Memory Meets Sea

Einleitung

Irina Gradinari

Abstract

The sea, a special ecosystem with a special materiality, was long unable to become a medium for humankind’s cultural memories (at least under the prevailing confrontational national policies), and has long largely escaped political control and exploitation. Increasingly, however, Western literary and cinematic works have been linking the sea with memory, especially when themes of political transformation and the dissolution of borders are in the foreground. Current cultural interest in the sea can be traced to the transcultural phenomena that led to globalisation, expansion of communication channels, cross-border mobility, migration, refugeeism and the formation of the European Union. The sea offers a special space in which interdependencies and shifts, cultural de-differentiation and a fusion with the Other can be fostered, thus allowing for the creation of new genealogies and new paradigms in global (memory) politics. Not only does the sea make life possible – it also functions as a source and medium of new symbolic and epistemological frameworks. The following essays approach the sea from a historical and intermedial perspective, focusing on the aesthetic as well as the changing cultural functions of the sea.

Title:

Memory Meets Sea. Introduction

Keywords:

sea; transcultural phenomena; memory politics; new epistemology; interculturality

Das Meer als transkultureller Gedächtnisraum?

Das Meer stellt seit dem antiken Epos Odyssee einen zentralen Topos, wenn nicht gar einen Ursprungsmythos der westlichen Kultur dar. Das Narrativ der explorativen Seefahrt hat nicht zuletzt jene Reiseepistemologie gesetzt, in deren Rahmen spätestens seit der Frühen Neuzeit Formen und Techniken moderner Wissensgenese entstehen konnten (vgl. Blumenberg 1973; Gradinari / Müller / Pause 2016). Weniger verbunden scheint es hingegen mit jenen Wissensparadigmen, die auf Speicherung, Archivierung und Tradierung basieren. Das Meer selbst entzieht sich jeder Fixierung und Erfassung, es lässt sich nur in »Abschnitten« betrachten (Corbin 1990: 39), bleibt ein vorwiegend mythischer »Zwischenraum, in dem die Helden sich verlieren oder finden, sich angesichts einer thalassischen Natur […] bewähren müssen« (Baader / Wolf 2010: 8). So sind das Meer und das Gedächtnis in ihrer kulturellen Funktion wie auch in ihrer epistemologischen Kontextualisierung gegensätzlich. Vor allem verläuft zwischen Meer und Erinnerungen eine bis heute wirkmächtige, wenn auch viel kritisierte epistemologische Grenze zwischen Natur und Kultur. Aufgrund dieser impliziten Zuordnung zeichnen sich das Meer und die kulturelle Erinnerung grundsätzlich durch verschiedene Zeitlichkeiten aus, die schwer zu synchronisieren sind. Das Meer scheint zwar nicht jenseits menschlicher Geschichte und politischer Regelungen zu stehen – es spielt eine große Rolle in der Handels-, Eroberungs- und Kolonialisierungsgeschichte und auch in allen Kriegen des 20. Jahrhunderts –, übersteigt diese jedoch als ein besonderes eigenständiges Ökosystem. Es gab das Meer, bevor die Menschheit überhaupt entstanden ist, und es wird vermutlich auch nach dem Verschwinden der Menschen das Meer geben – vorausgesetzt, wir tun nicht (weiterhin) alles dafür, dass der Planet mit uns verschwindet. Das Meer ist also mit seinen »täglichen Zyklen und seine[r] Jahrmillionen währenden Geschichte« (ebd.: 10) kaum vereinbar mit menschlichen und zudem sehr diversen, nationalspezifischen Geschichten wie deren Historiografien.

Weiterhin stellt das Meer keinen (stabilen) Raum dar bzw. lässt sich schwer als Raum fixieren. Für das kulturelle und kollektive Gedächtnis sind dagegen topografische, historische wie symbolische Lokalisierungen von besonderer Bedeutung, wie sie zuerst durch den französischen Historiker Pierre Nora (vgl. 2005) als lieux de mémoire erfasst wurden (vgl. auch A. Assmann 1996; Schmidt 2004). Für die Formung, Funktionsweise und Regulierung von kulturellen, kollektiven, nationalen, sozialen wie individuellen Gedächtnissen erscheinen symbolische, imaginative und historische Orte als konstitutiv, aber auch konkrete Produktionsorte und -trägerinnen des Gedächtnisses, etwa Archive, Bibliotheken, Museen, Denkmäler oder besondere Bauwerke. Aus diesem Grund nehmen Räume (vgl. Niethammer 2000: 364) oder vielleicht sogar Orte (vgl. Hall 2018: 127), die in der Regel durch staatliche Institutionen verwaltet werden, als epistemologische und vor allem medial-ästhetische Kategorien eine zentrale Rolle in nationalen Erinnerungsdebatten ein. Das Meer kann zwar zum (universellen und existenziellen) Topos werden (vgl. z.B. Wolf 2013), entzieht sich jedoch einer konkreten historischen Situierung und Verortung und wirkt daher der memorialpolitischen Eingrenzung und Festlegung tendenziell entgegen. Meere und Ozeane gehören zum größten Teil keiner Nation, auch wenn sie spätestens seit dem Mittelalter zum Gegenstand politischer, militär-strategischer oder wirtschaftlicher Interessen diverser Staaten wurden (vgl. Blume u.a. 2019). Die Verarbeitungskraft des Meeres wirkt auf die Erinnerungskultur entpolitisierend und generell eher der menschlichen Geschichte entgegen – sie zersetzt überflutete Städte und untergegangene Schiffswracks, Güter und Schätze bis vielleicht auf Industrie- und Plastikmüll, der die Meeresorganismen vergiftet und vernichtet. Seit es die Tiefseeforschung gibt, wird zwar über das Gedächtnis des Meeres gesprochen, das jedoch das Wissen der Menschheit herausfordert und die anthropozentrische Perspektive auf die Historie erschüttert (vgl. Wolf 2013). Nicht zufällig war und bleibt das Meer daher zum größten Teil Quelle mythischer Imaginationen, die in naturwissenschaftliche Epistemologien hineinreichen (vgl. Adamowsky 2017).

Letztendlich existiert das Meer in seiner eigenen Materialität, aus der das planetarische Leben hervorgegangen ist und die einen konstitutiven und lebenserhaltenden Bestandteil der Biosphäre darstellt. In dieser alles übersteigenden Lebens- und Kraftdimension des Meeres, ja in ihrer alles überwältigenden Materialität, kann es auch nicht zum Medium im Allgemeinen und schon gar nicht zum Medium kollektiver Gedächtnisse im Besonderen werden; es kann nie ganz aktuellen Politiken unterworfen werden. Es entzieht sich zum größten Teil auch der Symbolisierung und der Metaphorisierung – und eben aus dieser Ungreifbarkeit speist sich sowohl die Faszination für das Meer als auch die Furcht vor ihm. Kulturelle Erinnerungen sind hingegen mediale Produkte, sie entstehen mit und durch schriftliche und seit kurzem auch audiovisuelle Medien (vgl. Erll / Nünning 2004; 2005; Gradinari 2020). Erst solche Medien haben eine langfristige Wissenstradierung sowie die Herausbildung kollektiv geteilten Wissens möglich gemacht, das auf die individuelle und kollektive Wahrnehmung zurückwirkt und so auch politisch an Bedeutung gewinnt. Wie und mit welchen Effekten konnte also das Meer nun doch zum Raum transkultureller Erinnerungen werden?

