmann« assoziiert werden kann.
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