Editorial

Innerhalb der Interkulturalitätsforschung tragen literatur- und sprachwissenschaftliche Untersuchungen nicht nur zur Erweiterung des Arbeitsfeldes, sondern erheblich zur analytischen Differenzierung relevanter Fragestellungen bei, auch weil sie den historischen Dimensionen der Interkulturalität in einem hohen Maße verpflichtet sind. Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift für interkulturelle Germanistik bietet hierfür exemplarische Fallstudien. Amelie Bendheim erschließt das in früheren Heften bereits erörterte Thema der Mehrsprachigkeit (s. z.B. Heft 2 / 2012) für den Bereich der mittelalterlichen Literatur. Für das 18. Jahrhundert führt Arne Klawitter aus, dass das Interesse an der chinesischen Kultur nicht in der verbreiteten RokokoMode der Chinoiserie aufgeht; es geht in eine umfassende Ästhetik des Exotischen über. Heiko Ullrichs Beitrag erörtert die Wahrnehmung Südafrikas in der deutschen Kolonialliteratur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Levan Tsagareli macht mit einem 1937 in Deutschland geschriebenen und erstpublizierten Roman des georgischen Autors Grigol Robakidse bekannt. Tobias Akira Schickhaus führt mit seinem Beitrag über theatrale Kommunikationsstrategien in einer 2015 veröffentlichten Essaysammlung von José F.A. Oliver in den Bereich der Gegenwartsliteratur. Und Heinz Sieburg plädiert schließlich in seinem sprachwissenschaftlichen Beitrag zur Verschränkung der Kategorien von Geschlecht und Kultur dezidiert für eine historisch-ethnologische Perspektivierung dieser brisanten Konstellation.

Die Beiträge in den Rubriken Forum und Literarischer Essay bilden eine thematische Einheit, insofern sich der Beitrag von Thomas Keller zur pataphysischen Komik und von Rudolf Münz zur Harlekin-Figur mit Erscheinungsformen des Komischen beschäftigen, die, wie Dieter Heimböckel in seiner Einführung zu Münz’ Essay Das Harlekin-Prinzip bekräftigt, für die Interkulturalitätsforschung noch zu entdecken sind.

Rezensionen, der Tagungsbericht zu einer Veranstaltung an der Universität Izmir sowie die Rubrik GiG im Gespräch komplettieren diese Ausgabe.

Das zweite Heft dieses Jahres wird gemäß dem Turnus wieder ein Themenheft sein. Herausgegeben von Iulia-Karin Patrut, wird es sich dem Thema Poetiken des Übergangs widmen.

Bayreuth und Esch-sur-Alzette im Mai 2019

Wilhelm Amann, Till Dembeck, Dieter Heimböckel, Georg Mein, Gesine Lenore Schiewer, Heinz Sieburg