Wo das Meer als Erinnerungsraum an Bedeutung gewinnt, werden tradierte Praktiken des Erinnerns und die etablierten epistemischen Paradigmen insgesamt herausgefordert. Denn der Fokus auf das Meer verschiebt besonders in der Gegenwart Wissensformen und -inhalte: Vor dem Hintergrund der historischen Nichtfixierbarkeit des Meeres werden in kulturellen Imaginationen die Akzente auf Verflechtung und Fluidität, Grenzauflösung und globale Perspektiven gelegt. Auch die eigene Wirkkraft des Meeres rückt nun als nie abschließend signifizierbare und nie völlig bewusst zu machende Affektion in den Vordergrund, wodurch sich das Erleben und somit die Grenzen des Wissbaren (vgl. dazu auch Pause 2016) entfalten. Die Gründe dafür sind politischer Natur – eine neue globale kapitalistische Weltordnung, die Mobilität und internationale Kommunikation gefördert und nationale Erinnerungskulturen transformiert hat. Das Meer gewinnt also im Zusammenhang mit Phänomenen wie Transkulturalität und transnationalen Gedächtnissen stark an Bedeutung; es wird von einem Ort der Passage zwischen den Kulturen zu einer Kontaktzone. Transkulturalität erfordert die Transformation kollektiver Erinnerungen, die aufgrund ihrer nationalen Spezifik nicht imstande sind, aktuelle Veränderungen von Gemeinschaftsbildungen und Identitätsprozessen zu erfassen und zu legitimieren. Im Zuge der Reflexion dieser Bedeutungszunahme des Meeres für kulturelle Erinnerungen, in denen das Meer vor allem als ein aktualisiertes »gewaltiges Reservoir von Daseinsmetaphoriken« (Wolf 2013: 15) fungiert, wird wiederum grundsätzlich deutlich, dass wir einen neuen, noch zu entwickelnden epistemologischen Rahmen benötigen, der konsequent das Meer mit Kulturen verbindet bzw. Kulturen als Bestandteil der planetarischen Biosphäre begreift und so eine andere Verantwortung dafür einfordert (z.B. Chakrabarty 2015). Die Literatur und der Film handeln, indem sie das Meer zu einem geteilten Ort erheben, somit ein neues Wissensparadigma aus, das sich heute immer noch erst in der Entwicklung befindet.

1. Auflösung nationaler Gedächtnisse

Diese neue Bedeutung des Meeres korreliert mit einem Wandel kultureller Gedächtnisse insgesamt. Kulturelle Erinnerungen sind sozial-politische Konstrukte, die zwar nicht einfach von oben auferlegt und kontrolliert werden können, sich jedoch durch eine starke Abhängigkeit von staatlichen politischen Prozessen auszeichnen: Vor allem hat sich das Konzept des kulturellen und kollektiven Gedächtnisses für Nationalstaaten als konstitutiv erwiesen; daher hat der Staat umgekehrt intensiv die Entwicklung von Erinnerungskultur(en) (oft homogenisierend und in bestimmten Bereichen) gefördert (vgl. z.B. Cornelißen 2003). Politische Ordnungen der Gegenwart bedürfen also einer entsprechenden Diskursivierung der Vergangenheit, aus der heraus aktuelle Gesellschaften mitsamt ihren Identitätsentwürfen legitimiert werden können (vgl. J. Assmann 1988; A. Assmann 1999). Während das kulturelle Gedächtnis etwa durch Bildung, Wissensverwaltung und Archivierung auf die Form der Kultur Einfluss nimmt, geht es im Falle des kollektiven oder nationalen Gedächtnisses um einen meta-politischen Diskurs, durch den Bürger*innen an einer gemeinsam ausgehandelten Vergangenheit teilhaben können und sich so einer Gemeinschaft zugehörig fühlen. Das wurde zum Beispiel nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Kalten Krieges deutlich, also nach jenen politischen und ideologischen Veränderungen auf globaler Ebene, im Zuge derer Staaten in Osteuropa die Geschichte neu gedeutet haben, um diese als politisches Argument nutzbar zu machen (vgl. Binder / Kaschuba / Niedermüller 2001; Troebst 2013).

In diesem Zusammenhang wurde das Gedächtnis je nach kultureller Funktionsweise unterschiedlich beschrieben: Entsprechend ihrer Institutionalisierungsform werden etwa kulturelles (archiviertes und langfristiges) und kommunikatives (orales und kurzlebiges) Gedächtnis (vgl. J. Assmann 1988; etwas anders bei Welzer 2005), kollektives (vgl. Halbwachs 1985; Erll 2011a), soziales (vgl. A. Assmann 2000; Welzer 2001) und nationales Gedächtnis (vgl. A. Assmann 1993) oder offizielles und okkupiertes Gedächtnis (vgl. Arnold 1998) unterschieden. Hinsichtlich seines Gebrauchs wurde das Gedächtnis als Speicher- und Funktionsgedächtnis (vgl. A. Assmann 1995) oder als informatives und kreatives Gedächtnis (vgl. Lachmann 1993) beschrieben. Die Form der Weitergabe von Wissen fand im Familien- und Generationsgedächtnis (vgl. Halbwachs 1985; J. Assmann 1995) ihren Ausdruck. Weil das kollektive Gedächtnis formbar ist und dabei eine große persuasive Kraft besitzt, wurden staatliche Interventionen und Regulierungen der kulturellen und kollektiven Erinnerungen durch Gesetze, Gedenkpolitik, Finanzierung oder öffentliche Rituale auch unter den Konzepten Erinnerungspolitik (vgl. Reichel 1995), Vergangenheitspolitik (vgl. Frei 1996) und Gedächtnispolitik (vgl. Wolfrum 1999) untersucht. Das kulturelle wie das kollektive Gedächtnis sind in jedem Fall auf Medien angewiesen (vgl. Erll / Nünning 2004; Gradinari 2020), da erst durch Medien so etwas wie ein kollektives Archiv aufgebaut und ein kollektiver Konsens ausgehandelt und hergestellt wird, durch die eine Erinnerungsgemeinschaft entstehen kann. Darauf weist nicht zuletzt die gestiegene Zahl der Forschungsarbeiten von Historiker*innen zu musealen, literarischen, fotografischen und filmischen Artefakten hin. Erinnerungen lassen sich nicht allein an historischen Dokumenten erforschen. Zu beobachten ist daher auch eine Intensivierung der Debatten um die Vergangenheit in der Gegenwart, zum Beispiel um den Zweiten Weltkrieg. Medien produzieren im Lauf der Zeit immer mehr Stoff, immer neue Bilder und Narrative, welche über die Zeit immer stärker akkumuliert werden (vgl. ebd.). Diese ›Erinnerungsdokumente‹ lassen Vergangenheit nicht einfach nicht ›vergessen‹, sondern formulieren diese nach unseren aktuellen sozialpolitischen Bedürfnissen immer wieder um. Die Medialität koppelt dabei zum einen das Gedächtnis vom individuellen Erinnerungsvermögen ab. Im Zuge dessen schreibt sie zum anderen ihre mediale Spezifität in die Form des Gedächtnisses und das Verbreitungsausmaß der Erinnerungen ein (vgl. Erll 2004: 6, 11). So wurde das Gedächtnis nicht zufällig anhand von Literatur, Bildern, Filmen oder Denkmälern untersucht und u.a. als bildliche Tradierung von Pathosformeln (vgl. Warburg 2000), als postmemory (vgl. Hirsch 1997), als soziales Bildgedächtnis (vgl. Brink 1998), als prothetisches Gedächtnis (vgl. Landsberg 2004) oder als Sammlung von Nachbildungen (vgl. Ebbrecht 2011) beschrieben, um nur einige wenige Konzepte zur Schnittstelle Erinnerung / Medialität zu erwähnen. Die meisten dieser theoretischen Überlegungen wurden in der Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg – genauer: im Zusammenhang mit der Kritik am Nationalsozialismus und der Erfassung des Ausmaßes des Holocausts – entwickelt. So müssen sowohl die Form des Gedächtnisses als auch seine wissenschaftliche Theoretisierung als spezifische historische Erscheinungen verstanden werden, die sich ständig aufgrund von politischen und medialen Änderungen wandeln und sich daher durch diskursive Dynamik, Konflikte und Prozesshaftigkeit auszeichnen (vgl. Erll 2011a). Diese Erinnerungsarbeit stand bis vor kurzem vor allem im Dienste nationaler Interessen. Oder vielleicht sogar umgekehrt: Die Entstehung der Erinnerungskulturen, in denen die Vergangenheit eine große politische Kraft besitzt und kollektive (und daher im Grunde genommen für das Individuum fremde) Vergangenheiten zu Bestandteilen individueller Selbstbilder und Identitätsprozesse der Gegenwart werden lässt, ist mithin nicht zuletzt auf die Medialisierung westlicher Gesellschaften zurückzuführen, die der Vergangenheit eine erzählbare und bildlich tradierte Form verliehen. Verschiedene (besonders aber audiovisuelle) Medien schaffen nicht nur solche Bilder, sondern popularisieren diese auch, lassen sie zirkulieren und binden sie in aktuelle Diskurse ein, wodurch sie in der Gegenwart identitätsstiftend wirken (vgl. Gradinari 2020).

Zugleich bewirken die Medien durch ihre Genrehaftigkeit und Transmedialität eine Uniformierung und Stereotypisierung der Wissensbestände, die deren Verbreitung über die Grenzen hinaus fördert. Die Medialisierung hat also jene Globalisierungsprozesse verstärkt, die durch die Entstehung der internationalen Großkonzerne und durch die politische Umformung der Welt in den letzten drei Jahrzehnten angestoßen wurden und die so die Grenzen und Interessen der Nationalstaaten längst überstiegen haben. Phänomene wie (Arbeits-)Migration und Flucht fordern beispielsweise spezifische nationale Gedächtnisse heraus (vgl. z.B. Leggewie 2009); aber auch die Erweiterung der Europäischen Union durch mittel- und osteuropäische Staaten löste im Europäischen Parlament Kontroversen über das Verhältnis zwischen dem Nationalsozialismus und dem Stalinismus aus und warf in diesem Zusammenhang Fragen nach einer gesamteuropäischen Erinnerungspolitik auf (vgl. Troebst 2013). Zu beobachten ist also eine Öffnung und daher ein Wandel nationaler Gedächtnisse, die durch transnationale und transmediale Phänomene herausgefordert sind und nun neu gedacht werden müssen, um politisch wirksam zu bleiben.

2. Transkulturalität

Die Entwicklung von Verkehrs- und Kommunikationssystemen sowie der globale Kapitalismus haben also symbolische Staatsformen grundsätzlich verändert, wobei es die Vorstellungen von Kulturen als homogenen Entitäten nie richtig gab, nicht einmal in der viel und kontrovers diskutierten Kulturtheorie von Johann Gottfried Herder (vgl. dazu Dembeck 2010), die gerne als Zeugnis für einen obsoleten, geschlossenen Kulturbegriff zitiert wird (z.B. bei Welsch 2009). Transkulturalität und die ihr zur Seite gestellten Konzepte der Transnationalität und Transstaatlichkeit (vgl. Hühn u.a. 2010) sind aktuell verstärkte oder vielleicht eher aktuell verstärkt beobachtbare kulturelle Phänomene, die im Zuge gegenwärtiger sozialer und technologischer Konjunkturen entstanden sind. Sie sind keineswegs allein als subversiv oder kritisch zu verstehen, je nach Kontext erscheinen transkulturelle Phänomene als Effekte neuer ideologischer Justierungen (z.B. die kulturelle Arbeit an einer gesamteuropäischen Identität).

Transkulturalität steht zugleich aber auch für einen theoretischen Fokus, bei dem es darum geht, Hybridisierungen, Fluidität, Grenzauflösungen und Transformationen der Kulturen in Bezug auf ihre Vermengungen und Überschneidungen mit anderen Kulturen zu erforschen. So postuliert Transkulturalität laut Dorothee Kimmich und Schamma Schahadat »eine Öffnung, Dynamisierung und vielfältige wechselseitige Durchdringung der Kulturen.« (Kimmich / Schahadat 2012: 8) Diese Forschungsperspektive verspricht, sowohl das im Rahmen der Nationalstaaten Nicht-Beachtete als auch neue Machtbeziehungen zu erfassen, die im Zuge der Verflechtungen und des Durchdringens verschiedener kultureller Elemente entstehen. Phänomene wie Flucht (vgl. Arendt 2015), Migration (vgl. Glick Schiller / Basch / Blanc-Szanton 1997), Kolonisierung (vgl. Bhabha 2000) oder die gewaltsame Entortung von Menschen durch Menschenhandel und Sklaverei (vgl. Gilroy 2004) erfordern nun die Entwicklung von Wissens- und Wissenschaftsformaten, die vorwiegend aus inter- und transdisziplinären Forschungsperspektiven entstehen können (vgl. Spivak 2015; weitere Texte bei Langenohl / Poole / Weinberg 2015). Im Lichte dieser Forschungsthemen wird jedoch deutlich, dass transkulturelle und interkulturelle Forschung sowie Postcolonial Studies immer schon Hand in Hand gingen und sich auf gleiche Phänomene bezogen. So wird hier die Transkulturalität als Bestandteil der Interkulturalitätsforschung sowie zugleich als ihre besondere Zuspitzung bzw. Akzentuierung verstanden. Denn die Interkulturalität »schließt die Beschreibung von Gemeinsamkeiten, Überschneidungen oder Ähnlichkeiten mit ein.« (Heimböckel 2013: 21) Gleichzeitig greift die Forschung zur Transkulturalität auch (inter-)kulturelle Begegnungen, Thematisierung der Grenzen (wenn auch im Begriff der Auflösung) und die Verhandlung des Anderen auf. Auch das Staunen – Dieter Heimböckel (ebd.: 22) beschreibt es als zentrale Erfahrung und zugleich als »Vehikel der Interkulturalität« – ist wichtig für die Debatten zur Transkulturalität. Es ermöglicht epistemologische Überschreitungen und Ausbrüche aus bestehenden Gewohnheiten, löst notwendige Verunsicherungen und Momente des Unvertrauten aus, die aus den Begegnungen mit dem Anderen hervorgehen, und hilft dabei, die eigene kulturelle Bedingtheit kritisch zu reflektieren (vgl. ebd.). Vor allem ist die Interkulturalität mit Dieter Heimböckel und Manfred Weinberg als offenes und prozessual ausgerichtetes Projekt zu verstehen, das sich ständig weiterentwickelt und in dem mit verschiedenen wissenschaftlichen Zugängen experimentiert wird. In diesem Projektgedanken sind nicht nur die eigene wissenschaftliche Historizität und Dynamik inbegriffen, sondern auch ein Ausprobieren neuer konzeptioneller Zugänge wie das Hinterfragen bestehender Methoden (vgl. Heimböckel / Weinberg 2014: 123). Die Abgrenzung der Transkulturalität gegenüber der Interkulturalität (vgl. z.B. Kimmich / Schahadat 2012; Adelson 2015) würde so die Vorarbeiten der Interkulturalitätsforschung sowie die wissenschaftliche Kontinuität, die dem Wissen genuin ist, negieren. Außerdem unterscheiden kulturelle Artefakte nicht zwischen trans- oder interkulturellen Formen; es handelt sich oft um ein und dasselbe diskursive Feld.

Ein prägnantes und populäres Beispiel in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Meer und Transkulturalität stellt das Konzept des Black Atlantic dar. Im Rahmen dieses Konzeptes versucht Paul Gilroy (vgl. 2004), mit dem Atlantischen Ozean offensiv eine gemeinsame Erinnerung und somit einen neuen Ursprung für Blackness und weltweit zerstörte Diaspora zu etablieren. Oder umgekehrt: Sobald das Meer in den Fokus gerät, können nationale Grenzen nicht mehr eingehalten werden. So eröffnet bereits Braudels 1949 zuerst erschienene berühmte Studie Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. (1994) eine transnationale Perspektive, die eine transdisziplinäre Erweiterung und letztendlich eine eigene originäre Geschichtskonzeption erforderte.

Das Meer eignet sich also für die Verschiebung analytischer Fokusse und epistemologischer Rahmen. So entzieht sich die atlantische Genealogie bei Gilroy der Verfestigung, erschafft immer neue Verflechtungen und ist grundsätzlich heterogen und polyphon, bleibt dynamisch und mobil und lässt sich niemals beschränken oder eingrenzen. Das Meer fungiert somit als eine Metapher für eine neue Ökologie und Epistemologie transkultureller Erinnerungen, Identitätsprozesse und Gemeinschaftsbildung, bei denen Territorien und Grenzen an Bedeutung verlieren (sollen). Im Meer verdichten sich zugleich historische Diskurse. Der Ozean soll nicht als gedächtnisfrei verstanden werden. Er erinnert an die sog. Middle Passage – an den Dreieckshandel, bei dem die Menschen aus verschiedenen afrikanischen Ländern durch Gewalt und Betrug über den Atlantik in die US-amerikanische Sklaverei entführt und gegen Rohstoffe und Güter für Europa ausgetauscht wurden (vgl. aktuell z.B. Wright 2015). Die See wird so zugleich zu einem transkulturellen Gedächtnisraum, der das Wissen über historische Verbrechen aufrechterhält und der nun zugleich – durch die Kraft des Meeres selbst – positiv umgedeutet wird, um eine neue, nicht homogenisierte, sondern dialogische und dynamische Identität schwarzer Menschen zu erschaffen, aber auch um Differenzen unter ihnen aufzuheben und daraus eine neue Solidarisierungskraft zu schöpfen. Das Meer lässt keine physischen Grenzen zu und es lässt sich nicht ohne Weiteres territorial besetzen oder aneignen; es besitzt eine eigene widerständige Materialität, die sich der Ideologisierung verweigert.

3. Das Meer als Topos und Forschungsraum

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, weshalb in den letzten Jahrzehnten auch ein verstärktes kulturwissenschaftliches Interesse am Meer zu beobachten ist. Davon zeugen zahlreiche Untersuchungen zum Meer selbst und zu angrenzenden maritimen Räumen wie Insel, Küste und Strand: Ausstellungen wie Europa und das Meer (im Deutschen Historischen Museum vom 13.06.2018 bis zum 06.01.2019; vgl. Blume u.a. 2019) oder Studien wie Von Flaschenpost bis Fischreklame. Die Wahrnehmung des Meeres im 19. und 20. Jahrhundert (Ruppenthal / Schilling / Weiss 2019), Seenöte, Schiffbrüche, feindliche Wasserwelten. Ozeanische Schreibweisen der Gefährdung und des Untergangs (Brittnacher / Küpper 2018), Inseln und Insularitäten. Ästhetisierungen von Heterochronie und Chronotopie seit 1960 (Ostheimer / Zubarik 2016), The Meeting of the Waters. Fluide Räume in Literatur und Kultur (Briški / Samide 2015), Das Meer – Geschichte der ältesten Landschaft (Richter 2014), Fortuna di mare. Literatur und Seefahrt (Wolf 2013), Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika (Siegert 2006) oder das Essay Boat People. Literatur als Geisterschiff (Buch 2014), um nur einige wichtige Arbeiten der letzten Jahre zu nennen (vgl. weitere Studien, z.B. Feldbusch 2003; Schmitz-Emans 2003; Cohen 2010; Billig 2009; Feigel / Harris 2009; Baader / Wolf 2010; Wilkens / Ramponi / Wendt 2011; Klooß 2011; Horatschek / Rosenberg / Schäbler 2014). Eine der einschlägigen Publikationen, mit denen die Debatten zum Meer aktuell wurden, ist dabei Le territoire du vide. L’Occident et le plaisir du rivage 1750-1840 (1988; dt. Meereslust. Das Abendland und die Entdeckung der Küste 1750-1840) von Alain Corbin (1990) zur sich im späten 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert entwickelnden ›Erfindung‹ der Küste und zur Hinwendung zum Meer als Paradigmenwechsel in der (Selbst-)Wahrnehmung der westlichen Gesellschaften. Auch frühere Arbeiten zum Meer als Gegenstand der Geschichte, vor allem Braudels bereits erwähntes Buch Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. oder Carl Schmitts Land und Meer (vgl. Schmitt 2018), Michel Foucaults Bestimmung des Schiffs als Heterotopie schlechthin (vgl. Foucault 2013: 22; vgl. dazu auch Schäfer-Biermann u.a. 2016: 70), Hans Blumenbergs Schiffbruch mit Zuschauer (1979) als Geschichte der philosophischen Epistemologie oder auch Gilles Deleuzes und Félix Guattaris Überlegungen zum Meer als glattem Raum (vgl. Deleuze / Guattari 1992) bilden Grundlagen der gegenwärtigen Forschung, wobei die Humangeografie und, darauf folgend, die Ansätze des spatial turn die Meeresuntersuchungen sicher weiterhin angespornt haben (vgl. z.B. Soja 1989; Weigel 2002; Döring / Thielmann 2008). Merkmal dieser kulturwissenschaftlichen Meeresforschung ist ihr interdisziplinärer Charakter, da das Meer den epistemologischen Rahmen jeder Einzeldisziplin sprengt: Archäologie, Anthropologie, Geografie, Geschichte, Kunstgeschichte sowie Medien- und Literaturwissenschaften tragen alle gemeinsam zu diesem Forschungsfeld bei. Kennzeichnend für diese neue Wende zum Meer ist auch seine Historisierung, wobei das Meer als historischer Kulturraum zugleich durchaus in seiner Materialität berücksichtigt wird. Das Meer ist nach Klein und Mackenthun daher nicht nur in seiner metaphorischen oder psychologischen Deutung zu sehen, sondern auch als »material and very real« (2003: 2), wie es etwa Derek Walcott in seinem Gedicht The Sea Is History (1979) programmatisch formuliert hat: Walcotts Metapher »works to restore the sea to the dynamics of the historical process energizing it for the project of re-imagining, re-writing and re-membering the past as a complex and polysemic dialogue, a meeting place of different cultures.« (Klein / Mackenthun 2003: 1f.)

Bevor das Meer als Forschungsgegenstand entdeckt wurde, war es bereits seit langer Zeit ein Gegenstand der Literatur, der bildenden Kunst und im 20. Jahrhundert auch des Films. Das Ästhetische ist möglicherweise das wirkungsvollste Wissen über das Meer – es gibt ihm Sinn und erschafft tradierbare Bilder. Das Meer wird in der Literatur nach Dieter Richter (2019) zum mythischen Meer, zum Meer des Abenteuers, zum erlebten Meer und dabei insbesondere zum Meer als Landschaft der Seele. In diese Tradition gehören auch die Küsten- und Inselmythen. Diese Unterteilung macht historisch-kulturelle Annäherungen an das Meer nachvollziehbar, die von der Mythologie bis hin zur Psychologie immer neue Paradigmen durchwandert haben, wie auch die Verarbeitung des Meeres in verschiedenen Gattungen und Genres: in Sagen und Heldenepen, Abenteuer-, Seefahrten- und Entdeckungsreiseromanen sowie in Inselutopien und Robinsonaden, wobei deren Motive überdauern und sich in den Werken vermischen. Vor allem wird die Reise als Kulturtechnik des Wissenserwerbs und des Abgleichs eigener Wissensstrukturen (vgl. Pause 2016) in diesem Zusammenhang relevant: Homers Odyssee, persische Geschichten von Sindbad dem Seefahrer (9. / 10. Jahrhundert) und das deutsche Kudrun-Epos (um 1230) zeugen von früheren Entdeckungs- und Handelsreisen, wie später unter ganz anderen Vorzeichen das kolonial-utopische Bewohnen einer Insel in Robinson Crusoe (1719) von Daniel Defoe, Herders im Journal meiner Reise im Jahr 1769 aufgezeichnete Bildungsreise und Die Reise um die Welt (1777) von Georg Forster, der James Cook auf seiner Entdeckungsreise begleitet hat. Die Schattenseite dieser Unternehmen, wie zum Beispiel Piraterie oder Kolonialisierungsgewalt, verarbeiten Treasure Island (1883) von Robert Stevenson oder Heart of Darkness (1902) von Joseph Conrad. Moby-Dick; or, The Whale (1851) von Herman Melville oder auch Jules Vernes Vingt mille lieues sous les mers (1869 / 70; dt. 20.000 Meilen unter dem Meer) befassen sich mit der Gewalt der Menschen gegen die Natur (und andersherum) und reflektieren die Modernisierung der Welt und deren neue Epistemologie – sie bezeugen und etablieren ein neues (naturwissenschaftliches) Paradigma, das auf der Beherrschung und Unterwerfung des Naturraums gründet. Philosophische Überlegungen über die menschliche Existenz finden sich in A Descent into the Maelström (1841) von Edgar Allan Poe und Der Schimmelreiter (1888) von Theodor Storm (vgl. Heimböckel 2018), vielfach bei Thomas Mann (z.B. Buddenbrooks, 1901, oder Tod in Venedig, 1912) oder in The Old Man and the See (1952) von Ernest Hemingway. Dabei wird das Meer nicht nur als erhaben und überwältigend erfahren, wie es zum Beispiel Friedrich Schiller in seinem berühmten Essay Über das Erhabene (1801) beschreibt, sondern als gefährlich, sich der Kontrolle entziehend – also als Ort der Katastrophen aller Art, etwa Havarien, des gefährlichen Abkommens vom Kurs, der Gefahren der Tiefsee und Stürme, die nach Stefan Hermes (vgl. 2016) einen besonders verbreiteten Meerestopos darstellen.

Diese ästhetischen Traditionen werden teilweise im Film tradiert, jedoch erzeugt das Meer, so Roman Mauer, hier eine besondere Paradoxie: Einerseits widersetzt es sich der medialen Erfassung:

Doch das »Gesicht« des Meeres (wenn es eines hat) sträubt sich […] gegen den Rahmen der Kamera. In seiner offenen Weite deutet es auf den Raum jenseits des Bildkaders, so wie seine gewellte Oberfläche auf den Raum darunter und wie der Horizont auf den Raum dahinter verweist – gerade dieses dreifach sichtbar Unsichtbare prädestiniert die See zum mentalen Projektionsfeld, sodass es auch das eigene Gesicht sein kann, das einem aus der Meereslandschaft entgegen blickt. (Mauer 2010: 10)

In diesem medialen Widerstand verliert das Meer jedoch seine Universalität, wird durch die Filmtechnik und das Filmmaterial einerseits sowie durch die generische Logik (Kreuzfahrtschiffe in Melodramen und Katastrophenfilmen, Galeeren im Historienfilm, Haie im Horrorfilm usw.) andererseits historisiert (vgl. ebd.). Das Meer fungiert nach Mauer dabei als Handlungsraum, als Akteur, als Stimmungs- und Symbolträger (vor allem des Weiblichen, vgl. ebd.: 11). Auf allen diesen Traditionen bauen zudem die Werke auf, die die See jetzt auch als Erinnerungsraum verarbeiten.

4. Zu den Beiträgen des Schwerpunktthemas

Die Konjunktur des Meeres als Medium kultureller und kollektiver Erinnerungen führt somit zu einer Überschneidung unterschiedlich komplexer Bereiche der Kultur- und Wissensproduktion. Das vorliegende Themenheft schließt an jene Forschung an, die das Meer bzw. den Umgang mit dem Meer zu historisieren sucht, und versteht dabei das Interesse am Meer, wie bereits zu Beginn ausgeführt wurde, als Resultat eines politischen und somit symbolischen Wandels, der in Bezug auf Erinnerungen vor allem mit transkulturellen Prozessen in Verbindung steht. Aber schon in der Vergangenheit – je nach Thema oder Perspektive – hatte das Meer immer wieder Konjunktur, etwa wenn es um Grenzüberschreitungen und diskursiven Wandel ging. Das Meer scheint also dazu geeignet zu sein, den Fantasien und dem Gedächtnis einen Raum zu bieten, der nicht allein als unzugänglicher Naturraum oder als politischer Demarkations- und Konfrontationsraum zu verstehen ist. Das Meer als Erinnerungsraum fungiert als imaginärer Ort jenseits nationaler Geschichten und kultureller Symbole, vor allem als gemeinsamer Raum potenzieller Entdifferenzierung, ja als Schwellen- und Übergangsraum ohne Grenze und Besitz. In diesem Raum wird nicht nur der Kontakt mit dem Anderen möglich – interkulturelle Semantiken werden hier immer wieder aufgerufen –, sondern im Meer als mythisch aufgeladenem Ursprungsraum des Lebens werden neue Anfänge und Genealogien gestiftet, die nun einen gemeinsamen, transkulturellen Ursprung und so die existenzielle Abhängigkeit vom Anderen begründen. Die Diskursivierung dieses politischen Wandels ist zugleich epistemologischer Natur, da das Meer in den Fokus politischer Aushandlungen rückt: Es konstituiert einen Raum von Gemeinsamkeiten, Berührungen und Verflechtungen, es eröffnet auch aufgrund eigener Eigenschaften neue Perspektiven.

Ozeane, Schiffe und Küsten werden demnach nicht mehr nur als Metaphern – zum Beispiel für das menschliche Dasein (wie in Hans Blumenbergs Essay Schiffbruch mit Zuschauer, 1979) –, sondern aus raumtheoretischer Perspektive auch in ihrer Bedeutung für die Konstruktion von Identitäten und die Gemeinschaftsbildung betrachtet, vor allem aber als grenzauflösende Räume und komplexe Kontaktzonen, als Räume von asymmetrischen und achronologischen Verflechtungs- und transkulturellen Beziehungsgeschichten, die Ansätze wie histoire croisée (vgl. Werner / Zimmermann 2002) oder travelling memory (Erll 2011b) zu erfassen suchen: Die hier analysierten ästhetischen Werke bringen aus der Vergangenheit des maritimen Raums heraus fusionierende und grenzvermischende Erfahrungen hervor, die keine Trennung oder Gegenüberstellung mit dem Anderen, keine Stiftung autonomer Kulturen und keine (dauerhafte) Festlegung von Sinn mehr möglich machen. Diese Prozesse, die Diskontinuitäten, Fragmentarisierungen (des Erzählens, des Erinnerns, des Subjektwerdens), Entsemantisierungen oder symbolische Verdichtungen evozieren und schwer zu erfassende Affekte produzieren, werden in allen Beiträgen besprochen. Das Meer fordert also zur kulturellen Sinngenese heraus und benötigt eine neue epistemologische Rahmung. In diesem Zusammenhang erlangen hybride Identitäten, Grenzgänger*innen und Mischwesen, die die Untrennbarkeit und das Verflochtensein von Kulturen, Fakten und Fiktionen, Historie und Mythos erschaffen, eine besondere Bedeutung. In allen Beiträgen dieses Heftes werden neue Erinnerungsfiguren etabliert oder tradierte umgeschrieben, zu denen sich historische Ereignisse verdichten und verfestigen können, um erinnerbar zu werden (vgl. A. Assmann / J. Assmann 1988): Strandspaziergänger bei Dorit Müller und Michael Niehaus, die nationale Gedächtnisse und Geschichtsschreibungen vom Rande her dezentrieren; Medea und Meerjungfrauen an der Schnittstelle von Mythos und Geschichte, Vergangenheit und Gegenwart bei Barbara Bollig und Nikolas Immer; der Matrose als Heimatloser, Grenzgänger und als ein Knotenpunkt verschiedener transkultureller Ereignisse bei Elisa Müller-Adams; Reisende und Migrant*innen, die das Kolonialwissen Europas konterkarieren, bei Johannes Görbert; die transkulturelle Allegorie Europas bei Irina Gradinari; der Tourist als sozialhistorisches Phänomen und Wissensfigur bei Burkhardt Wolf und Nils Jablonski sowie U-Boot-Mannschaften als unbekannte Helden des Kalten Krieges, die transnational und an der Schnittstelle von Natur und Technik hervorgebracht werden, bei Johannes Pause. Diese Erinnerungsfiguren stellen dabei spezifische epistemologische Rahmungen bereit, die sich nationalen Vergangenheiten widersetzen, diese verschieben und mit neuen Motiven und Bildern füllen und so rückblickend auch nationale Erinnerungsprozesse reflektieren. In den meisten Beiträgen kommt dabei auch dem Konzept der lieux de memoire von Pierre Nora eine besondere Bedeutung zu, denn das Meer lässt sich – das sollte aus den Vorüberlegungen deutlich werden – schwer zu einem Raum verfestigen. So rücken jene diskursiv-symbolischen und poetologischen Strategien in den Fokus, durch die das Meer im Rahmen von Kompensierungen, Übersetzungen oder fiktionalen Zuschreibungen als Erinnerungsraum performativ hervorgebracht wird. Das Meer ist so Raum kultureller Projektionen und Verdichtungen und zugleich – aufgrund seiner besonderen, nicht kontrollierbaren Materialität – Raum dynamischer und instabiler Verschiebungen, Überlagerungen, Umspülungen und Verflechtungen kultureller Prozesse.

Unter dem Abschnitt Strandspaziergänge sind die Beiträge zu finden, die den Strand als Ende der Kultur und somit auch als Ende der Repräsentation verstehen. Von diesem Ort aus können die Geschichte des Spaziergangs wie auch das nationale Gedächtnis einer Revision unterzogen werden. Michael Niehaus verweist in seinem Beitrag Strandgut, Treibgut auf eine spezifische Materialität des Meeres, das zunächst als Speicherraum und erst später zum Gedächtnisraum wurde. Der Inhalt des Meeres als Speicherraum war vor allem angeschwommenes Strand- und Treibgut, das Küstenbewohner*innen sich aneigneten und das daher rechtlich stark umkämpft war. Erst mit der Entstehung der Kulturtechnik des Spaziergangs wurde das Meer zum Erinnerungsraum, der jedoch Spaziergänger nicht vereinnahmen oder an den sie sich nicht ganz anschließen konnten. Angeschwemmte Dinge und vor allem der Müll sorgten nicht ohne Weiteres für die Etablierung kollektiver Erinnerungen, sondern dienten als individuelle Souvenirs, die nicht kontextualisiert wurden (also keine Bedeutung trugen) und die mit einer anderen zeitlichen Signatur – in die Zukunft gerichtet – versehen wurden. Der Meerspaziergang einerseits und das Meer als Verkehrs- und Urlaubsraum andererseits ließen sich also, so Michael Niehaus, als ein globales (und nicht interkulturelles) Gedächtnis konstituieren, da das Meer den Ursprung der Dinge wie nationale Differenzen auslösche.

Die Küste als transkultureller Erinnerungsraum in W.G. Sebalds Die Ringe des Saturn, so lautet der Titel des Beitrags von Dorit Müller. Darin steht der Strand im Fokus als ein transitorischer Raum, in dem Erinnerungen an vergessene Menschen, die vertrieben worden oder auf der Flucht waren und die zum größten Teil nicht im nationalen Gedächtnis aufgehoben wurden, gestaltet werden. Allerdings bleibt die Küste bei Sebald auch ein Ort, an dem jeder Ursprung ausgelöscht wird. Die Küste, die selbst leer ist, zeugt von der Entwurzelung, die nicht in Bildern zu verfestigen ist. An der Küste verschwinden Grenzen zwischen dem Festland und dem Meer, und durch Überflutung und Überschwemmung werden vor allem Auslöschung und Zerstörung deutlich. So können auch solche transkulturellen und daher ›Randerinnerungen‹ nur aus einer transitorischen Schreibweise zwischen historischen Dokumenten und Anekdoten, individuellen Erinnerungen und Reminiszenzen, Bildern und Text hervorgehen. Sebald entwirft, so Dorit Müller, ein Monument für Vertriebene, das zugleich jene Verflüchtigung und Vergänglichkeit kulturellen Wissens gerade zur Schau stellt und an sich nicht deutbar und leer erscheint.

In den Beiträgen, die unter der Überschrift Meer überqueren versammelt sind, steht die Reise übers Meer im Mittelpunkt, mit der Erinnerungs- und Vergessensprozesse reflektiert werden. An dieser Stelle kommt auch der Reise bzw. der Seefahrt als Erkenntnisparadigma Bedeutung zu, da die Begegnung mit dem Anderen oder sogar die Erfahrung des Andersseins durch sie hervorgehoben und neue und alte Wissensbestände so in ein Verhältnis gesetzt werden. Das Meer wird also zu einem Raum jenseits kultureller Verortung und Verfestigung, bei dem kollektive Wissensbestände aktiviert und in einem neuen Zusammenhang gedacht werden. Dadurch können neue Wissenssysteme an der Schnittstelle von Faktizität und Fiktion etabliert werden. Nikolaus Immer untersucht in »O Meer, o Meer, so trüb und wild.« Maritime Erinnerungsräume in der Reiselyrik des frühen 19. Jahrhunderts Reisegedichte von Adelbert von Chamisso, Nikolaus Lenau und Anastasius Grün, mit denen er eine Wiederentdeckung des Meeres in der Lyrik und seine poetische Nobilitierung festhält. Das Meer durchzieht die Ambivalenz von Bedrohung und zugleich jedoch mit dem Hinweis auf die Odyssee von Homer und vor dem Hintergrund zunehmender Reiseerfahrung von Faszination und Begehren. Im Meer vermengen sich so individuelle mit kollektiven Erinnerungen, um über existenzielle Zustände oder auch aktuelle politische Ereignisse nachzudenken. Das Meer stellt dabei grundsätzlich einen Raum interkultureller Begegnungen dar, der über nationale Selbstverständnisse hinausgeht, auch wenn individuelle Erinnerungen in der Reiselyrik prävalieren. Es geht also im Gegensatz zu Astrid Erlls Travelling Memory (2011b) um individuelle dichterische Freiheit und somit um einen beweglichen Raum des Meeres, das intertextuell jedoch zu einem unendlich be- und umgeschriebenen Erinnerungsraum werden kann.

Literarische Spuren und intertextuelle Referenzen an Meeres- und Seefahrerliteratur sind auch in Nils Jablonskis Beitrag Erinnern – Übersetzen – Transponieren. Die poetische Verräumlichung des Meeres durch idyllische Reminiszenzen an Homer und Goethe in Alexander von Warsbergs Das Reich des Alkinoos (1878) zentral. Jablonski untersucht den Reisebericht zur Insel Korfu im Rückgriff auf Jean-Didier Urbains raumsemiotische Trias von Fläche, Raum und Ort und zeigt, dass das Meer und die Küste durch eine poetische Tätigkeit performativ zu einer (sozialen und historischen) Landschaft werden. Mithilfe von drei ästhetischen Strategien, dem (intertextuellen) Erinnern, Übersetzen und Transponieren, wird das Meer zu einem kulturellen Erinnerungsort, mit Pierre Nora zum lieu de mémoire, geformt, bei dem vor allem das Gedächtnis der Literatur konstitutiv wird. Das schwer semantisierbare Meer wird u.a. mit Reminiszenzen aus den antiken Texten und einigen Werken von Johann Wolfgang von Goethe gefüllt, wodurch sich das Meer und die Küste zu einem Raum verwandeln, in dem eine besondere Zeitlichkeit herrscht bzw. sich Vergangenheit und Gegenwart verdichten. Der Tourist Warsberg ›bereist‹ so zugleich auch den Ursprung und die Geschichte der westlichen Zivilisation.

Im Gegensatz dazu merken die Tourist*innen auf Kreuzfahrten, die im Fokus von Burkhardt Wolfs Überlegungen in Smiles in the Face of Nada. Cruise Ships and D.F. Wallace’s ›Experimental Essay‹ stehen, kaum noch, dass sie sich auf dem Meer befinden. Im Gegensatz zu früheren Seefahrten schreiben Kreuzfahrtschiffe die kulturelle Bedeutung des Meeres um. Nun verdichten sich im Meer Unterhaltung und Kommerz, die seine neue Erfassung einfordern, wie es zum Beispiel David Foster Wallace in seinem experimentalen Essay reflektiert. Anstelle von Gefahren, Abenteuern, Entdeckungen und dem Zufall, dem man sich überlässt, herrschen bei Kreuzfahrten Sicherheit, Unterhaltung und Befriedigung durch den Konsum. Passagier*innen wird jeder (Kauf-)Wunsch erfüllt, sodass nach Wolf vor allem narzisstische Triebe aktiviert werden bzw. eine Art Regression in eine der infantilen Entwicklungsphasen, die ›thalassische Regression‹, stattfindet. So wird das Schiff zu einem Unort, eine bloße Passage ohne symbolische Bedeutung. Diese Passage verwandelt das Meer in eine sichtbare und kommerziell verwertbare Dekoration, die wiederum zugleich einen Ort des unsichtbar gemachten, von existenziellen Ängsten heimgesuchten Unbewussten etabliert. Weiße Schiffe verdecken mit ihrer luxuriösen Ausstattung zugleich diesen Ort des Unbewussten.

Der Abschnitt Mit Meer experimentieren versammelt jene Beiträge, welche die besondere Materialität des Meeres ästhetisch und epistemologisch verarbeiten und mit dem Meer Umschreibungen und Dekonstruktionen von nationalspezifischen Erinnerungstopoi vornehmen. Das größte Weltmeer, der Pazifik, steht im Mittelpunkt von Johannes Görberts Beitrag Erinnerung an die Zukunft. Der Pazifische Ozean als Herausforderung für die europäische Moderne – am Beispiel ›transpazifischer‹ Texte von Egon Erwin Kisch, Vicki Baum und Alfred Döblin (1933-1946). Allein der Fokus auf den Pazifischen Ozean verschiebt Perspektiven auf die Weltordnung und -politik, dezentriert so eurozentristische Sichtweisen und etabliert Gegenerzählungen gegenüber Kolonialberichten und westlichen imperialistischen Schriften. Es ist deshalb kaum verwunderlich, dass drei von Görbert exemplarisch besprochene Werke heute kaum noch bekannt sind. Sie sprengen den engen Rahmen des nationalspezifischen Kanons und so den der nationalen deutschen Erinnerungen, fungieren also selbst als Herausforderungen bestehender nationaler Erinnerungskulturen und nehmen zugleich künftige Themen wie Globalisierung und Transkulturalität vorweg. Das transatlantische Dreieck zwischen China, Japan und den USA, das durchaus als ein Krisen- und Kriegsgebiet zu fassen ist, rückt heute besonders aktuelle Themen wie Migration, Akkulturation oder kulturelle Ursprünge in den Vordergrund.

Barbara Bollig untersucht im Beitrag Zwischen den Gezeiten. Griechische Wikinger, teuflische Götter, natürliche Gewalt in Lars von Triers Medea (1988) historische und medienästhetische Transformationen des Medea-Mythos. Von Triers Medea führt antike und germanische Mythen zusammen, zugleich rekurriert der Film auf den vor allem durch Klaus Theweleit beschriebenen westlichen Topos, der Weiblichkeit mit Meer und Fluten assoziiert. Medea erscheint durch Meer und Sümpfe als Zwischenwesen und Grenzgängerin, die in ihrer Andersartigkeit und Fremdheit traditionelle Dichotomien wie Land und Meer, Staat und Gesetzlosigkeit, Männlichkeit und Weiblichkeit, Kultur und Natur auflöst. Die Medeafigur begreift Bollig mit Pierre Nora als lieu de mémoire, der von allen nationalen Semantiken befreit Zuschauende mit dem eigenen westlichen, als gewaltsam und universell inszenierten Ursprung konfrontiert und zugleich durch den Entzug der eindeutigen Sinnfestlegung einen Schock evoziert. Medea wird so zu einem transkulturellen und transhistorischen Erinnerungsraum rekonstituiert.

Reise- und Migrationsbewegungen von Erinnerungen, travelling memories, stehen im Mittelpunkt von Judith Schalanskys Roman Blau steht dir nicht, den Elisa Müller-Adams untersucht. Schalansky unternehme in der Tradition eines ›nautischen Erzählens‹, das zum einen durch die Ambivalenz von Fakt und Fiktion gekennzeichnet ist und zum anderen hochgradig intertextuell und selbstreflexiv erscheint, eine Hinterfragung und Dezentrierung von Erinnerungsdiskursen, argumentiert sie in ihrem Beitrag »Ein bisschen was muss dran sein«. Nautisches Erzählen und nautisches Erinnern in Judith Schalanskys Blau steht dir nicht. Individuelle, biografische Erinnerung an die Kindheit in der DDR werden in diesem Werk mit nationalen und transkulturellen Erinnerungsdiskursen des europäischen kollektiven Gedächtnisses verknüpft. Das Meer übernimmt dabei eine zentrale erinnerungspoetologische Funktion: Schalansky entwickelt in Text-Bild-Kombinationen den Matrosenanzug als Bildtopos, der als zentrales Motiv des Romans die vielfältigen Vernetzungen und Reise- oder Migrationsbewegungen von Erinnerung vor Augen führt.

Meer und Krieg, der vierte und letzte Abschnitt in diesem Schwerpunktthema der Zeitschrift für interkulturelle Germanistik, behandelt Kriegserinnerungen, die in vielen nationalen Gedächtnissen etabliert sind. In diesem Kontext war das Meer als Bedrohungsraum konzipiert, der gnadenlose Kriegszustände verschärfte. Allerdings ist das nicht in Bezug auf Atom-U-Boot-Filme der Fall, wie es Johannes Pause in seinem Beitrag Der Kalte Krieg und das Meer. Zur Erinnerungspolitik des U-Boot-Films ausarbeitet. Dieses Genre etabliert das Meer als einen transnationalen Handlungsraum und so als transnationalen Gedächtnisraum, in dem Erinnerungen an gemeinsame, internationale Bemühungen während des Kalten Krieges über Grenzen hinaus und trotz der Konfrontationen gestaltet werden. Mit ihnen werden gerade die Kriegshandlungen memoriert, die den Krieg und somit die Auslöschung der Nationen verhindern sollen. Die Handlungen der U-Boot-Filme und die Handlungen des Kalten Krieges verbinden sich so zu einer gebrochenen Allegorie, die den Kalten Krieg vor allem als epistemologisches Problem kenntlich macht: Die Paradoxie der Erinnerungen an den Kalten Krieg ist die verhinderte Selbstauslöschung der Nationen – also Nichtkriegshandlungen, deren Monument das versunkene Atom-U-Boot darstellt (und nicht etwa das erfolgreiche U-Boot). Das (versunkene) U-Boot entzieht sich den öffentlichen Erinnerungsakten und den kollektiven Ritualisierungen, nichtsdestotrotz erschaffen Filme szenische Erinnerungseinheiten (Szenografien), mit denen im Meer fehlende Orte durch Handlungen kompensiert werden und so ein Raum entstehen kann, der vorstellbar und somit erinnerbar wird.

Auch die deutschen U-Boot-Filme über den Zweiten Weltkrieg sind nach Irina Gradinari Effekt des Kalten Krieges, da sie im Meer ehemalige Feindschaften zu den aktuellen Nato-Partnern abstrahieren können. In ihrem Beitrag Die Arbeit an einer EU-Identität. U-Boot-Filme über den Zweiten Weltkrieg: Laconia / The Sinking of the Laconia (D / UK 2001, R.: Uwe Janson) zeigt sie, dass das U-Boot – anders als in den Atom-U-Boot-Filmen bei Johannes Pause – nicht als »Staatsschiff« (Wolf 2013: 187), sondern als universelle Volkssubstanz jenseits des Politischen inszeniert wird, wobei sich diese U-Boot-Filme durchaus der Ikonografie des faschistischen Körperpanzers (Theweleit) bedienen. Auf diese Tradition greift der aktuelle U-Boot-Film zurück, eine englisch-deutsche Koproduktion unter der Regie von Uwe Janson, um eine gesamteuropäische Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg zu erschaffen, in deren Kontext die Parteien versöhnt werden. Nicht nur entsteht dabei durch Zitate aller Art eine transkulturelle Ikonografie, sondern im Zuge dessen wird sogar eine transnationale Erinnerungsfigur – die Allegorie Europas – erschaffen, die nicht nationalspezifisch verortbar wäre. So wird das Meer zu einem Experimentierraum, in dem Geschichte und kulturelle Differenzen umgeschrieben, ja aufgelöst werden können.

Einzelne Beiträge wurden im Rahmen des gemeinsamen gleichnamigen Workshops des Centrums für Postcolonial und Gender Studies (CePoG) der Universität Trier (gefördert aus den Mitteln der inneruniversitären Forschungsförderung des Präsidenten der Universität Trier) und des Instituts für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft der FernUniversität in Hagen diskutiert. Der Workshop, der von Junior-Professorin Irina Gradinari und Dr. Elisa Müller-Adams organisiert wurde, fand vom 30.11. bis zum 01.12.2017 an der Universität Trier statt. Für die Vorbereitung dieser Ausgabe bedanken wir uns für die Korrekturen einzelner deutschsprachiger Beiträge bei Silvana Dorothea Schmidt und Dominic Hölzel sowie für die Korrekturen der englischen Texte bei Alisa Rethy.

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